Wege durch die Nacht mit Radio Cool (fm:Schwul, 4262 Wörter) | ||
Autor: oldgay | ||
Veröffentlicht: Feb 29 2016 | Gesehen / Gelesen: 13602 / 9540 [70%] | Bewertung Geschichte: 8.70 (10 Stimmen) |
Mein Lover versetzt mich, ich werde fast depressiv, dann aber wird alles gut und der Sex ist geiler als je zuvor! |
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Ich bin ein Mensch, der erst im Dunklen aufblüht. Oft arbeite ich nächtelang durch. Schreibtischarbeit. Meist aber surfe ich Stunden um Stunden durch die Tiefen des schwulen Internets. Pornos gucken, einschlägige soziale Netzwerke durchforsten, am liebsten das, welches sich das Königreich der Schwulen nennt, so zumindest übersetze ich für mich den Namen GayRoyal. Chatten, liebend gern auch mit Webcam, wo ich zeigen kann, was ich zu bieten habe und wo wir dann oft beide wichsen. Ab und zu springt auch ein reales Date raus. Meist aber bleibt es bei den virtuellen Kontakten, was mich nicht stört, denn die können mich sehr oft absolut geil machen und oft über die Schwelle des Orgasmus ins Paradies der Begierde treiben. Egal ob Arbeit oder Vergnügen, eine lokale Radiostation ist mein ständiger Begleiter durch die Nacht. Äußerst selten verpasse ich die Sendung, die vom späteren Abend (22 Uhr) bis in den frühen Morgen (5 Uhr) Musikwünsche der Hörer erfüllt. Wenn man anruft, wird man oft für ein kurzes Gespräch zum Moderator der Sendung durchgestellt. Besonders Holger, der in fünf Nächten in der Woche am Mikrofon sitzt, mag ich besonders, weil er so einfühlsam, aber auch immer ein wenig ironisch ist. Wie man sich vorstellen kann, geht es in den meisten Nachtgesprächen um Einsamkeit, die bittere, aber offensichtlich nicht vermeidbare, dunkle Seite der Liebe. Die unglückliche Liebe. Und es geht um Sex, der zur Liebe dazugehört, hier nachts vor allem um den Mangel an Sex, denn wer gerade glücklich vögelt, wird nicht gleichzeitig beim Sender anrufen. Holger und seine Teamkollegen haben es also oft mit Frust, Enttäuschung und Traurigkeit, bis hin zu Selbstmordgedanken zu tun. Ich habe auch schon angerufen.
"Hallo, hier Holger von Radio Cool. Du hast einen Musikwunsch? Ist er für dich oder willst du damit jemanden grüßen?" "Es soll für meinen Freund sein." "Wie heißt er denn? Ach ja, erst sollte ich ja dich nach deinem Namen fragen. Willst du ihn uns, deinen Freunden der Nacht, verraten?" "Rainer." "Schöner Name, mein lieber Rainer. Und wie heißt dein Freund? Und warum willst du ihn grüßen? Muss er arbeiten oder ist er verreist?" "Er heißt Klaus. Und ich bin traurig, denn er hatte mir versprochen, die Nacht mit mir zu verbringen. Hat mich aber versetzt." "Die Nacht ist ja noch nicht um, lieber Rainer. - Ach ja, liebe Hörerinnen und Hörer, es geht auf Mitternacht zu. Es ist genau 23 Uhr 48." "Ja, aber er wollte schon um 8 Uhr hier sein." "OK, das ist in der Tat schon etwas länger her. Was machst du denn gerade?" "Ich halte mein Teil in der Hand ...." "Was möchtest du dem lieben Klaus mitteilen?" missversteht er meinen Satz und unterbricht mich bei meinem Wunsch, den Radiohörern kundzutun, dass ich gerade anfange, meinen Schwanz steif zu wichsen. "Ich möchte, dass er bei mir ist." "Mit welchem Musikstück willst du ihm das sagen? Lass mich raten! Soll Marianne Rosenberg dir helfen, ihm zu überbringen, wie sehr du ihn vermisst?" "Ja, ich wünsche mir von ihr unser Lieblingslied: Du gehörst zu mir ..." "Versprochen, lieber Rainer. Das Lied hatten wir heute noch nicht, erstaunlich, wo es doch bald Mitternacht ist." Kurze Kunstpause und dann: "Also hier, speziell für dich, lieber Klausi! Oder du Böser? Eines der schönsten Lieder für Liebende, wie ihr es seid. Marianne Rosenberg - Du gehörst zu mir. Für Rainer und Klaus." Das Lied wird angespielt, der Moderator regelt kurz noch einmal die Musik runter und sagt: "Lieber Klaus, dieses Lied ist heute nur für dich. Von deinem Rainer. Ich bin sicher, er glaubt fest an das, was Marianne Rosenberg singt. Wenn du uns hörst und es dir möglich ist, dann nimm den Schmerz von deinem Liebsten." Jetzt wurde die Musik richtig laut.
Ist es wahre Liebe Die nie mehr vergeht? Oder wird die Liebe Vom Winde verweht?
Spätestens an dieser Stelle, wenn ich mich recht erinnere, habe ich geheult wie ein Schlosshund und mich, zusammengerollt wie ein Embryo, auf meine Schlafcouch geworfen. Ich weinte immer noch als das Lied zu Ende ging.
Er gehört zu mir Für immer zu mir... Er gehört zu mir, wie mein Name an der Tür Und ich weiß, er bleibt hier Er gehört zu mir!
"Es wäre zu schön, wenn das Lied wahr würde", dachte ich bei mir und schluchzte flehend in meine Kissen: "Lieber Klaus, komm bitte zu mir! Bleib bei mir, denn du gehörst zu mir!" Als das Lied endete, wurde sofort das nächste Stück gespielt. Ich war ein wenig beleidig deswegen. Eigentlich hätte jetzt die ganze Welt verstummen müssen, auch Radio Cool. Ich blieb liegen. Arbeiten konnte ich in diesem Gemütszustand ohnehin nicht und auf Surfen im Netz hatte ich auch keine Lust und das zeigte mir, dass ich vor lauter Kummer fast schon gestorben war.
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