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Fluchtverhalten (fm:Romantisch, 10285 Wörter)

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Veröffentlicht: Mar 18 2022 Gesehen / Gelesen: 12521 / 10489 [84%] Bewertung Geschichte: 9.36 (122 Stimmen)
Wer ist die blonde Schönheit, die der zurückgezogen lebende Sascha manchmal auf der Terrasse des gegenüber liegenden Penthouses sieht? Er wird in einen Mahlstrom aus Lügen, Verrat und Gefahr hineingezogen.

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Fluchtverhalten

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Wer ist die blonde Schönheit, die der zurückgezogen lebende Sascha manchmal auf der Terrasse des gegenüber liegenden Penthouses sieht? Er wird in einen Mahlstrom aus Lügen, Verrat und Gefahr hineingezogen.

Dingo666

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Da war sie wieder!

Sascha Wagner spähte hinter der Küchengardine hervor, hinüber zu dem großen, langgestreckten Balkon. Dieser verlief über die gesamte Länge des gegenüber liegenden Wohnblocks.

Damit stellte er eine Art schmale Terrasse für das Penthouse drüben dar, denn die riesigen Fenster hinter der Brüstung saßen etwa einen Meter zurückgesetzt. Aber da der Vorsprung auch ein wenig über die Mauer des Stockwerks darunter hinausragte, und da das Geländer mit typischen 90er-Jahre-Aluminiumplatten bestückt war, hatte Sascha ihn schon immer als Balkon empfunden.

Seine eigene Wohnung lag im vierten Stock eines Gebäudes, das mehr als ein Jahrhundert auf dem Buckel hatte. Damals wurden Häuser noch mit ordentlichen Deckenhöhen gebaut, selbst hier in Bergenkling, einem ansonsten kaum bemerkenswerten Stadtteil von Hannover. Daher erreichte sein Küchenfenster fast auf dieselbe Höhe wie der Balkon gegenüber, im fünften Geschoss des Neubaus aus den Nuller-Jahren.

Die Entfernung betrug exakt 18,25 Meter. Das hatte ihm der Laser-Entfernungsmesser verraten, den er letzte Woche zufällig im Baumarkt gesehen hatte. Er wusste sofort, dass er ihn haben musste, für 25,90 Euro. Obwohl er sonst keinen Anlass hatte, Räume oder Distanzen auszumessen.

Die Kaffeemaschine von Saeco fauchte und warf mit Dampf um sich. Während er auf seinen Cappuccino wartete, zupfte Sascha einige welke Blätter von der Brunnenkresse, die in dem kleinen Topf auf dem sonnigen Fenstersims wucherte.

Dahinter sah er das lange, blonde Haar des Mädchens schimmern. Wie üblich stand sie aufrecht, fast starr, die Hände um die umlaufende Stange des Balkongeländers geklammert, den Blick auf den Horizont gerichtet. Ihr Gesicht, herzförmig über einem schlanken Hals, spiegelte kein Gefühl, keinerlei Regung. Wie üblich fühlte Sascha sich eigentümlich berührt.

Anfang April war sie eingezogen. Davor hatte ein Yuppie-Pärchen in dem Penthouse gewohnt. Er war Börsenmakler oder Banker oder so etwas, den Beruf seiner Freundin hatte er nie herausgefunden. Eine letzte, rauschende Party Mitte März, eine Ladung krakeelender Gäste auf dem Balkon.

In der Folgewoche hatte eine Flotte Umzugslaster ihre Besitztümer aus der Wohnung gesaugt und nur leere Fenster zurückgelassen. Wenige Tage später standen neue Fahrzeuge vor dem Eingang, von einer anderen Firma diesmal, und der Prozess spulte sich rückwärts ab. Die Glasflächen hinter dem Balkon wurden von anderen Gardinen verhüllt. Weißer Stoff, blickdicht.

So konnte er das Mädchen nur dann sehen, wenn sie auf den Balkon heraustrat. Alles, was sich sonst in der Etage tat, blieb ihm verborgen. Ein oder zwei Mal meinte er, ein breites, männliches Gesicht hinter einem Fenster erkannt zu haben. Doch außer ihr kam niemals jemand auf den Balkon. Sie dagegen verbrachte jeden Tag mindestens eine Stunde dort, den Blick in eine unbestimmte Ferne gerichtet. Auch bei Nebel oder Nieselregen. Nur bei heftigem Niederschlag blieb der Vorbau verwaist.

Sein eigener Balkon lag vor seiner Küche, ihr zugewandt. Nur ein einziges Mal war er zufällig draußen gewesen, als sie erschien. Das war, als er vor Pfingsten das alte Holzgeländer mit einer frischen

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