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Der lila Duft des Lavendel (fm:Romantisch, 15051 Wörter)

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Veröffentlicht: Aug 18 2021 Gesehen / Gelesen: 21008 / 17939 [85%] Bewertung Geschichte: 9.73 (354 Stimmen)
Der Tod seines Onkels offenbart einem jungen Arzt eine Menge über die Familiengeschichte

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© Freudenspender Dieser Text darf nur zum Eigengebrauch kopiert und nicht ohne die schriftliche Einwilligung des Autors anderweitig veröffentlicht werden. Zuwiderhandlungen ziehen strafrechtliche Verfolgung nach sich.

Klicken Sie hier für die ersten 75 Zeilen der Geschichte

Was wird mich erwarten? Warum will mich mein Onkel nach so vielen Jahren wiedersehen? Ich bin kein berühmter Arzt, den er um Rat oder gar um Hilfe bitten könnte. Ich bin nur ein kleines Rädchen in den Krankenhausmühlen. Mit meinem Beruf als Arzt kann es nicht zusammenhängen. Warum ruft eigentlich ein Notar an?

Ich verbanne die nutzlosen Fragen aus meinem Kopf. Hier und jetzt bekomme ich sowieso keine Antworten. Viel klüger ist es, ich genieße die herrliche Landschaft, die an mir vorbeizieht und die sich scheinbar endlos zu wiederholen scheint. Gerade diese Endlosigkeit und diese Weite sind faszinierend. Als Stadtmensch kenne ich nur Begrenztheit und Enge. Nicht nur räumlich. Bei vielen Menschen habe ich diesen Eindruck auch bei ihrem Denken.

Der späte Nachmittag ist wohl die schönste Zeit des Tages. Die Sonne ist nicht mehr so gleißend und das Licht nicht mehr so stark. Und doch schenkt es der Landschaft Farben, die schöner und intensiver nicht sein könnten. Die von der Erde aufsteigende Wärme gibt den Bildern mit ihrem Flimmern etwas Surreales. Ich spüre förmlich, wie die Wärme des abendlichen Lichtes auch mein Herz erreicht.

Es dämmert bereits, als ich das Chateau erreiche. Die Sonne ist untergegangen und die Nacht breitet sich langsam aber schleichend über der Landschaft aus. Die Dunkelheit kommt mir vor wie ein alles bedeckendes Tuch, unter dem die Welt zu verschwinden scheint. Ich empfinde die Stimmung als beklemmend. Oder bilde ich mir das nur ein, weil mein Onkel möglicherweise im Sterben liegt?

Vom Parkplatz aus führt ein mit Backsteinen belegter Weg, gesäumt von Zypressen und blühenden Sträuchern hinauf zum Haupthaus. Die Lampe über dem Haupteingang spendet nur wenig Licht. Eine Klingel kann ich nicht finden und klopfe deshalb an die Eingangstür. Schon bald höre ich ein helles Trippeln aus dem Inneren des Hauses. Es müssen die Schritte eines Mädchens oder einer zarten Frau sein. Mein Onkel kann das nicht sein.

"Wer ist da?", höre ich eine schwache Frauenstimme rufen.

"Guten Abend, ich bin Thomas Führmann, Roland hat mich eingeladen."

"Ach, Sie sind schon da?"

Ich höre, wie sie die Tür aufsperrt. Das Geräusch erinnert an ein schweres, altes Schloss. Als die Tür mit einem leisen aber bis ins Mark gehenden Quietschen vorsichtig geöffnet wird, bin ich gespannt, wer mir öffnet. Im Türspalt erscheint eine zierliche, junge Frau. Mir fällt sofort ihr ausgesprochen freundliches Lächeln ins Auge. Und sie ist hübsch, unsagbar hübsch sogar. Sie hat gewellte, braune Haare, ein zartes Gesicht mit hohen Wangenknochen und eine sehr zierliche Figur.

Auch wenn ich sie im Halbdunkel des Türeingangs nur recht schemenhaft erkenne, bin ich von ihrem Anblick überwältigt. Besonders ihre Augen ziehen mich in ihren Bann! Ich kann die Farbe nicht erkennen, aber sie sind neugierig und offen. Noch nie hat mich der Blick eines Menschen so fasziniert.

"Guten Abend, Herr Führmann, willkommen", meint sie. Dabei streckt sie mir ihre Hand zum Gruß entgegen.

"Guten Abend, mit wem habe ich das Vergnügen?"

"Ich bin Vera, die Stieftochter Ihres Onkels", antwortet sie.

"Sollten wir dann nicht Du zueinander sagen? Du bist schließlich meine Cousine."

"Nicht die leibliche Cousine", antwortet sie schüchtern. "Aber das macht eigentlich nichts."

"Schön habt Ihr es hier", versuche ich das Gespräch in Gang zu halten.

"Ja, danke."

Wir stehen uns etwas verlegen im langen Flur des Hauses gegenüber. Auch hier drinnen spendet nur eine schwache Lampe ein sehr gedämpftes Licht. Wir wissen beide nicht recht, was wir sagen sollen. Die Situation ist für uns beide ungewohnt und neu.

"Darf ich hier im Haus wohnen?", frage ich vorsichtig.

"Ach ja, entschuldige. Natürlich! Ich zeige dir dein Zimmer. Du hast nach der langen Fahrt sicher Hunger."

"Nur wenn es keine Umstände macht."

"Nein, nein, du darfst nur nicht anspruchsvoll sein", meint sie.

Vera geht zur Treppe und schaut sich dort zur Sicherheit noch einmal um, ob ich ihr auch wirklich folge. Als sie sieht, dass ich mit meinem Koffer hinter ihr bin, dreht sie sich wieder um und geht die Treppe nach oben. Ich habe den Eindruck, sie versucht so leise wie möglich zu sein. Das leise Knarren der Holzstufen klingt in der Stille viel lauter, als es in Wirklichkeit ist. Oben angekommen geht sie auf eine Tür zu und öffnet sie.

"Das ist dein Zimmer. Mach dich frisch und komm danach hinunter ins Esszimmer."

"In Ordnung, ich komme in zehn Minuten."

Das Zimmer ist einfach, aber sauber. Die Einrichtung wirkt ein wenig zusammengewürfelt, doch das ist auf dem Land halt so. Man nimmt, was man hat und was zweckmäßig ist. Ich wasche mir Hände und Gesicht, schlüpfe schnell in praktische Kleidung und mache mich auch schon wieder auf den Weg nach unten.

Dort angekommen schaue ich mich kurz um, um mich zu orientieren. Ich weiß schließlich nicht genau, wo ich hinmuss. Aus einer halb offenstehenden Tür fällt ein schwacher Schimmer auf den Flur. Ich halte plötzlich inne, denn ich habe den Eindruck, ich höre ein leises Schluchzen. Und tatsächlich, ich höre, wie jemand still weint.

Ich betrete leise den Raum und stehe tatsächlich im Esszimmer. Auf dem Tisch stehen eine Flasche Rotwein, etwas Käse und ein Brotkorb mit Baguette. Auf einem der Stühle sitzt Vera. Sie ist zusammengekauert und weint. Ich gehe auf sie zu und lege von hinten die Hände an ihre Schultern.

"Was ist denn los?", frage ich vorsichtig.

Vera schaut erschrocken auf und wischt sich schnell die Tränen aus den Augen. Sie springt auf, als sei sie ertappt worden.

"Nichts, es ist nichts. Bitte, setz dich und iss", meint sie nur.

"Danke!"

Ich übergehe vorerst das, was ich gesehen habe und setze mich an den Tisch. Ich nehme einen Schluck Wein. Ich muss feststellen, dass er ausgesprochen lecker ist. Auch der Käse ist köstlich. Mein Hunger hält sich trotz der langen Fahrt in Grenzen. Es wird einerseits die Müdigkeit sein, andererseits beschäftigt mich die Situation.

Ich hatte nicht erwartet, ein junges Mädchen anzutreffen. Genau genommen habe ich mir gar keine Gedanken gemacht, wen ich antreffe. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, ob mein Onkel Familie hat. Doch so, wie es aussieht, ist wohl nur Vera hier. Besteht seine ganze Familie nur aus ihr?

Als ich mit dem Essen fertig bin helfe ich Vera, das Geschirr in die Küche zu tragen. Ich stelle meinen Teller und das Besteck in die Spüle, während sie den Käse in den Kühlschrank räumt. Dabei habe ich Gelegenheit ihre Figur zu begutachten. Sie ist schlank, hat einen echt geilen Knackarsch und eine Hammerfigur.

"Trinkst du ein Glas Wein mit mir?", frage ich. Vera schaut mich etwas überrascht an und überlegt kurz.

"Aber nur eines", antwortet sie.

"Ich trinke auch nur eines", versichere ich. "Nach der langen Fahrt ist ein Glas genau richtig, um etwas herunterzukommen."

Vera nimmt sich ein Glas und zurück im Esszimmer schenke ich Wein ein. Wir stoßen, ohne viel zu sagen an, schauen uns dabei direkt in die Augen. Die Stimmung ist immer noch bedrückend. Ich spüre, dass Vera etwas belastet.

"Gehen wir vor die Tür? Ich würde gerne die Abendstimmung und die frische Luft genießen", frage ich.

"Gerne", antwortet sie und nimmt ihr Glas.

Über eine Seitentür kommen wir auf eine Terrasse. Sie ist so gebaut, dass sie weitgehend in den Weinbergen verborgen ist. Selbst das Geländer ist von Weinreben zugewachsen und als solches kaum noch zu erkennen. Vera geht an die Brüstung, ihr Blick verliert sich starr und ausdruckslos in der Ferne.

"Was ist los?", frage ich noch einmal.

"Mein Stiefvater liegt im Sterben", antwortet sie. Vera bricht erneut in Schluchzen aus.

"Das tut mir unglaublich leid", bringe ich gerade so hervor. Es schnürt mir beinahe die Luft ab.

"Was soll aus mir werden?", schluchzt Vera. "Aus dem Weingut?"

Ich nehme sie in den Arm. Ich kann nicht anders, es ist eine spontane Geste. Das Mädchen tut mir so unsagbar leid. Ich kann sie gut verstehen, für sie stürzt im Augenblick ihr gesamtes bisheriges Leben ein. Es wird nichts mehr so sein, wie sie es bisher gekannt hat.

Zu meiner Überraschung lehnt sie sich an mich und hält ihren Schmerz nicht länger zurück. Die Tränen kullern nur so über ihre Wangen und sie drückt ihren Kopf Schutz suchend gegen meine Brust. Ganz unwillkürlich lege ich meine Arme um sie und streiche ihr sanft zur Beruhigung über den Rücken.

Wir stehen eine ganze Weile nur so da, ohne zu sprechen. Ich fühle, dass es im Augenblick besser ist, einfach nur für Vera da zu sein, sie im Arm zu halten und still zu sein. Sie braucht im Moment eine Schulter, an der sie sich anlehnen und ausweinen kann. Auch wenn wir genau genommen Fremde sind, spüre ich doch eine unglaubliche Verbundenheit mit diesem Mädchen.

"Du musst mich für eine fürchterliche Heulsuse halten", meint sie schließlich weinerlich.

"Nein, das tue ich nicht."

"Na was denn sonst? Du kommst nach einer langen Reise hier an und ich heule dir die Ohren voll."

"Du hast allen Grund dazu. Der nahe Tod eines lieben Menschen ist für niemanden einfach. Und wenn es noch dazu der einzige Mensch ist, der einem wirklich etwas bedeutet, dann umso mehr. Ich habe auch meinen Vater verloren. Ich weiß, was du empfindest."

"Ich möchte stark sein. Ich muss auch für ihn stark sein", meint sie beschwörend.

"Du liebst ihn sehr?"

"Er war fast mein ganzes Leben lang immer für mich da. Er ist mein wirklicher Vater", erzählt sie. "Mein leiblicher Vater hat sich nicht ein einziges Mal gemeldet. Dem bin ich scheißegal."

"Wie alt warst du, als du zu ihm gekommen bist?"

"Meine Mutter hat Roland kennengelernt, da war ich vier Jahre alt. Das war die große Wende in meinem Leben, alles hat sich zum Guten gedreht. Wir haben zuvor in einer kleinen Wohnung in der Stadt gewohnt. Nicht in einem Nobelviertel, sondern in einer Ecke der Stadt, wo die wohnen, die nicht viel Geld haben. Dieses Anwesen ist mir von Anfang an vorgekommen, wie das Paradies. Vorher gab es Tage, da hatten wir nichts zum Essen und hier gab es alles im Überfluss. Ich hatte endlich einen richtigen Vater!

Er hat mit mir gespielt, er hat mit mir gelacht, er hat mir Geschichten vorgelesen und vor allem, er hat mich getröstet, wenn ich gefallen bin und Schmerzen hatte. Roland hat mir alles beigebracht, was ich heute kann. Ohne ihn wüsste ich nicht, was aus mir geworden wäre. Er ist der einzige Vater, den ich je hatte."

"Und was wurde aus deiner Mutter, wenn ich fragen darf?"

"Sie ist vor etwa acht Jahren gestorben. Auch da war Roland für mich da. Er hat mich über den schweren Verlust hinweggetröstet. Er hat mich in den Arm genommen, wenn ich traurig war, und er hat alle meine Launen ertragen. Doch diesmal habe ich niemanden mehr, der mich auffängt."

"Nun ja, deine Launen kenne ich noch nicht und kann nicht sagen, ob sie auszuhalten sind", sage ich. "Aber ich bin auf jeden Fall für dich da!"

Zum ersten Mal huscht der Hauch eines Lächelns über ihr Gesicht. Sie hat den Kopf von meiner Brust genommen und ihn ein wenig zurückgebeugt, um mir besser ins Gesicht schauen zu können.

"Meine Launen können ganz schön schlimm sein", meint sie.

"Sonst wärst du keine Frau", kontere ich.

Ich versuche sie zu necken, um sie damit auf andere Gedanken zu bringen. Es scheint tatsächlich zu funktionieren, denn sie hat aufgehört zu weinen. Ich habe den Eindruck, sie nimmt zum ersten Mal wahr, dass ich sie im Arm halte. Auch sie hat es, als selbstverständlich hingenommen. Sie schaut mich mit großen Augen an. Doch auch jetzt löst sie sich nicht von mir.

"Solche Machosprüche vertrage ich im Augenblick nicht besonders. Und außerdem passen sie gar nicht zu dir."

"Was passt dann zu mir?"

Auch mir wird erst in diesem Moment bewusst, wie angenehm es ist, Vera im Arm zu halten, ihre Wärme zu spüren, den Duft ihrer Haut und ihrer Haare einzusaugen. Vor allem ihre Schönheit wird mir erst jetzt so richtig bewusst. Sie ist noch sehr jung, aber genau mein Typ. Sie sieht einfach nur umwerfend aus.

"Nun ja, du scheinst ein sehr sensibler und einfühlsamer Mensch zu sein. Ein guter Mensch, wie dein Onkel. Sonst würden wir wohl nicht hier stehen", kommt ihre Antwort, "Allerdings bist du übermorgen wieder weg und ich bin allein."

"Ich könnte eine ganze Woche bleiben, wenn du das möchtest", biete ich an. "Und danach schauen wir weiter."

"Nachher bist du wieder in Deutschland", sagt sie nachdenklich. "Auf jeden Fall klingt eine Woche fürs Erste schon mal gut."

Dabei legt sie wieder ihren Kopf auf meine Brust und schmiegt sich eng an mich. War es vorher nur eine impulsive Geste, so macht sie es jetzt ganz bewusst. Sie fühlt sich in meiner Nähe wohl. Und genau das ist ein ganz neues Gefühl für mich. Noch nie hat mir eine Frau so deutlich gezeigt, dass ich ihr wichtig bin.

Einerseits tut es gut, andererseits verwirrt es mich aber auch, dass ein Mädchen so deutlich zeigt, dass sie gerne in meiner Nähe ist. Ich habe keine Ahnung, wie ich damit umgehen soll. Vera weckt eindeutig den Beschützerinstinkt in mir. Ich drücke sie noch etwas enger an mich und genieße diesen herrlichen Körper, der sich Schutz suchend gegen den meinen presst.

Die Zeit ist im Flug vergangen und der Wein ist alle. Auch wenn ich zum Umfallen müde bin, ich könnte noch ewig so dastehen und Vera im Arm halten. Wir entscheiden uns dennoch, schlafen zu gehen. Hätte ich sie unter anderen Umständen kennen gelernt, hätte ich vermutlich alles getan, um sie ins Bett zu kriegen. Aber so käme ich mir schäbig vor, auch wenn ich zugeben muss, dass sie ein ausgesprochen heißer Feger ist.

Ich kann es nicht. Ich kann nicht den Aufreißer geben, während sie so verletzlich und um Hilfe suchend ist. Natürlich hätte ich deshalb leichtes Spiel, doch ich kann nicht. Vera ist mir zu wichtig, um sie zu verletzen.

Als Arzt muss man unweigerlich eine bestimmte Distanz zu den Patienten aufbauen. Ich will nicht sagen, dass ich gefühlskalt bin. Würde man allerdings jedes Patientenschicksal an sich heranlassen, würde man früher oder später daran zerbrechen. Als Arzt hat man immer wieder mit hochemotionalen Situationen zu tun und baut fast automatisch einen Panzer um sich herum auf.

Es ist echt nicht einfach, einem Menschen zu sagen, dass er oder ein Angehöriger sterben wird. Das hat mir am Anfang viele schlaflose Nächte bereitet. Beim Studium lernt man sehr viel über den menschlichen Körper, aber auf so eine Situation wird man nicht vorbereitet. Ich habe mir eingeredet, es werde irgendwann zur Routine. Das stimmt nicht! In Wirklichkeit ist es wohl eher so, dass ich das Ganze einfach nicht mehr an mich herangelassen habe.

Das hat wohl auch meine bisherigen Beziehungen und Frauenbekanntschaften geprägt. Ich war immer nur auf ein Abenteuer, auf meine sexuelle Befriedigung aus. Die große Liebe war es bei keiner und ich habe mich gefragt, ob ich überhaupt in der Lage bin, tiefere Gefühle zuzulassen. Ich habe mir immer eingeredet, dass mir deshalb auch das Schlussmachen nie viel ausgemacht hat. Egal von wem es letztendlich ausging.

Wenn ich mein bisheriges Leben anschaue, könnte man tatsächlich zum Schluss kommen, ich sei gefühlsmäßig abgestumpft. Wie passt dann das tiefe Mitgefühl ins Bild, das ich Vera gegenüber empfinde? Ich bin noch nicht abgestumpft, ich habe Gefühle!

Diese Gedanken gehen mir durch den Kopf, während ich im Bett liege und an die Decke starre. Vera hat mir einen schüchternen Gutenachtkuss auf die Wange gedrückt, als wir uns an der Zimmertür getrennt haben. Auch das beschäftigt mich.

Warum kann ich nicht schlafen? Ist es die neue Umgebung? Ich habe doch sonst nie Probleme, nicht Zuhause zu schlafen. Ich bin nicht empfindlich und brauch nicht unbedingt mein eigenes Bett. Auch die Krankheit und der nahe Tod meines Onkels gehen mir nicht besonders nahe. Dazu habe ich ihn zu lange nicht mehr gesehen.

Ist es Vera? Sind es die Gefühle, die sie in mir weckt? Noch nie hat mich eine Frau bis in meine Träume verfolgt. Vera tut es! Ich träume davon, dass wir Hand in Hand über ein Lavendelfeld laufen, und sie lacht mir vergnügt zu. Wow! Für dieses Lachen könnte ich morden!

Es ist nicht nur dieses Lachen, es sind auch ihre bernsteinfarbenen Augen, die mich in ihren Bann ziehen. Sie sieht mich damit so unglaublich verliebt an. Sie strahlt, ihre Trauer ist wie weggeblasen. Aber das sind leider nur Träume. Darin taucht sie in dieser Nacht unzählige Male auf und lacht mich mit ihren strahlenden Augen verliebt an.

Ich bilde mir ein, ich bekomme so zumindest einen Eindruck davon, wie sie wohl sein kann. Das Lächeln und die strahlenden Augen wird sie mit Sicherheit haben. Ob ihr verliebter Blick mir gilt oder ob es nur Wunschdenken ist, das kann ich nicht sagen. Doch ich will es herausfinden, dazu bin ich fest entschlossen.

Mit dieser Gewissheit schlafe ich dann doch endlich ein und gleite in einen tiefen Schlaf. Ich werde morgen zwar nicht ausgeruht sein, dazu bin ich zu lange wach gelegen oder habe wild geträumt. Dafür bin ich jetzt wirklich entschlossen, Vera näher kennen zu lernen.

Kapitel 2

Irgendetwas rüttelt an meiner Schulter. Es muss schon Tag sein, denn die Sonne strahlt mitten ins Zimmer. Nur mit Mühe bekomme ich die Augen auf und was sehe ich? Am Rand meines Bettes sitzt Vera und schenkt mir ein umwerfendes Lächeln. Es übertrifft sogar meine kühnsten Träume.

"Guten Morgen, du Schlafmütze. Wir müssen ins Krankenhaus", lacht sie immer noch vergnügt.

"Guten Morgen! Wie spät ist es denn?", frage ich noch verschlafen.

"Es ist schon sieben Uhr."

"Ist das spät?", frage ich.

"Ich bin schon wieder müde", grinst sie.

"Ich immer noch", muss nun auch ich lachen.

"Komm in die Küche, es gibt Frühstück", fordert sie mich auf. Dann haucht sie mir erneut einen schüchternen Kuss auf die Wange, bevor sie schnell aus dem Zimmer verschwindet. Es wirkt beinahe wie eine Flucht. Die Frage ist nur, vor wem sie flüchtet.

Mühsam schäle ich mich aus dem Bett. Mein Gott, ich habe wie immer nackt geschlafen. Zum Glück habe ich das Leintuch über mich gebreitet, so dass Vera nichts Genaues sehen konnte. Das wäre äußerst peinlich gewesen. Ich mag nicht im Pyjama schlafen, ich brauche die Freiheit. Zumindest bilde ich mir das ein.

Nach der Morgentoilette fühle ich mich etwas ausgeschlafener und erscheine wenig später frisch gekleidet in der Küche. Vera hat ein verschmitztes Lächeln auf den Lippen. Ich kann mir nicht erklären, was es damit auf sich hat.

Vera schenkt mir einen herrlich duftenden Kaffee ein und ich nehme mir ein Hörnchen. Auf dem Tisch steht ein Körbchen mit allerlei Gebäck und lädt förmlich dazu ein, zuzugreifen. Vera nimmt sich nur eine Tasse Kaffee, sitzt mit angezogenen Beinen auf ihrem Stuhl und schaut mir die ganze Zeit zu, wie ich esse. Dabei hat sie ein verträumtes Lächeln auf den Lippen.

"Geht es dir heute besser?", frage ich. Ich versuche damit, das Gespräch in Gang zu bringen.

"Ja, danke, dass du gestern für mich da warst. Es tut gut, dass du im Haus bist. Alleine könnte ich diese Situation nur schwer ertragen. Wie das Ganze an mir nagt, hast du gestern in unschöner Weise miterlebt", meint sie. Dabei wird sie ernst.

"Mach dir deshalb keinen Kopf. Ich kann dich gut verstehen. Glaube mir! Man will stark sein und sich keine Blöße geben. Nur irgendwann ist einfach der Punkt erreicht, an dem man nicht mehr kann. Dann muss alles raus. Mach dir deshalb keine Gedanken. Ich würde mir eher Sorgen um dich machen, wenn du das ganze einfach wegstecken würdest."

"Es ist nicht einfach. Es ist nicht nur die Krankheit meines Vaters. Auf mich kommt ein Problem zu, wovon ich noch keine Ahnung habe, welches Ausmaß es annehmen wird. Wie soll ich alleine das Chateau führen? Verkaufen kommt nicht in Frage, das würde ich nicht übers Herz bringen. Ich weiß genau, mein Vater würde das nie verstehen und würde sich im Grab umdrehen. Er hängt sehr an diesem Haus und dem Land. Das ist schließlich sein Lebenswerk", erklärt sie.

"Du hast keine Ahnung? Hast du nicht deinem Vater über die Schulter geschaut?", frage ich nach.

"Das schon, natürlich. Aber reicht das?"

"Du bist ein sehr kluges Mädchen. Ich bin sicher, du wirst das schaffen", versuche ich sie aufzumuntern.

"Du sagst es, ich bin ein Mädchen", kontert sie.

"Ja und? Aus der Zeit, in der Frauen nicht ein Chateau führen durften, sind wir zum Glück heraus", bin ich verwundert von ihrer Reaktion.

"Das siehst du so. Aber sicher nicht die eingesessenen Grundbesitzer in der Gegend hier. Die werden alles unternehmen, um mir Prügel in den Weg zu legen und mich zum Aufgeben zu zwingen. Da draußen ist nicht nur einer, der sich dieses Land für wenig Geld unter den Nagel reißen will. Dabei wird der, der mir die schönsten Augen macht, der Schlimmste sein", versichert sie mir.

Ich bin platt. Vera hat vermutlich Recht. Es wird sicher einige geben, die glauben, ein Mädchen könnte man leicht übers Ohr hauen und wollen daraus Profit schlagen. Trotzdem, Vera ist doch eine taffe Frau.

"Ich glaube du schaffst das trotzdem", versuche ich sie weiter aufzubauen.

Dabei greife ich nach ihrer Hand und drücke sie. Ich weiß keinen anderen Weg, um ihr zu zeigen, dass ich es ehrlich meine und davon überzeugt bin.

"Fahren wir zu Roland ins Krankenhaus. Dann sehen wir weiter. Noch ist er nicht gestorben und noch geht die Hatz auf die kleine Führmann nicht los", meint sie entschlossen.

Vera steht auf, um die Tasse in die Spüle zu stellen. Ich folge ihrem Beispiel. Ich bin still geworden, denn das was sie gerade gesagt hat, trifft mich doch mehr, als ich gedacht hätte. Erstens weil ich mir die Leute hier nicht so gemein und rückständig vorgestellt hätte und andererseits, weil mir Veras Schicksal deutlich näher geht, als ich es jemals für möglich gehalten hätte.

Zu Onkel Roland hatte ich schon ewig keinen Kontakt mehr und Vera habe ich erst gestern kennen gelernt. Außerdem bin ich bei Fragen rund um Landwirtschaft und so, eh draußen. Meine einzige Kenntnis von Landwirtschaft besteht im Kaufen und Essen von Produkten. Zugegeben, auch ab und zu ein Glas Wein gehört dazu. Doch mein Berührungspunkt mit der Landwirtschaft ist der Supermarkt, in dem ich einkaufe.

Ich habe die kleine Führmann, wie sie sich selbst nennt, in so kurzer Zeit bereits in mein Herz geschlossen. Sie ist ein ausgesprochen liebenswertes Mädchen und sie ist verteufelt hübsch. Eine wirkliche Augenweide! Habe ich mich etwa in die kleine Maus verguckt? Ich? Nein, das ist unmöglich. Ich habe es bisher nie geschafft eine Beziehung aufzubauen und soll nun in nicht einmal einem Tag Vera verfallen sein? Das würde wohl nicht mit rechten Dingen zugehen. Oder?

Ich sitze neben ihr im Wagen und überlege, was es für Vera bedeuten würde, wenn sie das Gut tatsächlich verkaufen müsste. Sie wäre nicht nur ganz allein auf der Welt, sie wüsste auch nicht mehr wohin. Kein Wunder, dass sie sich Sorgen macht.

Als wir am Krankenhaus ankommen, schaut sie mich aufmunternd an. Gerade sie, die so viele Probleme hat, schenkt mir ein aufmunterndes Lächeln. Dabei strahlen ihre bernsteinfarbenen Augen. Nein, sie funkeln vielmehr und schon wieder zieht sie mich unweigerlich in ihren Bann. Dieses Mädchen ist unglaublich liebenswert.

Wir gehen die breiten Treppen hinauf in den zweiten Stock des Gebäudes. Man sieht sofort, dass es sich um ein Provinzkrankenhaus handelt. Die Struktur ist alt und renovierungsbedürftig. Die Farbe bröckelt an mehreren Stellen ab. Ich kann mir nicht vorstellen, dass hier qualifizierte Ärzte am Werk sind. Wer gut ist und eine Chance bekommt, der bleibt doch nicht hier?

"Sollten wir nicht schauen, dass Onkel Roland in ein besseres Krankenhaus verlegt wird?", frage ich, als wir einen langen Gang hinuntergehen.

Vera bleibt stehen und sieht mich eindringlich an. Ihre Augen scheinen mich zu beschwören.

"Bitte nicht. Roland möchte hier sterben. Er will seinem Land ganz nah sein, daran hängt sein Herz", antwortet sie entschlossen.

"Aber in einem großen Krankenhaus hätte er sicher bessere Ärzte", versuche ich zu argumentieren.

"Tom, wir haben alles versucht. Wir waren in einem schönen, großen Krankenhaus mit sehr guten und manchmal auch arroganten Ärzten. Auch sie mussten meinem Vater sagen, dass er sterben wird. Wir haben keine andere Wahl, wir müssen uns mit der Tatsache abfinden, dass ihm kein Arzt der Welt mehr helfen kann.

Also respektiere bitte seinen letzten Wunsch, hier in der Nähe seines Gutes die letzten Tage verbringen zu können. Am liebsten würde er nach Hause kommen, doch ich sehe mich nicht in der Lage, ihn dort zu pflegen. Wenn er Hilfe braucht, was sollte ich dann tun?"

Ihre Stimme ist kraftlos und traurig. Sie würde ihm gerne diesen letzten Wunsch erfüllen. Das spüre ich in jedem Wort, das sie sagt. Und doch ist sie Realistin genug, einzusehen, dass sie das alleine nie stemmen kann.

"Okay!", sage ich gedehnt.

Ich füge mich ihrem Wunsch. Vera blickt mich dankbar an und dreht sich dann um, um den Weg fortzusetzen. Schon wenige Schritte weiter bleibt sie an einer Tür stehen und klopft an. Dann macht sie auf und tritt ein. Ich folge ihr.

Ich bin schockiert. In einem größeren Raum stehen zwölf Krankenbetten. Acht davon sind belegt. Die Männer sind alle schon etwas älter. Mein Onkel dürfte mit seinen Dreiundsechzig Jahren der Jüngste sein. Aber alle sehen sehr krank aus. Ich denke, es handelt sich bei allen um Krebspatienten, bei denen nur mehr wenig Hoffnung besteht.

Zwölf Betten in einem einzigen Raum wären bei uns in Frankfurt nicht vorstellbar. Die Räume sind auch nicht mehr groß genug, um so viele Betten aufzunehmen. Das war früher auch bei uns anders. Hier in einem Provinzkrankenhaus in der Provence dagegen ist das vermutlich noch immer Alltag.

"Hallo Papa, schau, wen ich heute mitgebracht habe", meint Vera gut gelaunt.

Sie ist ein unglaublicher Schatz. Vorhin noch so traurig und niedergeschlagen und jetzt, nur wenige Sekunden später, spielt sie die gut gelaunte Tochter Sie will ihren Vater nicht noch mit trüben Gedanken belasten. Stattdessen frisst sie die Probleme in sich hinein und versucht alles mit sich selbst auszumachen. Ich finde das unglaublich lieb von ihr. Ich wünschte, das würde jemand eines Tages auf sich nehmen, wenn ich im Sterben liege. Allerdings zehrt das auch sichtlich an ihren Kräften. Das kann nicht einfach sein, immer nur die Unbekümmerte zu spielen.

"Hallo Onkel Roland", grüße ich.

Ich bin unsicher und versuche mich vorsichtig heranzutasten. Ich erkenne den Mann vor mir kaum wieder. Einerseits ist es über zwanzig Jahre her, dass ich ihn das letzte Mal gesehen habe und andererseits ist er von der Krankheit schwer gezeichnet.

"Hallo Thomas, schön, dass du trotz allem gekommen bist."

Onkel Roland fällt selbst das Sprechen schwer. Sogar das ist für ihn eine ungeheure Anstrengung. Sein Blick haftet unsicher an mir, als würde er vor dem, was ich sagen könnte, Angst haben. Das hängt nicht mit seiner Krankheit zusammen. Die Unsicherheit hat einen anderen Grund.

"Wie meinst du das?", frage ich deshalb. Ich habe keine Ahnung, was er damit meint.

"Du weißt es nicht? Dein Vater hat dir nie etwas erzählt?"

"Was soll er mir erzählt haben?"

"Warum wir uns nie mehr gesehen haben", meint er.

"Nein, er hat mir nie von dir erzählt. Mir ist nur klar geworden, zwischen Euch muss etwas sehr Einschneidendes vorgefallen sein. Mein Vater war kein nachtragender Mensch und hat bald wieder verziehen. Nur bei dir hat er seinen Groll ein Leben lang nicht ablegen können. Allerdings hat er auch nie erzählt, was zwischen Euch vorgefallen ist", antworte ich wahrheitsgemäß.

"Vera, würdest du uns bitte einen Augenblick alleine lassen? Tom hat ein Recht darauf, die Wahrheit zu erfahren. Er ist inzwischen alt genug", meint Roland zu meiner Überraschung.

"Ich denke Vera sollte bleiben. Es geht um die Familie und da gehört sie dazu", sage ich. Ich weiß nicht, warum ich das sage, und bin von mir selbst überrascht. Es ist wohl eher ein Gefühl, aus dem heraus ich Vera nicht ausschließen will.

"Aber es war vor ihrer Zeit", wirft Onkel Roland besorgt ein.

"Es hat Auswirkungen gehabt, bis heute und möglicherweise auch auf die Zukunft. Warum sollte sie nicht wissen, worum es geht", beharre ich.

"Sie hatte mit der Sache nichts zu tun. Sei bitte nicht böse auf Vera. Sie kann nichts dafür", wehrt mein Onkel fast verzweifelt ab.

"Das weiß ich selbst, dass Vera keine Schuld trifft. Das sind Vorfälle lange vor meiner und ihrer Zeit. Deswegen musst du dir keine Sorgen machen", beruhige ich ihn.

Onkel Roland schaut mich nach wie vor besorgt an. Dann schaut er zu Vera. Er denkt nach.

"Willst Du dabei sein?", meint er fast flehend. Ich habe den Eindruck, er hofft, dass sie uns doch alleine lässt. Doch Vera bleibt auf dem Bettrand sitzen.

"Tom hat Recht. Das liegt alles lange vor unserer Zeit. Ich habe ihn so gut kennen gelernt, dass ich ihm glaube, wenn er sagt, dass er das Gestern und das Heute trennen kann. Wenn dem nicht so ist, dann kann ich es auch nicht ändern. Ich würde dann allerdings schon gerne wissen, warum er sauer auf mich ist", antwortet sie entschlossen.

"Na gut, Ihr Jungen wollt immer alles wissen. Manchmal sollte man die Vergangenheit ruhen lassen. Wohl auch deshalb hat Werner dir nie etwas erzählt", gibt sich mein Onkel geschlagen. In seiner Stimme liegen Bewunderung und Resignation gleichermaßen. Nach einer Pause beginnt er zu erzählen. "Wie du sicher weißt, haben dein Vater und ich das Chateau gemeinsam gekauft. Ich wollte immer schon ein berühmter Weinbauer werden. Da traf es sich ganz gut, dass mein Bruder eine Geldanlage gesucht hat. Seine Frau - das war deine Mutter - hatte eine Erbschaft gemacht, irgendein entfernter Onkel."

Onkel Roland macht eine längere Pause. Es ist ihm deutlich anzusehen, dass ihn das Sprechen anstrengt. Zudem fällt ihm auch das Erzählen der Geschichte selbst nicht leicht. Vera reicht ihm ein Glas und hilft ihm, einen Schluck Wasser zu trinken. Dann schaut sie mich unsicher an. Ich nehme ganz unbewusst ihre Hand, um sie zu beruhigen.

"Am Anfang war alles gut. Doch schon nach wenigen Jahren änderte sich einiges. Wir waren immer öfter anderer Meinung. Während ich den Ehrgeiz hatte, einen ganz besonderen Wein zu machen, ging es Werner eher ums Geld. Es kam immer öfter zu Streitigkeiten und schon nach wenigen Jahren war es fast unmöglich, gemeinsam weiterzumachen."

Wieder macht Roland eine Pause. Ich habe das Gefühl, ich kann aus seinen Worten regelrecht spüren, wie sehr er all die Jahre unter dem Streit und den Folgen gelitten hat. Wieder sieht mich Vera unsicher an und ich drücke erneut zur Beruhigung ihre Hand.

"Irgendwann ging es nicht mehr. Wir haben nur noch gestritten. Darunter hat die Führung des Weingutes schwer gelitten. Da wir zu Beginn den Fehler gemacht haben, die Anteile je zur Hälfte unter uns aufzuteilen, wurde jede Entscheidung zum Problem. Es gab endlose Diskussionen, die zu keiner Entscheidung führten. Am Ende hat Werner jeglichen Beschluss blockiert. Ich hatte den Eindruck, nur zum Trotz war er immer anderer Meinung als ich. Ich gebe zu, ich habe damals alles nur aus meiner Warte aus gesehen und nie versucht, ihn zu verstehen. Am Ende wollte er verkaufen und das habe ich blockiert. Das Chateau war und ist immer mein Traum gewesen und das wollte ich um nichts auf der Welt loslassen."

"Mein Vater konnte ein ausgesprochen sturer Mensch sein, wenn es darum ging, seinen Willen durchzusetzen. Das habe ich mehr als einmal erlebt", bestätige ich.

"Heute gebe ich nicht nur ihm die Schuld. Ich war genauso schuld an der Misere. Das sehe ich heute ein und es tut mir aufrichtig leid. Doch das allein ist nicht das Problem. Irgendwann kam etwas, auf das ich bis heute nicht stolz bin. Im Gegenteil, ich schäme mich ganz maßlos dafür", meint Onkel Roland niedergeschlagen.

"Was ist dann passiert?", frage ich. Ich habe das Gefühl, dass jetzt die Stelle kommt, die zur Feindschaft zwischen den beiden geführt hat.

"Ich habe so getan, als würde ich einem Verkauf zustimmen. Da ich vor Ort war und mich besser auskannte, als er, hat mir Werner eine Vollmacht ausgestellt, den Verkauf abzuwickeln. Dabei allerdings habe ich ihn übers Ohr gehauen", meint er. Ihm rinnt eine Träne über die Wange.

Einen alten, todkranken Mann zu sehen, wie er weint, das geht mir unglaublich nahe. Auch wenn er geradegestanden hat, meinen Vater übers Ohr gehauen zu haben, so kann ich ihm nicht böse sein. Im Augenblick zumindest. Vera ist im ersten Moment völlig überrascht. Sie hat davon nichts gewusst. Nun schaut auch sie mich unsicher an. Offenbar ist sie sich nicht mehr ganz so sicher, wie ich reagieren könnte. Doch erneut drücke ich ihre Hand, um ihr zu zeigen, dass alles gut ist.

"Ich habe mit einem Freund eine List ausgeheckt. Er sollte das Weingut kaufen und es mir dann nach einem halben Jahr wieder zum selben Preis zurückgeben, den wir besonders niedrig angesetzt haben. Ich hatte damals nicht viel Geld, um das Gut zu seinem wirklichen Wert kaufen zu können. Also musste ich diese List anwenden, um mein Chateau nicht zu verlieren.

Wir haben es dann auch so gemacht, wie wir es geplant hatten. Mein Freund hat das Chateau zu einem Spottpreis gekauft. Werner hat getobt, konnte aber nichts machen, weil er mir die Vollmacht erteilt hatte. Er hat mich einen Esel genannt und gemeint, ich hätte noch nie viel Sinn für das Geschäftliche gehabt. Bis dahin hat er mich einfach für unfähig gehalten.

Er hat Verdacht geschöpft, als ich nicht vom Weingut weggezogen bin und stattdessen weitergemacht habe, wie bisher. Ich habe ihm das so erklärt, ich hätte mit dem Käufer vereinbart, ich könnte so lange bleiben, bis ich etwas Neues gefunden habe. Auch den Rückkauf hat er nicht sofort mitbekommen. Deshalb nahm alles noch eine gewisse Zeit seinen gewohnten Lauf", erzählt er weiter.

"Aber irgendwann ist er dahintergekommen. So gut kenne ich meinen Vater", werfe ich ein.

"Ja, das ist er. Er stand eines Tages vor der Tür und hat mit einem Grundbuchauszug gewedelt. Mein Gott, diese Augen werde ich nie mehr in meinem Leben vergessen. Er hat getobt, mich einen elenden Betrüger genannt und mir eine reingehauen. Er war unglaublich enttäuscht. Heute kann ich ihn verstehen. Aber damals, in dieser Situation, habe ich keinen anderen Ausweg gewusst", erzählt Onkel Roland weiter.

"Und das hat dir mein Vater nie mehr verziehen", vermute ich.

"Ich habe unzählige Male versucht mit ihm zu reden. Ich habe Briefe geschrieben, angerufen und einmal bin ich nach Frankfurt gefahren. Er wollte mich nicht sehen! Ich habe ihm sogar noch kurz vor seinem Tod angeboten, wieder die alten Verhältnisse herzustellen. Er wollte nicht mehr. Ich glaube, am meisten getroffen hat ihn, dass das Geld, mit dem er eingestiegen war, das deiner Mutter war", ergänzt Roland.

Eine Zeitlang ist es still. Keiner von uns sagt ein Wort. Die anderen Kranken im Zimmer räuspern sich, einer schnarcht. Das sind die einzigen Geräusche, die zu hören sind. Ich denke nicht, dass die anderen etwas mitbekommen haben. Onkel Rolands Bett liegt etwas abseits von den anderen. Es sind leere Betten dazwischen.

Vera schaut mich fragend an. Erneut drücke ich ihre Hand und lächle sie an. Erst jetzt fällt mir auf, dass ich die ganze Zeit ihre Hand gehalten habe. Warum ich das mache, ist mir ein Rätsel. Ich bin nicht so fürs Händchenhalten und Vera kenne ich noch keine vierundzwanzig Stunden. Warum also genau bei ihr?

Ich bin nicht verärgert, auch wenn ich nicht gutheißen kann, was Onkel Roland getan hat. Ich versuche ihn zu verstehen. Es musste eine Lösung her und mit meinem Vater war es manchmal echt nicht leicht. Ich kann auch verstehen, dass Onkel Roland das Weingut nicht hergeben wollte, in das er die Jahre zuvor seine ganze Arbeit und sein Herzblut gesteckt hat. Der Aufbau war sicher nicht leicht. Das hat vermutlich alles er gemacht, mein Vater hat von Weinbau nichts verstanden. Trotzdem, die Art und Weise, wie er das Problem gelöst hat, war nicht in Ordnung.

"Dann gehört eigentlich die Hälfte des Chateaus Tom", sagt Vera. Sie mischt sich damit zum ersten Mal ein.

"Genau genommen ja", meint Onkel Roland.

"Dann müssen wir das richtigstellen", beharrt Vera.

"Ich habe ihn im Testament mit der Hälfte des Chateaus bedacht", erklärt mein Onkel.

Damit überrascht er mich und Vera gleichermaßen. Diesmal ist sie es, die meine Hand aufmunternd drückt. Sie schaut mich an und ich sehe die Anspannung in ihren Augen. Sie kann es kaum erwarten, dass ich etwas sage.

"Und mich fragt hier keiner?", ist meine Antwort. Mit der haben offensichtlich beide nicht gerechnet. Das sehe ich an ihren Reaktionen.

"Wie meinst du das?", ist Vera ganz unsicher.

"Bis vor wenigen Minuten wusste ich nichts von der ganzen Geschichte. Plötzlich weiß ich, warum mein Vater und mein Onkel nicht mehr miteinander gesprochen haben, und jetzt soll ich auch noch ein halbes Weingut erben. Leute, ich bin Arzt und lebe in Frankfurt", versuche ich meine Verwirrung zu erklären.

"Tom, bitte versteh doch, ich wollte dich nicht überrumpeln. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit und ich wusste nicht, ob du rechtzeitig kommst, damit ich es dir erklären kann", verteidigt sich mein Onkel.

"Bei Gott, Roland, ich bin Euch beiden nicht Böse. Ich finde nicht gut, was du damals getan hast. Ich kann allerdings nachvollziehen, dass du keinen anderen Ausweg gesehen hast. Ich finde es auch sehr lobenswert von dir, dass du mir alles erklärt und mich im Testament bedacht hast. Dazu gehört viel Mut.

Aber ob ich das Erbe annehme oder alles Vera überlasse, kann und will ich nicht auf der Stelle entscheiden. Dafür habe ich zum Glück noch einige Tage Zeit. Genau um das möchte ich mich jetzt erstmal kümmern", sage ich und verlasse das Krankenzimmer.

Vera und Onkel Roland schauen mir überrascht nach. Vera will aufspringen und mir nacheilen, aber mein Onkel hält sie zurück.

Kapitel 3

Ich bin wirklich keinem von beiden böse. Nicht meinem Onkel und Vera schon gar nicht. Sie trägt ganz bestimmt keine Schuld an dem, was damals vorgefallen ist. Außerdem hat es mit einer Zeit zu tun, die schon lange vorbei ist. Die Hauptakteure sind gestorben oder liegen im Sterben. Wozu also alte Wunden aufreißen?

Ein viel größeres Problem ist für mich, ob ich ein halbes Weingut als Erbe annehme. Das kann ich mir im Augenblick ehrlich nicht vorstellen. Was soll ich damit? Ich verstehe nichts vom Wein. Außer vom Trinken und da auch nicht allzu viel.

Im Augenblick interessiert mich viel mehr der Gesundheitszustand meines Onkels. Deshalb mache ich mich auf die Suche nach dem behandelnden Arzt, damit er mir Auskunft geben kann. Nach einigem Suchen finde ich den zuständigen Doktor, der auf mich einen sehr kompetenten Eindruck macht.

Er erzählt mir, dass mein Onkel Darmkrebs hat und sein Zustand irreversibel sei. Er kämpfe gegen die Krankheit an, aber letztendlich könne er den Kampf nicht mehr gewinnen. Er würde noch ein oder höchstens zwei Wochen leben.

"Ist es zwingend notwendig, dass er im Krankenhaus bleibt? Könnte er auch zu Hause gepflegt werden?", erkundige ich mich.

"Die Tochter ist doch nie in der Lage, den Mann zu pflegen. Auch wenn sie es gerne tun würde. Sie hat weder die Ausbildung dazu noch die Kraft", meint der Arzt nach einigem Zögern.

"Ich bin Arzt und ein Mann zudem. Wenn ich dabei bin, wäre die Situationen eine andere?", frage ich.

"Dann könnte man eine Pflege zu Hause eventuell ins Auge fassen. Sind sie so lange hier?", erkundigt sich der Arzt.

"Ich habe noch ein paar Tage Urlaub und ich denke, die könnte ich nicht sinnvoller nutzen, als einem alten, sterbenskranken Mann seinen letzten Wunsch zu erfüllen", antworte ich.

"Was ist, wenn es mehr als ein paar Tage sind? Dann muss Herr Führmann wieder zurück ins Krankenhaus", gibt er zu bedenken.

"Ich habe genügend Resturlaub, um auch noch eine oder zwei Wochen dranzuhängen. Das dürfte kein Problem sein."

"Sie wissen schon, auf was Sie sich einlassen. Sie sind schließlich Arzt."

"Ich weiß, was auf mich zukommt", bestätige ich.

"Na dann, hätte ich keine Bedenken", erklärt er.

"Fein! Vielen Dank. Machen Sie bitte die Papiere fertig und könnten Sie auch so freundlich sein, einen Krankenwagen zu rufen. Ich informiere währenddessen meinen Onkel und meine Cousine", ersuche ich den Arzt. Dieser macht sich auch gleich auf den Weg.

Ich kehre zurück ins Krankenzimmer. Dort sehe ich, wie Vera ihren Stiefvater eng umschlungen hält. Es ist ein unglaublich rührender Moment. Sie liebt ihn wirklich, das ist mehr als offensichtlich. Ich lasse den beiden einen Moment der Zweisamkeit und gehe erst auf sie zu, als Vera mich bemerkt und sich von ihrem Vater trennt.

"Pack die Sachen zusammen. Wir fahren nach Hause", sage ich zu Vera.

"Aber ich würde gerne noch ein wenig bleiben. Bist du uns doch böse?", erkundigt sie sich unsicher.

"Aber nein, wir fahren alle drei nach Hause. Der Arzt macht gerade die Papiere fertig und der Rettungswagen wird auch gleich da sein", lächle ich sie an. Ich hoffe wirklich, ihr und meinem Onkel damit eine Freude zu bereiten.

"Wie? Auch Papa kommt mit?", ist Vera ganz verdattert.

"Ja, das habe ich doch gesagt", grinse ich von einem Ohr zum anderen.

"Die Ärzte haben doch immer davon abgeraten", ist sie immer noch verwundert.

"Nun ja, du weißt doch, Ärzte unter sich", verrate ich noch nicht alles.

"Wie soll ich denn alleine meinen Vater pflegen?", wirft sie ein. Sie ist traurig, denn ihr wird bewusst, dass sie es nicht schaffen kann.

"Wer sagt denn, dass du ihn alleine pflegen musst. Ohne ärztliche Aufsicht geht da gar nichts."

"Welcher Arzt?", versteht sie zunächst nicht, was ich andeute. Erst mit der Zeit checkt sie langsam. "Du etwa? Wie lange bleibst du?"

"Nun ja, ich werde wohl gezwungen sein, so lange zu bleiben, wie nötig. Hoffentlich noch sehr lange", schmunzle ich.

Vera schaut mich ganz ungläubig an, kommt dann aber rasch auf mich zu und fällt mir um den Hals. Sie bricht in Tränen aus. Es bedeutet ihr ganz offensichtlich sehr viel, dass ihr Vater die letzten Tage zu Hause verbringen kann.

"Danke, das werde ich dir nie vergessen", flüstert sie mir ins Ohr.

Dann löst sie sich aus der Umarmung, wischt die Tränen ab und schaut mir mit ihren bernsteinfarbenen Augen direkt in meine. Ihr Blick ist unglaublich intensiv. Ich habe das Gefühl, als würde er mich durchbohren, als würde sie mir geradewegs in meine Seele schauen.

"Du bist ein guter Mensch. Du tust das, obwohl du gerade erfahren hast, dass mein Vater deine Familie um die Hälfte des Weingutes betrogen hat", staunt sie.

"Lassen wir doch die alten Zeiten ruhen. Sie haben schon zu viel Streit und Zwietracht gebracht. Wir sind eine neue Generation und sollten nach vorne blicken."

"Das zeugt von Größe", antwortet Vera. Sie umarmt mich noch einmal.

Diesmal legt sie ihren Kopf in meine Halsbeuge. Es ist eine sehr vertraute Geste. Ich kann deutlich ihren Atem an meinem Hals spüren, ihre Wärme. Ich kann den Duft ihrer Haut einatmen.

"Danke", haucht sie.

Sie löst sich von mir, als der Arzt und die Besatzung des Krankenwagens ins Zimmer kommen.

"Na, Herr Führmann, haben Sie extra Ihren Neffen gerufen, damit Sie uns entkommen", meint die Schwester lachend. Auch sie war ins Zimmer gekommen.

"Nein, Schwester Theresia, ich wusste nicht einmal, was er vorhat. Aber ich freue mich wirklich riesig, dass ich noch einmal das Chateau sehen und dort die kurze Zeit verbringen kann, die mir noch bleibt. Das hat nichts damit zu tun, dass ich mit Ihrer Pflege nicht zufrieden gewesen wäre", gesteht ihr mein Onkel.

Das Strahlen in seinen Augen spricht Bände. Er freut sich sichtlich und das freut wiederum mich. Warum soll ich alten Geschichten nachhängen? Das alles hat schon viel zu viel Unheil gebracht.

Ich halte mich zurück und lasse die Männer vom Rettungsdienst sowie Vera die wenigen Sachen packen und meinen Onkel auf die Trage legen. Zuerst gibt der Arzt noch Anweisungen und leitet die Vorbereitungen, dann kommt er auf mich zu und gibt mir einige Ratschläge für die Pflege zu Hause. Auch eine ganze Menge Medikamente überreicht er mir. Einige muss mein Onkel regelmäßig einnehmen, andere sind nur für den Notfall gedacht.

"Wer fährt im Rettungswagen mit?", will einer der Sanitäter wissen.

Vera schaut mich unsicher an. Sie weiß nicht, was sie sagen soll. Ich sehe ihr aber an, dass sie gerne mitfahren würde.

"Na los, gib mir den Autoschlüssel und fahr du mit. Auf dem Transport braucht er mich nicht. Da sind im Ernstfall die Sanitäter da", fordere ich sie auf.

"Aber du hast es möglich gemacht", wendet sie ein.

Ich nehme sie in den Arm und gebe ihr einen Kuss auf die Haare. Sie schaut mich so unglaublich dankbar an, dass ich mich einen Moment wirklich zurückhalten muss, sie nicht auch auf die Lippen zu küssen.

"Das passt schon, mach dir keine Gedanken", ermuntere ich sie. Dann strecke ich ihr die offene Hand hin, damit sie mir den Autoschlüssel gibt. "Nun mach schon!"

Sie gibt mir den Schlüssel und schaut mir dabei noch immer in die Augen. Dann stellt sie sich blitzschnell auf die Zehenspitzen und haucht mir einen Kuss auf die Lippen. Das alles geht so schnell, dass ich gar nicht reagieren könnte. Im Nu sind ihre Lippen auf den meinen, ich habe das Gefühl, ihre warmen, feuchten Lippen zu spüren und dann sind sie auch schon wieder verschwunden. Doch es fühlt sich unglaublich gut an.

Sie schenkt mir noch schnell ein verlegenes Lächeln und verschwindet blitzschnell aus dem Zimmer. Sie folgt ihrem Onkel, der gerade aus dem Zimmer geschoben wurde. Ich bleibe einen Moment wie angewurzelt stehen. Ich realisiere nur langsam, was gerade vorgefallen ist. Um nicht ganz doof auszusehen, mache auch ich mich auf den Weg und folge den beiden. Ich beobachte noch, wie mein Onkel in den Rettungswagen verladen wird und wie sich hinter Vera die Türen schließen.

Dann mache ich mich schnell auf den Weg zum Auto und fahre dem Rettungswagen hinterher. Auf der Fahrt habe ich Zeit, über die Geschehnisse nachzudenken. Da ist einerseits das, was mir mein Onkel gestanden hat und da ist vor allem der Kuss, den mir Vera auf die Lippen gehaucht hat. Fühlt sie sich zu mir hingezogen oder war es reine Dankbarkeit?

Auf der kurzen Fahrt komme ich zu keinem Ergebnis. Einmal vor Ort angekommen, wird es dann hektisch. Wir waren bei unserer Abreise nicht darauf vorbereitet, dass wir Onkel Roland mitbringen. Dementsprechend chaotisch gestaltet sich die Ankunft. Vera ist ganz aus dem Häuschen und weiß nicht recht, was sie als erstes tun soll.

"Wir setzen Onkel Roland hier in den Liegestuhl. Ich denke, nach der langen Zeit im Krankenhaus tut ihm ein wenig frische Luft ganz gut. Vera hol´ bitte eine Decke, damit er nicht kalt hat. Danach haben wir Zeit, sein Zimmer herzurichten", ergreife ich die Initiative.

Vera schaut mich dankbar an und rennt los. Mit Hilfe der Sanitäter verfrachte ich Onkel Roland in den Liegestuhl und decke ihn mit der Decke zu, die Vera bringt. So ist er erst mal versorgt.

"Darf ich auch ein Glas Wein trinken?", erkundigt sich mein Onkel.

"Aber Onkel", tadelt ihn Vera.

"Im Krankenhaus war es Schwester Theresia, die mich herumkommandiert hat, hier ist es Vera", grinst mein Onkel.

Ich kann ihm deutlich ansehen, wie glücklich er ist, endlich wieder zu Hause zu sein. Davon zeugen auch seine gute Laune und sein Hang zu Späßen.

"Ein Glas wird ihn schon nicht umbringen", schmunzle ich. Dafür ernte ich prompt einen tadelnden Blick von Vera.

"Hast du gehört, was der Herr Doktor gesagt hat", neckt mein Onkel. Vera entspannt sich und scherzt nun auch selbst.

"Aber nur eines.", schränkt sie ein.

Vera eilt ins Haus. Zu gern erfüllt sie seinen Wunsch. Schließlich weiß sie, dass er es zu schätzen weiß, seinen eigenen Wein nochmal trinken zu können. Als er das Glas Rotwein sieht, hat mein Onkel einen glückseligen Ausdruck im Gesicht.

"Danke, danke, danke. Ich habe nicht mehr zu hoffen gewagt, dass ich noch einmal von meinem Wein trinken kann", meint er. Er nimmt ganz andächtig einen Schluck.

"Wie könnte man einem Mann so etwas verbieten?", frage ich Vera. Dabei schmunzle ich. Sie steht neben mir und schmiegt sich an mich.

"Kommst du einen Moment allein zurecht? Ich würde Vera helfen, das Zimmer herzurichten", sage ich zu meinem Onkel.

"Das kann ich auch alleine", wehrt Vera ab.

"Die Wäsche ist deine Sache, ich muss schauen, ob sonst alles passt", bestehe ich darauf.

"Geht nur. Ich bin hier glücklich und lauf Euch nicht davon", meint Onkel Roland.

Ich gehe mit Vera ins Haus. Während sie schon die Treppe hinaufgehen will, schaue ich mich im Erdgeschoss um.

"Gibt es hier kein Zimmer?", erkundige ich mich.

"Nur ein altes Gästezimmer. Da müsste ich erst sauber machen", antwortet Vera. Sie dreht sich auf der Treppe zu mir um.

"Von da aus könnten wir ihn leichter vor das Haus bringen. Ich denke, das würde er sich wünschen und das würde ihm auch guttun."

"Meinst du, er schafft das noch?", ist Vera unsicher.

"Ich weiß es nicht. Kann sein, dass wir ihn noch öfters vor das Haus setzen können, kann aber auch sein, dass es nur ein oder zweimal ist. Er wird sich mit Sicherheit über jedes Mal freuen."

"Na gut, komm mit", meint Vera. Sie geht voraus in ein Zimmer, das sich im hinteren Teil des Hauses befindet.

Das Zimmer ist groß und hell. Es ist freundlich eingerichtet und ich könnte nicht sagen, dass es unordentlich wäre. Ich kontrolliere das Bett, ändere leicht die Einstellungen, so dass Onkel Roland besser darin liegen kann und helfe Vera beim Einbetten.

"Geh zu Papa, ich muss noch sauber machen", fordert mich Vera auf.

"Na gut. Übertreib es nicht mit der Sauberkeit", necke ich sie. Ich drehe mich um und will den Raum gerade verlassen, da spüre ich ihre Hand an meiner Schulter, die mich zurückhält.

Ich drehe mich um und schaue sie an. Ohne ein Wort zu sagen, legt Vera ihre Arme um meinen Hals, stellt sich auf die Zehenspitzen und legt ihre Lippen auf die meinen. Es ist eine sehr zärtliche Geste. Aber diesmal ist es kein flüchtiger Kuss, diesmal bleibt sie mit ihren Lippen auf den meinen und ihre Zunge verlangt Einlass. Überrascht öffne ich meinen Mund.

Veras Zunge beginnt ganz sachte meine Mundhöhle zu erforschen. Allmählich erwache auch ich aus meiner Starre und lasse mich auf das Spiel ein. Es entwickelt sich ein langer und sehr zärtlicher Kuss. Plötzlich löst sich Vera von meinen Lippen. Während sie sich umdreht, sehe ich noch, dass sie ganz rot ist.

"Jetzt geh!", fordert sie mich auf.

Ich verstehe nicht ganz, was gerade passiert ist. Ich kann nur vermuten, dass es ihr etwas peinlich ist, dass sie ihren Gefühlen freien Lauf gelassen hat. Offenbar war es spontan. Es war unglaublich schön.

"Es ist so schön hier", meint Onkel Roland. Bevor er mich bemerkt, stehe ich einige Zeit im Türrahmen und schaue nachdenklich über die Landschaft, die sich vor uns ausbreitet. Die Nachmittagssonne heizt ordentlich ein. Unter den Bäumen vor dem Haus ist jedoch sehr angenehm.

"Es ist wirklich ein außergewöhnliches Fleckchen Erde. Hier habe ich mich immer wohlgefühlt", antworte ich ehrlich.

"Na dann, die Hälfte gehört Dir", meint er auffordernd.

"Ich weiß nicht" antworte ich ausweichend.

"Vera mag dich auch. Das sehe ich. Noch nie hat sie einen Mann so angesehen", meint Onkel Roland. Er zwinkert dabei verschwörerisch mit einem Auge.

"Sie ist meine Cousine", wehre ich ab.

"Ach was, Ihr seid nicht verwandt", winkt er ab.

Es entsteht eine längere Pause. Ich hänge meinen Gedanken nach. In nicht einmal vierundzwanzig Stunden ist so viel geschehen und das könnte mein Leben für immer verändern. Einerseits gefällt mir der Gedanke, mit Vera hier zu leben, andererseits würde das heißen, ich müsste meinen Beruf an den Nagel hängen.

"Überlege es dir! Ich wäre froh drüber. Dann wäre auch Vera nicht so allein, wenn ich nicht mehr bin", fährt er fort.

Wir schweigen beide erneut eine ganze Weile. Ich will nicht über seinen Tod sprechen und ich will mich nicht zu einer Entscheidung drängen lassen. Ich habe bisher nie mit dem Gedanken gespielt, mein bisheriges Leben aufzugeben. Dazu gefällt es mir zu gut.

"Danke, dass du mich aus dem Krankenhaus geholt hast. Jeder Tag auf meinem geliebten Chateau ist ein gewonnener Tag. Das im Krankenhaus kann man nicht mehr Leben heißen", bricht er nach längerer Zeit das Schweigen.

"Mehr kann ich für dich nicht tun, leider. Aber so können wir zumindest ein wenig Zeit zusammen verbringen", antworte ich. "Wir können nichts an der Vergangenheit ändern, aber wir können die Gegenwart genießen."

Onkel Roland sagt längere Zeit nichts, doch in seinem Blick liegt große Dankbarkeit. Er genießt es sichtlich, noch ein paar Tage auf seinem geliebten Landgut verbringen zu können.

Wenig später kommt Vera wieder aus dem Haus. Sie erkundigt sich, ob es ihrem Vater gut geht und setzt sich dann neben mich. Wir sitzen eine Weile schweigend da. Nur ihre Hand sucht, die meine und hält sie fest.

"Langsam wird es Zeit, ins Bett zu gehen", sage ich schließlich.

"Ich bin auch müde", gibt mein Onkel zu. "Es ist schön wieder einmal richtig müde zu sein."

Wir bringen ihn mit vereinten Kräften in sein Zimmer. Er lächelt, als wir ihm erklären, warum wir ihn nicht in sein altes Zimmer im ersten Stock tragen. Er ist dankbar dafür.

Anschließend helfe ich Vera beim Kochen. Onkel Roland bekommt eine leichte Suppe, während sie für uns einen Fisch im Ofen zubereitet. Zuerst bekommt mein Onkel sein Abendessen, danach geht er schlafen.

Kapitel 4

"Und, hast du dich schon entschieden?", will Vera wissen. Sie spricht leise. Ihre Unsicherheit ist deutlich zu spüren. Wir sind dabei, den Fisch auf dem Teller vor uns von den Gräten zu befreien.

"Was meinst du?", frage ich. Ich checke nicht sofort, was sie meint. Ich konzentriere mich auf das Essen.

"Bleibst du hier?", kommt zögerlich von ihr.

"Ich habe die ganze Woche Urlaub und kann noch einige Tage anhängen. Solange es eben braucht", antworte ich ehrlich.

"Ich meine nicht nur jetzt. Ich meine für immer", wird sie noch unsicherer.

"Du meinst, ob ich die Hälfte des Landgutes übernehmen möchte? Nein, eher nicht", antworte ich ehrlich.

Vera schweigt betreten. Während des ganzen Essens sprechen wir kein Wort und es herrscht eine merkwürdige Stimmung.

"Bin ich dir echt egal?", sagt Vera schließlich. Wir haben inzwischen fertig gegessen und schieben die Teller von uns. Ihre Frage trifft mich tief im Herzen. Es liegt so viel Schmerz und Enttäuschung darin. Auch eine dicke Träne rollt über ihre Wange.

"Wie kannst du das nur denken. Du bist mir nicht egal! Das hast du hoffentlich bemerkt. Ich kann doch nicht mein ganzes Leben über den Haufen schmeißen. Was soll ich mit einem Weingut machen? Ich verstehe nichts vom Weinanbau", antworte ich ehrlich.

"Aber ich verstehe davon genug für uns beide? Das mit dem Wein kann ich übernehmen", wirft Vera verzweifelt ein.

"Ja und was soll ich dann machen?", frage ich überrascht.

"Du könntest Arzt sein, oder die Vermarktung übernehmen oder sonst etwas tun. Ich denke, wir würden schon eine sinnvolle Lösung finden, wenn du nur willst", schluchzt sie. Ihre Enttäuschung ist unglaublich groß.

Spontan nehme ich Vera in den Arm. Ohne Zögern kuschelt sie sich an mich. Sie wirkt wie eine verlorene Seele. Ich möchte nicht, dass sie sich an mich bindet, nur aus Angst, alleine zu bleiben.

"Darf ich dir meinen Lieblingsplatz zeigen? Dort gehe ich manchmal hin, wenn ich nachdenken muss", meint sie plötzlich.

"Ja, der würde mich interessieren", gestehe ich ehrlich.

Vera nimmt eine dünne Jacke und wirft sie sich über die Schultern. Dann hakt sie sich bei mir ein und wir gehen einen Traktorweg entlang. Das Weingut liegt auf einer kleinen Anhöhe und so kann man ins Tal hinunterschauen. Der Blick ist wunderschön. Wir gehen eine ganze Zeit lang schweigend nebeneinander her. Sie hält sich dabei an meinem Arm fest.

"Hier ist es", sagt sie. Wir haben eine Stelle erreicht, die am Hang liegt und einen schönen Ausblick auf die darunter liegende Ebene bietet. Vor uns fällt das Gelände steil ab. Drei oder vier Bäume wachsen auf dem kleinen Platz vor dem Abgrund. Der Ort hat tatsächlich etwas Mystisches an sich. Eine ganz besondere Stimmung überkommt mich.

Es ist ein leichter Rücken, der aus dem Hang hinaus in die Ebene ragt. Zwischen den knorrigen Korkeichen liegen riesige Felsblöcke. Es müssen Findlinge sein, denn sie passen nicht zu den Steinen in der Umgebung. Sind die Steine nur zufällig so aufgestellt oder folgen sie einem Muster? Ich kann es nicht sagen. Der abendliche Wind rauscht in den Blättern der Eichen und man könnte glauben, darin eine unbekannte Melodie zu hören. Ansonsten ist es absolut still.

"Bitte bleib hier", fleht mich Vera an.

"Damit wir uns streiten, wie es schon unsere Väter getan haben?"

"Hast nicht du gesagt, wir sind eine neue Generation und sollten die Vergangenheit hinter uns lassen?", erinnert sie mich an meine eigenen Worte.

"Aber verstehst du nicht, ich habe ein anderes Leben."

"Kannst du das nicht aufgeben und hier neu beginnen?", antwortet sie. In ihrer Stimme schwingt unsichere Erwartung mit. Es zerreißt mir beinahe das Herz, sie so verzweifelt zu sehen.

"Das ist einfacher gesagt als getan."

"Hast du eine Frau oder Freundin, die in Frankfurt auf dich wartet?"

Vera scheint ein Verdacht gekommen zu sein. Ihre Stimme wird noch verzweifelter. Sie hat sich offenbar selbst die Antwort auf diese Frage gegeben und hat die Hoffnung aufgegeben.

"Nein, auf mich wartet keine Frau", versichere ich ihr deshalb schnell.

"Na dann?", meint Vera.

Wir schauen uns eine Zeitlang an. Ich komme mir schäbig vor und mein Entschluss, das Erbe auszuschlagen gerät ins Wanken. Vera dagegen nähert sich und küsst mich erneut. Diesmal allerdings voller Erwartung und Hingabe. Sie scheint in meinen Gedanken lesen zu können.

Es ist ein wunderschöner Kuss. Ihre warmen, weichen Lippen, die meine ganz sanft berühren, sind einfach nur wunderbar. Der Kuss ist betörend und ich würde mich am liebsten nie mehr von ihr lösen.

"Du willst es ja auch?", meint sie. Eine Spur Hoffnung schwingt wieder mit.

Auch wenn Sie noch recht unerfahren wirkt, kann sie recht gut mit ihren weiblichen Reizen spielen und kokettieren. Natürlich möchte ich es auch! Aber das würde mein Leben auf den Kopf stellen. Habe ich so viel Mut, um für Vera alles aufzugeben und hier eine ungewisse Zukunft zu beginnen?

"Was ist, wenn du dich nur an mich hängst, damit du nicht allein bist?", werfe ich ein.

"So erwachsen bin ich dann schon", antwortet sie empört. Sie wirkt beleidigt.

"Nein, ich meine nicht bewusst. Versteh mich bitte nicht falsch, es könnte doch unbewusst die Angst dabei sein, alleine zu bleiben. Kann es nicht sein, dass du dich deshalb von mir angezogen fühlst?"

"Könnte sein, auch wenn ich es nicht glaube. Aber wenn wir es nicht versuchen, werden wir es nie herausfinden."

"Ich will auf keinen Fall mit deinen Gefühlen spielen", versichere ich ihr.

"Das tust du nicht, solange du es ehrlich meinst. Außerdem weiß ich, worauf ich mich einlasse. Ich könnte es nur nicht ertragen, wenn du mich liebst und nicht zu unserer Liebe stehst", meint sie entschlossen.

Diesmal nehme ich sie in den Arm und lege meine Lippen auf die ihren. Sofort öffnet sie bereitwillig den Mund und gewährt meiner Zunge Einlass. Sie gibt sich ganz dem Kuss hin. Wie kann man so einer Frau widerstehen?

Wir sinken auf den mit Moos bewachsenen Boden nieder und lehnen uns an einen der großen Steine an. Es ist etwas kompliziert, denn Vera will gar nicht die Lippen von den meinen lösen. Sie hält sich verzweifelt an mir fest. Sie schafft es, auf meinem Schoß zu sitzen zu kommen. Sie legt die Arme noch fester um meinen Hals und drückt ihre Lippen noch entschlossener auf die meinen. Sie legt all´ ihre Sehnsucht und Leidenschaft in diesen einen Kuss.

Wir geben uns einem unglaublich langen, aber auch wunderschön zärtlichen Kuss hin. Wir wollen damit wohl beide ausdrücken, dass uns der andere wichtig ist. Es liegt so viel Zuneigung und Liebe in dieser sehr innigen Berührung, wie ich es noch bei keiner anderen Frau so empfunden habe.

Langsam sinkt die Nacht herab. Die schon untergehende Sonne hat sich mittlerweile hinter den Horizont zurückgezogen und ihr Licht ist dem Grau der Dämmerung gewichen. Immer deutlicher übernimmt die Nacht mit einem fließenden Übergang zur Dunkelheit die Stimmung um uns herum. Uns allerdings scheint das nicht zu berühren. In uns strahlt die Liebe füreinander und ihr Licht lässt sich auch von der tiefsten Nacht nicht vertreiben.

Vera liegt in meinen Armen. Unsere Lippen haben sich gelöst, ohne die Stimmung zwischen uns zu verändern. Sie schmiegt sich gegen meinen Körper und genießt die Zweisamkeit voller Hingabe und Vertrauen. Vera wirkt so verletzlich und weckt erneut den Beschützerinstinkt in mir. Ich bin überzeugt, sie hat sich mir geöffnet. Das zarte, zurückhaltende Mädchen kämpft um ihre Liebe und ihr Glück. Vera beeindruckt mich ungemein. Sie hat sich wohl noch nie einem anderen Menschen je so verwundbar und doch voller Vertrauen gezeigt.

"Wir werden wohl oder übel eine Lösung für meinen beruflichen Werdegang suchen müssen", sage ich wie nebenbei.

Zuerst reagiert Vera gar nicht auf meine Worte. Sie scheint ihren eigenen Träumen nachzuhängen. Ich kann ihr Gesicht nicht sehen, da es inzwischen völlig dunkel ist.

"Wie meinst du das?", platzt sie plötzlich heraus. Ihr scheint etwas aufgefallen zu sein.

"Ich werde schauen müssen, wie ich hier als Arzt arbeiten kann", bleibe ich mit meiner Stimme immer noch bei einem beiläufigen Ton.

"Du bleibst hier? Echt?", bricht es ungläubig aus ihr heraus.

Dabei schlingt sie erneut die Arme um meinen Hals, beginnt mich mit tausenden von Küssen zu überdecken und hört damit gar nicht mehr auf.

"Du bleibst hier?", wiederholt sie bei jedem Kuss ihre Frage. Vor lauter Freude und Aufregung macht sie es mir fast unmöglich, sie zu beantworten.

"Ja, ich bleibe", unterbreche ich ihre Euphorie nur ungern. "Aber lass noch etwas von mir übrig."

"Ich bin so glücklich!", versichert sie mir.

Das hätte sie nicht eigens betonen müssen. Schließlich höre ich das überdeutlich und spüre es in jeder Faser ihres Körpers, der immer noch auf mir liegt.

Plötzlich hält sie inne. Im letzten Rest des Lichtes erkenne ich, dass sie mich sehr eindringlich betrachtet. Der Mond ist inzwischen aufgegangen und erhellt zwar nur sehr notdürftig ihr Gesicht. Die Sichel am Himmel ist noch recht klein, der Neumond liegt nur wenige Tage zurück. Aber es reicht, dass es nicht ganz dunkel ist.

Vera scheint nachzudenken. Das sehe ich überdeutlich an ihren schwach erkennbaren Gesichtszügen. Ein Lächeln huscht über ihr Gesicht, sie scheint eine Entscheidung getroffen zu haben. Dann löst sie sich leicht von mir, um mich mit ihren wunderschönen Augen eindringlich fixieren zu können.

"Mach mich zur Frau!", fordert sie mich auf. Ihre Stimme ist überraschend entschlossenen.

"Hier? Ist das nicht zu kalt und zu ungemütlich?", frage ich vorsichtig.

"Ich möchte es!", beharrt sie. "Ich möchte es wirklich!"

"Du musst nichts überstürzen. Wir haben Zeit."

"Ich will es!", bleibt sie bei ihrer Meinung, "Oder gefalle ich dir nicht?"

"Vera, Du bist eine wunderbare Frau. Du bist mir unglaublich wichtig, viel zu wichtig, um jetzt einfach über dich herzufallen. Ich will es auch, aber nur, wenn du wirklich dazu bereit bist. Wir müssen nichts überstürzen. Schließlich hast du dich bis jetzt aufgespart, wenn ich dich richtig verstanden habe. Deshalb soll es für dich wirklich etwas ganz Besonderes werden."

"Das wird es. Davon bin ich überzeugt. Mit dir wird es besonders!", haucht sie nur. Sie küsst mich erneut.

Sie will es wirklich. Daran besteht kein Zweifel. Ich lasse mich auf ihren Kuss ein und streiche ihr dabei vorsichtig über den Rücken. Sanft und ohne Hektik fahre ich mit meinen Händen unter ihre dünne Jacke und spüre durch ihr T-Shirt hindurch ihre Haut. Ich kann ihre Wärme spüren, ihren wunderbaren Rücken, aber leider nicht die nackte Haut.

Ich wollte es langsam angehen lassen, doch ich kann nicht widerstehen. Ich fahre mit meinen Händen hinunter zu ihrem Po, streichle ihn und knete ihre wunderbaren Backen. Ich ziehe langsam das T-Shirt aus der Hose. Ich lasse meine rechte Hand darunter gleiten. Es ist betörend! Ihre weiche, warme Haut, die sich an meine Hand schmiegt, ist einfach wundervoll.

Auch Vera scheint es zu genießen. Als ich am Rücken ihre Haut berühre wölbt sie das Kreuz durch und beginnt leise zu stöhnen. Genießerisch langsam fahre ich mit der flachen Hand immer weiter nach oben und schiebe dabei das Shirt am Rücken mit in die Höhe. Dadurch wird das enganliegende Kleidungsstück auch vorne ein kleines Stück nach oben geschoben und gibt den Bauch mit einem entzückenden Nabel frei. Nun lasse ich meine linke Hand unter ihr Shirt gleiten, diesmal allerdings vorne. Ich berühre ihre Haut nur sanft mit den Fingerkuppen. Ich umspiele ihren Nabel und lasse die Finger ganz langsam nach oben gleiten und stoße gegen ihre Brüste. Vera trägt keinen BH.

Mit der flachen Hand streiche ich an der Unterseite ihrer strammen Hügelchen entlang. Einmal links und einmal rechts. Ich gleite ihre sensible Haut weiter nach oben. Vera stöhnt lauter, als ich mich über eines ihrer süßen Äpfelchen schiebe und die Handfläche genießend drauflege. Sie wirft den Kopf in den Nacken, als ich ihre Brustwarze vorsichtig zwischen den Spitzen von Mittel- und Zeigefinger einklemme. Sie stößt genießerisch die Luft aus.

Ich fahre weiter und nun schmiegt sich ihre Brust komplett in meine Hand. Es fühlt sich einfach wunderbar an, wie die warme, weiche und dennoch stramm abstehende Wölbung in meiner Hand liegt. Der freche Nippel drückt sich hart in meine Handfläche. Die Wölbung passt genau in meine Handfläche und quillt nur ganz leicht darunter hervor. Die Brüste müssen unglaublich schön sein. Ich kann sie nicht sehen, aber was ich in meiner Hand halte fühlt sich wunderbar an.

Ganz sachte beginne ich, ihre Brust zu kneten. Im ersten Moment entkommt ihrer Kehle ein kurzer, überraschter Schrei. Vermutlich hat noch nie ein Mann mit diesen herrlichen Kugeln gespielt und sie liebkost. Sie keucht lustvoll und öffnet für einen kurzen Moment die Augen.

"Hör bloß nicht auf! Es ist unsagbar schön. Viel schöner, als ich es mir je erträumt habe", haucht sie.

Ich lasse von ihr ab und ziehe ihr langsam die dünne Jacke aus, anschließend streife ich ihr das T-Shirt über den Kopf. Auch Vera bleibt nicht untätig. Sie beginnt etwas geistesabwesend mein Hemd aufzuknöpfen. Sie ist zu sehr damit beschäftigt, die Gefühle wahrzunehmen, die ich ihr mit meinen Händen bereite, als dass sie sich auf ihr Tun konzentrieren könnte.

Ich drehe Vera um, so dass sie auf meinem Schoß sitzt und mit den Rücken gegen meine Brust lehnt. Nun kann ich von hinten mit beiden Händen ihre Brüste umfassen. Dieser wunderbare Körper gehört mir! Vera ist wie weggetreten. Sie hat ihren Kopf gegen meine rechte Schulter gelehnt. Ihr entkommt ein langgezogenes "Mh", als meine rechte Hand über ihren Bauch nach unten und hinter den Bund ihrer Jeans rutscht. Sie zieht den Bauch ein, damit meine Hand Platz findet.

Doch die Hose sitzt zu eng. Deshalb öffne ich ungeduldig den Knopf und den Reißverschluss, um endlich freie Bahn zu haben. Diesmal fahre ich nicht nur hinter den Bund der Jeans, sondern ich folge ihrer zarten Haut und gleite direkt in ihren Slip. Sie hebt das Becken etwas an und spreizt ganz automatisch die Beine, als ich ihre Spalte erreiche.

Sie ist bereits feucht, stelle ich zufrieden fest, als ich ganz sachte über den wunderbaren Schlitz hinwegstreiche. Sie ist erregt und drückt mir willig ihr Becken entgegen. Als ich unbeirrt weiterfahre und ihren Hintereingang erreiche, kneift sie erschrocken die Backen zusammen. Sie öffnet die Augen und dreht sich erschrocken zu mir um. Offenbar ist es ihr peinlich, dass sie jemand an dieser Stelle berührt. Sie beruhigt sich aber schnell wieder und schließt erneut ihre Augen, als ich ihren Blick erwidere.

Während ich mit meinen, um sie herumgelegten Armen, ihren Körper erkunde, küsse ich vorsichtig die vor mir liegende Halsbeuge und ihren Nacken. Sie bekommt sofort eine Gänsehaut und schüttelt sich ganz leicht. Die Empfindung ist wohl sehr intensiv. Da sie den Kopf an meine rechte Schulter gelegt hat, bietet sie mir die linke Seite des Halses und einen Teil des Nackens offen dar. Ich muss nur den Kopf etwas beugen und kann mit meinen Lippen die zarte Haut berühren und daran knabbern.

Dabei sauge ich auch den herrlichen Duft ihrer Haut und ihrer Haare ein. Sie duftet einfach göttlich! Ich kann nicht genug von ihr bekommen. In jeglicher Hinsicht.

Vera schmilzt unter meinen Händen offenbar wie Butter in der Sonne. Sie beginnt erst leise und dann immer ungehemmter zu stöhnen. Sie hat die Augen immer noch geschlossen und ihr Gesichtsausdruck zeigt, wie gut es ihr gefällt, von mir liebkost zu werden.

Sie schreit überrascht auf, als ich neckisch an ihrem Ohrläppchen knabbere. Es scheint, als würde sie frösteln.

"Jetzt habe ich am ganzen Körper Gänsehaut", schnurrt sie zufrieden.

"Ich spüre nichts", grinse ich. Dabei streiche ich mit meinem Finger zweimal der Länge nach durch ihre Spalte.

"Hier natürlich nicht. Da ist mir unglaublich heiß", muss Vera lachen.

Ich spiele weiter mit einer Hand in ihrem Schritt, habe die zweite auf der linken Brust und mit meinem Mund und meiner Zunge küsse und liebkose ich ihre Halsbeuge sowie das Ohr. Sie ist mir ausgeliefert. Es ist unverkennbar, wie willenlos und bereitwillig sie sich mir hingibt. Für eine junge Frau, die noch nie mit einem Mann Sex hatte, ist sie überraschend locker. Sie scheint mir voll und ganz zu vertrauen.

"Das ist noch nicht alles?", meint sie ein wenig bittend.

"Sollten wir es nicht doch langsamer angehen lassen?", frage ich sie.

"Mach mich zur Frau! Fick mich durch! Du bist inzwischen zu weit gegangen, als dass wir es nicht durchziehen. Ich kann es kaum noch erwarten!", wird ihr Ton flehender.

Ich will es schließlich auch und gebe mir definitiv einen Ruck. Ich ziehe ihre Hose langsam die Beine hinab. Es ist ein berauschendes Gefühl, ihre Scham zu fühlen. Deshalb bleibe ich mit einer Hand weiterhin zwischen ihren Beinen und versuche nur mit der anderen, das Teil abzustreifen. Sie hilft mir, indem sie den Po anhebt und ich die Jeans leichter ihre schlanken Beine nach unten streifen kann. Dabei geht der knappe Tanga gleich mit und sie sitzt wenig später völlig nackt auf mir. Ich lege sie sanft ins weiche Gras und ziehe mich in Windeseile aus. Mein Schwanz steht bereits hart und einsatzbereit von mir ab. Ich bin unglaublich erregt.

Im schwachen Mondlicht sehe ich, wie sie mit gespreizten Beinen daliegt und mich sehnsüchtig erwartet. Als mein Freund zum Vorschein kommt, mustert sie ihn neugierig. Allerdings schleicht sich auch ein wenig Sorge in ihre Gesichtszüge.

"Der soll in mich hineinpassen?", will sie wissen.

"Keine Sorge, das klappt", beruhige ich sie.

Ich begebe mich zwischen ihre Beine und liebkose ihre empfindliche Stelle zunächst mit den Händen, später auch mit dem Mund. Anfangs ist deutlich zu spüren, wie ungewohnt und ein wenig peinlich ihr das ist. Vor allem, als sie meine Zunge spürt, zuckt sie erschrocken zurück. Doch mit der Zeit entspannt sie sichtlich, wird immer lockerer und gibt sich schließlich bereitwillig meinem Spiel hin. Ihr zunehmendes Stöhnen ist ein untrügliches Zeichen dafür, dass sie sich voll darauf einlässt.

Als ich schließlich ihre Perle mit meiner Zunge necke, sie dabei in meinen Mund sauge und leicht daran zu knabbern beginne, hebt sie ab. Ein spitzer, heller Schrei entkommt ihrer Kehle und hallt von den umliegenden Hügeln wider. Ihr Körper erzittert und wird von leichten Krämpfen gebeutelt.

"Pause! Mach bitte eine kurze Pause. Ich halte das nicht mehr aus", fleht sie.

Dabei presst sie verzweifelt die Beine zusammen. Offenbar wird die Intensität allmählich zu viel für sie. Deshalb lasse ich kurz von ihr ab und gönne ihr eine kurze Pause. Diese nütze ich und betrachte das vor mir im Moos liegende Mädchen. Ich bin mir sicher, dass meine, aus einem Gefühl heraus getroffene Entscheidung, die richtige ist. Ich habe noch keine Ahnung, wie es funktionieren soll. Doch ich weiß eines ganz gewiss, ich will mit dieser Frau zusammen sein.

Allmählich beruhigt sich Vera. Ihre Atmung normalisiert sich wieder und sie schaut mich mit großen Augen an.

"Du machst mich wahnsinnig. So heftig bin ich noch nie gekommen", gesteht sie.

"Ich dachte, du hast noch nie mit einem Mann?", frage ich überrascht.

"Dazu braucht eine Frau nicht unbedingt einen Mann", lacht sie vergnügt. "Nicht in der heutigen Zeit!"

Ich spüre deutlich, wie aus Verlegenheit die Wärme in meine Wangen schießt. Ich gehe davon aus, dass ich rot werde. Ich habe die Kleine ganz offensichtlich unterschätzt.

"Dann muss ich mich steigern", antworte ich.

"Das würde ich hoffen", kontert sie. Dabei lacht sie vergnügt und zufrieden.

Ich rücke näher an sie heran und schaue ihr direkt in die Augen. Ich setze meinen Pfahl an ihrer Spalte an und verharre kurz. Auch wenn mir ihre Körpersprache eindeutig zeigt, dass sie endlich ficken will, gebe ich ihr eine letzte Möglichkeit doch noch alles abzubrechen. Ich bin überraschend unsicher! Vera bedeutet mir zu viel, als dass ich nur nach meinem Vergnügen suchen würde.

"Nun mach schon!", fordert sie ungeduldig. Mein Zögern verwirrt sie etwas.

Deshalb mache ich weiter. Ganz vorsichtig schiebe ich mich in ihren Unterleib. Schon bald spüre ich den erwarteten Widerstand und halte inne. Ich überlege kurz, wie ich es am besten angehen könnte. Schließlich ist es für mich das erste Mal, dass ich einem Mädchen die Unschuld raube. Deshalb will ich es für sie so angenehm wie möglich werden lassen. Ich habe keine Ahnung, wie es für eine Frau ist, wenn zum ersten Mal ein Mann in sie eindringt.

Ich ziehe mich beinahe ganz aus ihr zurück und schiebe mich das kleine Stück wieder hinein. Ein paarmal wiederhole ich das und ficke sie auf der kurze Strecke, die mir bleibt. Da gerade der Eingang am empfindsamsten ist, steigt ihre Erregung schnell an.

Als ich aufgrund ihres glückseligen Gesichtsausdruckes annehme, dass sie erregt genug ist, stoße ich überraschend zu und dringe bis zum Anschlag in sie ein. Vera entkommt ein überraschter Aufschrei, doch ihre Augen sagen mir, dass es nicht vor Schmerz sondern aus Überraschung ist. Sie hatte gar nicht die Zeit zu reagieren oder auf den Schmerz zu warten. Es kam alles zu überraschend und deshalb verkrampft sie erst, als ich bereits ganz in ihr drinnen bin. Ich spüre, wie sich ihre Muskeln um meinen Penis legen und ihn sanft zusammendrücken.

Ich gebe ihr kurz die Zeit, sich an den Eindringling zu gewöhnen. Ich fülle den engen und noch unberührten Liebestunnel voll aus. Es ist ein herrliches Gefühl zu spüren, wie sich ihre Muskeln sachte um mein bestes Stück legen und ihn eng umschließen. Ich habe den Eindruck, als seien wir eins, so wunderbar fügt sich mein Penis in ihre Scham.

Ich beginne sie in der gesamten Tiefe ihres Geschlechts sanft und langsam zu vögeln. Vera spreizt ihre Beine und drängt mir ihr Becken gierig entgegen. Sie verdreht die Augen vor Erregung und lässt den Kopf wieder ins Moos sinken.

"Ich gehöre dir", beteuert sie. "Für immer und ewig!"

"Ich lasse dich nie wieder gehen", versichere ich ihr.

Ich schiebe mich immer und immer wieder tief in ihren Körper. Die Reibung ist wunderbar intensiv und treibt auch meine Erregung in ungeahnte Höhen. Ich versuche mich zurückzuhalten, um dieses erste intime Erlebnis mit Vera in vollen Zügen und so lange wie möglich zu genießen. Ich wünsche mir, dass dieser Moment dieser innigen Verbindung nie enden möge.

Doch irgendwann ist auch meine Lust am Anschlag und bricht mit gewaltiger Kraft über mich herein. Ich ramme mein Becken ein letztes Mal nach vorne, um möglichst tief in Vera vorzustoßen. Ich spüre, wie sich mein Hoden zusammenzieht und wie ich mich schließlich in ihr verströme.

Das reißt auch Vera mit. Sie verkrampft sich kurz und lässt dann los. Mein in ihr feststeckender Pfahl wird von ihren Kontraktionen regelrecht gemolken, wie ich es noch nie erlebt habe. Es ist unglaublich, wie heftig sie kommt. Der Mond hat sich hinter einer Wolke versteckt, so dass ich ihr wunderschönes Gesicht nicht beobachten kann, während sie sich ihrem Höhepunkt hingibt. Es muss wunderschön sein, stelle ich mir vor. Ich höre nur ihr Keuchen und Stöhnen, das mir verrät, dass sie sich bedingungslos ihrer Erregung hingibt.

Als die Wellen der Lust allmählich abebben, rolle ich mich von ihr herunter und wir bleiben noch ein wenig nackt und eng umschlungen im Moos liegen. Ein leichter Windhauch streicht über unsere schweißnassen Körper und lässt uns leicht frösteln. Die Kühle des Abends treibt uns schließlich an. Wir ziehen uns an und schlendern eng umschlungen zurück zum Haus.

"Es war wunderschön", haucht Vera. "So schön habe ich es mir nicht vorgestellt."

"Mit dir war es etwas ganz Besonders, auch für mich", versichere ich ihr.

"Und du bleibst wirklich hier?", will sie wissen. Als könnte sie es noch immer nicht glauben.

"Ich habe es dir gesagt", beruhige ich sie. "Das war nicht nur einfach so daher gesagt."

"Ich höre es nur so gerne", antwortet sie. Nun lächelt sie schelmisch. "Doch deshalb bin ich nicht mit dir zu diesem Platz gegangen. Ich wollte dich nicht drängen, auch wenn ich es wahrscheinlich getan habe. Es war mein innigster Wunsch, mit dir zusammen sein zu können. Ganz sicher nicht aus Angst vor dem Alleinsein. Es ist wegen dir.

Dieser Platz ist für mich etwas ganz Besonderes. Es ist nicht nur der Ort, an dem ich zu mir selbst gefunden habe, an dem ich die Ruhe gesucht habe, um wichtige Entscheidungen zu treffen. Es war aber mehr, als nur das. Schon als Heranwachsende habe ich immer davon geträumt, dass ich hier zur Frau werde."

"Du hättest auch mit mir geschlafen, wenn ich nicht geblieben wäre?", erkundige ich mich.

"Vermutlich schon", gesteht sie. "Ich bin mit dir nur aus diesem Grund dorthin gegangen. Ich weiß nicht warum, aber ich hatte das Gefühl, dass du der Mann bist, der mich als erster bekommen soll."

Ich drücke sie ganz fest an mich. Ihre Ehrlichkeit und ihr Vertrauen sind so neu und wunderschön für mich. Zwischen uns besteht eine Verbundenheit, die mit Sicherheit eine ausgezeichnete Basis für eine gute Beziehung ist.

Kapitel 4

Ich erwache in meinem Bett, eng an mich geschlungen liegt Vera dicht neben mir. Sie schläft noch. Ihr Gesicht strahlt Zufriedenheit aus. Die Sorgen und der Kummer, die in den letzten Tagen ihre Ausstrahlung immer begleitet und auch ein wenig getrübt haben, sind wie weggeblasen. Vera ist eine andere Frau geworden. Sie ist vielmehr zur Frau geworden, weil ich sie zur Frau gemacht habe, fällt mir ein. Ich finde es krass, wie deutlich ich Vera die Veränderung ansehen kann.

Ich liege da und genieße ihre Wärme und Nähe. Die Morgensonne scheint ins Zimmer und verleiht dem gesamten Raum ein fast magisch-intensives Licht. Ich habe das Gefühl, als würde die Sonne auch in mich hineinstrahlen und für die nötige Klarheit sorgen. Ich will mit Vera zusammen sein! Daran besteht nicht der leiseste Zweifel.

Mit einem verschlafenen Brummen entgleitet Vera allmählich der Traumwelt. Ich bin gespannt, wie sie reagiert, wenn sie mich erblickt. Auch wenn ich kaum Zweifel habe, dass sie ihre Meinung geändert hat, so bin ich doch ein klein wenig unsicher.

Vera schlägt die Augen auf. Ihr Kopf liegt mir zugewandt auf dem Kissen. Sie sieht mich und im selben Augenblick schleicht sich ein unglaubliches Lächeln auf ihre Lippen.

"Du bist immer noch da", stellt sie sichtlich zufrieden fest.

"Wo soll ich denn sonst sein?", frage ich. "Guten Morgen, mein Sonnenschein."

"Ich habe mir Sorgen gemacht, ob nicht doch alles nur ein schöner Traum war und du nicht mehr da bist, wenn ich die Augen öffne."

"Es ist zum Glück die Wirklichkeit. Ich bin da", bestätige ich.

"Ich möchte nur noch so aufwachen", haucht sie.

"Wenn du es möchtest, an mir soll es ganz bestimmt nicht liegen", versichere ich ihr.

"Das klingt himmlisch", sagt sie zufrieden. Dabei lächelt sie die ganze Zeit überglücklich. "Doch jetzt müssen wir nach meinem Vater schauen."

Wir ziehen uns hastig an und machen uns auf den Weg. Während ich Onkel Roland versorge, geht Vera in die Küche. Ich bereite meinen Onkel für den Tag vor und schiebe ihn im Rollstuhl, den wir uns im Krankenhaus geborgt haben, ins Esszimmer.

"Guten Morgen, Paps!", begrüßt ihn Vera.

"Paps? So hast du mich schon lange nicht mehr genannt", meint er. Onkel Roland lächelt zufrieden.

"Es ist ein schöner Morgen. Du bist zuhause, Thomas ist da. So könnte es für immer bleiben", antwortet sie.

Mein Onkel betrachtet Vera längere Zeit mit einem unglaublich liebevollen Blick, der eine grenzenlose Liebe und Zuneigung zeigt, die nur ein Vater seiner Tochter entgegenbringen kann, wenn er mit sich und der Welt im Reinen ist. Dann schaut er zu mir und nickt mir zu. Er mustert mich mit einem sonderbar wohlwollenden Blick.

"Es ist ein sehr schöner Morgen", bestätigt er.

Wir bringen ihn nach dem Frühstück vor das Haus. Die Sonne scheint ihm ins Gesicht und er genießt es sichtlich.

"Ich kann mir keinen schöneren Platz auf Erden vorstellen", versichert er uns.

"Dürfen wir dich kurz alleine lassen?", erkundigt sich Vera. "Wir müssen dein Zimmer lüften und aufräumen."

"Geht ruhig, ich komme im Moment auch alleine zurecht", antwortet er.

"Hilfst du mir?", bittet mich Vera.

Ich bejahe und folge ihr ins Haus. Kaum im Zimmer drückt sie mich gegen die Wand und küsst mich voller Leidenschaft.

"Wie soll ich es so lange aushalten, ohne dich zu küssen?", meint sie. Dabei lacht sie vergnügt.

"Du musst es nicht lange aushalten", beruhige ich sie. "Du kannst mich küssen, wann immer du möchtest."

Wir küssen uns noch einmal lange und zärtlich. Dann schaue ich Vera zu, wie sie das Bett zurecht macht und das Fenster öffnet, um frische Luft in den Raum zu lassen.

Als wir nach einiger Zeit wieder vors Haus gehen, ist mir sofort klar, dass Onkel Roland gestorben ist. Ich eile zu ihm und suche am Hals den Puls. Ich kann keinen mehr finden.

Vera schaut mich mit ängstlich aufgerissenen Augen an.

"Nein! Bitte nicht!", schreit sie auf. "Nicht jetzt, da sich alles zum Guten wendet. Nicht jetzt!"

Ich gehe zu ihr und nehme sie in den Arm. Sie drückt sich an meine Brust und beginnt zu weinen. Dicke Tränen rollen ungehemmt ihre Wangen hinunter. Sie zeigen, wie unglaublich tief ihr Schmerz ist.

"Wie konnte er nur so von uns gehen? Klammheimlich, als wir drinnen waren?", sagt sie ungläubig.

"Er wusste, dass sein Moment gekommen ist. Alle Lasten sind ihm abgenommen worden. Er hat sich mit mir ausgesprochen und er wusste, dass du nicht alleine bleiben wirst. Er konnte endlich loslassen. Noch dazu war er am - für ihn - schönsten Platz der Erde, das hat er selbst gesagt", erkläre ich ihr.

"Wir haben ihm doch nichts von uns gesagt", protestiert sie. "Oder hast du es ihm erzählt?"

"Das mussten wir ihm nicht erzählen, er hat es auch so gesehen. Er hat uns beim Frühstück beobachtet und ihm war alles klar. Er hat mir in die Augen geschaut und ich wusste sofort, er weiß es."

"Aber wie?"

"Er brauchte dich nur anzuschauen", sage ich. "Er hat gesehen, wie glücklich du bist. Er kennt dich, wie kein anderer."

"Aber so konnten wir uns nicht von ihm verabschieden. Er ist einfach gegangen."

"Er ist nicht gegangen. Er wird immer bei uns sein und solange wir dieses Chateau in seinem Sinne weiterführen, wird er uns helfen. Glaube es mir", versichere ich ihr.

Vera legt die Arme um meinen Hals und den Kopf auf meine rechte Schulter. Sie weint.

"Du hast Recht. Er ist in Frieden gegangen und wird immer bei uns sein", sagt sie. "Ich habe mich immer gefragt, warum er so voller Zuversicht auf dich gewartet hat. Dein Kommen war ihm ganz, ganz wichtig. Jetzt weiß ich auch warum."

"Das war das letzte Teilchen im Puzzle seines Lebens."

"Jetzt habe ich nur noch dich", sagt sie nachdenklich.

Kapitel 5

Vera hat eine wunderschöne Grabrede gehalten. Sie hat es sich nicht nehmen lassen, selbst die persönlichen Worte zu sprechen. Es war unglaublich ergreifend. Sie hat Onkel Roland wie einen eigenen Vater geliebt. Sie hat erzählt, wie sie als kleines Mädchen auf das Weingut kam, wie fremd alles war und welche Angst sie hatte vor der Ungewissheit.

"Paps hat mir diese Angst im Nu genommen. Ich weiß bis heute nicht, wie er es gemacht hat, aber ich hatte bei ihm vom ersten Augenblick an das Gefühl, verstanden zu werden. Er hat mich die Liebe zum Land und die Liebe zum Weinbau gelehrt. Er hat es geschafft, dass ich mich hier zuhause fühle. Er hinterlässt eine ganz große Lücke in meinem Herzen und wird für immer dort seinen Platz haben", meint sie.

Während Vera ihre Rede beendet, lasse ich meinen Blick über die Gesichter der Trauergäste schweifen. Die Frauen haben zum Teil Tränen der Rührung in den Augen. Doch einige der Gutsbesitzer beobachten Vera und taxieren sie. Dabei haben sie ein hinterhältiges Lächeln im Gesicht. Es braucht nicht viel Fantasie um zu erkennen, dass sie sich bereits Hoffnung auf ihr Land machen.

Es überrascht sie allerdings, dass ich nicht von Veras Seite weiche. Meine Anwesenheit irritiert sie im ersten Moment. Als sie mich als den Neffen ihres Vaters vorstellt, beruhigen sie sich wieder. Es kehrt auch der überhebliche Gesichtsausdruck zurück.

"Vera, du solltest mit unserem Sohn Philipp ausgehen. Du kannst nicht lange allein bleiben. Du musst dir einen Mann suchen. Philipp ist ein schneidiger Kerl", meint ein Winzer. Ihn schätze ich als den Hinterhältigsten der Runde ein. Er will seinem Sohn eine hübsche Frau und sich das Weingut sichern.

"Danke, ich bin nicht auf Männersuche", lehnt Vera höflich ab.

"Wer bewirtschaftet nun den Hof?", erkundigt sich ein anderer.

"Das mache ich", antwortet Vera.

"Du allein? Mein liebes Kind, so ein Weingut ist doch nichts für ein junges Mädchen. Das ist harte Arbeit und man muss davon auch Einiges verstehen. Das geht nicht so einfach. Du hast ja gesehen, wie schwer sich dein Vater getan hat", meint der erste Gutsherr.

"Vera ist nicht allein. Wir werden das Chateau zusammen bewirtschaften", mische ich mich ein.

Alle schauen mich überrascht an. Damit hatten sie offenbar nicht gerechnet. Mich haben sie gar nicht mehr beachtet.

"Sind Sie Landwirt?", meint einer.

"Ich bin Arzt und werde hier im Ort meine Praxis eröffnen. Wir haben genügend Platz dafür. Darüber hinaus werde ich Vera helfen, wo immer ich kann. Sie wird mir schon sagen, was ich zu tun habe. Sie ist eine sehr kluge Frau", entgegne ich.

"Sie sind Arzt? Wie schön. Es ist eine Ewigkeit her, dass wir einen Arzt im Ort hatten", sagt eine Frau. Ihr sieht man an, dass sie sich freut und, dass sie keine Hintergedanken verfolgt. Vermutlich ist sie damit eine der wenigen.

"So, so, Sie tun das, was eine Achtzehnjährige Ihnen sagt?", spottet einer der Gutsherren.

"Ich glaube nicht, dass ich bereit bin, das Gespräch auf diesem Niveau weiterzuführen", fahr ich ihn an. "Komm Vera, Schatz. Wir gehen!"

ENDE



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