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Schicksal (fm:Sonstige, 3875 Wörter) [1/3] alle Teile anzeigen

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Veröffentlicht: Aug 05 2009 Gesehen / Gelesen: 17093 / 13039 [76%] Bewertung Teil: 8.45 (22 Stimmen)
Eine Liebesgeschichte in mehreren Teilen: Annika und Jan lernen sich auf einer Singleseite im Internet kennen.

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Kaum 2 Wochen später nach diesem unschönen Ereignis meldete sich Jan mal wieder über den Betreiberchat. Sie kannte ihn seit ca. 3 Monaten, hatten aber nur hin und wieder mal kurz gechattet oder gemailt. Er war für sie eigentlich uninteressant als Mann an ihrer Seite. Wenn man eine Riesenanzahl an Männern zur Auswahl hat, muss man sich auf bestimmte Kriterien beschränken, dachte sie. Frau war schließlich auch wählerisch. Für sie war es wichtig, dass er ledig oder zumindest- wenn auch trauriger Weise- verwitwet war. Er sollte größer sein als sie, Nichtraucher wie sie. Rote Haare sollte er auch nicht haben, das mochte sie überhaupt nicht, weder an Männern, noch an Frauen. Wenn er sich dann auch noch kultiviert unterhalten könne, humorvoll und irgendwann eine Familie gründen wollte, wäre ihr der Rest des Aussehens egal.

Jan war, laut seinen Profilangaben, genauso groß wie sie. Aus Erfahrung konnte man getrost 5 Zentimeter von den Angaben abziehen, sagte doch nie einer die wirkliche Wahrheit über Größe und Gewicht. Auch war er gelegentlicher Raucher, getrennt lebend und beim ersten Austausch der Fotos sah mein einen leicht rötlichen Stich in seinen blonden Haaren. Er entfiel also komplett ihren Wunschangaben. Aber er war sehr nett und obwohl sie ihn nicht als potentiellen Kandidaten erkannte, plauderten sie recht ungezwungen miteinander. Sie verstanden sich auf Anhieb. Beide machten Witze über ihre hier im Internetdating gemachten Erfahrungen mit dem jeweils anderen Geschlecht und amüsierten sich prächtig. Wochenlang sahen sie sich nicht, es war die Weihnachtszeit. Und kurz nach dem Flop mit Matthias trafen sie sich also wieder.

Wie alte Freunde plauderten sie angeregt miteinander. Aber irgendwie war es an diesem Tag anders als sonst. Eine gewisse Spannung war zwischen ihnen entstanden. Anders als sonst schrieben sie sich stundenlang. Spät in der Nacht als es für Beide Zeit zum schlafen gehen war, fragte er, ob er ihr per Telefon Gute Nacht sagen dürfe. Nach kurzem Überlegen schickte sie ihm ihre Handynummer.

20 Minuten später lagen sie beide im Bett und telefonierten. Seine Stimme hatte ein angenehm raues Timbre. Sein Lachen hinterließ einen prickelnden Schauer auf ihrem Rücken. Und obwohl sie stundenlang nun schon gechattet hatten, telefonierten sie noch gut eine Stunde, ehe sie sich für den nächsten Tag im Chat der Flirtseite verabredeten.

Am nächsten Morgen erhielt sie eine SMS von Jan, wie schön es gestern gewesen wäre und er sich auf den Abend freute. Und auch sie freute sich. Vor dem Abendessen chatteten sie. Danach wollten sie wieder telefonieren, war es doch einfacher und, wie er sagte, er mochte ihre schöne Stimme hören. Also telefonierten sie. Über 3 Stunden waren ihre Telefone für Andere besetzt und als sie beide schlafen sollten, konnten sie kaum den Hörer auflegen. Das Wochenende war für beide recht schlaflos. Sie stellten einen Rekord im Langzeittelefonieren auf. Die Leitung musste regelrecht glühen und von der Internationalen Raumstation im All sichtbar sein. Und auch ihre Ohren glühten, tauschten sie doch erste harmlose Zärtlichkeiten am Telefon aus, ohne sich je vorher gesehen zu haben. Sie erzählte ihm von ihrer Leidenschaft, erotische Geschichten zu schreiben. Er las sie sich durch und war erstaunt, dass eine Frau wie sie so etwas schreiben konnte. Sie wirkte wohl auf ihn verschlossen oder so. Aber es war prickelnd und neu für ihn. Es machte sie noch interessanter für ihn. Und er war neugierig, wie sie dann wohl im Bett wäre, genauso phantasievoll oder langweilig. Sei Jagdfieber war entfacht.

Aber auch seine Noch-Ehefrau war ein Thema. Sie hatte sich vorgenommen, nie einen Mann zu nehmen, der einer anderen Frau "gehörte". Lange war sie in einen verheirateten Mann verliebt. Und auch von seiner Seite her schien etwas mehr zu laufen. Nein, sie hatte ihre Prinzipien. Männer von anderen waren tabu, da konnte sich Thomas- ihr bester Freund- noch so sehr auf den Kopf stellen und argumentieren, wenn der Mann eine Affäre anfängt, ist das sein Problem und mit der Ehe scheint dann irgendwas nicht zu stimmen. Selbst wenn es ihr schwer fiel, sie ließ die Finger von diesem Mann und so schauten sich beide nur von weiten tief in die Augen. Aber bei Jan, da war es irgendwie anders, auch wenn er sich noch in Trennung befand. Die Ehe stand vor der Scheidung. Ein komisches Gefühl hatte sie dennoch, auch wenn er ihr mehrmals versicherte, dass mit seiner Frau nichts mehr am Laufen war. Unglaublich, 2 Jahren waren sie sich schon so fremd, dass sie nicht einmal mehr Sex hatten. Den ersten Schritt, machte dann seine Frau. Während er im Ausland arbeitete, rief sie ihn an und teilte ihm mit, sie wäre ausgezogen in eine eigene Wohnung. Bewundernswert fand sie seine Reaktion darauf. Er fuhr sofort nach Hause und kämpfte um seine Ehe. Umsonst, wie sich herausstellte. Dennoch trennten sich die Beiden als Freunde, gab es doch nie offenen, lauten Streit. Und genau da lag irgendwie das Problem, dachte Annika später.

Es war gut, dass sie so offen über seine Noch Ehe sprachen. Aber, war er wirklich schon bereit für eine neue Beziehung? Denn obwohl sie sich noch nie gesehen haben, irgendwie lief es doch zwischen Annika und Jan darauf hinaus. Darüber waren sich beide klar. Von Beginn an machte sie ihm deutlich, für eine schnelle Nummer oder eine Affäre war sie sich zu schade. Nicht noch einmal mochte sie Zeit vergeuden, was keine wirkliche Zukunft hatte, selbst wenn am Anfang ihrer damaligen Affäre es ihr gut tat. Aber noch einmal wollte sie diesen Stress, denn für sie war es doch irgendwie Stress, nicht durchmachen. Und mit 30 sollte man sich auch langsam fester binden, war ihre Meinung. Es brauchte schließlich Zeit sich kennen zulernen. Klar, es bestand immer noch die Möglichkeit, das Jan doch nicht Mr. Right war und es nach einem Treffen oder auch später nicht funktionierte, aber zu etwas Kurzem, Belanglosem wollte sie ihm keine Hoffnung machen. Und Jan wollte es auch nicht. Überraschender Weise wollte auch er wieder eine feste Bindung eingehen. Er wäre bereit. Für sie?

Eine Woche später wagten beide den Schritt, sie wollten sich treffen. Klar, es ist etwas anderes sich nur zu schreiben oder zu telefonieren, als wenn man sich real gegenübersteht. Aber sie hatten irgendwie die Grenze überschritten, sie mussten sich treffen und sehen, was wirklich zwischen ihnen war. Man verabredete sich für den Samstag, 3 Wochen, nachdem sie das erste Mal miteinander telefonierten. Als Treffpunkt wurde eine größere Stadt in etwa der Mitte ihres Weges. Die Nacht davor, während sie telefonierten war prickelnd und es knistere förmlich über vor Erotik. Morgen, endlich würden sie sich gegenüberstehen. Unsicherheit war dennoch auf beiden Seite. Wie würde man sich verhalten, wie würde die Begrüßung ablaufen. Am Telefon war es so anders, so einfach. Ein Kuss wurde schnell am Telefon gegeben. Aber im realen Leben. Sie, Annika, machte sich da eher weniger Sorgen, ging sie trotz ihrer Schüchternheit offen auf Menschen zu, die sie mochte. Und sie mochte Jan ja sehr gern. Sie konnte mit fast jedem aufs Geratewohl ein Gespräch anfangen. Man würde sehen. Eines versprach sie ihn trotzdem, wie immer zur Begrüßung bei jemand, den sie kannte, gab es je ein Küsschen rechts und links auf die Wange. Vielleicht würde es beiden die Nervosität und die anfängliche Befremdheit nehmen.

Viel zu spät kam sie in der Altstadt an und parkte schnell in einen der letzten freien Parkplätze. Hektisch zupfte sie ihre wilden Haare etwas zu Recht und kramte im Laufen nach ihrem Handy. Bestimmt hatte er schon angerufen. 15 Minuten war sie schon zu spät. Und wirklich, er hatte angerufen und eine SMS geschickt. Während sie den langsam daherspazierenden Passanten aus dem Weg zu gehen versuchte, rief sie ihn an. "Hi, sorry, bin gleich am Treffpunkt. Sehen tu' ich das Denkmal schon." "Süße, renn' mal nicht so, ich komm' ja kaum hinterher!" "Wie...?!" Annika drehte sich um, und da sah sie ihn, kein 20 Meter hinter hier, das Handy am Ohr und breit grinsend. Ohne ein weiteres Wort klappte sie das Handy zu und ging langsam, beinahe wie in Zeitlupe, auf ihn zu. Endlich standen sie sich gegenüber und keine Befremdheit keimte zwischen ihnen auf. Sie schauten sich tief in die Augen. Annika erwachte zuerst aus der Steifheit und beugte sich zu ihm herüber, gab ihm einen Kuss auf die Wange. "Hallo!" "Hallo!" "Tut mir leid, dass ich zu spät komme, aber ich hab mich etwas verfahren. Wollten wir uns nicht am Denkmal treffen?" Sie deutete auf den Luther hinter sich. "Och, ich dachte mir, ich schau mir mal an, wie du so daherkommst. Und wie du einparkst." Er grinste sie wieder breit an. "Ach nee, aber das konnte ich mir schon denken, dass du schauen würdest, weiß auch nicht woher." "Vermutlich, weil du es genauso gemacht hättest?" "Nein, eher nicht. Aber ich wollte schon früher als du am Denkmal stehen und dann sehen wie DU daherkommst. Hat ja nun leider nicht geklappt. Wollen wir?" Sie deutete mit dem Kopf in Richtung Altstadt. "Gern." Schweigend gingen sie nebeneinander ein paar Meter das Kopfsteinpflaster entlang. "Warte mal...!" stoppte er sie. "Gib mir mal deine Hand!" Annika war verwundert, warum wollte er ihre Hand sehen? Unsicher hielt sie ihm ihre Hand hin. Er nahm sie sanft in seine und zog sie dann weiter mit sich. Wie selbstverständlich verhakten sich ihre Finger und schenkten sich gegenseitig Wärme an diesem kalten Februartag. Später sagte sie einmal zu ihm, an diesem Punkt hätte sie sich in ihn verliebt. Dieses Gefühl, wie sich seine Finger um ihre verschlangen, das wollte sie nie wieder missen.

Beide schlenderten sie durch die Altstadt, sahen kaum die anderen Passanten, drehten sich immer wieder zueinander, wie um sich zu vergewissern, ja, der andere war neben ihm. Es war real. Endlich. Plötzlich blieb er stehen und hielt auch sie an. "Du hast mir zwei Küsse versprochen und ich hab nur einen bekommen!" Mit diesen Worten zog er ihr Gesicht an seines heran. Die Zeit blieb stehen, sie waren allein inmitten des großen von knipsenden Touristen und einkaufenden Einheimischen überfüllten Platzes. Zart berührten seine Lippen ihre, drückten sich dann fest und beinahe bestimmend auf die weichen Linien. Ohne eine Kontrolle darüber zu haben, schloss sie die Augen. Sie spürte nur seine weichen Lippen, die sich nach einer gefühlten Unendlichkeit wieder lösten. "Warum?" war ihre Antwort darauf. "Na mein von dir versprochener zweiter Kuss!" Er lachte und zog sie wieder mit sich, wieder ihre Hand nehmend.

Stundenlang schlenderten sie durch die Stadt, erzählten, schauten, küssten, entdeckten. Das Wetter war an diesem Tag wirklich bescheiden, Februarwetter halt. Gut, das es viele Kirchen in der Lutherstadt gab, in denen sie sich flüchten konnten. Sie liebte Kirchen, nicht aus spirituellen oder religiösen Gründen. Nein, sie fühlte sich in ihnen wohl und sie mochte einfach diese Gebäude, die sich nie wirklich glichen. Sie mochte die Malereien an den Wänden oder Fenstern. Sie war tief beeindruckt und gleichzeitig entsetzt von der Prächtigkeit der Kirchen selbst in den ärmsten Zeiten, in denen die Kirchen errichtet worden waren. Für diesen tiefen Glauben an etwas, was man nicht wirklich sah oder fassen konnte, faszinierte sie. Sie setzten sich auf eine der hölzernen Bänke, kuschelten sich aneinander, wärmten sich gegenseitig. Er wollte sie küssen, aber sie ließ nur kleine flüchtige Küsse zu. Nein, nicht hier. Nicht, wo sich andere darüber empören könnten. Wo andere Trost suchten. Kopfschüttelnd akzeptierte er und ließ sich durch sie weiter wärmen. Ihre Hand wärmte seine. Nicht wie es sonst üblich war, das Männer die Hände der Frauen wärmte.

Beide beobachteten sie die Leute. Einige kamen, um zu beten, andere besichtigten die Innenräume, ließen sich von Stadtführern die Besonderheiten erklären. Es war interessant zu beobachten und sie taten es lange, bis sie Hunger verspürten. Ein kleiner Italiener an der Ecke zog sie an. Ohne Umschweife verzogen sie sich in die hinterste Ecke und setzten sich an einem Fenstertisch gegenüber. Sofort schob er seine Hand zu ihr herüber, streichelte ihren Handrücken, ihren silbernen Ring. Automatisch suchte sie seine Hand ab, ob sich der Ehering abzeichnen würde. Tat er nicht. Er folgte ihrem Blick. "Den hab ich abgenommen. Ist so schon schwer genug, das ich in Trennung bin." Jan nahm ihre Hand und führte sie zu seinen Lippen, liebkoste sie sanft. Der Kellner kam, grinste wissend und überreichte die Karten. Annika lachte innerlich, wie herrlich kitschig romantisch. Das erste gemeinsame Essen bei einem Italiener...

Ohne die Hand des anderen loszulassen, studierten sie die Karte. Notgedrungen mussten sie während des Essens dann darauf verzichten sich an den Händen zu halten, aber der Tisch war nicht breit genug, das sie sich nicht mit den Knien berührten und die Beine umeinander verhakten. Für Annika konnte es in dem Moment nichts Schöneres geben.

Eigentlich hatten sie die Stadt schon fast durch und trotzdem, sie liefen und liefen. Sie waren allein im Park und alle paar Schritte hielten sie an, küssten sich. Es störte nicht, das die Haare in der Zwischenzeit durchweicht waren, ihre Haare lockten sich bei Feuchtigkeit zu kleinen Sechsen zusammen. Aber das war alles egal, nur den anderen spüren und schmecken. Ein wahrer Sturzbach von oben ließ sie in ein Cafe flüchten. Innen war es warm und gemütlich. Nur zwei ältere Herrschaften an zwei Tischen saßen ebenfalls im Cafe. Vermutlich taten sie es regelmäßig. Als sich Annika und Jan intensiv küssten und alles um sich herum vergaß, schaute der Alte zu ihnen herüber. Auf Annika wirkte sein Blick böse, peinlich berührt. Aber wenn sie seine Gedanken hätte lesen können, hätte sie seine Sehnsucht an seine Frau gespürt. Wie sie sich vor 50 Jahren hier in diesem Cafe kennen gelernt hatten. Allerdings, damals küsste man sich nicht so in aller Öffentlichkeit. Schnell trank er seinen Kaffee aus, er stürzte ihn förmlich herunter, ließ einen 10 Euroschein auf dem Tisch liegen und eilte heraus Richtung Friedhof.

Annika beugte sich zu Jan. Er hielt seine Augen geschlossen, als sie zart begann seine Lippen mit kleinen Küssen zu übersäen. Er knurrte leise vor Wonne. Es gefiel ihm, das war ganz offensichtlich. "Bitte, hör nicht auf. Ich kenne so etwas nicht. So berührt und verwöhnt zu werden. Es ist unglaublich..." Und Annika ließ sich nicht einfallen aufzuhören. Zwischen ihren Schenkeln brodelte es. Sie spürte ihre Feuchtigkeit, wie erregt sie war. Und als sie sich um das Gleichgewicht nicht zu verlieren auf seinem Oberschenkel abstützte und viel zu weit oben abrutschte, spürte sie seine harte Erektion. Innerlich grinste sie, stolz, dass sie mit etwas beinahe so banalem wie das Küssen solche Reaktion hervorrufen konnte.

Die Bedienung kam und servierte ihnen den 3 Kaffee und Tee. Sie wollte sich schnell wieder abwenden, traute sich dann aber doch zu stören. "Ich muss sie leider jetzt abrechnen..." "Ja, bitte zusammen." Hauchte Annika, noch wie in Trance versunken. Sie verstand das Zeichen der Bedienung. Für ein Cafe in einer Kleinstadt war 17 Uhr wirklich Zeit zum Schließen.

Also machten sie sich zusammen auf den Weg zu ihren Autos. "Du wolltest doch unbedingt meine olivegrüne Unterhose aus der Armee sehen..." sagte er, als sie vor seinem Wagen standen. Zuerst war sie verwirrt, ob es eine Andeutung war. Die Unsicherheit packte sie wieder. Er spürte es. "Nein, warte, ich hab sie nicht an, aber ich hab sie dabei. Weil du es doch nicht glauben konntest, das ich so etwas trage." Das stimmte. Als sie sich vor ein paar Tagen darüber unterhielten, dass es schweinekalt war um draußen zu arbeiten, erzählte er ihr von der grünen Unterhose, eine lange, die er aus seinen Armeezeiten noch hatte. Sie machte sich von da an darüber lustig, ein erwachsener Mann in langen grünen Unterhosen. In ihrer Vorstellung urkomisch, das Jan wie einer dieser Comichelden in knapper, enger Hose umherlaufen würde. Und jetzt präsentierte er ihr dieses Ungeheuer und sie begann sofort wieder zu lachen. Das er es nur tat, um ihr herzliches Lachen zu sehen und zu hören, das wusste sie nicht.

Er zog sie an sich und versuchte sie zu küssen, was am Anfang in ihrem Lachkoller schwierig war. Aber bald schmiegte sie sich an ihn und begann leidenschaftlich seine Küsse zu erwidern. Annikas Hände verschränkten sich in seinem Nacken, kraulten seinen Haaransatz. Er liebte es sofort. Auch das kannte er nicht. Seine Frau war nie gut im Austeilen von solch kleinen Zwischenmenschlichen Zärtlichkeiten. Meist musste sie dazu aufgefordert werden. Und Annika war so anders. Sie nahm gern und gab auch gern zurück. Es war ihm etwas unangenehm, dass sie sich so dicht an ihn schmiegte und ihr Becken hin und herwiegte und so es aufreizend an seinem rieb. So musste sie ja seine in der Zwischenzeit schmerzhafte Erektion in der engen Jeans bemerken. Aber sie ließ sich nichts anmerken, zuckte nicht zurück. Im Gegenteil, als sie seine klammen, kalten Hände bemerkte, öffnete sie ihren Mantel und ließ seine Hände an ihrem Körper wärmen. Ihr Oberteil mit dem Wahnsinnsausschnitt war am Rücken hoch gerutscht und er fühlte ihre weiche nackte Haut. Er musste ein Stöhnen unterdrücken. Würde sie nur einmal kräftiger an seiner ausgebeulten Hose reiben, er würde explodieren. Er legte beide Hände auf ihren Po und drückte so ihren Körper eng an sich. "Mhmmm, na da ist ja einer sehr munter." Raunte sie ihm leise zu und grinste frech. Augenblicklich wurde er rot. Aber sie küsste ihn noch zärtlicher. "Du, mir ist kalt, können wir uns in den Wagen setzen? Wäre das ok?" er fragte es sehr vorsichtig und erwartete eine Abfuhr. Doch sie begab sich nach kurzem Zögern zur Beifahrertür. Erleichtert setzte er sich in den Wagen, drehte die Heizung voll auf und legte seine Lieblings CD von Schiller in den Player. "Besser?" fragte sie in einem besorgten Ton. "Jaaa, viel besser. Wo waren wir stehen geblieben?" "Ich glaube, hier..." Annika beugte sich zu ihm herüber und küsste ihn mit unendlicher Zärtlichkeit. Jan ließ seinen Kopf zurückfallen, schloss die Augen und genoss nur noch. Annika beobachtete ihn dabei und war unendlich glücklich. An diesem Punkt, genau da, da wusste sie, das ist der richtige Mann. Den wollte sie haben. Für immer sollten diese weichen Lippen sie küssen und kein anderer sollte sie mehr so berühren. Sie verspürte keine Panik- oder Fluchtattacken wie es bei anderen Männern war, die versuchten sie zu küssen. Bei Jan kamen keine Erinnerungsfetzen aus den schlimmsten Minuten ihres Lebens, wo der Mann sie missbrauchte, keine Erinnerungen an schmutzige Hände, die sie berührten, kein Erinnerungen an den grässlich stinkenden Atmen nach Zigarettenrauch und schalem Bier in dem dunklen Keller. Einfach nur Glück war hier. In diesem Zeitpunkt gestand sie sich ein, das sie trotz Vorsicht und Rat ihres besten Freundes es diesmal laaaaaaaangsam angehen zu lassen, sie sich Hals über Kopf in diesen wunderbaren Menschen verliebt hatte.

Er öffnete vorsichtig die Augen und blickte genau auf ihr aufreizendes Dekollete. Er konnte der Versuchung kaum widerstehen und streckte vorsichtig die Hand aus. Sanft berührte er mit seinen Fingerspitzen die zarte Haut und erwartete jeden Moment eine Backpfeife oder ähnliches, aber nichts der Gleichen war. Sie schaute ihn mit liebevollen braunen Augen Abwartend an. Trotz allem, er zog seine Hand zurück, setzte sich auf sie, um nicht weiter in Versuchung zu geraten. Bei Annika bekam er so Pluspunkte, wovon er natürlich nichts wusste.



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