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Krieg und Liebe: Boca Juniors und die Admiral Graf Spee (fm:Romantisch, 30019 Wörter)

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Veröffentlicht: Oct 01 2024 Gesehen / Gelesen: 7354 / 6729 [92%] Bewertung Geschichte: 9.85 (361 Stimmen)
Als Teil der Besatzung des untergegangenen Panzerkreuzers Admiral Graf Spee kommt Raimund Gebhard nach Buenos Aires und erlebte ein neues Leben mit feuriger, tango-begeisterter Mutter und Tochter

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dreimal mit der ersten Herrenmannschaft in Punktspielen der Gauliga Nordmark, zu Hause in der Altonaer Kampfbahn gegen Victoria Hamburg und Holstein Kiel und am letzten Spieltag auswärts gegen den FC St. Pauli, dessen Stadion nur eine Handvoll von Straßenbahn-Haltestellen von Altona entfernt lag.

Kurz zuvor hatte er seine Lehrzeit als Maschinenschlosser und Eisengießer erfolgreich abgeschlossen. Er war jetzt in jeglicher Hinsicht ein junger Erwachsener, bereit das Elternhaus zu verlassen und auf eigenen Füßen die Welt kennenzulernen. Die in unmittelbarer Nachbarschaft liegenden Bars und Kontakthöfe des Hafenviertels von St. Pauli hatten ihm zudem die Gelegenheit gegeben, seine männliche Unschuld zu verlieren. Der Ausflug mit zwei Mitspielern seiner Mannschaft war in den Armen einer erfahrenen Hafendirne mit einem gigantischen Busen und einem prallen Hintern geendet, die jedoch so viel Spaß mit dem unerfahrenen Jungen hatte, dass sie in einfühlsam in die Welt der körperlichen Liebe eingeführte.

Raimunds Eltern hatten ihren vier Kindern mit viel Disziplin sehr strikte Lebensregeln mit auf den Weg ins Erwachsenenleben mitgegeben. Raimunds zwei ältere Schwestern hatten beide noch vor dem zwanzigsten Geburtstag Männer aus Hamburg geheiratet und begannen gerade, mit eigenen Kindern Familien zu gründen. Die Familien- und Kinderpolitik der nationalsozialistischen Reichsregierung förderte diese jungen Familien mit neuem, eigenen Wohnraum und weitreichenden Erziehungsmöglichkeiten mit früh beginnenden Kindergärten massiv. Zudem drängte der nationalsozialistische Bund Deutscher Mädchen BDM bereits viele Mitglieder zur Absolvierung eines mithelfenden Arbeitsjahres in Familien, eine Einrichtung, die ein Jahr später als so genanntes 'Pflichtjahr' sogar verpflichtend wurde.

Durch die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht zwei Jahre zuvor wusste Raimund, dass er in spätestens mit dem 20. Geburtstag für zwei Jahre zur Wehrmacht eingezogen würde. Parallel hatten jedoch die Führer seiner Marine-HJ-Einheit viel Werbung dafür gemacht, sich nach der Musterung direkt freiwillig zur neu aufgestellten Kriegsmarine zu melden. Die neuen Kriegsschiffe, deren Bau und Stapellauf auf den Hamburger Werften von der Bevölkerung mit großer Anteilnahme verfolgt wurde, brauchten Tausende von jungen Matrosen, um in Dienst gestellt zu werden.

Raimunds Musterung im Sommer 1937 erbrachte als Ergebnis wenig überraschend ein "voll tauglich". Da Raimund zu diesem Zeitpunkt durchaus nervige Alltagsprobleme mit seiner sehr strengen Mutter hatte, entschloss er sich, sich direkt nach der Musterung freiwillig für sechs Jahre bei der Kriegsmarine zu verpflichten.

Sein Vater beglückwünschte ihn zu diesem Entschluss. "In sechs Jahren wird die Marine einen vollwertigen Mann aus Dir gemacht haben, mein Sohn", hatte er ihm eine Art verbalen Ritterschlag gegeben. "Und dann werde ich Dich in die Geheimnisse der erfolgreichen Betriebsführung so einarbeiten, dass Du ihn zusammen mit Deinem Bruder in eine neue Zukunft führen kannst."

Auf der anderen Seite war der Trainer der ersten Herrenmannschaft von Altona 93 weniger entzückt. Er hatte Raimund für die gesamte Spielzeit 1937/38 als Halbstürmer eingeplant und verlor ihn nun am 1. Oktober aus seinem Spielerkader, als Raimunds Grundausbildung in Eckernförde begann. Wenn Raimund erwartet hatte, dass seine Marinezeit auf Schiffen beginnen würde, wurde er enttäuscht. Aber seinem Wunsch nach Sport und Fußball kam die Grundausbildung sehr entgegen, denn sie unterschied sich in nahezu nichts von einer Infanteristenausbildung im Heer. Zudem hatte die große Marinekaserne in Eckernförde ihre eigene Fußballmannschaft, die in einer Art eigenen Wehrmachtsliga regelmäßig gegen andere Wehrmachtsmannschaft aus Luftwaffe, Marine und Heer spielte. Und der neue, junge Halbstürmer aus Altona war bereits nach vier Wochen ein unentbehrlicher Stammspieler geworden.

Im Prinzip änderte sich für Raimund auch nichts, als er ein halbes Jahr später zur Spezialausbildung als Schiffsmaschinist nach Wilhelmshaven versetzt wurde. In Wilhelmshaven wurde er dann dem gerade zwei Jahre alten, hochmodernen Panzerschiff 'Admiral Graf Spee' zugeordnet. Seine erste fußballlose Einsatzzeit erlebte Raimund dann während des Kurzeinsatzes seines Schiffes in der Ostsee zur 'Heimholung des Memellandes' im März 1939, ohne dass das Panzerschiff auch nur einen einzigen Schuss abfeuerte.

Die kommenden Wochen verbrachte Raimund wieder in Wilhelmshaven, leistete Dienst sowohl an Bord als auch an Land. Bereits im Mai war der Befehl ergangen, das Panzerschiff für eine lange Reise fit zu machen, wobei unter den Maaten und Mannschaften heftig spekuliert wurde, wohin diese Reise gehen würde. Die kühnsten Prognosen lauteten auf Japan und Pazifik, was in der Tat einen historischen Kreis geschlossen hätte. Der Namensgeber des Panzerschiffs, Admiral Maximilian Reichsgraf von Spee, war der legendäre Kommandant des kaiserlichen Pazifikgeschwaders gewesen, als der erste Weltkrieg ausbrach und im Seegefecht bei den Falkland-Inseln mit seiner Flotte untergegangen.

Raimund pendelte zwischen Dienst und zwei Fußballmannschaften hin und her. Zum einen spielte er in der zweiten Gauliga Niedersachen-Nord für den Wilhelmshavener SV 06, die zum Ende der Spielzeit 1938/39 nach einer Fusion mit dem benachbarten VfL Rüstringen in die erste Gauliga aufsteigen wollte. Zum anderen spielte er in einer Auswahl des Marinestandortes Wilhelmshaven, was für ihn insgesamt den Vorteil hatte, viermal pro Woche trainieren und zweimal am Wochenende spielen zu können. Als absolut konditionsstarker Halbstürmer hatte er kein Problem mit dieser semi-professionelle Fußballbelastung. Dann kam die Sommerpause und bevor der Trainings- und Spielbetrieb wieder beginnen konnte, wurde die Dienstbelastung in Vorbereitung der nächsten Reise so ausgedehnt, dass praktisch keine Zeit mehr für das Fußballvergnügen übrig blieb.

Mitte August war der Panzerkreuzer bis an den Stehkragen mit Treibstoff, Munition und Proviant für die rund 1,100 Mann Besatzung vollgeladen; Bootsmannsmaat Raimund Gebhard hatte als Teil der maschinentechnischen Besatzung auch die letzte Schraube und den letzte Schmiernippel überprüft und warte mit seinen Kameraden stolz auf den Befehl 'Leinen los'. Das Schiff lief zunächst mit voller Marschfahrt durch die Nordsee und steuerte nördlich der Faröer-Inseln in den Atlantik, um dann schnell Kurs Richtung Süden. Am 1. September bunkerte die Admiral Graf Spee von ihrem Flottenversorgungsschiff Altmark westlich der Kapverdischen Inseln noch einmal Diesel, als am frühen Nachmittag die Nachricht vom Angriff der Wehrmacht auf Polen wie ein Lauffeuer durch die Besatzung lief. In den Maschinenbereichen unter Deck wurde intensiv über die Bedeutung dieser Meldung diskutiert.

"Ihr werdet sehen. In vier Wochen ist der ganze polnische Spuk zu Ende", tönte der besonders linientreue Stabsbootsmann Müller, der seit Indienststellung des Panzerkreuzers ununterbrochen an Bord des Schiffs und Raimunds direkt vorgesetzter Gruppenführer war.

"Und dann haben wir genauso wie das Memelland in diesem Schandfrieden von Versailles verlorene Ostgebiete in Westpreußen, in Posen und in Oberschlesien wieder heim ins Reich geholt", brüllte Fähnrich Eiffert begeistert in die Runde. "Ich bin in Thorn geboren. Und Thorn muss wieder Deutsch werden!"

Allgemein herrschte auf dem ganzen Schiff große Begeisterung, obwohl der neue Kriegsschauplatz zehntausend Kilometer entfernt lag. Niemand rechnete damit, dass sich aus diesem Wehrmachtsfeldzug ein großer Krieg zunächst gegen England und Frankreich und später gegen die ganze Welt entwickeln würde, der das Leben jedes einzelnen Besatzungsmitglieds nachhaltig verändern würde.

Einen Monat später hatte die Admiral Graf Spee Position vor der brasilianischen Ostküste bezogen und wartete auf ihre Einsatzbefehle. Raimund war über die Befehlskette des Schiffs wie alle Besatzungsmitglieder von Kapitän Langsdorff informierte worden, dass sich das Deutsche Riech nun offiziell im Krieg mit England und Frankreich befinden würde und nun Jagd auf feindliche Handelsschiffe machen würde. Somit waren alle Besatzungsmitglieder auf ihren Gefechtsstationen und folgten einem sehr strikten, in der Regel zwölfstündigen Dienstplan.

"Hier unten im Maschinenraum bekommt man von den Einsätzen unseres Schiffes eigentlich gar nichts mit", diskutierte Raimund mit einem altgedienten Stabsoberbootsmann, der bereits zwanzig Jahre zuvor in der alten kaiserlichen Marine gedient hatte. Sie waren jetzt sechs Wochen im Kampfeinsatz kreuz und quer durch den Südatlantik und in den Indischen Ozean gehetzt und hatten dabei sechs Frachtschiffe versenkt. Jetzt waren sie südlich vor Madagaskar angekommen und hatten wieder Kurs zurück in den Atlantik genommen

Der alterfahrene Seemann lachte nur, aber mit einem sehr zynischen Unterton. "Mein lieber, junger Freund. Sei froh drum! Wenn man hier im Maschinenraum etwas vom Kampfgeschehen über Wasser mitbekommt, haben entweder Granaten eingeschlagen oder das Seewasser bricht ein. So lange nur die eigenen Geschütze unser Schiff erschüttern, ist alles gut. Ein oder mehrere Volltreffer in unserem Schiff ist gerade für uns Maschinisten gefährlich. Wir kommen im Extremfall als letzte aus den Katakomben an Deck." Er legte fast tröstend eine Hand auf Raimunds Schulter. "Wir haben einen erstklassigen Kapitän. Der wird schon die richtigen Entscheidungen für sein Schiff und seine Mannschaft treffen."

Das Seemannsglück der Admiral Graf Spee ging langsam, aber sicher zu Ende. In den frühen Morgenstunden des 13. Dezember 1939 traf das Panzerschiff 250 Seemeilen östlich der Küste Uruguays auf einen britischen Flottenverband, bestehend aus einem schweren und zwei leichten Kreuzern und geriet direkt in ein schweres Seegefecht. Das deutsche Panzerschiff hielt sich erstaunlich gut gegen die numerische Überlegenheit der Royal Navy-Schiffe und zwang nach mehreren schweren Treffern den schweren Kreuzer Exeter zum Rückzug.

Die Vorhersage des alterfahrenen Stabsoberbootsmanns Hans Mayer gegenüber Raimund erfüllte sich. Die rund 30 Treffer, die die Spee zu verkraften hatte, sorgten unter Deck für eine angstmachende Stimmung; auf der anderen Seite war die Maschinenmannschaft durch die Vielzahl der Kommandos und Aufgaben in diesem zweistündigen Seegefecht so gefordert, dass eigentlich keine Zeit für nachdenkliche Angstphasen verblieb. In einer Hinsicht hatte das Seegefecht aber auch bei Bootsmannsmaat Raimund Gebhard bleibende Auswirkung. Der Granatentreffer im benachbarten E-Maschinenraum hatte eine solche Druckwelle ausgelöst, dass für den Rest seines Lebens sein rechtes Ohr nur noch halbe Hörfähigkeit besaß. Diese lange nicht weiter beachtete Verletzung sollte im Frühjahr 1944 noch ganz außergewöhnliche Auswirkungen für Raimund Gebhard haben.

Gegen 8 Uhr trat auf beiden Seiten eine Gefechtspause ein, in der Kapitän Langsdorff sich Meldung über alle erlittenen Schäden machen ließ. Dabei waren zwei trefferbedingte Ausfälle besonders schmerzlich: erstens war die Trinkwasseraufbereitungsanlage schwer beschädigt und zweitens hatte die Dieselfilteranlage einen Volltreffer erhalten und war vollständig ausgefallen. Letzteres war besonders schwerwiegend, denn damit hatte das Panzerschiff keine Chance, ohne eine professionelle Werftreparatur die Heimreise anzutreten.

"Wir laufen den neutralen Hafen von Montevideo in Uruguay an", kam die Nachricht von der Kommandobrücke die Befehlskette herunter. "Dort werden wir die Schäden in ein paar Tagen beheben und dann wieder in See stechen."

Genau dieser Plan wurde den Tag über umgesetzt; um 22.50 Uhr lief die Admiral Graf Spee langsam, aber sicher manövrierend in das Vorhafenbecken ein und ließ ihre Anker fallen.

"Für heute ist der Krieg für uns aus", teilte der Kommandant über die immer noch reibungslos funktionierende Bordlautsprecheranlage mit.

Die Mannschaft der Admiral Graf Spee war fertig, fix und fertig. "Wir können nicht mehr", meldete Raimund seinem unmittelbaren Vorgesetzten Stabsbootsmann Müller, der genauso fix und fertig auf einem Rohr saß und schweigend auf seine Hände schaute. Alle nationalsozialistische Schneidigkeit war von ihm abgefallen. Erschöpft schaute er zu Raimund hoch.

"Hier kann keiner mehr", war seine matte Antwort. "16 Stunden ununterbrochen Dienst mit vollem Gefecht, ohne einen Happen zu essen oder einen Schluck zu trinken." Er schaute sich im Maschinenraum um und sah nur noch erschöpften Gestalten. "Selbst Fähnrich Eiffert ist verstummt!" Er lachte zynisch. "Beim nächsten Mal haben wir zumindest genügend Flaschen Wasser in der Maschinenzentrale! Dafür sorge ich persönlich!"

Die meisten Besatzungsmitglieder, die keine direkte medizinische Behandlung ihrer Wunden benötigten, fielen an ihrem Einsatzort im Sitzen oder Liegen in einen mehr oder weniger tiefen Erschöpfungsschlaf. Raimund Gebhard war nur einer von vielen Marinesoldaten, dem in dieser Nacht das einsetzende heftige diplomatische Ringen um den Verbleib und die Reparatur des Schiffes vollkommen egal war. Er war im wahrsten Sinne des Wortes 'todmüde'.

In den vier, fünf Stunden Noterschöpfungsschlaf träumte Raimund richtig wild. Er sah sich im braun-weiß-roten Dress seiner Altonaer Fußballmannschaft gegen den übermächtigen Hamburger SV spielen, wobei seine Gegner plötzlich immer wieder das Trikot wechselten und mit allen Tricks versuchten, am Torschuss zu hindern. Dann traf er dreimal hintereinander dieselbe Stelle des linken Pfostens und jedes Mal kam der Ball zu ihm zurück. Aber er bekam partout den Ball nicht im gegnerischen Tor unter. Dann stand er am Spielfeldrand und hatte eine ganze Reihe von unterschiedlichen Trikots vor sich liegen, die ihm teilweise bekannt, teilweise aber vollkommen unbekannt waren. Dahinter stehend agierten fragwürdige Gestalten, die wie schmierige Händler versuchten, ihn zum Überziehen eines ihrer marktfeil gehaltenen Trikots zu bewegen.

Raimund schüttelte sich und wollte sich schon mit nacktem Oberkörper auf den Platz bewegen, als ihm plötzlich eine junge, schwarzhaarige, richtig gut aussehende Frau ein blaues Trikot mit einem gelben Brustring entgegenhielt. "Tus futuro!"", sprach die junge Frau mit einer dunklen Engelsstimme zunächst auf Spanisch, dann ergänzte sie auf Deutsch "Deine Zukunft!"

Raimund nahm das Trikot und wollte es sich überziehen, als ihn plötzlich die schneidige Stimme von Stabsbootsmann Müller aus dem Schlaf riss. "Sofortige Überprüfung aller maschinentechnischer Einheiten. Meldung aller Schäden und dringender Wartungsarbeiten in zwei Stunden befohlen." Dann wies er mit einer Handbewegung auf mehrere Blechkannen, in denen ein Früchtetee dampfte, und einem kleinen Berg von belegten Broten. "Und vorher kurz stärken!" Er klatschte in seine Hände und versorgte sich selbst erst einmal mit seinem Frühstück.

Raimunds Traum war durch den sehr unsanften Weckruf wie eine Blase zerplatzt. Aber das Bild der engelsartigen Schwarzhaarigen mit dem blau-gelben Trikot war ihm in seinem Kopf haften geblieben.

Die nächsten zwei Tage arbeitete die Schiffsbesatzung wie die Berserker, um ihr Schiff wieder seetüchtig zu bekommen. Kapitän Langsdorff hatte in schwierigen Verhandlungen von der uruguayischen Regierung lediglich 48 Stunden als Reparaturaufenthalt genehmigt bekommen. Trotz der unendlich harten Arbeit, zusätzlich belastet durch eine mangelhafte Versorgung mit Essen und Trinken, war der Besatzung vom Kapitän bis zum kleinsten Marine-Gefreiten klar, dass ihr Schiff in dieser knappen Frist unmöglich seetauglich, geschweige denn gefechtsbereit werden würden. Die wildesten Gerüchte liefen durchs Schiff und sorgten für viele leise Diskussionen unter der Besatzung.

"Die Wenigsten hier sind so verblendet, dass sie hoffnungslos unterlegen sich einfach zu Klump schießen lassen und mit dem Kahn absaufen wollen", stellte der alte Stabsoberbootsmann in einem leisen Moment trocken fest. "Wir sollten wenigstens eine Chance für einen gerechten Kampf haben. Dann haben wir auch eine Chance, den Feind zu treffen und gegebenenfalls zu gewinnen. Aber so?"

Raimund und die anderen Gesprächspartner konnten sich weitgehend seiner Sichtweise anschließen.

"Und welche Alternative hat der Kapitän?" Die jüngeren Dienstgrade waren ziemlich ratlos.

"Internierung oder Selbstversenkung." Stabsoberbootsmann Hans Mayer war ganz ruhig. "Und wie ich unseren Kapitän einschätze, hat er bestimmt einen klugen Plan. Ich habe in Kapitän Langsdorff volles Vertrauen, die richtige Entscheidung für unser Schiff und unsere Mannschaft zu treffen." Er grinste seine jungen Kameraden, die durchweg zwanzig Jahre jünger waren als er, rundum an. "Bin echt gespannt. Immerhin habe ich die Selbstversenkung der Kaiserlichen Flotte in Scapa Flow an Bord erlebt. Da haben wir die Ventile geöffnet und sind in die Boote. Und an Land wurden wir dann erst einmal interniert. Aber nicht lange, dann konnten wir nach Hause." Er lachte noch einmal mit zynischem Tonfall. "Da war ich so jung wie ihr heute."

Um so verwirrter war die Besatzung, als am Sonntag, den 17. Dezember, der Befehl von der Kommandobrücke kam, die persönlichen Seesäcke zu packen und Abmarschbereitschaft herzustellen.

"Gehen wir jetzt hier in Montevideo an Land und werden dort interniert?"

Diese Kernfrage geisterte für ein paar Stunden durch die gesamte Besatzung, während auch die Mannschaft des Maschinenraums wechselweise in ihre Kajüten ging, um ihre Ausrüstung und die wenige persönliche Habe einzupacken.

Es kam anders. Ab den Mittagsstunden begann das Prisenbeiboot der Admiral Graf Spee mit einem Pendelverkehr zwischen dem Panzerschiff und der SS Tacoma, einem deutschen Frachter der Berlin-Amerika-Linie, der vom Kriegsausbruch in südamerikanischen Gewässern überrascht worden war und im neutralen Argentinien Zuflucht gesucht hatte. Die Marinesoldaten hatten strikten Befehl, auf der Tacoma sofort unter Deck zu verschwinden.

Raimund Gebhard hingegen wurde zusammen mit Stabsoberbootsmann Hans Mayer und einigen anderen Marinesoldaten des Maschinenbereichs ins kleine Offizierskasino des Schiffs bestellt.

"Die Regierung Uruguays zwingt uns, den Hafen von Montevideo bis heute Abend zu verlassen", begann Kapitän Langsdorff seine Ansprache vor rund 40 Mann verschiedenster Dienstgrade der Admiral Graf Spee. "In diesem Zustand ist unser Schiff weder seetüchtig genug, um einen Ausbruch aus der La-Plata-Mündung zu wagen noch kampftüchtig genug, um den Kampf mit der Royal Navy, die vor der Mündung auf uns lauert, zu bestehen." Die versammelten Soldaten nahmen die Ausführungen ihres Kapitäns mit eisernem Schweigen entgegen. "Aus diesem Grund habe ich entschieden", setzte der Kapitän mit entschlossener Stimme fort, "unser Schiff außerhalb der Hoheitsgewässer Uruguays zu sprengen und damit unbrauchbar für den Feind zu versenken. Unsere treue, junge Besatzung wird mit Hilfe argentinischer Schiffe ins wirklich neutrale Buenos Aires gebracht und geht dort an Land. Dafür ist alles organisiert." Er schaute einmal stumm in die Runde. "Sie erhalten jetzt ihre Spezialbefehle für diese letzte Fahrt als auch die Befehle zur Anbringung der Sprengladungen. Diese werden per Zeitzünder gezündet, wenn diese Besatzung rechtzeitig von Bord gegangen ist und ebenfalls den Weg nach Buenos Aires angetreten hat."

Direkt nach den Ausführungen von Kapitän Langsdorff wurden nun die Spezialbefehle für die verbliebenen Marinesoldaten in Detail ausgegeben. Raimund Gebhard war zusammen mit Stabsoberbootsmann Hans Mayer, einem weiteren Kameraden und dem Leitendenden Schiffingenieur für den gesamten Maschinenbereich verantwortlich.

"Bin gespannt, ob wir das so hinbekommen", murmelte Raimund zu Hans Mayer, als sie wieder unter Deck gingen und zunächst ihre Seesäcke an einen Sammelort brachten, von dem alle Habe der verbliebenen 40 Männer abgeholt werden sollte.

"Mir macht eher Sorgen, ob wir morgen nur noch eine durchgeschwitzte und dreckige Uniform und eine Unterhose haben", entgegnete der alterfahrene Stabsoberbootsmannmit zynischem Unterton. "So ist mir das vor 20 Jahren in Scapa Flow ergangen. Ich besaß nach der Versenkung der 'Prinzregent Luitpold' nur noch die Sachen, die ich am Leib trug. War eine Zeitlang sehr unangenehm."

Den ganzen Nachmittag herrschte eine gespenstige Ruhe im Maschinenraum. Die vier verbliebenen Maschinensoldaten bereiteten gewissenhaft den Start und die Wiederinbetriebnahme der acht hochmodernen 9-Zylinder-MAN-Dieselmotoren sowie der Nebenaggregate vor. Im danebenliegenden Elektromaschinenhaus waren die schweren Trefferschäden improvisatorisch beseitigt worden, so dass das Schiff für die relativ kurze Fahrt über eine ausreichende Notstromversorgung verfügte.

Die nun folgenden 96 Stunden verliefen für Raimund Gebhard wie im schnellen Zeitraffer, in seiner Erinnerung blieben jedoch für den Rest seines Lebens sehr viele Zeitlupenbilder von den nun folgenden Ereignissen hängen. Am späten Nachmittag lichtete die gespenstig leere Admiral Graf Spee den Anker und manövrierte sich langsam aus dem Vorhafen von Montevideo heraus. Kurz außerhalb der uruguayischen 3-Meilen-Hoheitszone ließ Kapitän Langsdorff erneut Anker werfen, die Zeitzünder der Sprengladungen aktivieren und ging dann in ein Beiboot, das ihn und die letzten 40 Mann nach Argentinien bringen sollte. Die übrige Mannschaft hatte bereits ihr "Übergangshotel" auf der SS Tacoma verlassen und war auf Schleppern und einer Schute einer deutsch-argentinischen Hafenreederei ebenfalls Richtung Buenos Aires unterwegs. In der beginnenden Abenddämmerung gelang die improvisierte Sprengung des Panzerschiffes vollständig. Ein Flammeninferno und dichte Rauchschwaden erhoben sich aus dem Schiffsrumpf, nachdem die ersten Detonationen meilenweit zu hören gewesen waren. Dann wurde es dunkel und die kräftigen Schlepper mit der bis an den Stehkragen mit Marinesoldaten gefüllten Schute liefen mit langsamer, aber stetiger Geschwindigkeit durch neutrale argentinische Hoheitsgewässer.

Die Sonne stand bereits hoch am Morgenhimmel, als die vollkommen mit weitgehend in weißer Uniform gekleideten Soldaten überladenen 'Rettungsschlepper' die Außenmole vor dem Immigrantenkai von Buenos Aires erreicht hatten. Ausgehungert und vollkommen übermüdet harrten die Soldaten auf die kommenden Ereignisse, während mehr und mehr kleine, zivile Vergnügungsboote längsseits kamen und sie mit Essen und Trinken versorgten. Dann kamen die beiden letzten Schlepper mit Kapitän Langsdorff und dem Sprengkommando, so dass die evakuierte Besatzung am Nachmittag an Land gehen und sich einer ersten Musterung unterziehen konnte. 1.055 Besatzungsmitglieder der Admiral Graf Spee standen nun über 6.500 Seemeilen von ihrer Heimat entfernt auf argentinischem Boden und sahen einer wahrhaft ungewissen Zukunft entgegen.

Viele Besatzungsmitglieder fielen nach einer ersten richtigen Mahlzeit, die die Küche des 'Hotel de Immigrantes' mit viel Improvisationskunst herbeigezaubert hatte, in den großen Schlafsälen des gerade leerstehenden Marinearsenals in tiefen Schlaf. Am darauffolgenden Dienstag ließ Kapitän Langsdorff seine große Besatzung zu vier Teilansprachen zusammentreten, in der er über die Ergebnisse seiner Verhandlungen mit der argentinischen Regierung berichtete und über deren Entscheidung, die deutschen Marinesoldaten vorläufig auf dem Gelände des Arsenals zu internieren, unterrichtete.

Um so größer war der Schock für alle Besatzungsmitglieder, als sie am darauffolgenden Morgen über die schnell laufende 'Buschtrommel' vom Freitod ihres Kommandanten erfuhren.

Raimunds persönlicher Zeitrafferfilm in der Erinnerungsbox seines Kopfes endet mit der Beerdigung von Kapitän Langsdorff, zu der praktisch die gesamte Besatzung als auch erstaunlich viele örtliche Vertreter aus Buenos Aires und Zivilpersonen teilnahmen. Danach marschierten die Marinesoldaten in Formation zurück in ihr vorläufiges Internierungsquartier und warteten auf den Fortgang der Ereignisse.

"In drei Tagen ist Weihnachten", bemerkte der alte Stabsoberbootsmann Hans Mayer zu den übrigen Soldaten der maschinentechnischen Abteilung, die sich einen Schlafsaal teilten. Er lachte sein typisch zynisches Lachen. "Hätte sich wohl niemand von uns letztes Weihnachten vorstellen können, dass wir Weihnachten 1939 am anderen Ende der Welt festsitzen würden."

Das allgemeine Gemurmel zeigte, dass er mit seiner Einschätzung recht hatte.

"Was habt ihr letztes Weihnachten gemacht?" fragte Raimund aus einer plötzlichen Eingebung in die Runde. Um seine Kameraden zu ermutigen, begann er gleich mit seiner eigenen Erzählung. "Ich habe am Tag vor Heiligabend auf Heimaturlaub noch meinen alten Mannschaftskameraden bei einem Spiel gegen Victoria Hamburg zugesehen und bin mit ihnen danach noch durch ein paar Spelunken gezogen." Er erzählte dazu noch ein paar saftige Details, die mit allgemeinem Gelächter und Gejohle bedacht wurden. "Und dann herrschte drei Tage weihnachtlich-familiäre Zucht und Ordnung unter Aufsicht meiner Mutter." Das Gelächter der Kameraden war mindestens genauso groß, denn insbesondere bei den Jüngeren war das letzte Weihnachtsfest ähnlich verlaufen.

Die älteren Unteroffiziere und Mannschaften hingegen hatten häufig eigene Familien und hatten viel Wehmut im Herzen, wenn sie an ihre Frauen und Kinder daheim dachten. "Weiß der Teufel, wann wir wieder ein Weihnachtsfest mit unseren Familien verbringen können." Diese skeptische Einschätzung klang häufiger durch. Aber an diesem Abend konnte sich in dieser Runde, die den noch nicht so heißenden Zweiten Weltkrieg überlebt hatten, niemand vorstellen, dass es bis zu diesem nächsten Weihnachtsfest im Familienkreis sechs Jahre dauern und die Welt dann eine total andere sein würde.

"Weihnachten im Hochsommer", stöhnte ein Kamerad, dem die drückende Hitze in Buenos Aires besonders zu schaffen machte. "Zu Hause im Harz liegt jetzt garantiert Schnee. Und hier schmelzen die Wachskerzen am Baum auch ohne angezündet zu werden." Sein sehnsüchtiger Spruch über die Unterschiede wurde wieder mit viel Gelächter und einigen spöttischen Bemerkungen bedacht. Aber er hatte manchem aus dem Herzen gesprochen.

Der 23. Dezember brachte dann doch eine erste Überraschung im Internierungscamp der Spee-Besatzung.

"Wir haben eine Vielzahl von spontanen Weihnachtsfesteinladungen aus der hiesigen Bevölkerung erhalten und eine Einigung mit den hiesigen Behörden erzielt, dass diese Einladungen an den Weihnachtstagen zwischen 8.00 und 20.00 Uhr angenommen werden dürfen. Die Gastgeber sind verantwortlich, dass diese Regelung nicht missbraucht wird. Daher ist es unerlässlich, dass die eingeladenen Soldaten der Admiral Graf Spee sich mit äußerster Disziplin an die Bestimmungen halten", hieß es in einer Mitteilung des so genannten 'Spee-Büros', dass sich um alle Personalangelegenheiten der Besatzung kümmerte. Die 40 Besatzungsmitglieder, die vor der Sprengung zuletzt vor Bord gegangen waren, hatten Vorrang bei der Zuteilung von Patenfamilien zum Weihnachtsfest. Die Weihnachts-Gastgeber stammten fast ausnahmslos aus dem Bevölkerungsanteil deutschsprachiger Auswanderer, insofern waren keine Verständigungsprobleme zu befürchten.

Die Gastgeberfamilien waren verpflichtet, ihren Weihnachtsgast ab 8.00 Uhr am ersten Weihnachtstag am Arsenal Naval abzuholen und für eine pünktliche und gesicherte Rückkehr ihres Gastes am Abend zu sorgen. So stand Raimund Gebhard mit einer Vielzahl an Kameraden pünktlich an der provisorischen Wache des Internierungsgeländes und wartete darauf, dass sein Name aufgerufen wurde.

Er musste nicht lange warten, ging zu dem ausrufenden Ordonanzsoldaten und stand dann vor einem etwa vierzigjährigen, kräftigen Mann, der ihn mit einem kernigen Händedruck begrüßte. "Leonardo Marco", stellte sich der Mann mit kräftiger Stimme vor, "oder Leonard Mark. Ganz wie Sie wollen."

"Raimund Gebhard", beantwortete Raimund die freundliche Vorstellung. "Es freut mich sehr, Ihrer Einladung zum Weihnachtsfest folgen zu dürfen. Danke."

"Die Freude ist ganz auf der Seite meiner Familie", entgegnete Leonardo. "So fern der Heimat müssen wir in diesen ungewöhnlichen Zeiten zusammenhalten." Er wandte sich zum Gehen. "Ist nicht sehr weit zu unserem Heim in La Boca. Die paar Schritte können wir problemlos zu Fuß gehen."

Leonardo hatte recht. Der gemeinsame Spaziergang durch das hafennah gelegene Wohnviertel von La Boca dauerte nicht mehr als zwanzig Minuten und brachte Raimund in ein Stadtviertel, dass seinem heimischen Altona sehr ähnlich war. La Boca war weitgehend ein Arbeiter- und Industriearbeitsviertel, mit vielen gemischten Wohn- und Handwerks- oder Gewerbehäusern aller Art. Nur an diesem Festtag lag das Viertel frühmorgens vergleichsweise ruhig da.

"Sonst pulsiert hier das Leben", beschrieb Leonardo den Alltag in La Boca. "Aber heute ist Weihnachtstag und fast alle Bewohner gehen heute Vormittag mit ihren Familien in die Kirche." Er schaute Raimund von der Seite an. "Was sind Sie? Katholisch oder protestantisch?"

"Evangelisch. Getauft und konfirmiert." Er zuckte mit seinen Schultern. "Aber das hat im heutigen Deutschland nicht mehr eine so große Bedeutung wie früher."

"Habe ich auch gehört." Er lächelte. "Meine Familie ist gemischt. Ich bin im damals noch kaiserlich-österreichischen Pola geboren und aufgewachsen. Bin dann als junger Mann nach dem Großen Krieg ausgewandert, weil ich nicht Italiener werden wollte." Er holte tief Luft. "Also, meine geliebte Ehefrau ist aus dem Schwabenland und evangelisch. Und deshalb gehen wir um 10 Uhr in einen evangelischen Weihnachtsgottesdienst. Sie sind herzlich eingeladen."

"Danke, ich werde ihrer Einladung gern folgen." Raimund zog ein wenig seine Augenbrauen hoch. Seit seinem freiwilligen Eintritt in die Kriegsmarine mehr als zwei Jahre zuvor hatte er keinen normalen Gottesdienst mehr besucht. Aber es war Weihnachten. Also, warum nicht?

Familie Marco bewohnte eines der typischen Reihenhäuser, die den Stadtteil La Boca kennzeichneten. Raimund hatte schon auf dem Weg dorthin die vielen, in knallbunten Fassadenfarben bemalten kleinen Häuser bewundert, die den Stadtteil kennzeichneten. "Es sieht wirklich total anders aus als in meinen Heimat", gestand er Leonardo. "Das hier wirkt unglaublich lebensfroh. Bei uns ist fast alles aus mehr oder weniger roten Ziegeln gebaut."

"Sehr norddeutsch eben", kommentierte Leonardo sachkundig. "Ich habe zweimal Hamburger Werften besucht, bevor ich ausgewandert bin. Ich war auf Arbeitssuche, aber unmittelbar nach dem Großen Krieg gab es selbst im großen Hamburg keine Arbeit auf den Werften. Dann hab ich meine wenige Habe genommen, bin mit dem Zug zurück nach Italien und habe in Genua ein Auswandererschiff bestiegen. War ganz einfach; wir hatten zwangsweise italienische Pässe bekommen. Und mit denen konnte man problemlos nach Argentinien auswandern."

An der Haustür angekommen, wurde Raimund der ganzen anwesenden Familie vorgestellt. Hildegard Marco stammte aus Ravensburg am Bodensee, wie man ihrem schwäbischen Dialekt unschwer entnehmen konnte. Die Familie hatte drei Töchter: Ernesta, die Älteste, hatte gerade ihren 19. Geburtstag gefeiert. Dann folgten die siebzehnjährige Gabriella und die zwölfjährige Ramona. Das jüngste Kind war augenscheinlich Leonardos ganzer Stolz, sein einziger Sohn Franco, der am zweiten Weihnachtstag seinen achten Geburtstag feiern sollte. Die Familie begrüßte Raimund in seiner weißen Ausgangsuniform sehr höflich, die Mädchen ziemlich schüchtern sogar. Alle waren bereits im Sonntagsstaat gekleidet und für den Kirchgang vorbereitet, der bereits zehn Minuten später angetreten wurde.

Die evangelische Kirche in dem primär von italienischen und damit katholischen Einwanderern geprägten Stadtteil von La Boca entpuppte sich als allerdings prall gefüllter Gemeindesaal mit einer lebhaften und sangesstarken Gemeinde sowie einem hoch gewachsenen Pastor mit deutlich hörbarem westfälischen Akzent.

"Der Pastor war in jungen Jahren ein erstklassiger Torwart", raunte Leonardo dem neben ihm sitzenden Raimund zu. "Hat leider während seiner Pfarrersausbildung mit dem aktiven Fußballspiel aufgehört. Ermuntert aber alle Jungen, von klein auf im Verein zu spielen und betreut zusammen mit Pater Augustin unseren Verein seelsorgerisch."

Raimund horchte auf. Sein Gastgeber hatte anscheinend ein Beziehung zu einem örtlichen Fußballverein, dessen Geschicken auch der Pfarrer folgte. "Ich kann mir den Pfarrer gut im Tor vorstellen. Der hat bestimmt jede hohe Flanke aus der Luft gepflückt."

Leonardo nickte. "Interessieren Sie sich für Fußball?"

"Und wie", flüsterte Raimund zurück. "Ich bin selbst ein ganz ordentlicher Halbstürmer."

Leonardo drehte sich zu ihm um und schaute ihm mit einem strahlenden Gesicht an. "Das wird ein interessantes Weihnachtsfest." Dann legte er seine große, kräftige Hand auf Raimunds Schulter. "Ich glaube, wir haben uns viel zu erzählen."

In diesem Moment stimmte in kleiner Kirchenchor nur mit einer Klavierbegleitung das Eingangslied an, auf Deutsch. Es wurde auch für Raimund sehr weihnachtlich. Während der Lesung der Weihnachtsgeschichte ließ Raimund seinen Blick durch den kirchlichen Gemeindesaal schweifen. "Viele schöne Frauen", war sein erstes, stummes und zugleich anerkennendes Urteil. Dann zuckte er regelrecht zusammen.

Schräg vor ihm, etwa drei Stuhlreihen entfernt, drehte sich eine junge Frau vermutlich zu ihrer Mutter neben ihr und flüsterte ihr etwas ins Ohr. "Das ist die Frau mit dem Trikot!" war sich Raimund sicher und bekam vor Aufregung heiße, rote Ohren. "Ich habe von dieser Frau geträumt. Ich bin mir absolut sicher!"

Den restlichen Weihnachtsgottesdienst ging sein Blick immer wieder zu der jungen Frau hin, die ihm auch noch ein zweites Mal ihr volles Gesicht zeigte, ohne ihn dabei anzuschauen. "Und was passiert nun?" fragte sich Raimund stumm als der Pfarrer seinen apostolischen Segen ausgesprochen hatte und durch den Gang zum Ausgang ging, um alle Gemeindemitglieder zum Weihnachtsfest persönlich zu verabschieden.

Raimund schob sich als Letzter hinter seiner Gastgeberfamilie zum Ausgang. Er war der einzige deutsche Marinesoldat, der an diesem Gottesdienst teilgenommen hatte und wurde deshalb mit besonders freundlichen Worten seitens des Pfarrers bedacht.

"Herr Gebhard", rief bereits sein Gastgeber, der inmitten einer kleinen, sich schnell und intensiv kreuz und quer unterhaltenen Gruppe stand. "Kommen Sie her, ich muss Sie der Familie meines Schwagers vorstellen."

Raimund verabschiedete sich vom Pfarrer mit Handschlag und vermied den sonst obligatorischen deutschen Gruß. Man war schließlich in einem neutralen Land. Dann ging er zu seiner Gastgeberfamilie herüber. Dort angekommen traf ihn ein Keulenschlag. "Dies ist mein Schwager Juan Mundo." Leonardo lachte laut. "Bevor er hierher kam, hieß er Johannes Mund." Raimund begrüßte Leonardos Schwager in aller Freundlichkeit, ohne zu ahnen, dass diese weihnachtliche Begegnung für sein weiteres Leben entscheidende Bedeutung haben sollte. "Juan besitzt die Werft, auf der ich als Ingenieur arbeite. Hat sein Vater bereits vor dem Großen Krieg aufgebaut und kann sich im Moment vor Arbeit kaum retten." Dann schob er Raimund weiter, stellte ihm die Schwester seiner Ehefrau, Annarosa Mundo, sowie deren Kinder Juanita, Estefania, Carlos und Romero vor. Raimund musste sich ungeheuer zusammenreißen, nicht ständig die älteste Tochter Juanita anzustarren. Es war die junge Frau aus seinem Traum, die ihm das blau-gelbe Trikot hinhielt. Raimund war sich zu einhundert Prozent sicher.

Das kurze Gespräch vor dem Gemeindesaal drehte sich um familiäre Belanglosigkeiten. Raimund konnte beobachten, dass die acht Jugendlichen und Kinder sich augenscheinlich gut untereinander kannten und sehr ungezwungen miteinander umgingen. Dann verabschiedete man sich in aller Herzlichkeit und freute sich auf das Familienfest am zweiten Weihnachtstag, dass in der Villa des Werftbesitzers stattfinden würde.

"Sie sind herzlich eingeladen", verabschiedete sich Juan Mundo von Raimund. "Wenn man Ihnen auch am zweiten Weihnachtstag einen Ausgangsschein zuerkennt."

"Vielen Dank, Herr Mundo. Ich bin in der glücklichen Position, dass mein Schein bereits beide Weihnachtstage dank der Patenschaft Ihres Schwagers abdeckt. Ich würde mich sehr freuen, die gesamte Familie kennenzulernen."

"Dann heiße ich Sie morgen im meinem Haus herzlich willkommen. Sie müssen uns ein wenig von den Erlebnissen auf Ihrem Kriegsschiff erzählen. Bin mir sicher, dass Sie eine gespannte Zuhörerschaft vorfinden werden."

Hildegard Marco hatte mit ihren Töchtern und ihrer Küchenhilfe ein wunderbares Weihnachtsmenü gezaubert. Raimund hatte seit dem Seegefecht mit der Royal Navy nur noch wenig und sehr unregelmäßig gegessen, auch wenn die Küche des Hotel de Immigrantes sich allergrößte Mühe gab, die deutschen Soldaten ordentlich zu versorgen. Dies Weihnachtsmenü verlangte Raimund aber echte Steherqualitäten ab. Einzig der von Leonardo reichlich ausgeschenkte Schnaps half ein wenig bei seiner Verdauung.

"Wir waren vorhin im Gottesdienst beim Thema Fußball stehen geblieben", gab Leonardo Marco das Stichwort, als die Weihnachtstafel bei Dessert und Kaffee angekommen war. "Sie sagten, dass Sie selbst Fußball spielen?"

"Ja. In den letzten Wochen an Bord nicht, aber davor war ich seit meinen Kindertagen sehr aktiv. Ich habe in meiner Heimatstadt bei Altona 93 alle Jugendmannschaften durchlaufen und vor meiner Meldung zur Kriegsmarine sogar einige Spiele mit der 1. Mannschaft in der obersten Spielklasse absolviert. Danach in doppelter Funktion sowohl in der Marinemannschaft am jeweiligen Stützpunkt als auch in der Ligamannschaft in Wilhelmshaven, unserem Heimatstandort."

"Und in welcher Position?"

"Halbstürmer, meistens rechts, manchmal auch links. Habe einen guten Schuss und schieße regelmäßig Tore."

"Sehr interessant, wirklich sehr interessant." Leonardo Marco ließ noch nicht erkennen, ob er auf irgendein Ziel zusteuerte oder nur seine fußballerische Neugier befriedigen wollte. "Haben Sie im fernen Deutschland je etwas vom argentinischen Fußball gehört?"

"Wenn ich ehrlich bin, nicht viel. Es soll einige sehr große Vereine hier in Buenos Aires geben. Und die Nationalmannschaft soll recht gut sein. Im ewigen Wettstreit mit Brasilien."

Leonardo begann laut zu lachen und schlug ganz jovial Raimund mit einer Hand auf die Schulter. "Die Brasilianer sind unsere Erzrivalen, das kann man wirklich so sagen. Zu meiner Zeit waren aber die Urus vorn, wurden Weltmeister und zweimal Olympiasieger.

"Sie haben selbst gespielt?"

Leonardo lachte wieder laut. "Und wie. Von 1920 bis 1923 in der ersten Mannschaft von Boca Juniors, während ich zur Ingenieurschule ging. Mittelläufer, war ein knallharter, laufstarker Bursche. Hat aber für die Nationalmannschaft leider nie gereicht. Danach habe ich wegen Arbeit und Familie noch ein paar Jahre in der zweiten Mannschaft gespielt und 1927 nach einer ziemlich blöden Verletzung am Knie aufgehört."

"Boca Juniors", wiederholt Raimund langsam. "Wo ist das Heimstadion? Weit weg?"

Nein, überhaupt nicht. Unser Stadion liegt mitten in La Boca, etwa tausendfünfhundert Meter von hier entfernt. Bei Heimspielen kann man die Zuschauer bis hier hören." Leonardo lachte. "Wenn man nicht gerade selbst im Stadion ist."

Leonardo und Raimund fachsimpelten über ihre Fußballleidenschaft den ganzen Nachmittag, so dass die Frauen ihre Augen verdrehten und ihren hausfraulichen Pflichten oder anderen Aufgaben nachgingen. Nur den kleine Franco hing an den Lippen seines Vaters und des Gastes und sog jedes Wort in sich auf.

"Das wird morgen für Sie ein noch spannendender Tag", sagte schließlich Leonardo. "Mein Schwager ist Vizepräsident von Boca Juniors und unterstützt den Verein, wo er nur kann. Der bringt noch viel mehr Leidenschaft mit sich, insbesondere weil er selbst nie regulär Ligafußball gespielt hat. Zeitweise haben sechs Spieler der ersten und zweiten Mannschaft auf der Werft gearbeitet." Leonardos Lachen war durch Essen, Trinken und die leidenschaftliche Diskussion noch dröhnender geworden. "Wenn man das 'arbeiten' nennen konnte."

In jeglicher Hinsicht beschwingt brachte Leonardo Marco seinen Gast pünktlich zurück ins provisorische Internierungslager. "Wir sollten morgen mit Juan darüber diskutieren, ob wir nicht ein Freundschaftsspiel zwischen Boca Juniors und Eurer Schiffmannschaft organisieren", sagte Leonardo zum Abschied. "Zur Not spielen wir auch auf dem Sportplatz des Arsenal Naval, wenn die Behörden das so wollen. Ist dann ein Auswärtsspiel für uns." Die beiden Männer verabschiedeten sich mit einer für Raimund überraschenden Umarmung in aller Herzlichkeit.

Im Schlafsaal erzählten die Glücklichen, die von Patenfamilien eingeladen worden waren, von ihren Erlebnissen. Raimund blieb recht zurückhaltend und schweigsam. "Ich war zum ersten Mal seit einigen Jahren wieder in einem Weihnachtsgottesdienst", hatte er angemerkt. "Es war schön, hier fern der Heimat deutsche Weihnachtslieder zu singen."

Am nächsten Morgen holte Leonardo Marco Raimund zusammen mit seinem jüngsten Sohn ab, der einen neugierigen Blick auf das Arsenal Naval und die dort internierte Graf-Spee-Besatzung werfen wollte. Zu seiner Enttäuschung gab es aber mit Ausnahme der Wachstube, an der Raimund sie bereits erwartete, nicht viel zu sehen. Dafür fragte der aufgeweckte Junge Raimund auf dem Rückmarsch geradezu Löcher in den Bauch; nicht zur Marine, sondern zu seiner bisherigen Fußballkarriere.

"Ich will wie mein Vater für Boca auflaufen", erklärte er stolz. "Wenn ich groß bin, will ich auch vor dreizigtausend Zuschauern spielen und Tore schießen!"

"Ab welchem Alter hat Boca Juniors Jugendmannschaften?" fragte Raimund seinen Gastgeber.

"Zehn, elf. Je nachdem wie kräftig ein Junge aufgewachsen ist. Erst einmal wird jeder zum Training eingeladen, um zu sehen, wie er mit dem Ball umgeht und wie schnell er rennen kann. Aber nach einem Vierteljahr wird dann zwischen talentiert und nicht so talentiert sortiert. Boca Juniors hat auch andere Sportabteilungen, die Jungen werden dann durchaus auf andere Sportarten hingewiesen, die ihnen nicht so bekannt sind." Leonardo lachte verschmitzt. "Ich kam ja als Erwachsener nach Buenos Aires, aber es gibt gute Leichtathleten, Basketballspieler und Rugbyspieler im Verein, die erst einmal bei den Jugendfußballern angefangen hatten."

"Das bedeutet, dass Boca Juniors genauso ein allumfassender Stadtteilsportverein ist, wie mein Heimatverein Altona 93."

"Vermutlich ja. Ist wirklich ein sportliches und soziales Herz unseres Stadtteils. Deshalb lieben so viele Menschen hier unseren Verein und unterstützen ihn auf vielfältige Weise." Leonardo atmete in der bereits am frühen Morgen warmen Dezemberluft tief durch, wischte sich mit einem Taschentuch die Schweißperlen von der Stirn und schaute dann den neben ihm gehenden Marinesoldaten an. "Wenn uns Arbeit und Familie Zeit lassen, haben wir in La Boca eigentlich nur zwei Leidenschaften: Fußball und Tango." Er grinste. "Haben Sie je in Ihrem Leben schon einmal Tango getanzt?"

Raimund schüttelte den Kopf. "Ich habe zwar in Hamburg das eine oder andere über Tango in Argentinien gehört, soll ja etwas verrucht sein. Aber ich habe noch nie Paare Tango tanzen gesehen."

Leonardo schlug mit seiner kräftigen Hand auf Raimunds Schulter. "Die Wissenslücke werden wir heute Nachmittag bei meinem Schwager schließen. Hildegards Schwester ist eine erstklassige Tangotänzerin und sucht sich dafür gern halbprofessionelle Partner aus. Wird sie bestimmt heute auch machen, am zweiten Weihnachtstag wird nicht ganz so gesittet und diszipliniert gefeiert, wie gestern."

Leonardos Ankündigung machte Raimund nun richtig neugierig. Er hatte eigentlich wie am Vortag ein ordentliches Familienessen am langen Tisch erwartet. Dies war anscheinend nicht der Fall, sondern es gab wohl eine der legendären Sommerparties im Garten und auf der Terrasse, von denen man im kleinbürgerlichen Altona nur ab und zu gehört hatte. Er war nun hochgradig gespannt.

Juans Chauffeur holte die Familie mit einer vielleicht ein Jahr alten, schwarzen Cadillac-Limousine ab, so dass Leonardo mit seinem deutlich älteren und kleineren Packard 120 folgen konnte. Die drei Mädchen durften die Limousine nutzen und glühten regelrecht vor Freude, während Raimund mit Franco die Rücksitzbank des Packard besetzte. Die etwa fünf Kilometer lange Fahrt ging Richtung Westen und endete vor einer prachtvollen Villa in der Parkgegend südlich der eigentlichen Innenstadt von Buenos Aires. Raimund pfiff innerlich durch seine Zähne, als sie die kleine Auffahrt zur Villa nahmen. "Nobel, wirklich nobel", bemerkteer leise. "So etwas gibt es bei uns nur an der Elbchaussee."

Leonardo nickte nur. "Juan ist ein erfolgreicher Industrieller und Werftbesitzer. Die Villa ist sein Elternhaus, hat er zusammen mit der Werft und allem anderen recht jung geerbt. Aber er ist ein tüchtiger Mann und hat das väterliche Vermögen mit Umsicht vermehrt." Jetzt lachte er laut. "Obwohl er viel Geld in seine beiden Hauptleidenschaften gesteckt hat: den Boca Juniors und seiner Tango-verrückten Ehefrau."

"Leonardo!" tadelte ihn Hildegard. "Meine Schwester ist nicht verrückt."

Raimund merkte, dass dieser Dialog zwischen seinen beiden Paten, denen er dies Weihnachtsfest verdankte, häufiger stattfand.

"Ist ja gut, Hilde." Er wandte sich wieder an den hinter ihm sitzenden Raimund. "Meine Schwägerin liebt es halt, engagiert, aber sehr gekonnt der Lust des Tangos zu frönen. Sie werden sicherlich nachher eine Kostprobe zu sehen bekommen."

Die bei sommerlich-warmen Weihnachtstemperaturen stattfindende Weihnachtsparty war bereits im vollen Gang. Im Garten der Industriellen-Villa waren etwa einhundert Gäste aller Altersklassen vertreten, ein kleines Tanzorchester spielte dezent gepflegte Unterhaltungsmusik, auf der Tanzfläche, die einen Teil der Terrasse einnahm, tanzten auch wenige Paare und überall unterhielten sich die Menschen mit einem geradezu babylonischen Sprachgewirr. Raimund versuchte zunächst die Sprachen auseinanderzuhalten, aber zwischen Spanisch, Portugiesisch und Italienisch konnte er mangels Erfahrung keine Unterschiede ausmachten. Lediglich deutsche und englisch-amerikanische Sprachfetzen konnte er klar ausmachen.

"Wieviel Sprachen sprechen Sie und Ihre Familie eigentlich?" fragte er Leonardo ganz direkt.

"Ach, nicht so viele. Spanisch und Deutsch natürlich. Aufgrund meiner Herkunft aus Pola dazu noch Italienisch und Slowenisch, weil in Pola herrschte ein ähnliches Sprachgewirr wie hier. Beruflich bedingt noch ein wenig Englisch, aber viele Amerikaner, die hierher kommen, können auch ganz gut Spanisch." Er lachte hintergründig. "Nur die echten Engländer können nur Englisch. Die sind halt etwas Besseres."

"Ist es schwierig, Spanisch zu lernen?"

"Hängt vom Lehrer ab. Ich hatte das Glück, schnell nach meiner Einwanderung auf der Werft Arbeit zu finden und Hildegard kennenzulernen. Meine Frau konnte bereits ganz gut Spanisch. Und wir haben täglich eine halbe Stunde geübt." Leonardo lachte wieder sein gewinnendes Lachen. "Von Frauen und Mannschaftskameraden lernt man eine Sprache am schnellsten. Und ich stand unter Druck. Ich wollte ja auf die Ingenieurschule und der Unterricht war halt auf Spanisch."

Nach einigem Suchen hatten sie ihre Gastgeber gefunden und begrüßten sich von Familie zu Familie mit aller Herzlichkeit. Juanita stand neben ihrer wirklich gut aussehenden Mutter, war ähnlich wie sie in einem auffälligen, eng sitzenden Kostüm gekleidet und wirkte auf Raimund wie die Versuchung persönlich. Ohne schüchterne Zurückhaltung blickte sie Raimund bei der Begrüßung direkt in die Augen und zauberte das schönste Lächeln auf ihre leuchtend roten Lippen, dass der Altonaer Seemann halb verrückt wurde.

"Schön, sie wiederzusehen", sagte sie und ließ ihren Blick über die Gesellschaft schweifen. "Außer dem allmächtigen Hafenkapitän und Konteradmiral Suarez sind Sie der einzige Gast in schneeweißer Marineuniform. Steht Ihnen gut."

Raimund war froh, dass er nach der Evakuierung aus dem Maschinenraum der sprengfertigen Admiral Graf Spee und der nächtlichen Überfahrt auf dem Schlepper wenigstens noch eine saubere Ausgangsuniform besaß, die in seinem Seesack tatsächlich ihren Bestimmungsort im Arsenal Naval gefunden hatte.

"Ist das Leben im Arsenal Naval nicht unglaublich langweilig?" fragte Juan später am Nachmittag, als er in kleiner Runde mit Raimund und Leonardo sowie zwei weiteren Herren stand, jeder mit einem Glas sehr kühlen Weißweins bewaffnet.

"Die ersten Tage waren chaotisch. Aber die gesamte Schiffsbesatzung war glücklich und dankbar, dass zunächst die Kantine des Immigrations-Hotels auf bewundernswerte Weise unseren Hunger stillen konnte und dann doch viele Patenschaftseinladungen vielen Marinesoldaten ein richtiges Weihnachtsfest im südlichen Sommer ermöglichten." Er schaute wechselweise die beiden Schwager an. "Ich möchte mich bei Ihnen noch einmal ganz herzlich für ihre Gastfreundschaft bedanken."

"Gern geschehen." Juan und Leonardo antworteten wie im Chor.

"Ich habe Ihren Besuch in unserem Haus am gestrigen Weihnachtstag wie ein Geschenk empfunden", setzte Leonardo nach. "Endlich konnte ich mal ganz ohne Zurückhaltung einen ganzen Nachmittag über Fußball reden."

"So, Sie interessieren sich für Fußball?" Juan schaute Raimund freundlich herausfordernd an. So als ob er jetzt mehr hören wollte.

"Nicht nur interessieren. Ich habe bei zwei norddeutschen Vereinen in der Gauliga gespielt, das sind die beiden höchsten Spielligen im Deutschen Reich. Und daneben in der Auswahl des Marinestützpunkts in Wilhelmshaven."

"Interessant, sehr interessant. Auf welcher Position?"

"Zumeist Halbstürmer, rechts. Manchmal auch Rechtsaußen oder Mittelstürmer, wenn Not am Mann war."

"Und jetzt sind Sie im Fußballparadies Buenos Aires gelandet und können nicht spielen. Wirklich schade."

"Im Gegenteil. Ab morgen gibt es für die Besatzung der Graf Spee einen detaillierten Dienstplan, genauso wie in unserem Heimatstandort, wenn wir nicht auf dem Schiff waren. Der sieht nach den über vier Monaten auf See jeden Vormittag zwei Stunden normalen Sport vor, nachmittags trainiert dann die Admiral Graf Spee-Fußballmannschaft. Zum ersten Mal in meinem Leben kann ich täglich zweimal trainieren."

"Noch interessanter." Juan Mundo wirkte richtig begeistert. "Das bedeutet, dass ihr Schiff eine eigene Fußballmannschaft besitzt?"

"Sogar zwei, Herr Mundo. Unser Kader hier in Buenos Aires ist jetzt rund dreißig Spieler groß. Wir haben ja alle Zeit der Welt, wo, um Kapitän Langsdorff zu zitieren, der Krieg für uns derzeit beendet ist. So haben wir sogar zwei Mannschaften, die gegeneinander spielen können."

Juan drehte sich zu Leonardo und dem vierten Mann und sprach kurz einige Sätze auf Spanisch, die diese beide mit einem "Si, Si" beantworteten. Dann wandte er sich wieder an Raimund. "Ich möchte Ihnen einen Vorschlag machen, Herr Gebhard. Mein Schwager und ich sind dem hiesigen Fußballclub Boca Juniors sehr verbunden. Ich bin derzeit sogar Vizepräsident, Leonardo hat einige Jahre in der ersten Mannschaft gespielt und Senor Ramirez hier ist zuständig für die zweite Mannschaft als auch die A-Jugend. Wir möchten Sie gern zu einem Freundschaftsspiel einladen, quasi Argentinien gegen Deutschland, vertreten durch unseren Verein und Ihr Schiff. Was halten sie davon?"

"Großartige Idee. Ganz herzlichen Dank für Ihre freundliche Einladung. Ich bin mir sicher, dass die Graf-Spee-Mannschaft davon begeistert wäre. Ich weiß nur nicht, wie wir dies angesichts des derzeitigen Durcheinanders mit unserem ungeklärten Status organisieren sollen."

"Das lassen Sie mal meine Sorge sein. Ich habe in diesem Land und in dieser Stadt einen gewissen Einfluss. Wer ist ihr derzeitiger Kommandant nach dem Tod von Kapitän Langsdorff?"

"Unser erster Offizier, Kapitän zu See Walter Kay."

"Danke. Sie sagten vorhin, dass sie über vier Monate auf See waren und in der Zeit logischerweise kein Fußball gespielt haben. Wie lange denken Sie, dass sie den Rost aus ihren Beinen heraustrainiert haben und als Mannschaft spielfähig sind?"

"Bei dem jetzt anstehenden täglichen Training nicht mehr als zwei bis drei Wochen. Wir sind ja durch den Dienst an Bord relativ leistungsfähig. Nur die letzte Woche war ein wenig erschöpfend."

"Prima!" Juan Mundo und die beiden anderen Herren waren richtig begeistert. "Sie reden mit ihren Mannschaftskameraden und ich hole die notwendigen Genehmigungen ein. Wir müssen ja auch festlegen, wo wir unter den Internierungsbedingungen spielen können." Er reichte Raimund die Hand. "Ich freue mich bereits darauf, Sie auf dem Platz spielen zu sehen. Hoffentlich schießen Sie nicht zu viele Tore gegen unsere Zweite!"

Die Gartenparty zum zweiten Weihnachtsfeiertag hatte noch einen zweiten Höhepunkt für Raimund Gebhard parat.

Die Uhr war in den Nachmittagsstunden angelangt, als Annarosa Mundo, die Hausherrin, auf die Tanzfläche trat und mit Unterstützung der Tanzkapelle um die Aufmerksamkeit der Gäste warb. "Wie jeder von Euch weiß, liegt mir der Tango genauso am Herzen wie meinem lieben Ehemann seine blau-gelben Fußballer."

Allgemeines Gelächter quittierte ihren Eingangssatz, weil so gut wie jeder wusste, dass diese Bemerkung von ganzem Herzen kam und zutiefst ehrlich war. Annarosa war vor ihrer Heirat mit dem damaligen Juniorchef einer angesehenen Werft eine weit bewunderte Tangotänzerin gewesen und hatte eine ganze Reihe hoher Preise auf Tanzturnieren ertanzt. Manch böse Zungen behaupteten sogar, sie hätte mit ihren Tangokünsten ihren zukünftigen Ehemann so verzaubert, dass er nicht umhin konnte, sie zu heiraten.

"Jedenfalls haben Juan und ich zur offiziellen Eröffnung unserer Tanzfläche die aktuellen Titelträger des Tango Argentino-Turniers von Buenos Aires eingeladen, die uns zwei Tänze aus ihrem Kürprogramm darbieten. Danach ist die Tanzfläche für alle interessierten Paare freigegeben." Sie drehte sich zur Kapelle um, während das angekündigte Tanzpaar wie auf einer Theaterbühne auftrat und sich in Richtung der Gäste, die sich zahlreich um dien Tanzfläche versammelt hatten, verbeugte.

Die Darbietung war in der Tat spektakulär. Raimund hatte noch nie in seinem jungen Leben so viel elegante und hocherotische Tanzbewegungen gesehen; überhaupt sah er zum ersten Mal in seinem Leben professionelle Tangotänzer.

"Gefällt es Ihnen?" fragte ihn plötzlich eine angenehm tiefe Frauenstimme, die unmittelbar neben ihm stand. Raimund drehte sich zu seiner rechten Seite und blickte auf kurzer Entfernung in Juanita Mundos Gesicht, das von einem ungeheuer charmanten Lächeln überzogen war.

"Dies Paar ist sagenhaft", gestand Raimund. "Ich habe noch nie Tanzkunst in solcher Vollendung gesehen."

"Ja, die sind richtig gut. Haben verdient das letzte Championat von Buenos Aires gewonnen."

Der erste Tanz hörte in diesem Moment auf, die Tänzerin lag in einer absolut gewagten Pose im Arm ihren Partners, dann richtete sie sich auf und schaute triumphierend in die Runde. Auch der zweite Showtanz war spektakulär und wurde mit viel Applaus bedacht. Dann trat Annarosa Mundo mit einem ebenfalls elegant und feurig aussehenden Tänzer auf die Tanzfläche, rief noch einmal, dass die Tanzfläche für alle geöffnet sei und ließ die Kapelle erneut starten.

"Auch mal versuchen?" sprach Juanita Raimund ganz direkt an, der daraufhin merkte, wie er schlagartig rote Ohren bekam.

"Ich kann keinen Tango tanzen. Noch nie gemacht."

"Willst Du es lernen?" Sie machte eine Sekundenpause. "Ich bin ganz gut als Tanzlehrerin, wenn Du Mut hast. Außerdem habe ich gehört, dass Du ein guter Sportler und Fußballer bist. Die sind normalerweise ganz beweglich."

Raimund blickte die älteste Tochter seiner Gastgeber nachdenklich an. Dann gab er sich einen Ruck. "Warum nicht? Lernen ist erlaubt."

Juanita strahlte ihn wieder an. "Es gibt eine paar einfache Grundschritte", erklärte sie ihm. "Lass uns hinter die Kapelle gehen, da haben wir ein wenig Platz und sind nicht beobachtet." Juanita nahm den jungen Deutschen an die Hand und führte ihn zum angegebenen Ort. Dann stellte sie sich auf, wies Raimund an, wie er sich richtig in Tanzposition zu stellen hatte und zeigte ihm mit halber Geschwindigkeit die Grundschritte.

Raimund fühlte sich im siebten Himmel. Er hielt seine Traumfrau im Arm, in einem Abstand, der ansonsten als absolut unschicklich angesehen worden wäre und ließ sich von ihr führen. Sie hatte recht, als Fußballspieler und Sportler war er sicherlich beweglicher als viele junge Männer. Und Gefühl für Rhythmus hatte er auch.

"Ich sehe, die argentinisch-deutsche Tangofreundschaft hat bereits begonnen", brachte Raimund eine wie aus dem Nichts kommende Bemerkung vollständig aus dem Rhythmus der Tanzbewegung. Er trat Juanita erst einmal auf den Fuß, was sie mit einem lauten "Aua" quittierte. Ihre Mutter hatte den ersten Tangounterricht anscheinend schon eine Weile beobachtet.

Raimund entschuldigte sich vielmals, ihm war es reichlich peinlich von Juanitas Mutter bei seinen Tanzversuchen mit ihrer ältesten Tochter ertappt zu werden.

"Ich sehe schon. Der Fußballer hat seinen Gegner erst einmal außer Gefecht gesetzt", spöttelte Annarosa Mundo, da Juanita immer noch auf einem Bein stand und die malträtierte Fußspitze an der Wade des anderen Beins rieb. Mit dieser Bemerkung stand sie plötzlich unmittelbar neben den beiden Übungstänzern. "Ich übernehme mal die nächsten Unterrichtsminuten", griff sie bereits nach Raimunds linker Hand. "Du kannst derweil eine Erholungspause einlegen und überlegen, ob man für Anfängerunterricht nicht ein paar Stahlkappen in die Spitze der Damenschuhe montieren sollte. So wie in der Werft oder auf dem Fußballplatz."

Juanita humpelte, eine Grimasse schneidend, zum Rand der Terrassenfläche, setzte sich auf das Begrenzungsmäuerchen, schlüpfte mit den getretenen Fuß aus ihrem Schuh und rieb sich die Zehenspitzen.

Die Kapelle startete gerade den nächsten Tanz, Annarosa brachte Raimund mit einem Ruck in Positur und lächelte ihn mit ihrem feuerrot geschminkten Mund auffordernd an. "Dann zeigen Sie mal, was Ihnen meine Tochter bereits beigebracht hat."

Raimund riss sich regelrecht zusammen und konzentrierte sich. Er wollte sich nicht blamieren. Er akzeptierte die kräftig zupackende Führung seiner Tanzpartnerin, ganz gegen die übliche Tanzkultur. Und so geschah geradezu ein Wunder: diese Tanzrunde mit der mütterlichen Tangokönigin gelang relativ gut.

"Ihr allererstes Mal?", fragte Annarosa überrascht. "Vorher noch nie Tango getanzt?"

Raimund lachte leise auf. "Bis heute Nachmittag noch nie gesehen, geschweige denn getanzt."

"Dann sind Sie erstaunlich talentiert. Ich habe schon ganz andere, schwergewichtige Sandsäcke in meinen Armen gehabt, die dann auch noch geglaubt haben, führen zu müssen." Sie entließ Raimund aus der Tanzposition und trat zwei Schritte zurück. "Haben Sie in Ihrem Internierungslager eigentlich eine offizielle Ausgehordnung? Ich meine außerhalb der Weihnachtsfestes."

"Soll ab morgen eingeführt werden. Zunächst nur auf Einladung einer Patenfamilie. Und nicht frei in der Stadt."

Annarosa Mundo nickte. "Wenn ich das recht verstanden habe, sind meine Schwester und mein Schwager Ihre offizielle Patenfamilie?"

"Über Weihnachten ja. Danach weiß ich nicht, weil die Ausführungsbestimmungen erst morgen verkündet werden."

"Gut. Dann kümmern wir uns mal darum, dass beide Familien Ihre Paten werden. Dann können Juanita und ich Ihnen richtigen Tango beibringen. Und unsere Männer haben die Freude an einem talentierten Fußballer, wie mir Juan vorhin erzählt hat." Sie wandte sich zum Gehen, um sich wieder ihren Gästen zu widmen. "Dann noch viel Spaß miteinander", war ihre hörbar spöttische Verabschiedung.

Der weitere Nachmittag verging wie im Flug, so dass Raimund beinahe seine rechtzeitige Rückkehr versäumt hätte. Die Abenddämmerung hatte bereits eingesetzt und der Garten und die Terrasse wurden bereits von einer Vielzahl von Lampen erleuchtet, als er Leonardo auf sein Problem ansprach. "Ich muss dringend zurück zum Lager. Wenn ich den 8 Uhr-Ausgangszapfenstreich verpasse, habe ich keine Chance, einen neuen Ausgangsschein zu bekommen."

Leonardo dachte einen Augenblick nach, ging dann zu Juan und nahm dann seinen Patensoldaten an die Hand. "Juans Chauffeur bringt Sie jetzt direkt zum Arsenal. Die einzige Chance, Sie noch rechtzeitig abzuliefern. Ich komme mit. Für den Fall, dass ich als offizieller Pate noch irgendetwas unterschreiben muss."

So erreichte Raimund fünf Minuten vor 8 Uhr abends die Wache zum Lager im Arsenal, verabschiedete sich in aller Herzlichkeit von Leonardo und versprach, von seiner Seite aus alles für das besprochene Freundschaftsspiel gegen Boca Juniors zu tun.

Ab dem 27. Dezember versuchten die Offiziere der Admiral Graf Spee mit politisch-diplomatischer Unterstützung der Botschaft des Deutschen Reichs einen disziplinierten Kasernenalltag herzustellen. Basis dafür war ein allgemeiner Dienstplan für die mehr als eintausend Besatzungsmitglieder. Diese sich so herausbildende deutsche Militärenklave in ihrer Hauptstadt war den argentinischen Behörden von Anfang an ein Dorn im Auge und so machten schnell Gerüchte über eine Verlegung und/oder eine Aufteilung der Besatzung auf verschiedene Orte im Hinterland die Runde. In dieser Atmosphäre hatte der Fußballkader der Graf Spee mit einem zwei Trainingseinheiten pro Tag geradezu ideale Bedingungen, um den Rost aus den Beinen zu bekommen und spielte sich immer besser ein. Alle zwei Tage stand nach den Trainingseinheiten ein fünfundvierzigminütiges Spiel zwischen erster und zweiter Mannschaft auf dem Programm, man verbesserte sich von Tag zu Tag insbesondere im Zusammenspiel.

Raimund bekam in den Tagen nach dem Weihnachtsfest dreimal Ausgang, jedes Mal mit der Auflage den Freigang mit seinen beiden Patenfamilien zu verbringen. Waren die ersten beiden Besuche zwischen den Feiertagen und am Neujahrstag höfliche und freundliche Familienbesuche, sollte der dritte Besuch in der Fabrikantenvilla, diesmal an einem Dienstag, Raimund für den Rest seines Lebens in tiefer Erinnerung bleiben.

Annarosa Mundo hatte Raimund mit ihrem Chauffeur persönlich an der Wache des Arsenal Naval abgeholt. "Mein Gatte ist leider kurzfristig verhindert und wird wohl den ganzen Tag bei einem sehr wichtigen Termin im Marineministerium verbringen. Somit müssen Sie mit mir vorlieb nehmen, denn Juanita ist bis zum Nachmittag in der Universität und meine drei anderen Kinder genauso lange in der Schule. Ich wollte Sie aber nicht enttäuschen und absagen. Deshalb habe ich mir überlegt, dass wir erst einmal den Tag mit einer Tango-Tanzstunde beginnen."

"Ganz herzlichen Dank, Frau Mundo. Ich wäre tatsächlich etwas enttäuscht gewesen, wenn ich den Tag im Lager hätte verbringen müssen." Raimund betrachtete seine Gastgeberin, die Mutter seiner so verehrten Juanita, mit neugieriger Gelassenheit. Er war gespannt, was dieser Besuchstag allein mit Annarosa an Erlebnissen bereit halten würde.

In der Villa angekommen, führte Annarosa Mundo ihren jungen Patensoldaten in ein ungewöhnliches Zimmer an der Nordseite der Villa. Das Zimmer war sehr rechteckig und erstreckte sich über die gesamte Breite dieses Villaflügels. Die Außenwand zum Garten war von zahlreichen hohen Fenstern gekennzeichnet, die gegenüberliegenden Längsseite war komplett verspiegelt. Selbst die Tür, durch die sie eingetreten waren, war auf der Innenseite verspiegelt. In dem ansonsten weiß gestrichenen Raum gab es nur eine spärliche Zahl an Möbeln: zwei Sessel und ein Sideboard, auf der ein Grammophon stand, an einer Stirnseite sowie eine Ballettstange, vor die Spiegel an der gegenüber liegenden Seite montiert. Vor der gegenüber liegenden Stirnseite stand eine bequem aussehende Chaiselongue. Der geschliffene Holzfußboden war glanzlackiert und reflektierte das Licht auf besondere Weise.

"Willkommen in meiner Tanzsporthalle." Annarosa machte mit einer Hand eine Präsentationsgeste und wies Raimund dann zu einem der Sessel. "Ich habe mir gedacht, dass wir unsere heutige Unterrichtseinheit schlecht in Uniform und klobigen Matrosenschuhen absolvieren können. Ich hoffe, ich habe die richtigen Größen heraussuchen lassen."

Vor Raimund lagen auf dem Sessel ein dunkelblaues und ein dunkelviolettes Hemd sowie zwei unterschiedlich große, lange Hosen, dazu standen neben dem Sessel mehrere Männertanzschuhe in erkennbar unterschiedlichen Größen.

"Ich schlage vor, dass Du aus dieser Auswahl die richtig passenden Sachen und Schuhe auswählst und Dich umziehst. Ich mache dasselbe und komme anschließend wieder zu Dir." Mit diesen Worten verschwand

Annarosa wieder durch die Tür und ließ Raimund allein zurück.

Raimund hatte sehr wohl registriert, dass Annarosa Mundo in ihrem eigenen Reich direkt in die 'Du'-Form übergegangen war, ohne dies irgendwie anzukündigen. Dann zog er sich mit den bereit liegenden Kleidungsstücken um, fand in der Tat die exakt passenden Tanzschuhe und schaute sich dann nachdenklich im Spiegel an. Er strich seine frisch gewaschenen Haare nach hinten und nickte ein paar Mal anerkennend. "So gut habe ich noch nie ausgesehen. Alle Achtung."

Als Annarosa Mundo wieder ihr Tanzstudio betrat, musste Raimund erst einmal tief Luft holen. Sie trug ein feuerrotes, sehr körperbetontes Tanzkleid mit tiefem Dekolletee und farblich dazu passende Tanzschuhe. Dazu hatte sie sich geschminkt und einen farblich passenden, knallroten Lippenstift aufgelegt. Selbstbewusst ging sie auf Raimund zu, betrachte ihn von oben bis unten und lächelte ihn dann hintergründig an. "Gut siehst Du aus, mein Lieber. So wird uns unsere heutige Übungsstunde gleich viel mehr Spaß machen."

Dann holte sie ihn in die Mitte des Raums und stellte ihn in Positur. "Wir machen zuerst verschiedene Trockenübungen ohne Musik. Um einerseits unsere Muskulatur aufzuwärmen und unsere Beweglichkeit zu erhöhen. Andererseits können wir ohne Musik die Rhythmik des Tangos und seine Schrittfolgen ohne Druck einüben. Einverstanden?"

Raimund murmelte seine Zustimmung, er hätte ohnehin nicht widersprechen können. Er, ein Maschinenschlosser aus Altona und Maschinenbootsmannsmaat eines untergegangenen Panzerschiffs, stand in einem privaten Tanzstudio einer feudalen Industriellenvilla am anderen Ende der Welt und fühlte sich wie in einem Traum, so unreal kam ihm dies Umfeld vor. Die Realität holte ihn aber sehr schnell durch die zupackende Art Annarosas und ihre Tanzschrittkommandos ein. Hier war Konzentration gefordert, denn sonst würde seine Tanzlehrerin sehr schnell zu einer Zuchtmeisterin werden und sein Traumerlebnis genauso schnell beendet sein, darüber war sich Raimund von Anbeginn klar.

Eine halbe Stunde lang gab Annarosa verbal den Tanzrhythmus vor, trainierte mit Raimund die Grundschritte ein, erweiterte sie um ein paar leichte Drehungen und Richtungswechsel und wurde zunehmend zufriedener. "Bist ein gelehriger Schüler", machte sie im nach dieser musiklosen Einheit ein Kompliment. Raimund war angesichts der sommerlichen Temperaturen an diesem späten Vormittag schon gut aufgewärmt und hatte erste Schweißperlen auf der Stirn. Annarosa reichte ihm eine Flasche Wasser und ein Handtuch, welche bis dahin neben der Ballettstange gestanden beziehungsweise gelegen hatten. "Fünf Minuten Pause. Dann kommt Musik dazu." Sie lächelte Raimund an. "Am Anfang etwas ganz einfaches und nicht zu schnell."

Die nächste dreiviertel Stunde waren für Raimund konditionell das Härteste, was er je in seinem Leben erlebt hatte. Aber er hielt mit aller Kraft und Konzentration durch, folgte Annarosas Anweisungen. Irgendwann hatte er das Gefühl, dass er nicht mehr geführt wurde, sondern sie begannen, ein Tanzpaar zu werden. "Ich habe das Gefühl, dass wir beginnen, über dem Parkett zu schweben", beschrieb er seine Beobachtung, während Annarosa gerade das Grammophon neu aufzog und eine neue Schallplatte auflegte.

"Wunderbar, mein Lieber", antwortete sie enthusiastisch. "Genau auf dieses Ziel müssen wir hinarbeiten. Wenn man den Tango nicht mehr als Arbeit empfindet, sondern als Gefühl, erreicht man die nächste Stufe." Auch Annarosa war mittlerweile voll aufgewärmt und schwitzte am ganzen Körper.

Sie unterbrach ihre Arbeit am Grammophon, unmittelbar bevor sie die Nadel auf der nächsten Schallplatte auflegte, drehte sich zu Raimund um und überbrückte den Abstand zu ihm mit drei schnellen Schritten, so dass sie unmittelbar vor ihm stand. "Wenn ich meinen Bewegungsablauf und insbesondere meine beanspruchten Muskelpartien genau beobachten will, ziehe ich mich aus und tanze vor den Spiegeln nackt; die perfekte Kontrolle über meinen Körper. Wollen wir das zusammen machen?" Annarosa wartete Raimunds Antwort nicht ab, sondern begann, ihr Kleid über ihre Schultern zu streifen und nach unten zu ziehen.

Raimund war im ersten Moment absolut verwirrt, so etwas hatte er beim besten Willen nicht erwartet. Aber so aufgeheizt wie er war, mache ihn der provozierende Striptease seiner Tanzlehrerin regelrecht an. "Ja, warum nicht?" gab er gelassen zurück und begann zunächst sein Hemd aufzuknüpfen, streifte es ab und legte es auf 'seinen' Sessel.

"Alles?" fragte er sicherheitshalber, wusste aber bereits die Antwort, da Annarosa mit Ausnahme der Schuhe bereits splitternackt vor ihm stand. Er musterte sie von oben bis unten und atmete zweimal tief durch. "Du bist die schönste Frau, die ich je gesehen habe. Unglaublich anziehend und verführerisch."

"Das will ich auch hoffen", spottete Annarosa zurück. "Ich arbeite seit fünfundzwanzig Jahren an diesem Körper, um im Kampf gegen andere Frauen und Mätressen konkurrenzfähig zu bleiben." Sie lächelte Raimund verführerisch an. "Und dieser Konkurrenzkampf ist in dieser Stadt sehr hart." Mit diesem Kommentar ließ sie das Grammophon starten, stellte sich vor Raimund in Positur und zählte an.

Der nackte Tango war wahrhaftig eine neue Erfahrung für den jungen Soldaten, erst recht in den Armen einer Frau, die erkennbar und fühlbar mehr wollte, als nur nackt zu tanzen. Die Musik stoppte am Ende der Schelllackplattenspieldauer von rund vier Minuten; Annarosa und Raimund hatten diesen Tanz mit aller Intensität getanzt, jetzt standen sie sich kräftig durchatmend Brust and Brust gegenüber. Annarosa nahm ihre Arme auf der Tanzpositur und legte sie um Raimunds Nacken, zog seinen Kopf zu sich hin und gab ihm einen hocherotischen Zungenkuss, der direkt versteifende Auswirkungen auf Raimunds Männlichkeit hatte. Dann griff sie mit einer Hand nach unten, nahm seinen Schwanz in die Hand und begann, diesen langsam, aber mit Druck zu massieren.

"Ich möchte, dass Du mich an der Ballettstange vor dem Spiegel von hinten durchvögelst. Kannst Du das? Wird ein ungeheures Vergnügen werden, uns selbst zuzuschauen." Annarosa ließ Raimunds Schwanz los, stützte sich mit beiden Händen an der Ballettstange ab, streckte ihren Oberkörper nach hinten und spreizte ihre Beine. So positioniert bot sie Raimund den ungehinderten Zugang zu ihrer Pussy, die bereits genauso feucht war, wie sie am ganzen Körper. "Komm, ich habe davon geträumt, als ich Dich zum ersten Mal mit Juanita tanzen sah. Ich brauche es ausdauernd und mit aller Kraft."

Raimund positionierte sich gehorsam hinter Annarosa, rieb seine prall angeschwollene und rot-violette Schwanzspitze ein paarmal durch Annarosas offene Schamlippen, fand die richtige Stelle und schob sich vorwärts. Zu seiner Verblüffung fand er seine Tanz- und erstmalige Sexpartnerin gut vorbereitet und drang ohne jeglichen Widerstand bis zum Anschlag vor.

"Ahhhh", stöhnte Annarosa auf, "so habe ich mir das vorgestellt. Nun pack mich an den Hüften und greife zu. Wahlweise auch meine herabhängenden Titten, die können einiges ab." Sie drückte mit ihrem Hintern nach vorne, um eine Rückzugsbewegung von Raimunds Schwanz zu provozieren. "Jetzt schlag zu!"

Raimund war sich im ersten Moment unsicher, was Annarosa damit gemeint hatte, löste seine Hände von ihren Hüften und klatschte mit beiden Handflächen auf ihre Pobacken, dass es geradezu ein platschendes Geräusch gab.

"Ahhhh", stöhnte die erfahrene Frau vor und unter ihm. "Du lernst schnell. Und jetzt mach, was Du willst. Aber ficke mich nach allen hammerharten Regeln der Kunst durch."

Die nächsten Minuten zogen sich für Raimund in eine unendliche Länge. Er ergötzte sich an dem optischen Reiz, sich selbst und Annarosa bei dieser wilden Nummer zuschauen zu können; von oben aus der Vogelperspektive sah er sein bestes Stück zwischen Annarosas Schenkeln in die Pussy rein und rausgleiten, schaute er in den Spiegel, sah er ihr von Lust überströmtes Gesicht und ihre hängenden Brüste, die sich in seinen Händen wie Knetmasse anfühlten. Er verlor jegliches Zeitgefühl, er pumpte und hämmerte seinen Schwanz immer härter in die mehr als doppelt so alte Frau vor ihm, die ihm jedes Mal mit voller Kraft entgegenkam, um ein möglichst lautes Klatschgeräusch beim Zusammenprall zu erzeugen.

Annarosa stöhnte und hechelte wie ein Hund im Dauerlauf, zwischendurch quiekte sie richtig, um ihn dann direkt danach mit eindeutigen Worten anzufeuern, noch härter zuzustoßen. "Jetzt!" rief sie plötzlich aus, sackte mit dem Oberkörper so tief nach unten, dass ihre Arme nach oben zur Stange fassten. Dann versteifte sich ihr Bauch, ihre Oberschenkel zitterten wie Espenlaub und sie stieß einen ganz tiefen, brummigen Laut aus. "Ohhhhhhh!" Der Orgasmus schüttelte Annarosa bestimmt eine ganze Minute durch, während die melkenden Kontraktionen ihrer Pussy auch Raimund über die Orgasmusklippe stürzten. Fünf, sechs Mal rammte er seinen Schwanz tief in Annarosas Pussy und pumpte sie bis an den Anschlag voll.

Pitschnass geschwitzt lehnte sein Oberkörper auf Annarosas Rücken, während sie sich beide an der Ballettstange festhielten, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

"Das war wunderbar!" brummte schließlich die zutiefst befriedigte Dame des Hauses und Tangotanzlehrerin. "Du bist ein Goldstück als Liebhaber." Mit diesen Wochen streckte sie sich in die Höhe, drehte sich zu Raimund um, legte ihre Arme um seinen Nacken und gab ihm einen schnellen, aber warmen Kuss. Dann griff sie zu einem Handtuch und schob sich das Tuch zwischen die Beine. "Ich laufe gleich aus", lachte sie leise. "Das war eine gewaltige Menge, die Du mir spendiert hast."

Eine Stunde später saßen Annarosa Mundo und Raimund Gebhard frisch und wieder in Originalkleidung an einem kleinen Esstisch und genossen den Salat mit gebratenen Hühnerfleischstreifen, der in der Küche für sie zubereitet worden war.

"Jetzt erzähle mir mal, wer der junge Marinesoldat ist, der unser Gast und unser Patensoldat ist. Und wie Du Dir Deine Zukunft vorstellst."

Raimund war durch den fast dreistündigen Vormittag mit Annarosa entspannt und gesprächig geworden. Er erzählte von seiner Familie und dem Familienbetrieb und von seiner doppelten Lehre als Maschinenschlosser und Eisengießer. "Mein Vater und ich hatten besprochen, dass ich für einige Jahre Erfahrung im Maschinenbereich der Kriegsmarine sammle und dann noch einmal auf eine Kaufmannschule gehe. Unser Betrieb ist seit der Machtergreifung des Führers stark gewachsen. Vater hat seit 1938 in Brunsbüttel eine neue Eisen- und Buntmetallgießerei aufgebaut, weil der Betrieb zu Hause aus allen Nähten platzte und er den Platz der alten Gießerei dringend für die Erweiterung der Maschinenfertigung brauchte." Raimund wurde nachdenklich.

"Hast Du Heimweh?"

Raimund zuckte mit den Schultern. "Vielleicht. Jedenfalls bin ich mit der Admiral Graf Spee um die halbe Welt gefahren und habe dabei wahrsinnig viel über maritime Schiffstechnik gelernt. Ob das was für meine Zukunft bringt, weiß ich nicht. Keiner von uns hat irgendeine Vorstellung, wann wir wieder heim ins Reich reisen können. Wir haben eine ganze Reihe von Kameraden, deren Dienstzeit offiziell am Jahresende ausgelaufen ist beziehungsweise zu Ostern ausläuft. Die haben sich nicht vorgestellt, plötzlich in Argentinien festzusitzen."

"Da müssen wir sicherlich abwarten, wie dieser neue europäische Krieg weitergeht. Mit Ausnahme der englischen und französischen Kolonien ist kein Land Amerikas an diesem Krieg beteiligt. Wir sind neutral und wollen das eigentlich auch bleiben."

"Der Führer wird schon die richtigen Entscheidungen treffen", gab sich Raimund optimistisch. "Wenn ich das richtig mitbekommen habe, ist nach dem siegreichen Polenfeldzug so gut wie nichts mehr passiert. Eigentlich könnten die feindlichen Mächte einen neuen Waffenstillstand schließen. Das Deutsche Reich wird jedenfalls nicht wieder zu besiegen sein."

"Das dachte meine Familie im Großen Krieg auch", gab sich Annarosa deutlich zurückhaltender und nachdenklicher. "Und dann sind meine Eltern mit der ganzen Familie 1919 hierher auswandert, um sich eine neue Zukunft aufzubauen."

Für einen Moment herrschte eine ganz merkwürdige Stille in dem Salon. "Wie Du weißt, ist ein Teil meiner Familie fußballverrückt." Sie lachte sehr hintergründig. "Zumindest der männliche Teil. Ich habe gehört, dass ihr ein Freundschaftsspiel gegen Boca Juniors vereinbart habt."

"Ja. Am Samstag, den 13. Januar. Auf dem Sportplatz im Arsenal Naval, damit möglichst viele Besatzungsmitglieder zuschauen können. Wir trainieren derzeit wie professionelle Spieler zweimal am Tag. Haben ja sonst kaum etwas zu tun. Ich bin gespannt, ob wir mithalten können."

"Ich werde jedenfalls mit meinem Mann zum Spiel kommen. Vielleicht kommen auch Juanita und die Jungs mit. Wir gehören ja zum Kreis der Offiziellen."

In der Tat erschien an dem fraglichen Samstagnachmittag die gemischte Boca Juniors Mannschaft, die aus Spielern der zweiten Mannschaft und der A-Jugend zusammengestellt worden war, mit einem beachtlichen Anhang am Sportplatz des Arsenals. Die Mannschaftsführungen hatte zuvor die Auswechslung von bis zu sechs Spielern vereinbart, um insbesondere der Graf Spee den Einsatz von mehr Spielern als normal zu ermöglichen. Boca Juniors spielte im traditionellen blauen Trikot mit gelbem, breiten Bruststreifen; die Auswahlmannschaft der Admiral Graf Spee spielte in weißen Hemden mit Reichsadler und Hakenkreuz-Wappen sowie schwarzen Hosen. Auf dem knochentrockenen Platz des Arsenals spielte es auch keine so große Rolle, dass nur einige deutsche Marinesoldaten über echte Fußballschuhe verfügten, ein Teil spielte in den normalen Sportschuhen der Marine.

Raimund Gebhard spielt auf seiner gewohnten Position als rechter Halbstürmer und stellte zusammen mit dem noch ein paar Monate jüngeren Alfred Kittner als linkem Läufer die Schaltzentrale des deutschen Spiels dar. Trotzdem merkte man sehr schnell, dass die deutschen Marinesoldaten trotz der zweiwöchigen Trainingszeit noch weit davon entfernt waren, ein gleichwertiges Mannschaftsspiel aufzubauen. Das Spiel endete schließlich 6:2 für Boca Juniors, die beiden Tore für die Graf Spee-Mannschaft erzielte Raimund mit einem satten Distanzschuss und einem direkt verwandelten Freistoß.

Vier Tage nach dem Freundschaftsspiel ließ der für alle Personal- und Besatzungsfragen zuständige Korvettenkapitän Nahkötter den Bootsmannsmaat Raimund Gebhard und Maschinenobergefreiten Alfred Kittner in sein Dienstzimmer im Speebüro rufen. Die beiden Soldaten grüßten vorschriftsgemäß und nahmen vor dem Schreibtisch des Korvettenkapitäns Haltung ein, bis dieser mit einer nonchalanten Handbewegung "Rühren" befahl. Dann nahm er ein vor ihm liegendes Schreiben in die Hand und schauten die beiden Gerufenen wechselweise an. "Sie müssen am Samstag bei dem Freundschaftsspiel einen gewaltigen Eindruck gemacht haben", sagte er mit einem leichten Grinsen. "Jedenfalls liegt mir mit der heutigen Post ein Antrag auf eine zweitägige Ausgangsgenehmigung zur Teilnahme am Training der ersten Fußballmannschaft von Boca Juniors vor. Bereits von der argentinischen Admiralität positiv abgestempelt." Er lachte leise, aber strahlte dabei eine sehr positive Atmosphäre aus. "Wäre so ähnlich, wie wenn der FC Schalke 04 ein Probetraining von zwei englischen Kriegsgefangenen beantragen würde." Der Korvettenkapitän machte eine kurze Pause, in der er wieder die beiden jungen Männer musterte. Dann griff er zu einer neben ihm liegenden Aktenmappe und entnahm ihr zwei Freigangsscheine, unterschrieb diese und händigte sie an Raimund und seinen Kameraden aus. "Machen Sie dem deutschen Fußball alle Ehre. Boca Juniors ist hier ein Spitzenklub, wie sie vermutlich wissen. Spielt in diesem Jahr um die Meisterschaft mit, wie mir unsere Kontaktoffiziere der argentinischen Marine bestätigten. Und für unsere Beziehungen zu den argentinischen Behörden und zur Bevölkerung kann dies nur nützlich sein, wenn Sie sich positiv bewähren." Er nahm den Brief mit dem blau-gelben Vereinswappen, legte ihn in den Aktendeckel und klappte ihn zu. "Sie werden morgen um 14 Uhr an der Wache abgeholt. Gemäß den Ausnahmebestimmungen werden Sie bei zwei Vorstandsmitgliedern zu Hause übernachten und übermorgen Abend erst um 22 Uhr wieder im Arsenal Naval erwartet." Er entließ die beiden Fußballer-Soldaten mit deutschem Gruß und ließ sie wegtreten.

Vor der Bürotür schauten sich Raimund und Alfred erst für einen Moment stumm an, dann fielen sie sich um den Hals, als ob gerade der eine ein Tor durch eine präzise Flanke des anderen geschossen hätte.

"Wer hätte das gedacht?" strahlte Raimund den noch jüngeren Mitspieler an. "Ein offizielles Probetraining bei Boca!"

"Einem Erstligaverein, der um die Meisterschaft mitspielt", war Alfred genauso begeistert.

"Die haben bereits seit zehn Jahren eine Profimannschaft. Genauso wie in England", atmete Raimund mehrfach ein und aus. "Ich weiß von meinen Einladungen über die Feiertage, dass die erste und teilweise auch die zweite Mannschaft täglich zweimal trainieren. Da müssen wir uns aber gewaltig anstrengen, um einen guten Eindruck zu hinterlassen."

"Da hast Du recht. Aber stelle Dir mal vor, wie gut wir beide werden können, wenn wir professionell zweimal täglich trainieren würden. Ohne jeden Tag erst einmal acht Stunden arbeiten zu müssen oder Dienst in der Kaserne oder an Bord zu schieben." Alfred war regelrecht aufgeputscht vor Begeisterung über diese Gelegenheit. "Ich werde jedenfalls versuchen, schneller zu laufen als jeder Stammspieler der ersten Mannschaft. An einem guten Tag laufe ich die 100 Meter unter 11,3 Sekunden. Das machen mir nur wenige Fußballspieler nach."

Der von einem Chauffeur gefahrene Wagen, der die beiden Deutschen zum Probetraining abholte, war Raimund wohl bekannt. Es war die schwarze Cadillac-Limousine des Vizepräsidenten von Boca Juniors, des Werftbesitzers und Vereinsförderers Juan Mundo, der höchstpersönlich die beiden deutschen Fußballer-Soldaten abholte.

"Wir fahren jetzt ein Weilchen Richtung Westen in den Stadtteil Caballito" erläuterte Juan. "Unser Verein war die letzte Spielzeit im Estadio Ferro Carril Oeste zu Gast, nachdem wir unser altes, eigenes Stadion in La Boca Ende 1938 abgerissen haben und an seiner Stelle ein nagelneues Stadion errichten. Wir zeigen Euch dies herrliche Bauwerk morgen. Ist fast fertig, wird das schönste Stadion der Welt!" Für die nächsten paar Minuten erzählte Juan Mundo über die bereits ruhmvolle Geschichte seines Vereins, dessen letzte Meisterschaft jedoch bereits fünf Jahre zurücklag. "Aber wir sind guter Hoffnung für die kommende Saison. In unserem neuen Stadion wird eine ganz besondere Atmosphäre herrschen, die unsere Spieler mit Sicherheit zu Höchstleistungen anspornen wird. Die neue Saison wird für uns Anfang April noch hier in unserem Ausweichstadion beginnen und geht bis kurz vor Weihnachten. Zwischendurch ziehen wir Ende Mai ins 'La Bombonera' um, so der Spitzname unseres neuen Stadions. Sieht halt wie eine Bonbon-Dose aus."

Die Fahrt durch den dichten und ziemlich chaotischen Hauptstadtverkehr verging mit Juan Mundos Erzählungen wie im Flug. Gleichzeitig stieg die innere Anspannung in Raimund und Alfred, denn den Erzählungen ihres Gastgebers nach war Boca Juniors im Verhältnis zu Altona 93, Wilhelmshaven 05 und dem SV Werder Bremen ein vielfach größerer Weltverein. Am Stadion angekommen empfingen sie der Trainer der Erstligamannschaft Enrique Sobral und sein kleiner Trainerstab sowie etwa ein gutes Dutzend Spieler der ersten und zweiten Mannschaft.

"Im Moment pausiert der Spielbetrieb in den argentinischen Ligen nach dem Ende der Meisterschaft", erläuterte ein deutschsprachiger Assistenztrainer den beiden Gästen. "Ein Teil der Spieler befindet sich noch im Urlaub. Für den Rest machen wir derzeit ein freiwilliges Trainingsprogramm, damit wir beim Trainingsstart Ende Februar nicht bei Null anfangen müssen."

Zunächst wurden Raimund und Alfred vom Vereinsarzt kurz untersucht und ihre Maße und das Gewicht wie bei einer Musterung ermittelt. Dann ließen die Trainer die beiden Gäste zunächst einige athletische Übungen machen, wobei Sprintlaufzeiten und Slalomläufe mit und ohne Ball gestoppt wurden. Ein 400-Meter-Lauf sollte ein Maß für die Dauerlauffähigkeiten ergeben. Schließlich wurden sie in verschiedene Ballspielübungen mit anderen Spielern integriert, so dass das eineinhalbstündige Probetraining wie im Flug verging. Die Trainer schienen mit den Leistungen der beiden deutschen Gäste ganz zufrieden zu sein, jedenfalls luden sie sie zu einem mannschaftsinternen Probespiel am kommenden Tag an selber Stelle ein.

Zum Abendessen waren die beiden Deutschen in der Raimund mittlerweile wohl bekannten Villa der Familie Mundo eingeladen. So sahen sich Raimund und Juanita zum ersten Mal seit Wochen im privaten Rahmen wieder, lediglich nach dem Freundschaftsspiel im Arsenal hatten sie sich kurz zugewunken. Das Tischgespräch drehte sich natürlich um Fußball und die ruhmvolle Historie von Boca Juniors; Annarosa Mundo spielte mit gewohnter Routine die Gastgeberin, obwohl das Thema Fußball sie ausgesprochen langweilte. Juanita und ihre Geschwister waren schon aktivere Gesprächsteilnehmer, insbesondere mit kleinen Anekdoten eigener Erlebnisse.

"Mich ärgern Boca Juniors und der Fußball nur in einer Hinsicht", warf Juanita irgendwann recht lautstark ins Gespräch ein. Gespannt schauten ihr Vater und ihre beiden Gäste sie an. "Überall gibt es mittlerweile Mannschaften für Frauen und Mädchen; bei Boca selbst, im Volleyball und im Basketball zum Beispiel. Nur der Fußball ist eine heilige reine Männerdomäne. Warum eigentlich?" Sie schaute provozierend in die Runde.

"Weil Fußball zutiefst unweiblich ist", antwortete ihr Vater relativ schroff. "Oder kannst Du Dir vorstellen, wie eine Frau den Ball mit der Brust oder mit dem Bauch stoppt?" Die beiden Gäste hatten den Eindruck, dass diese Vater-Tochter-Diskussion schon öfter stattgefunden hatte.

Nach dem Essen zogen sich die drei Männer in Juans Bibliothek und heimisches Arbeitszimmer zurück. "Ich will nach dem heutigen Probetraining, das in den nächsten Tagen im Verein intensiv diskutiert wird, einige Punkte mit Ihnen diskutieren", begann Juan das Gespräch. "Wie wir von verschiedenen Regierungsstellen wissen, behagt unserer Regierung das Internierungslager von über eintausend deutschen Soldaten im Zentrum des Hafens überhaupt nicht. Noch weniger behagt diesen Regierungsstellen, dass Ihre Schiffsoffiziere auch im Lager militärische Disziplin durchsetzen und dabei nach Kräften von der reichsdeutschen Botschaft unterstützt und kontrolliert wird. Argentinien ist ein neutrales Land, will ein neutrales Land in diesem Krieg europäischer Mächte bleiben, hat aber das Problem, dass hier eine Militäreinheit in Regimentsstärke mitten in unserer Hauptstadt lebt." Juan zog an seiner Zigarre und stieß einige kräftige Rauchwolken aus. "Unsere Regierung und unsere Admiralität haben vor, die Besatzung der Admiral Graf Spee in Gruppen aufzuteilen und an verschiedene Orte das Landes zu verbringen. Dadurch soll insbesondere die militärische Befehlskette durchbrochen werden. Nur ein kleiner Teil, man spricht von rund 150 Mann, soll in Buenos Aires verbleiben. Dazu zählen die Stabsoffiziere, die man unter besonderer Kontrolle behalten will, und ausgewählte Unteroffiziere und Mannschaftsdienstgrade, die insbesondere seltene berufliche Qualifikationen besitzen, die unserer Wirtschaft von Nutzen sein können." Wieder machte er eine Pause und schaute wechselweise Raimund und Alfred an. "Ich habe in Erfahrung gebracht, dass Sie, Raimund Gebhard, Maschinenschlosser und Eisengießer und Sie, Alfred Kittner, Starkstromelektriker sind. Beides Qualifikationen, die besonders durch die Erfahrung an Bord Ihres Schiffes sicherlich noch wertvoller geworden sind. Daneben sind Sie beide noch prächtige wie entwicklungsfähige Fußballer. Deshalb biete ich Ihnen an, dass Sie mit fünf Arbeitsstunden am Tag bei mir in der Werft arbeiten und nachmittags beziehungsweise abends dem Fußballtraining bei Boca Juniors nachgehen. Wie schnell wir eine Spielgenehmigung und eine Lizenz für Sie bekommen können, wissen wir nicht. Sie sind keine Einwanderer, sondern in einem neutralen Land internierte Soldaten. Dieser Fall ist in den nationalen wie in den internationalen Statuten nicht vorgesehen. Aber wenn Sie sich morgen in dem Übungsspiel so bewähren, wie ich das erhoffe und erwarte, würde die Werft Ihren vollen Lohn übernehmen, bis sie gegebenenfalls Vertragsspieler bei Boca werden können." Er schaute triumphierend seine beiden Gäste an. "Wie gefällt Ihnen mein Angebot?"

Raimund und Alfred holten beide tief Luft und schauten sich an. "Da werden wir uns morgen aber gewaltig anstrengen, Herr Mundo", antwortete Raimund als Erster. "Allein die Chance, aus dem Internierungslager auf Dauer herauszukommen, einer ordentlichen Arbeit nachzugehen und in einem solchen Verein Fußball spielen zu können, hört sich absolut traumhaft an."

Alfred nickte nur zustimmend und grinste. "Und wenn ich dafür mit und ohne Ball noch schneller werden muss, werde ich noch schneller. Gutes, intensives Training hilft."

Das Gespräch glitt noch für zwei Stunden über viele Aspekte und Anekdoten hinweg, die den beiden jungen Fußballern ein Gefühl für die Spiel- und Zuschauerkultur in Argentinien im Allgemeinen und in Buenos Aires im Besonderen geben sollte. Dann wies man Raimund und Alfred den Weg in ihre Gästezimmer und wünschte eine 'Gute Nacht'.

Raimund hatte noch das Licht auf seinem Nachttisch an, lag wach in seinem Bett und ließ diesen unglaublichen Tag in seinem Kopf Revue passieren. Da klopfte es leise an seiner Tür und bevor er 'herein' rufen konnte, öffnete sich dieselbe und Juanita huschte elfengleich durch den

Türspalt.

"Entschuldigung", lächelte sie. "Aber ich sah noch Licht durch den Türspalt und dachte, Du bist noch wach. Wir haben ja eine ganze Zeit nicht mehr allein miteinander reden können." Sie hatte Raimunds Bett erreicht und setzte sich ganz ungeniert auf die Bettkante. "Wir geht es Dir?"

Raimund grinste. "Eigentlich ist das alles ein gigantischer Traum. Und mit Dir auf meinem Bett wird der Traum noch besser." Er musterte Juanita von oben bis unten. Sie trug ein leichtes Nachthemd, das ihre straffen, fraulichen Konturen wunderschön abzeichnete.

Juanita lächelte hintergründig zurück. "Ich könnte den Traum noch besser machen. Soll ich?"

Raimund war im ersten Moment absolut perplex, aber immerhin konnte er noch antworten: "Mehr als gerne."

Juanita stand auf, zog sich mit einem Ruck das Nachthemd über den Kopf und stand splitternackt vor Raimund. "Dann lüfte mal Deine Decke und lass mich zu Dir."

Diesem Wunsch kam Raimund sehr schnell nach, streifte dabei auch gleich seine Unterhose ab, die sein einziges Kleidungsstück in dieser warmen Nacht war, und war damit Juanita ebenbürtig.

"Meine Mutter hat mich bestens erzogen", flüsterte Juanita in sein Ohr. "Buenos Aires ist die Heimat des Tangos und der feurigen Liebe. Andererseits gehen gute, christliche Mädchen als Jungfrauen in die Ehe." Sie biss Raimund ins Ohrläppchen und kitzelte mit ihrer Zungenspitze an seinem Ohr. "Deshalb bin ich gut vorbereitet. Böse Mädchen haben Lust auf Liebe und bleiben trotzdem Jungfrau. Verstanden?"

"Nicht so ganz", murmelte Raimund als Antwort.

"Dann lass mich machen. Nur meine Muschi ist für Dich tabu. Klar?!"

Juanitas Kommentare waren unmissverständlich. Erst recht, nachdem sie sich breitbeinig auf seine Oberschenkel setzte, seinen schnell stärker werdenden Schwanz mit beiden Händen in die Höhe massierte, sich dann vorwärts beugte und sein bestes Stück in den Mund nahm. Raimund dachte, ihm würde Hören und Sehen vergehen, aber es kam noch besser.

"Mama hat mir beschrieben, was für ein standfester Liebhaber Du bist."

Raimund war für einen Augenblick schockiert. Mutter und Tochter hatten sich über die Spiegelnummer ausgetauscht? Aber bevor er weiter nachdenken konnte, rutschte Juanita weiter nach oben, richtete sein bestes Stück steil in die Höhe. Dann dirigierte sie seine Schwanzspitze vor ihre rosafarbene Rosette. "Keine Sorge" kicherte sie, "ich habe sie bereits gut vorgearbeitet und bestens mit Olivenöl eingeölt." Mit diesen Worten erhöhte sie mit ihrem Po den Druck auf seinen knallhart angespannten Schwanz und ließ sie sich ganz langsam absinken. Plötzlich spürte Raimund, wie sich ein Tor für ihn öffnete und seinen Schwanz fest umschloss. Er war in Juanitas Hintereingang eingetreten und stieß durch ihre fortgesetzte Abwärtsbewegung bis zum Anschlag in sie vor. In dieser Position verharrten sie einen Augenblick, dann begann Juanita aus ihrer Hocke heraus wie auf einem Pferd zu reiten, langsam, aber sicher immer schneller werdend. "Pack Dir meine Brüste und zieh meine Nippel lang", forderte sie Raimund auf, der ihrem Wunsch sofort nachkam. Überhaupt bestimmte Juanita exakt, was sie wollte. Raimund hatte zu gehorchen und er tat dies willig und voller Wolllust. Juanitas Ritt führte deutlich schneller zum beiderseitigen Orgasmus als der Doggy-Style-Fick mit ihrer Mutter. Und er war deutlich leiser, denn keiner von den beiden wollte den übrigen Haushalt an ihrem Lustritt teilhaben lassen. Nachdem das Orgasmus-Zittern ihrer Oberschenkel nachgelassen hatte, hob sich Juanita an, entließ die schrumpfende Männlichkeit Raimunds aus ihrem Hintern und ließ sich nach vorn auf seine Brust fallen.

Lange lagen die beiden Kopf an Kopf, atmeten heftig und tief durch und sagten gar nichts. Juanita flüsterte dann die ersten Worte in Raimunds Ohr. "Es war sehr schön, danke Dir." Nach einer weiteren Pause setzte sie noch ein paar Worte nach. "Wenn Du dies öfters erleben möchtest, musst Du morgen spielen wie ein Halbgott. Dann zeichnen mein Vater und Boca Juniors eine Patenschaft für Dich und Du kannst in Buenos Aires bleiben."

"So hat er es mir heute Abend angeboten. Halbtags in der Werft und nachmittags im Verein. Für Alfred genauso."

Juanita lachte leise. "Das wird sicherlich so sein, solange ihr noch keine argentinischen Spielerpässe habt. Ich habe gehört, dass das sehr politisch und schwierig ist und dauern wird. Aber, sei Dir sicher. In Argentinien gibt es immer einen Weg, solch bürokratischen Hindernisse zu überwinden. Mein Vater ist ein Weltmeister in dieser Disziplin."

"Und dann?"

"Werdet ihr vermutlich Vollprofis. Boca Juniors bezahlt seine Spieler so gut, dass sie vernünftig davon leben können."

"Das wäre ein Traum. Vollprofis gibt es im deutschen Fußball noch nicht einmal ansatzweise. Selbst die ganz großen Spieler wie Kuzorra und Szepan bei Schalke 04 arbeiten tagsüber auf einer Kohlenzeche unter Tage."

"Ist ja unglaublich."

Juanita und Raimund kuschelten sich noch eine ganze Weile aneinander, bis durch die junge Frau ein Ruck gehen. "Ich darf hier nicht einschlafen. Das würde einen großen Skandal geben, der uns beiden sehr schaden würde." Sie stand auf, streifte sich ihr Nachthemd über und gab Raimund noch einen Gute-Nacht-Kuss. "Schlaf gut. Und spiele morgen wie ein Halbgott! Ich will Dich bei uns behalten." Dann war sie so schnell und leise verschwunden, wie sie gekommen war.

Der nächste Vormittag begann zunächst mit einer Besichtigung der Stadionbaustelle in La Boca.

"So ein Stadion habe ich noch nie gesehen", kommentierte Raimund überwältigt. "Das ist ja ein reines Fußballstadion!" Er wandte sich an seinen Begleiter. "Wieviel Zuschauer sollen hier Platz haben?"

"Wenn wir komplett fertig sind, über 40.000. Er wies zur Nordseite, wo es noch keine Tribünen gab. Das dauert aber noch zwei Jahre, bis der ganze Stadionkomplex geschlossen ist. Aber wenn wir hoffentlich im Mai das Stadion eröffnen, passen schon mehr als 30.000 rein."

Alfred stand unterdessen im Stadioninneren auf dem Boden, auf dem später der Rasen wachsen sollte und drehte sich um die eigene Achse. "Kannst Du Dir vorstellen, in diesem Stadion bei vollen Rängen zu spielen, Raimund. Mit dieser Tribünenwand auf der gegenüber liegenden Seite muss hier eine höllische Lautstärke herrschen."

"Vermutlich hast Du recht. Wie im Olympiastadion in Berlin, wenn es vollbesetzt ist."

"Vermutlich lauter. Da fliegt der Krach nach oben weg. Hier konzentriert er sich auf den Platz."

"Ich hoffe, wir beide werden es erleben."

"Das hoffe ich auch." Alfred holte tief Luft. "Vom SV Werder nach Boca Juniors. Das wäre eine tolle Geschichte."

Das Trainingsspiel am Nachmittag ging bei hochsommerlichen Temperaturen von 30° C und ziemlich hoher Luftfeuchtigkeit lediglich über 2 x 30 Minuten. Raimund und Alfred spielten zunächst auf ihren gewohnten Positionen als Halbstürmer und linker Läufer, nach der Halbzeit ließen Enrique Sobral, der Cheftrainer der 1. Mannschaft und Fernando Ramierez, der die zweite Mannschaft und die A-Jugend betreute, Raimund als Mittelstürmer und Alfred als Linksaußen spielen. Das Ergebnis war absolut zufriedenstellend, die beiden Deutschen schossen drei Tore, obwohl die Verständigung mit den Mitspielern ausschließlich aus einsilbigen Lauten, aus lautem Rufen und wilden Gesten bestand.

In den darauffolgenden 14 Tagen hörten weder Raimund noch Alfred irgendetwas von Boca Juniors. Dafür überschlugen sich die Gerüchte über die Zukunft der internierten Admiral Graf Spee-Besatzung. Von einem neuen Internierungslager für die gesamte Besatzung auf einer dünnbesiedelten Insel von der argentinischen Küste über den Transfer aller Seeleute tief in den Süden nach Patagonien oder in den Westen an den Fuß der über 5000 Meter hohen Kordilleren bis hin zur totalen Zersplitterung der Besatzung auf unzählige Standorte reichte die Gerüchteküche. Nur eine Option war anscheinend ausgeschlossen: die Heimkehr nach Deutschland.

Raimund und Alfred hielten sich mit Informationen aus dem Gespräch mit Juan Mundo vollständig zurück, hatte ihr Gastgeber doch klar erklärt, dass die argentinische Regierung sehr besorgt über die anhaltend straffe Militärordnung für die Spee-Besatzung unter der Führung der Stabsoffiziere des Schiffes und der Kontrolle der nationalsozialistischen deutschen Botschaft sei.

"Was machen wir jetzt?" fragten sich Raimund und Alfred mehr als einmal bei leisen 4- Augen-Gesprächen am Sportplatz.

"Warten, ob wir in Buenos Aires bleiben und in dies Patenschaftssystem hinein kommen." Raimund war vorsichtig optimistisch. "Es gibt das Gerücht, dass diejenigen Unteroffiziere und Mannschaften, die eine persönliche Patenschaft erhalten, hier bleiben können und sogar eine freie Arbeitserlaubnis bekommen; soll besonders für qualifizierte Industriehandwerker gelten."

Raimunds Buschfunk-Informationen waren korrekt. Ihr Schlüssel zum Verbleib in Buenos Aires in Verbindung mit einer praktisch nicht mehr existenten Internierung war ihre Berufsausbildung. Das Patenschaftsgesuch für die beiden Fußballer kam von der Werft Juan Mundo, einem großen und angesehenen Unternehmen mit engsten Lieferbeziehungen zur argentinischen Marine. Neben den beiden Industriehandwerkern, die eigentlich als Fußballer begehrt waren, umfasste dies Patenschaftsgesuch mit qualifiziertem Arbeitsplatz auch zwei nicht Fußball spielende, hoch erfahrene Unteroffiziere der Maschinen- und Elektroabteilung: Stabsoberbootsmann Hans Mayer, den Raimund zufälligerweise dem Werftbesitzer "als den besten Schiffsdieselexperten in der deutschen Marine" empfohlen hatte und Bootsmannsmaat Philipp Maurer, "der Elektrogeneratorenexperte" der Admiral Graf Spee. Dieser Zuwachs an Ausbildung, Knowhow und Erfahrung sollte sich in den kommenden Jahren noch als ausgesprochen wichtig für die Werft herausstellen.

Wir haben hier jetzt einen bisher einzigartigen Vorgang zur Änderung Ihrer Internierungsbedingungen", verkündete Korvettenkapitän Nahkötter den vier angetretenen Besatzungsmitgliedern. "Die in Buenos Aires ansässige Großwerft Juan Mundo bietet Ihnen vier die Patenschaft an. Damit verbunden ist ein Arbeitsverhältnis auf der Werft sowie permanente Unterbringung in einem der Werft gehörenden Haus, was dann auch ihre Meldeadresse sein würde. Sie werden für Ihre Arbeit wie ein normaler Arbeitnehmer der Werft bezahlt, dagegen fällt Ihre Internierungsbesoldung durch die deutsche Botschaft weg." Der Korvettenkapitän blickte von seiner vor ihm liegenden Akte hoch und die vier Soldaten der Reihe nach an. "Sie haben darüber hinaus persönliche Bewegungsfreiheit innerhalb der Stadt Buenos Aires und der angrenzenden Provinz, müssen sich aber einmal pro Woche bei der zuständigen Polizeistation melden. Erscheinen Sie nicht an Ihrem Arbeitsplatz, werden Sie zur Fahndung ausgeschrieben und von den Polizeibehörden wegen Fluchtversuchs und Verstoß gegen die Internierungsauflagen verhaftet." Er blickte wieder die vier einbestellten Soldaten an. "Lehnt einer von Ihnen diese Patenschaftsmöglichkeit ab?"

Für Raimund und Alfred war die Antwort vom ersten Moment an klar. Sie hatten auf diese Möglichkeit nach dem Gespräch mit Juan Mundo seit Wochen gewartet. Stabsoberbootsmann Hans Mayer und Bootsmannsmaat Philipp Maurer waren jedoch von dieser Möglichkeit absolut überrascht.

"Das bedeutet, dass wir wie ganz normale Arbeiter auf dieser Werft arbeiten, dafür bezahlt werden sowie Unterkunft gestellt wird?" Hans Mayers Worten war eine gewisse Fassungslosigkeit anzumerken. "Warum?"

"Die Frage können sie heute Nachmittag in der Werft selbst klären. Wenn Sie nicht von vornherein diese Möglichkeit ablehnen, sind Sie zu einem Gespräch in die Personalabteilung der Werft eingeladen. Dort erfahren Sie alle Details zu Ihrer möglichen Tätigkeit."

Hans Mayer und Philipp Maurer waren immer noch überrascht, aber der alterfahrene Unteroffizier fasste ihre Einschätzung ganz nüchtern zusammen. "Kann nicht schaden, sich das einmal anzuhören."

Damit waren sie aus dem Büro des Korvettenkapitäns entlassen.

Hans Mayer hatte den Namen des Werftbesitzers im Zusammenhang mit dem Freundschaftsspiel einige Wochen zuvor schon einmal gehört. Deshalb wandte er sich direkt an Raimund. "Hast Du etwas damit zu tun?"

Raimund zuckte nur mit seinen Schultern. "Eigentlich nein. Ich war selber überrascht, dass wir zu viert zum Korvettenkapitän gerufen wurden. Bis dahin kannte ich nur die Absichten von Juan Mundo in Sachen von uns zwei Fußballspielern."

"Und wie kommt der Herr dann an unsere Namen?"

"Hm." Raimund und Alfred dachten nach. "Der Werftbesitzer hat uns irgendwann nach dem Abendessen gefragt, ob wir unter der Besatzung herausragende Schiffsmaschinisten und Elektrofachleute kennen würden. Ich glaube, da haben wir Eure Namen genannt."

"Hm", dachte der erfahrene Stabsoberbootsmann nach. "Dann bin ich jetzt wirklich auf des Gespräch in der Werft gespannt. Ich denke, gute Arbeit wäre eindeutig besser als stupides Lagerleben."

"Außerdem könnten wir uns wie normale Personen in der Stadt und der Region bewegen", ergänzte Philipp Maurer. "Ich bin nicht gerne eingesperrt."

"Auch wahr."

Neugierig machten sich die vier Marinesoldaten mit einem vor der Wache für sie bereits bereit stehenden Taxi auf den Weg zur Werft. Befehlsgemäß hatten sie ihre schneeweiße Marineuniform abgelegt und die eine Woche zuvor von einem deutschen Kaufhaus in Buenos Aires angelieferten zivilen Ausgehanzüge angezogen. Da diese aber einheitlich aus einem braunen Tuch geschneidert worden waren und auch die Hemden wie auch die Krawatten einheitlich waren, sahen die vier Soldaten wie Zivil-Uniformierte aus, was von ihnen mit einigem Gelächter quittiert wurde.

In der Werft wurden die vier Deutschen wie eine geschäftliche Firmendelegation empfangen; zunächst traf man sich mit Juan Mundo persönlich, seinem Personalchef und einer Mitarbeiterin im Konferenzsaal, dann machten sie in einer Gruppe unter Führung des Leiters der Maschinenabteilung einen Werftrundgang. Der Besuch wurde dann mit Individualgesprächen in der Personalabteilung abgeschlossen.

"Die wollen, dass ich bereits morgen mit meiner Arbeit hier anfange", berichtete Hans Mayer immer noch verblüfft von dem Besuch und der Freundlichkeit, die ihnen entgegengebracht worden war. "Unten am Reparaturkai liegen zwei argentinische Minenräumschiffe, die Bouchard und die Fournier; haben beide recht neue MAN-Schiffsdiesel und kommen bereits zwei Jahre nach Indienststellung nicht auf die gewünschte Leistung."

"Dann bist Du genau der Richtige", antwortete die drei anderen wie im Chor. "Alles auseinanderschrauben, alles Überflüssige wegwerfen, sauber machen, gut ölen und fetten. Und dann läuft die Kiste. So war das doch auch mit unseren MAN-Dieseln, oder?"

"Genau!" der alterfahrene Stabsoberbootsmann strahlte über sein ganzes Gesicht. "Du brauchen unser Können und unsere Erfahrung!"

Zurück im Internierungslager war klar, dass alle vier Mann das Patenschafts- und Arbeitsangebot der Werft annehmen würden. "Wir sind alle vier ledig, beziehungsweise in meinem Fall verwitwet", hatte Hans Mayer als Ältester die Antworten an den Korvettenkapitän zusammengefasst. "Und das Beste, was uns widerfahren kann, ist gute, angemessen bezahlte Arbeit. Argentinien ist neutral und nicht unser Feind. Insofern ist es nicht schlecht, wenn deutsches Wissen und Können unsere Position in der argentinischen Marine stärkt."

In der Tat begann Hans Mayer der Notlage entsprechend bereits am darauffolgenden Morgen mit seiner Arbeit im Maschinenraum der beiden Minenräumschiffe, die drei anderen 'Patenkinder' folgten drei Tage später.

Bereits nach einem Tag trennte Juan Mundo die vier Besatzungsmitglieder der Graf Spee, die sich nun unter seiner Aufsichtsverantwortung befanden. Während Hans Mayer und Philipp Maurer in einem kleinen Haus einer jungen deutsch-argentinischen Witwe in unmittelbarer Werftnähe ihr 'Internierungsquartier' aufschlugen, zog Raimund auf Vorschlag von Annarosa Mundo in ein Suiten-Zimmer des Gästetrakts der Industriellenvilla und Alfred Kittner wurde Dauergast von Leonardo Marco und seiner Familie.

Raimunds Leben war voll ausgefüllt und ähnelte durchaus einem militärischen Dienstplan. Arbeitsbeginn in der Werft um 7.00 Uhr morgens, 5 Stunden bis 12.00 Uhr. Eine halbe Stunde Mittagszeit, dann ein spezieller einstündiger Spanischsprachunterricht für die vier deutschen Soldaten. Trainingsbeginn bei Boca Juniors um 15.00 Uhr wie für alle berufstätigen Fußballspieler; nur die Vollprofis, die den erweiterten Kader der 1. Mannschaft ausmachten, absolvierten ein Vormittagstraining. Rückkehr zu seiner Gästeunterkunft zwischen 18.30 und 19.00 Uhr. Abendessen mit den Dienstboten in der Küche. Für weitere Vergnügungen blieb praktisch keine Zeit, da an den Wochenenden Anwesenheitspflicht sowohl für ihn als auch für Alfred bei allen Heimspielen anstand, auch wenn sie laut Juan Mundos Ankündigung noch mehrere Monate auf ihre eigenen Spielberechtigung warten mussten.

Der Trainingsbetrieb für die Herrenmannschaften von Boca Juniors hatte Ende Februar eingesetzt, der Saisonbeginn für die 1. Mannschaft stand mit dem 7. April fest. Die ersten Heimspiele sollten noch im Ausweichstadion stattfinden, da das mit drei Tribünen dreiviertelfertige La Bombonera erst im Mai bespielbar wurde. Raimund Gebhard und Alfred Kittner trainierten nun regelmäßig mit der zweiten Mannschaft und das tägliche Training wirkte sich sowohl athletisch als auch balltechnisch positiv auf ihre Entwicklung aus. Nur der Spielbetrieb fehlte.

"Sehr komplizierte Angelegenheit", kommentierte Juan Mundo die Situation Mitte März gegenüber seinen beiden deutschen Fußballpatenkindern. "Wenn ihr offiziell Immigranten wäret, hättet ihr schon längst eine Spielgenehmigung. Dafür gibt es Regeln und Fristen. Aber in diesen Regeln, sowohl bei AFA, dem argentinischen Fußballverband, als auch beim Weltfußballverband FIFA gibt es keine Regeln für die Integration von internierten Soldaten oder Kriegsgefangenen in den regulären Spielbetrieb ihres Internierungslandes. Und das ist das Problem. Ohne Regeln keine Entscheidung. Beziehungsweise man zieht dann allgemeine Regeln wie die Genfer Konvention für Kriegsgefangene hinzu. Und die kommt zu dem Schluss, dass es keine Spielgenehmigung für Kriegsgefangene in einer professionelle Fußballliga gibt." Er lachte bitter. "Nur, ihr seid keine Kriegsgefangenen. Argentinien ist ein neutrales Land."

"Und wie lange kann der Antragsweg für unsere Spielgenehmigung dauern?" fragte Raimund zurückhaltend.

"Nicht die geringste Ahnung. Aber ich habe mir vorgenommen, dass wir eine typisch argentinische Regelung finden, wenn es bis zur Jahresmitte keine offizielle Entscheidung gibt."

"Und das wäre?"

Juan Mundo schaute über seine Lesebrille hinweg seine beiden Paten-Fußballer an. "Das erzähle ich Euch, wenn es soweit ist." Dann grinste er sehr schelmisch.

Raimunds Einzug in den Gästetrakt der Villa seines Paten hatte naturgemäß angenehme Folgen für sein Verhältnis mit Juanita. Seine Geliebte schlich sich mehrmals pro Woche spätabends durch die Gänge, um ihn zu besuchen. Und erwies sich in Hinsicht körperlicher Liebe als ausgesprochen informiert und phantasievoll.

"Meine Mutter hat mir sehr viel erklärt und beigebracht", erklärte sie Raimund, der selbst ein relativ unerfahrener Liebhaber war und sich gern anleiten ließ. "Ich habe ein total offenes Verhältnis mit meiner Mutter. Sie weiß, dass wir uns lieben und hat dies gut geheißen."

Raimund war absolut verblüfft, denn eine derartige Offenheit gab es in seiner Familie nicht. Jedenfalls war er sich sicher, dass seine Mutter und seine Schwestern nicht so miteinander redeten.

"Meine Mutter hat mir vor ein paar Wochen mit einem ihrer Tänzer etwas gezeigt, das ich mit Dir aufprobieren möchte", begann Juanita eines Abends ein Vorgespräch, nachdem sie nackt in Raimunds Bett geschlüpft war.

"Und was?" Raimund war neugierig geworden. Annarosa und Juanita sprachen anscheinend nicht nur über Sex. Sondern die Mutter gab auch praktischen Anschauungsunterricht.

"'Die hohe Kunst der französischen Liebe'", hat meine Mutter dieses Liebesspiel genannt. Ich weiß, dass Du es sehr liebst, wenn ich Deinen Schwanz in den Mund nehme und ihn zur vollen Härte blase."

"Ja. Und wie ich das liebe."

"Das geht auch umgekehrt. Meine Pussy ist tabu für Deinen Schwanz, wie Du weißt. Von wegen Jungfernschaft und Schwangerschaft. Aber," hier holte Juanita tief Luft, so als ob sie sich einen inneren Motivationsschub geben wollte, "der Mann kann eine Pussy mit Mund und mit seiner Zunge liebhaben, kann dabei seine Hände und Finger an allen Stellen, die er erreichen kann, einsetzen. Das erzeugt unglaubliche Lustgefühle, insbesondere wenn er diesen kleinen Knubbel oberhalb der Pussy stimuliert." Juanita holte wieder tief Luft. "Und wie mir meine Mutter gezeigt hat, kann man beides gleichzeitig machen, die Frau mit dem Mann und der Mann mit der Frau."

"Wie soll das gehen?" Raimund hatte immer noch nicht richtig verstanden.

"Ich zeige es Dir." Mit diesen Worten schlug sie die leichte Bettdecke zur Seite, drehte sich um 180 Grad und setzte sich umgekehrt auf auf ihren Liebhaber. "Jetzt siehst Du meine Muschi in all ihrer Herrlichkeit. Zieh mit den Händen die Schamlippen auseinander und dann siehst Du alles vor Dir. Und dann lasse Deiner Fantasie freien Lauf. Ich will Dich richtig spüren."

Es war in der Tat ein vollkommen neues Bild für Raimund. Er hatte noch nie die Pussy einer Frau aus nächster Nähe gesehen. Das kleine Licht der Nachttischlampe leuchtete Juanitas Unterbau genügend aus, um alles erst einmal genau zu betrachten. Auch der kleine Knubbel, von dem Juanita gesprochen hatte, war deutlich zu sehen, nachdem er die äußeren Schamlippen mit seinen Fingern auseinandergezogen hatte.

Dann zog er Juanita mit seinen Armen über ihrem Po nach unten und küsste zum ersten Mal das Liebesheiligtum einer Frau. "Ungewöhnlich!" war sein erster Gedanke. Dann aber hörte alles Denken auf, denn Juanita hatte mittlerweile meinen Schwanz einer sehr stimulierenden Behandlung unterzogen. Und der Geruch und Geschmack ihrer langsam, aber sicher feuchter werdenden Pussy betäubte alle klaren Gedanken.

Raimund wusste nicht, wie lange sie dies gegenseitige Mund-zu-Geschlecht-Spiel trieben. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, zumindest erheblich länger andauernd als wenn er Juanita in den Po oder ihre Mutter in ihre beiden Löcher fickte. Irgendwann drückte Juanita ihre Pussy mit einem unterdrückten spitzen Schrei auf seinen Mund und lochte dabei seine Zungenspitze regelrecht ein. Dann folgte eine kleine Dusche ihres Liebessaftes, was für ihn ebenfalls eine Premiere war. Juanitas Orgasmus war so heftig, dass sie am ganzen Körper sicherlich eine Minute zitterte und ihrem ersten Schrei ein genauso unterdrücktes Stöhnen folgen ließ.

Das war dann auch für Raimund und seine Standfestigkeit zu viel. Er griff mit beiden Händen an ihren Kopf und hielt sie somit fest, während er mit meinem Schwanz regelrecht in ihren Mund fickte. Dann spritzte er ab, tief in ihren weit geöffneten Mund, was sie mit einem ganz eigenartigen Brumm- und Gurgelgeräusch quittierte. Schließlich schlossen sich ihre Lippen um seinen jetzt leeren Schwanz und sie leckte mit ihrer Zungenspitze über den spermageölten Schwanz, um auch diese Reste in sich aufzunehmen.

Mit einer behänden Bewegung sattelte sie von seinem Gesicht ab, drehte sich wieder um 180 Grad und kuschelte sich an ihn. "Das war großartig", murmelte sie ihm ins Ohr. "Das Beste, was ich bisher erlebt habe." Sie holte tief Luft. "Jetzt weiß ich, warum meine Mutter mit ihrem Tänzer so abgegangen ist, als ich den beiden zuschauen durfte." Sie biss ihm leicht ins Ohrläppchen. "Das machen wir jetzt öfters! Hat es Dir auch gefallen?"

"Und wie", antwortete Raimund ehrlich. "Und ich glaube, mit etwas Übung können wir unsere Lust noch weiter steigern und noch mehr erleben."

Raimunds Arbeits-, Sportler- und Liebesleben war drei Monate nach der Selbstversenkung der Admiral Graf Spee in bester Ordnung. Die vier 'Werftpatenkinder' hatten sich auch weitgehend von der Befehls- und Aufsichtsstruktur der Schiffsoffiziere und der deutschen Botschaft befreit, sie begannen, ihr eigenständiges Leben zu organisieren und zu gestalten. Um den Kontakt untereinander zu pflegen - sie arbeiteten alle vier in unterschiedlichen Werftbereichen - hatten sie einen wöchentlichen Doppelkopfabend im deutsch-argentinischen Gasthaus 'Zum Löwen' in La Boca verabredet. Für die Fußballer passte der Abendtermin, weil sie direkt vom Training dorthin fahren konnten; zum zweiten hatte das Gasthaus den Riesenvorteil, dass man auf diese Weise einmal pro Woche echt deutsche Kost und ein ordentliches Bier genießen konnte. Immerhin verfügten alle vier Industriehandwerker über ein vernünftiges, eigenes Einkommen und konnten sich dies problemlos leisten.

In den ersten Wochen gab es genug Diskussionsstoff über die Zustände und die Veränderungen im Internierungslager. Insbesondere Hans Mayer hatte als Dienstältester und Ranghöchster unverändert guten Kontakt zu anderen Portefeuille-Unteroffiziere. "Das Klima im Lager muss sich radikal verändert haben", berichtete er vor Ostern. "Die ersten Einheiten mit 100 bis 150 Mann, weitestgehend Mannschaftsdienstgrade, sind nach Westen in die Nähe von Mendoza und Cordoba verlegt worden. Hier in Buenos Aires machen die argentinische Marineverwaltung und die Regierung erheblichen Ärger, weil mittlerweile mehrere Dutzende Besatzungsmitglieder auf verschiedenen Wegen geflohen oder auf der Flucht ertappt und verhaftet worden sind. Die 'Ehrenwortregelung' für Offiziere und Unteroffiziere ist außer Kraft gesetzt. Es gibt das Gerücht, dass alle ranghöheren Dienstgrade auf eine Insel im Rio de la Plata verbannt werden, damit sie nicht mehr über den Rest der Besatzung kommandieren können."

Seine drei Spielpartner schauten ihn mit großen Augen an. "Hat das auch auf uns vier Auswirkungen?"

"Ich hoffe nicht. Aber wir müssen alle vier peinlichst darauf achten, dass wir nicht gegen unsere Patenschaftsauflagen verstoßen. Ich habe gehört, dass auch zwei Patenfamilien Ärger mit den Behörden bekommen haben, weil ihre 'Patenkinder' versucht haben, sich Richtung Chile abzusetzen."

"Kann ich bestätigen", brachte sich Raimund ins Spiel. "Muss wohl in der argentinischen Presse einige Berichte über flüchtende Graf-Spee-Soldaten geben, die bereits in Chile aufgegriffen worden sind. Jedenfalls hat mich Familie Munro konkret gefragt, ob ich auch Fluchtabsichten hätte. Ich habe dies kategorisch verneint. Und damit waren alle zufrieden."

"Das würde uns gerade noch fehlen, dass man unseren Status aufhebt und wieder zum Nichtstun ins Lager sperrt", grummelte Alfred Kittner. "Dann würde ich lieber hier im Land untertauchen und irgendwo in der Pampa Rinderherden hüten."

"Vaterlandsliebe hin oder her", bestätigte auch Hans Mayer, der immerhin schon in der alten kaiserliche Marine sein Seemannsleben begonnen hatte. "Außerdem, was bilden sich diese Flüchtende denn ein! Glauben die wirklich, dass sie um die halbe Erde flüchten können, nur um dann sofort wieder in den Dienst einzutreten?" Er nahm einen tiefen Schluck aus seinem Bierkrug. "Da wäre es ja wohl wesentlich intelligenter, wenn wir hier in Argentinien eine starke deutsche Kolonie bilden, die eine gegenüber dem Reich positive Neutralität einhält oder gar ein Verbündeter würde. Das Reich und Italien haben mit Japan einen starken Verbündeten im Fernen Osten. Warum nicht auch einen starken Verbündeten in Südamerika?" Er nahm noch einmal einen tiefen Schluck zur Stärkung. Er hatte sich richtig in Rage geredet. "Stellt Euch vor, Argentinien wäre vor drei Monaten schon unser Verbündeter gewesen! Dann hätten wir unser Schiff genau auf dieser Werft reparieren und wieder kampffähig machen können! Und nicht wie ein geprügelter Hund den Hafen von Montevideo verlassen müssen."

Seine drei Spielpartner konnten seinen Wutausbruch gut verstehen. Immerhin war der Panzerkreuzer für Hans Mayer, der vom ersten Tag an Bord gewesen war, eine Art Zuhause geworden.

Raimunds Korrespondenz mit der Familie im jetzt nach Hamburg eingemeindeten Altona war regelmäßig, aber aufgrund der Umstände langsam. Raimund hatte bereits im Lager begonnen, alle zwei Wochen einen Brief an seine Eltern und parallel an seine beiden älteren Schwestern zu schicken, die mittlerweile beide verheiratet und aus dem Elternhaus ausgezogen waren. Sie lebten jetzt in Glückstadt beziehungsweise Hamburg-Harburg. Die Antwortbriefe, die über die verbündete italienische Post und die neutralen spanischen Kanarischen Inseln transportiert wurden, brauchten meist 2-3 Wochen, bis sie Buenos Aires erreichten. Um so erfreuter war Raimund, als die ersten Briefe aus der Heimat im Februar eintrafen. Die persönlichen Berichte und Erlebnisse der Familienmitglieder ergänzten die Berichte in den beiden deutschsprachigen Tageszeitungen der argentinischen Hauptstadt, der stramm nationalsozialistischen 'Deutsche La Plata Zeitung' und dem politisch exakt entgegengesetzten 'Argentinisches Tageblatt', welches einer ursprünglich Schweizer Verlegerfamilie gehörte. Aber egal, was man las, es war auch tausende von Kilometern fern der Heimat klar, dass das nationalsozialistische Deutsche Reich militärisch wie politisch die immer mehr dominierende Macht in Europa war. Die blitzschnelle Besetzung Dänemarks und Norwegens im April 1940 wurde nach dem Blitzsieg über Polen sieben Jahre zuvor mit triumphierenden Schlagzeilen gemeldet.

"Hat einer von Euch eine Vorstellung, wo der deutsche Siegeszug in Europa enden wird?" fragte Hans Mayer mit einer gewissen Genugtuung in der wöchentlichen Doppelkopfrunde.

"Wenn ich Dich so höre", antwortete Alfred Kittner hörbar spöttisch, "vermutlich hier in Buenos Aires."

Hans Mayer hatte den Spott nicht registriert. "Wäre es nicht wunderbar, wenn hier plötzlich ein deutsches Schlachtgeschwader in der La Plata-Mündung auftaucht und hier eine offizielle Station der Kriegsmarine eröffnet. Genug Offiziere und Fachleute sind ja bereits vorhanden."

Der alterfahrene Stabsoberbootsmann ließ seiner Fantasie freien Lauf. "Die Werft unseres Paten und Gönners könnte ein ganz großer Profiteur einer solchen Entwicklung werden. Stellt Euch vor, dass wir hier die regelmäßige Wartung von Großkampfschiffen als auch U-Booten vornehmen können, damit diese der Royal Navy ebenbürtig gegenübertreten können."

Seine drei wesentlich jüngeren Spielpartner wussten nicht so recht, ob sie diesen fantastischen Ideen Glauben schenken sollten oder gar hoffen sollten, dass sich die Zukunft in diese Richtung entwickeln würde. Eines war aber deutlich: an Selbst-und Sendungsbewusstsein fehlte es den vier deutschen Werftarbeitern nicht. Und hierin fanden sie erstaunlich starke Unterstützung in der deutschstämmigen Einwandererkolonie Argentiniens.

Für Raimund und Alfred war die politisch-militärische Entwicklung Europas aber zweitrangig. Ihre Hauptleidenschaft trug mittlerweile blau-gelbe Farben. Der ganze Vereins fieberte nach den ersten Spielen der neuen Saison, die noch in ihrem Ausweichquartier stattfanden, der Eröffnung des im Volk nur noch 'La Bombonera' genannten neuen Stadions im Herzen von La Boca entgegen. Am 25. Mai 1940 war es dann nach dreimonatiger Bauverzögerung so weit. Ein Freundschaftsspiel gegen San Lorenzo, einem starken Erstligisten aus der Nachbarregion der Hauptstadt, endete durch zwei Tore des Boca Juniors-Mittelstürmers Ricardo Alarcon 2:0. Derselbe Spieler sollte eine Woche später beim ersten Pflicht-Heimspiel gegen die Newell's Old Boys ebenfalls das erste Tor erzielen.

Raimund und Alfred waren wie alle Spieler der Herren- und älteren Jugendmannschaften bei diesen beiden Spielen als Zuschauer dabei. Für sie besonders war ihre Einkleidung in den offiziellen Ausgehanzügen des Vereins, obwohl sie bisher nicht im Vereinsregister eingetragen noch eine Spielerberechtigung besaßen. "Ihr gehört zu Boca Juniors-Familie", hatte Juan Mundo den beiden deutschen Fußballern zwei Wochen zuvor verkündet. "Und so tretet ihr gefälligst auch auf." Das Sakko dieses Anzugs mit dem gestickten Vereinswappen auf der Brust sollte für Raimund für den Rest seines Lebens das ihm heiligste Kleidungsstück sein. Und er maß seine körperliche Fitness auch in späteren Jahrzehnten immer an der Tatsache, sein erstes Boca Juniors Jackett ohne Zwicken und Zwacken anziehen zu können.

Während in Argentinien tiefster Frieden herrschte und die begonnene Spielzeit die fußballverrückte Bevölkerung der Hauptstadt wie des Umlandes beschäftigt hielt, war auf der anderen Seite des Erdballs der deutsche Kriegsfortschritt unaufhaltsam voran geschritten. Der auf Frankreich und seine Alliierten abzielende Angriff auf Belgien und die Niederlande füllte die Frontseiten der deutsch- wie spanischsprachigen Zeitungen; Karten und Grafiken demonstrierten den Vormarsch der Wehrmacht und den zunehmend verzweifelten Abwehrkampf an der Westfront. Während Raimund und Alfred in die Festlichkeiten zur Eröffnung von La Bombonera eingebunden waren, hatte die Wehrmacht den Kessel um Dünkirchen geschlossen, der zu einem Rückzug der englischen Streitkräfte vom Kontinent führte. Obwohl mit eigenen Aussagen politisch sehr zurückhaltend, bekamen auch Raimund und Alfred von ihrem Mannschaftskameraden und anderen Vereinsfunktionären überraschend viele Glückwünsche zu den militärischen Erfolgen Deutschlands. Die Stimmung des überwiegenden Teils der deutschen Kolonie in Buenos Aires war überschwänglich und siegestrunken. In ihrem Stammlokal, in dem sie sich wöchentlich zum Kartenspiel einfanden, wurden sie Anfang Juni zweimal komplett mit Essen und Trinken freigehalten. Natürlich wusste hier jeder, dass die vier kartenspielenden Werftarbeiter alle von der Admiral Graf Spee stammten.

"Gehst Du jetzt nach Hause?" fragte Juanita Ende Juni vorsichtig ihren Geliebten. "Mit der Eroberung Frankreichs könnt ihr doch jetzt ein Schiff besteigen und wieder heimfahren. Oder?"

Raimund hatte als Antwort darauf nur mit den Schultern gezuckt. "Erstens haben wir kein Schiff und zweitens fährt da draußen auf dem Atlantik die Royal Navy herum, die nur auf solche Aktionen der deutschen Kriegsmarine wartet. Bisher haben wir Deutschen im Südatlantik nur verloren. Sowohl im Großen Krieg als auch in den letzten acht Monaten." Er beruhigte Juanita dahingehend, dass er keine Ambitionen hatte, auf eigene Faust nach Deutschland zurückzukehren. "Ich habe hier alles: eine wunderbare Freundin und Geliebte, den besten Fußballverein der Welt und gute, interessante Arbeit. Dazu mehr Freiheiten und mehr Geld als ich je in meinem Leben besessen habe." Er gab Juanita einen intensiven, langen und warmen Kuss. "Es gibt für mich nicht den geringsten Grund, Dich und Buenos Aires zu verlassen."

In dieser Nacht liebten sich die beiden so intensiv, dass Juanita zum ersten Mal in Raimunds Armen einschlief und erst in den frühen Morgenstunden hastig in ihr eigenes Zimmer zurückkehrte.

Für die beiden norddeutschen Fußballspieler fühlte sich der argentinische Winter mit Tagestemperaturen zwischen 15 und 18° C und Nachttemperaturen deutlich über dem Gefrierpunkt eher wie Frühling an. Insofern war auch die tägliche Trainingseinheiten leichter zu ertragen. Raimund und Alfred waren beide etwas ungeduldig geworden, weil es mit ihrer Spielerberechtigung irgendwie nicht voran ging. Training war schön und gut und das bis dahin ungewohnte tägliche Training hatte sich sowohl athletisch als auch spielerisch voll bezahlt gemacht. Nun wollten sie sich gern als Mannschaftsspieler beweisen; und wenn es nur in der zweiten Mannschaft war.

Raimund hatte sein Leid seiner Freundin geklagt und die hatte ihn aufgefordert, doch direkt zu ihrem Vater zu gehen und seine Fragen über das weitere Vorgehen vor ihm auszubreiten. Zu seiner Überraschung hatte aber parallel Juan Mundo die Initiative ergriffen und ihn abends in seine Bibliothek bestellt.

"Meine Tochter hat mir berichtet, dass Du über die unverändert fehlende Spielergenehmigung sehr bekümmert bist", steuerte er auf das Gesprächsthema direkt zu.

"Ja. Immer nur Training reicht Alfred und mir auf Dauer nicht. Auch wenn wir beide merken, dass uns das tägliche Training echt verbessert."

"Schön zu hören. Etwas Ähnliches hat uns auch Euer Trainer berichtet. Der wartet anscheinend genauso ungeduldig auf Euern Einsatz wie ihr." Er lacht hintergründig. "Kann ich verstehen. Die besten Spieler werden immer wieder zur ersten Mannschaft delegiert. Und er muss sich anschließend anhören, dass die zweite Mannschaft zu viele Spiele verliert." Juan Mundo nahm ein mit Schreibmaschine geschriebenes Schriftstück aus einem Aktendeckel und holte tief Luft. "Alfreds und Dein Fall sind objektiv kompliziert, weil ihr internierte Soldaten einer fremden Macht seid, die nach den Regeln der Genfer Konvention zu behandeln sind. Unsere Regierung achtet strengstens auf die Einhaltung dieser Regeln, weil sie in diesem Krieg unbedingt so neutral wie irgend möglich sein will. Sie ist halt finanziell von englischen Banken und insbesondere von unserem Fleischexport dorthin abhängig. Zudem ist die Royal Navy auf allen Routen der argentinischen Handelsmarine absolut dominierend."

"Bedeutet das, dass Alfred und ich für immer in den bürokratischen Fallstricken gefangen sind und nie spielen dürfen?" Raimund bekam echt Panik. Ein Leben ohne Fußball wäre für ihn kein Leben.

"Ja." Jetzt grinste Juan Mundo, der den entsetzten Blick Raimunds sofort aufgefangen hatte. "Es sei denn, wir schaffen nun eine echt argentinische Lösung."

"Und die wäre?"

"Wir müssen Dich und Deinen Kameraden zu neu angekommenen Immigranten machen. Da das mit Raimund Gebhard als Angehörigen der Kriegsmarine nicht geht, müssen wir Dir eine zweite Persönlichkeit geben."

Raimund schaute seinen Paten und Arbeitgeber verwirrt an. "Wie das?"

Juan Mundo blickte auf das Schriftstück. "Wie Du weißt, ist mein eigentlicher Taufname 'Johannes Mund'.

"Ja. Das hatte mir Leonardo vor dem ersten Besuchstag hier erzählt."

"Und genau dasselbe machen wir mit Dir. Mein Anwalt schlägt vor, dass wir für 'Raimund Gebhard' einen 'Raimundo Guepardo' behördlich kreieren, der volle Immigrantenpapiere bekommt. Mit diesem Immigrantenpass beantragen wir dann die Spielergenehmigung und bekommen diese innerhalb einer Woche. So ist Raimund Gebhard unverändert ein unter den Patenschaftsregeln stehender deutscher Soldat und Raimundo Guepardo ein argentinischer Einwanderer."

"'Guepardo' gefällt mir", schmunzelte Raimund. "Ist dann so wie bei Spielern aus Brasilien oder Uruguay, die aufgrund ihrer Namenslänge manchmal Künstlernamen tragen."

"Ist hier auch so. Insbesondere wenn Spieler portugiesische oder spanische Wurzeln haben. Deren volle Namen bekommst Du gar nicht auf einem Spielberichtsbogen eingetragen."

Raimund klatschte in seine Hände. "Das gefällt mir. Was muss ich dafür tun, damit dieser Vorschlag Realität wird?"

"Nicht viel. Mein Anwalt bereitet alles für die Immigrationsbehörden vor. Offiziell bist Du dann mein Neffe, Sohn meiner Schwester im heutigen Jugoslawien. Papiere sind bei Deiner Reise nach Argentinien verloren gegangen, wir besorgen aber in der jugoslawischen Botschaft gegen eine kleine Gebühr neue Papiere. Das einzige, was wir brauchen, ist ein aktuelles Passfoto, dass Du bei diesem Fotografen machen lassen kannst." Er reichte Raimund die Adresse. "Der Fotograf weiß Bescheid, was und wie viele Bilder wir brauchen. Und dann musst Du mit meinem Anwalt einmal zur Immigrationsbehörde gehen, weil Du Deine Fingerabdrücke abgeben und einige Formulare vor einem Beamten unterschreiben musst."

"Das ist alles?"

Juan Mundo lachte laut auf. "Nein, mein Lieber. Aber den Rest arrangiert mein Büro. Auf argentinische Weise."

Raimund dachte kurz nach. "Und mit Alfred passiert dasselbe?"

"Wenn er den Vorschlag annimmt, ja." Juan Mundo lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück. "Hat auch einen zweiten Vorteil. Mit diesen Papieren könnt ihr problemlos zu Auswärtsspielen im ganzen Land reisen. Und Raimund Gebhard hält seine Internierungsrestriktionen unverändert ein."

"Gibt es da irgendeinen Fallstrick zu berücksichtigen?"

"Wir müssen mit Euerm Dasein als Boca Juniors-Spieler ein wenig aufpassen. Der Konkurrenzkampf und die Eifersucht in der ersten Liga sind gewaltig. Wenn da plötzlich aus dem Nichts zwei gute, neue Spieler auftauchen, zerreißen sich die Liga und die Presse sofort das Maul. Deshalb werden wir Euch diese Restsaison und vermutlich auch das ganze nächste Jahr nur in der zweiten Mannschaft spielen lassen, bis sich alle an Eure neuen Künstlernamen gewöhnt haben. Außerdem ist bis dahin Euer Spanisch so gut, dass ihr auf und neben dem Platz wie ein normaler Immigrant, der eine fremde Muttersprache hat, redet. Dann riskieren wir keinen Skandal."

Hochzufrieden verließ Raimund die Bibliothek und ging in sein Gästequartier zurück. Abends berichtete er aufgeregt die Neuigkeit seiner Geliebten. "Die Idee mit dem Künstlernamen gefällt mir", kommentierte Juanita. "Ich werde Dich in Zukunft 'Guepardo' nennen. Passt gut zu Dir." Eine Kleinigkeit verriet sie jedoch nicht. Sie hatte diesen Namen ihrem Vater vorgeschlagen.

Vier Wochen später liefen Raimundo Guepardo und Alfredo Kittna erstmals zum Heimspiel der 2. Mannschaft gegen Club Atletico Banfield auf den Platz. Es war zwar nicht das La Bombonera mit 40,000 Zuschauern, sondern nur das Ausweich- und Trainingsstadion am Rande von La Boca, in das sich etwa 600 Zuschauer verirrt hatten, aber es war für die beiden Graf-Spee-Soldaten die Erfüllung eines monatelangen Wunschtraums. Seit dem Auslaufen der Admiral Graf Spee aus ihrem Heimathafen Wilhelmshaven waren etwas mehr als zwölf Monate vergangen. Das letzte Ligaspiel, was die beiden Freunde in Deutschland bestritten hatten, lag nun schon fünfzehn Monate zurück, die fußballerische Durststrecke war nur durch das Freundschaftsspiel im Januar unterbrochen worden. Jetzt ging es los.

Ein richtiger Traum war am Vormittag des samstäglichen Spieltages für Raimund in Erfüllung gegangen. Bevor er mit Genehmigung des Werftbesitzers direkt zum Sportplatz fuhr und der Vormittagsschicht in der Werft fernbleiben durfte, erschien Juanita in seinem Gästezimmer mit einem kleinen Geschenk, das sie zunächst hinter ihrem Rücken verbarg.

"Was ist es?" fragte Raimund überneugierig, denn es war das erste Mal, dass Juanita mit einem geheimnisvollen Geschenk bei ihm erschien.

Juanita hatte das fröhlichste Lächeln im Gesicht, das Raimund je gesehen hatte. "Mit besten Glückwünschen von uns allen", sagte sie schließlich, brachte ihre Arme nach vorn und hielt ihm ein blaues Fußballtrikot mit breitem gelben Bruststreifen entgegen. Dann drehte sie es um. "Es hat bereits Deine Nummer 8 auf dem Rücken. Ich habe sie selber aufgenäht."

Raimunds Knie gaben unter ihm nach, er musste sich auf die Bettkante setzen. Dann griff er zu dem Trikot, betrachtete es von allen Seiten und schüttelte seinen Kopf.

Zwei Tränen drückten sich zu Juanitas großer Überraschung aus seinen Augenwinkeln. "Guepardo, was ist los mit Dir?" Juanita war total verwirrt.

Raimund schüttelte immer noch mit seinem Kopf, dann schaute er ihr von unten ins Gesicht. "Du wirst es nicht glauben, aber ich habe vor neun Monaten total erschöpft im Maschinenraum der Admiral Graf Spee sitzend schlafend davon geträumt, dass eine wunderschöne, schwarzhaarige Frau mir ein blau-gelbes Trikot überreicht und "Jetzt spiel für mich" sagt." Er atmete zweimal ganz tief ein und aus. "Und genau dieser Traum geht in diesem Moment hier in Erfüllung." Er stand auf, umarmte und küsste Juanita lange und innig. "Danke, dass Du in mein Leben getreten bist. Du bist das größte Glück, von dem ich träumen konnte."

Juanita war zutiefst gerührt von Raimunds Erzählung. Dann trat sie einen Schritt zurück, ließ sich das Trikot aushändigen, faltete es zusammen und hielt es ihm erneut hin. "Guepardo, jetzt spiel für mich."

Raimund nahm das Trikot ein zweites Mal entgegen und strahlte sie an. "Das werde ich. Und mein erstes Tor sowie alle folgenden werden Dir gewidmet sein. Mögen es ganz viele werden."

Vor rund 600 Zuschauern trennten sich Boca Juniors II und Atletico Banfield leistungsgerecht 3:3, nachdem das Spiel mit drei Führungswechseln hektisch hin und her gegangen war. Guepardo war tatsächlich erfolgreich und erzielte die zwischenzeitliche Führung zum 2:1 mit einem knallharten, flachen Schuss von der Strafraumgrenze. Da die 1. Mannschaft zeitgleich im weit entfernten Rosario zu einem Auswärtsspiel weilte, waren die Familien Mundo und Marco mit allen Kindern zu Raimunds und Alfreds erstem Punktspiel gekommen und stellten damit rund 2% aller Zuschauer. Das Abendessen beider Familien und ihrer Patenfußballer in der Villa Juan Mundos glich einer privaten Siegesfeier.

Die beiden deutschsprachigen Tageszeitungen der argentinischen Hauptstadt als auch die einheimische Presse berichteten erstaunlich detailliert, aber mit sehr unterschiedlichen Aussagen über das Kriegsgeschehen in Europa, was für Raimund zudem durch die Briefe seiner Eltern und seiner Schwestern zusätzliche Inhalte bekam. Eines stand klar fest und wurde durch eine Karte auf der Titelseite der Deutschen La Plata Zeitung mehr als deutlich zum Ausdruck gebracht. Das Deutsche Reich hatte nur noch einen Gegner: Großbritannien und das britische Empire. Alle übrigen Länder Europas und der Welt waren entweder von der Wehrmacht besiegt und besetzt worden, Verbündete der Achsenmächte oder mehr oder weniger neutral. Zwar wurden die über Monate andauernden Kämpfe der Luftwaffen über England als auch der zunehmende U-Boot-Krieg gegen englische Handelsschiffe entweder als erfolgreicher Überlebenskampf oder als letzter verzweifelter Widerstand Englands dargestellt. Aber es blieb Fakt, dass im Herbst 1940 England und sein weltweites Empire allein im Krieg gegen ein übermächtiges und auf dem Schlachtfeld höchst erfolgreiches Deutsches Reich da stand.

Die Siegeseuphorie hatte auch einen großen Teil der deutschen Kolonie in Argentinien erfasst. Ebenso war sowohl in der veröffentlichten Presse als auch in der argentinischen Politik deutlich zu spüren, dass die Bewunderung der deutschen Erfolge direkte Auswirkungen auf Regierungsentscheidungen und die Behandlung der Besatzungsmitglieder der Admiral Graf Spee hatten. Obwohl mittlerweile über das ganze Land verteilt und bewusst zwischen Offizieren sowie höheren Unteroffizieren mit Portefeuille und Mannschaftsdienstgraden sowie niedrigeren Unteroffiziersrängen aufgeteilt, versuchte die deutsche Botschaft im Zusammenspiel mit dem Speebüro unter dem Kommando der 1. Offiziers Kapitän zur See Kay die militärische Aufsicht und Befehlsgewalt weiter auszuüben. Während die beiden Fußballer durch ihren voll ausgefüllten Arbeits- und Trainingstag hiervon wenig mitbekamen, spotteten Stabsoberbootsmann Hans Mayer als auch Bootsmannsmaat Philipp Maurer oft genug am Kartenspieltisch über Kontrollinitiativen des Speebüros.

"Stellt Euch vor", berichtete Philipp Maurer reichlich erbost, "Das Speebüro verlangt ultimativ von mir eine Zwangsabgabe von meinem argentinischen Lohn fürs Winterhilfswerk. Bei den Soldempfängern wird dies automatisch von der Soldauszahlung abgezogen. Aber die Werft hat einen derartigen Lohnabzug ohne meine vorherige Zustimmung gegenüber dem Speebüro als nicht gesetzeskonform abgelehnt. Jetzt habe ich ein Schreiben bekommen, dass mir eine Frist von einer Woche für die Zahlung gibt und anderenfalls ein Disziplinarverfahren androht."

"Na und?" kommentierte der wesentlich linientreuere Hans Mayer. "Ich habe dem Lohnbüro meine Genehmigung gegeben und habe meine Ruhe." Er schaute die beiden Fußballerkameraden an. "Und wie ist das bei Euch?"

"Ich habe bisher nichts gehört", antwortete Raimund. "Kommt vielleicht noch." Er zuckte mit den Schultern. "Wäre ja nicht so schlimm, fürs Winterhilfswerk zu spenden. Ich denke aber, dass die hohen Herren im Speebüro und in der Botschaft nur abkassieren wollen und das Geld selbst ausgeben. Davon kommt garantiert nicht in Deutschland an."

Das zustimmende Grummeln seiner Mitspieler zeigte an, dass sie, unabhängig von ihrer politischen Position, ähnlich dachten. Insbesondere gegen Kapitän Kay und seine engste Umgebung war das Misstrauen der Graf Spee-Mannschaft von Woche zu Woche gewachsen. Unter der Besatzung war das Gerücht umgelaufen, dass es zwischen dem verstorbenen Kommandanten Hans Langsdorff und seinem 1. Offizier heftige Konflikte um die Selbstversenkung der Admiral Graf Spee und der Rettung der Besatzung nach Argentinien gegeben hatte. Kapitän Kay wäre wohl lieber mit Mann und Maus in einen hoffnungslosen Kampf gefahren und untergegangen. Diese sich nutzlos aufopfernde Position hatte selbst Hans Mayer abgelehnt.

"Ich muss gestehen, es wäre sehr schade gewesen, als Fischfutter zu enden, statt für Boca Juniors Fußball zu spielen", hatte Raimund seine Gefühle zusammengefasst. "Ich bin Kapitän Langsdorff für seine Entscheidung sehr dankbar."

Darauf hob ausgerechnet Hans Mayer seinen Bierkrug. "Lasst uns darauf trinken, dass wir heute hier an diesem Stammtisch sitzen und Karten spielen dürfen. Prost!" Linientreu hin, linientreu her, das eigene Leben war doch für viele Soldaten wichtiger als der so oft beschworene Heldentod.

Über die kühleren Monate des argentinischen Herbstes und Winters bekam Raimund trotz seiner täglichen Fußballtrainingseinheiten zweimal pro Woche Tangotanzunterricht sowohl von Annarosa und Juanita. So hatte er sich innerhalb des Jahres seit seinen ersten vorsichtigen Schritten am Weihnachtfest 1939 zu einem ganz passablen Tänzer entwickelt.

Am 14. Dezember 1940 endete die Spielzeit für die zweite Mannschaft mit einem Heim-Unentschieden gegen dem Lokalrivalen von Independiente. Guepardo hatte die letzten zwölf Spiele der dreißig Spieltage langen Saison mitgemacht und dabei sieben Tore geschossen. Er war zufrieden mit sich, noch wichtiger war, dass der Trainer zufrieden mit ihm war und ihn als Stammspieler für die kommende Saison, die im April starten würde, einplante.

"Bis zum Sommer spielt ihr garantiert nur in der Zweiten", hatte Juan Mundo den beiden deutschen Marinesoldaten erklärt. "Wenn wir am nächsten Wochenende mit unserer ersten Mannschaft Independiente schlagen und endlich wieder die Meisterschaft gewinnen, wird man uns noch stärker unter die Lupe nehmen, was weitere Verstärkungen angeht. Also sind wir sehr vorsichtig. Ihr müsst erst langsam bekannter werden, die gegnerischen Mannschaften müssen von Euch gehört und gegebenenfalls mit deren Zweiten gegen Euch gespielt haben. Dann überlegen wir vor der Rückrunde neu."

Das war eine klare Aussage. Auch Raimund und Alfred wollten jegliches Aufsehen vermeiden und plötzlich mit ihrer Herkunft in den Zeitungen stehen. Das hätte dann vermutlich sehr unangenehme Fragen und Untersuchungen seitens der Behörden und des Fußballverbandes ausgelöst.

Müde vom Spieltag kehrte Raimund in sein Gastdomizil zurück. Jetzt lag eine mehr als drei Monate pflichtspielfreie Phase vor ihm, in der erst einmal für acht Wochen nur freiwilliges Training angeboten wurde. Was sollte er mit der vielen Freizeit anfangen?

Sein Mannschaftskollege Alfred hatte sich bereits eine Alternative organisiert. "Ich habe mir die Erlaubnis geholt, in der Leichtathletikabteilung von Racing zu trainieren. Ich will meine Sprintzeiten über 60, 100 und 200 Meter verbessern. Wer weiß, vielleicht starte ich auch bei den regionalen Meisterschaften."

Raimund Frage an sich selbst, was er mit der vielen Freizeit anfangen sollte, wurde bereits am selben Abend beantwortet. Er hatte gerade sein Abendessen in der Küche beendet, als Juanita überraschenderweise zu ihm kam. "Meine Mutter möchte, dass Du unverzüglich in ihren Tanzsaal kommst!"

Das klang eindeutig nach einem Befehl. Raimund war gerade fertig mit seinem Essen, legte das Besteck auf den Teller und brachte diesen zur Spüle. "Jetzt sofort?"

"Ja. Ist wohl dringend."

"Dann bin ich aber gespannt." Raimund folgte seiner Geliebten quer durch die Villa in den verspiegelten Tanzsaal.

"Mein heißgeliebter Göttergatte", begann Annarosa ohne weitere Begrüßung ihre Worte an Raimund mit recht aufgebrachter und schriller Stimme, "hat mir soeben beim Abendessen verkündet, dass er zum Neujahrstanzturnier nicht in Buenos Aires, sondern in Uruguay sein wird."

Raimund schaute Juanitas Mutter mit verständnisvollem Blick an, obwohl er den Sinn ihrer Worte nicht im mindesten erfasst hatte. Er hatte nur die Worte 'mein heißgeliebter Göttergatte' registriert, von denen jeder in der Industriellenvilla wusste, dass sie höchste Alarmstufe bedeuteten. Der Haussegen hing mal wieder tüchtig schief.

Annarosa Mundo erkannte, dass Raimund nicht im Geringsten verstanden hatte, warum diese Nachricht so aufregend war. "Muss ich Dir anscheinend erklären: unsere Familie hat seit vielen Jahren die Patronatschaft über das große Neujahrstanzturnier hier in La Boca. Das Turnier ist eines der vier großen Tangowettbewerbe in Argentinien, für mich als Schirmherrin eines der wichtigsten gesellschaftlichen Ereignisse im Jahr. Da muss ich einen Begleiter aus der Familie haben und kann nicht irgendeinen Miet-Profi an meiner Seite haben. Zudem muss dieser Begleiter im Rahmen des Turnierablaufs mit mir zwei Tangotänze ausführen. Allein, wir haben das ganze Parkett für uns allein. Juan ist ein ganz passabler Tangotänzer für sein Alter und hat diese Aufgabe immer ganz ordentlich ausgefüllt. Aber jetzt ist er nicht da."

"Und nun?" Mir war immer noch schleierhaft, was die Dame des Hauses von mir wollte.

Annarosa Mundo machte drei schnelle Schritte vorwärts und stand damit unmittelbar vor Raimund. Sie grinste ihn mehrere Sekunden stumm, aber sehr diabolisch an. "Guepardo wird meinen Mann würdig ersetzen. Bist ja ein immigrierter Neffe aus der Familie. Deine Fußballsaison ist zu Ende, also können wir die freie Zeit am Nachmittag durch ein ordentliches Tangotraining ersetzen. So geschickt, wie Du Dich bisher angestellt hast, kann ich mich bestimmt mit Dir am 11. Januar auf dem Parkett sehen lassen. Ist doch was Feines für die Lokalpresse: 'Annarosa Mundo und Guepardo - der Halbstürmer auf dem Parkett'." Annarosa trat noch einen halben Schritt vorwärts, griff mit einer Hand an seinen Hinterkopf, zog diesen an sich heran und gab Raimund einen Kuss mitten auf den Mund.

Juanita stand einen halben Meter neben ihm und wurde nicht eifersüchtig. Nein! Sie begann herzhaft zu lachen! "Das werden harte Trainingswochen", brachte sie immer noch lachend hervor, während Annarosa wieder einen Schritt zurück machte.

"Auch für Dich, meine Liebe", antwortete ihre Mutter klar und deutlich. Dann musste auch sie lachen. "Ich würde gerne die Veranstaltung für eine kleine Provokation nutzen."

"Und wie?" Wir waren beide neugierig geworden.

"Ihr begleitet mich beide zu dem Turnier. Den Eröffnungstanz gestalte ich mit Guepardo. Aber den Abschlusstanz zwischen Siegerehrung und Preisverleihung und der Eröffnung des allgemeinen Tanzparketts würde ich gern mit Dir machen. Mutter und Tochter, aber noch wichtiger: zwei Frauen." Annarosa holte tief Luft. "Ich bin vor einiger Zeit von einer Freundin per Zufall in ein Tanzlokal eingeladen gewesen, das ausschließlich von Frauen besucht wurde. Ich kann Euch sagen, die heißesten Tangos, die ich je gesehen habe, wurden von zwei Frauen getanzt. Absolut hemmungslos erotisch."

"Und da komme ich dann als Versuchskaninchen ins Spiel?" Juanita gab nicht zu erkennen, ob sie von dieser Idee geschockt oder positiv gereizt war.

"Lass es uns ausprobieren. Wenn es uns Spaß macht, machen wir das. Sonst muss Guepardo ein zweites Mal ran."

Mit Annarosas Trainingsanordnung musste sich Raimund für die nächsten dreieinhalb Wochen über seine Freizeitgestaltung keine weiteren Gedanken machen. Der verspiegelte Übungssaal ersetzte den Fußballplatz. Trainingsfrei gab es nur am kommenden Samstag, wenn das letzte, entscheidende Meisterschaftsspiel zwischen Boca Juniors und Independiente in La Bombonera anstand, an Weihnachten und an Silvester, wenn die traditionelle große Jahresabschlussparty in der Industriellenvilla stattfand.

Drei Tage vor Weihnachten bekam Raimund zum ersten Mal ein Päckchen aus der Heimat. Es war über fünf Wochen unterwegs gewesen und hatte seinen Weg über Spanien und die Kanarischen Inseln nach Buenos Aires genommen. In dem Paket lagen fünf Briefe von seinen Eltern, seinen beiden Schwestern und seinem jüngeren Bruder, der sich bei Kriegsausbruch freiwillig zur Waffen-SS gemeldet und als erste Kriegserfahrung den Frankreichfeldzug mitgemacht hatte. Als besonderen Weihnachtsgruß hatte seine Mutter einen traditionellen Christstollen nach dem Rezept seiner Großmutter in das Paket gepackt, der in zwei Handtücher verpackt den Posttransport tatsächlich unbeschädigt und nicht ausgetrocknet überstanden hatte.

Die Briefe, die Raimund gierig nacheinander verschlang, berichteten von einem siegreichen, in Altona und Hamburg nahezu friedlichen Deutschen Reich. Sie strotzten vor Führerbegeisterung und Optimismus und gaben ihrer Hoffnung Ausdruck, dass auch ihr Sohn und Bruder aufgrund des totalen Sieges über ein kapitulierendes England das nächste Weihnachtsfest wieder in Deutschland feiern konnte.

Raimund ging in den Garten der Villa und ließ den Inhalt der Familienbriefe langsam sacken. Es war in der Tat so: das Deutsche Reich stand nur noch mit England und dem britischen Empire im Krieg, das Kriegsgeschehen spielte sich nahezu ausschließlich zwischen den beiden Luftwaffen über England und auf hoher See ab. Zudem wusste Raimund noch aus der Zeit vor dem Auslaufen der Admiral Graf Spee, dass die Kriegsmarine im kommenden Jahr mit der 'Bismarck' und der 'Tirpitz' zwei riesige Schlachtschiffe zum Einsatz bringen würde, denen die Royal Navy nichts ebenbürtiges entgegensetzen konnte. Die Briefe seiner Familie sprühten nur so vor Optimismus, dass der Krieg im kommenden Jahr mit einem englischen Waffenstillstandsangebot enden und das Deutsche Reich siegreich über Europa herrschen würde.

Lediglich der Brief seines Vaters klang anders. Er berichtete stolz über die extrem positive Auftrags- und Ergebnislage der massiv erweiterten Maschinenfabrik in Altona und der neuen Gießerei in Brunsbüttel. "Wir profitieren ganz eindeutig von diesem Krieg", kommentierte er diesen Punkt. "Wir haben Arbeit ohne Ende und verdienen dabei richtig gut; einfach gesagt: 'Arbeit lohnt sich wieder in diesem Land'." Aber in seinem Brief klangen auch nachdenkliche Töne durch. "Meine beiden Söhne und meine beiden Schwiegersöhne tragen unsere Uniform. Du bist nun der Erste, der dem Frontgeschehen entzogen worden ist und fern der Heimat ein merkwürdiges Internierungsdasein erlebt. Wer weiß, welches Schicksal den anderen Männern und damit ihren Familien droht, wenn diese nicht so viel Glück haben und ihren Einsatz fürs Vaterland tot oder nur verstümmelt überstehen? Ich habe den Großen Krieg und seine Folgen noch nicht vergessen. Sieger und Besiegte gab es in der großen Politik. Aber unter uns einfachen Soldaten, egal ob in Deutschland, England, Frankreich oder Belgien, gab es eigentlich nur Verlierer."

Zurück in seinem Zimmer holte er noch einmal die Briefumschläge hervor und wunderte sich. Da die Briefe ziemlich versteckt im Paket untergebracht waren, trug keiner irgendeinen Zensurstempel. Also hatte auch niemand den nachdenklichen Brief seines Vaters gelesen. Raimund war sich sicher, er hätte sonst Probleme mit den Polizeibehörden bekommen.

Der 22. Dezember 1940 entpuppte sich als echter Großkampftag. Das ausverkaufte La Bombonera vibrierte regelrecht unter der mehr als lautstarken Begeisterung der Boca-Fans. Am letzten Spieltag entschied sich die argentinische Fußballmeisterschaft mit dem Heimspiel zwischen Boca Juniors und Independiente. Das Spiel war wahrhaftig spektakulär und endete 5:2, was Boca Juniors die zwölfte Meisterschaft in seiner Geschichte sicherte. Raimund und Alfred saßen mit den anderen Spielern der zweiten und der älteren Jugendmannschaften auf der neunzig Minuten lang vibrierenden Tribüne oberhalb der eigenen Mannschaftsbank und waren bei Spielende praktisch taub.

"Hast Du je einen derartigen Wahnsinn erlebt?" brüllte Raimund seinem Freund und Mitspieler auf 10 Zentimeter Entfernung ins Ohr, damit dieser überhaupt etwas hören konnte. Um sie herum tobten die Begeisterungsstürme der Zuschauer, die den Spielern, die mit dem silbernen Meisterschaftspokal eine sehr langsame Ehrenrunde drehten, enthusiastisch zujubelten.

Alfred zuckte nur mit seinen Schultern. "Das ist das Irreste, was ich je in einem Fußballstadion erlebt habe. Ist wohl nicht zu steigern."

Raimund und Alfred schlugen sich gegenseitig auf die Schultern. "Wäre schön, wenn wir in den kommenden Jahren auch da unten auf dem Platz stehen könnten."

Die beiden deutschen Fußballspieler sahen sich am zweiten Weihnachtsfeiertag im Kreis ihrer Patenfamilien wieder. Juan und Annarosa Mundo hatten in diesem Jahr ausschließlich Familienmitglieder eingeladen. Trotzdem zählte die Gesellschaft einschließlich der Kinder einunddreißig Teilnehmer. Raimund und Alfred auf der einen Seite und die gleichaltrigen Kusinen Juanita und Ernesta auf der anderen Seite hockten nahezu ungestört zu viert zusammen und unterhielten sich prächtig.

"Alfred will die Trainingspause bei Boca Juniors dafür nutzen, bei uns im Verein Leichtathletik zu trainieren", berichtete Ernesta einen Vorgang, den Raimund bereits kannte. "Ich glaube, das kann für ihn eine ganz neue und positive Erfahrung werden."

"Was hast Du denn damit zu tun?" fragte Juanita erstaunt, deren eigene Sportbegeisterung sich neben der familiären Pflichtbegeisterung für die blau-gelben Fußballmannschaften aufs Tanzen und Reiten konzentrierte.

"Ich mache seit mehr als einem Jahr selbst Leichtathletik", erläuterte Ernesta stolz. "Allerdings nicht Sprint, wie Alfredo, sondern ich laufe Mittelstrecken, 400 und 800 Meter."

"Du kannst zwei Stadionrunden Tempo laufen?" Juanita war beeindruckt. "Ich würde nach einer Runde tot umfallen."

"Alles eine Frage des Trainings. Mir macht es so viel Spaß, dass ich mir in meinen Stundenplan an der Universität vier Trainingseinheiten pro Woche eingeplant habe."

"Alle Achtung." Raimund schaute seinen Freund und Mitspieler an. "Und Ernesta nimmt Dich jetzt in den kommenden Wochen mit zum Training?"

"Genau", grinste Alfred zurück. "Auch wenn wir verschiedene Trainer haben. Aber wir fahren zusammen ins Stadion und wieder nach Hause."

"Dann passe mal bloß auf, dass wir Dich nicht an die Aschenbahn verlieren."

Alfred lachte. "Wird schon nicht passieren. Aber wenn ich in beiden Sportarten Erfolg haben kann, nehme ich das gerne mit."

"Was heißt für Dich Erfolg im Sprint?"

"Ich bin hoffentlich schnell genug, um Anfang März bei den Leichtathletikmeisterschaften zu starten. Vorher muss ich mich bei den Bezirksmeisterschaften in Buenos Aires qualifizieren. Aber der Trainer sagt, dafür bin ich auf alle Fälle schnell genug."

Überhaupt drehte sich die weihnachtliche Unterhaltung fast ausschließlich um sportliche Aktivitäten. "Habt ihr beiden je in Eurem Leben ein Rugbyspiel gesehen?" fragte plötzlich Ernesta.

"Nein", antworteten die beiden Fußballer wie im Chor. "Was ist das?"

"Ein Mannschaftsspiel mit zweimal fünfzehn Mann, sehr temporeich und ziemlich hart. Geht über zweimal vierzig Minuten. Kommt aus England, aber hier in Argentinien gibt es einige hervorragende Mannschaften.

"Kann man das sich irgendwo mal als Zuschauer ansehen?" Raimund und Alfred waren neugierig geworden. Sie kannten aus ihrer Heimat Handball, sowohl auf dem Großfeld wie im Fußball als auch mit kleineren Mannschaften in der Halle. Aber Rugby war ihnen vollständig unbekannt.

Unser Leichtathletikverein hat eine eigene Rugbymannschaft, die in der zweiten argentinischen Liga spielt. Die Spiele beginnen Ende Januar. Da können wir gern mal zusammen hingehen."

So verabredeten die vier sich zu einem gemeinsamen Besuch eines Rugbyspiels, was zumindest für Alfred zu einer verführerischen Alternative zum Fußball werden sollte.

Eine halbsportliche Zusatzvereinbarung trafen die vier noch für das fünf Tage später stattfindende große Silvesterfest an gleicher Stelle.

"Ich habe mal vor einigen Monaten zwei Tango tanzende Paare gesehen, die im fliegenden Wechsel immer wieder ihre Partner getauscht haben", berichtete Juanita. "Guepardo und ich würden das gern mit Euch beiden ausprobieren, nachdem ich mitbekommen habe, dass Du Deinem Fußballer ebenfalls Tanzunterricht gibst." Sie schaute wechselweise Ernesta und Alfred an.

Das angesprochene Paar war im ersten Moment etwas zurückhaltend, kam dann aber mit einem konstruktiven Vorschlag. "Können wir das nicht an den beiden Wochenendnachmittagen vor Silvester im Tanzsaal Deiner Mutter ausprobieren?" Ernesta schaute immer noch skeptisch drein. "Ich möchte mich ungern vor den ganzen Leuten blamieren und uns auslachen lassen."

"Ausgemacht. Die Fußballsaison ist zu Ende und wir beide arbeiten wegen des Sports nie an einem Samstag. Ganz großer Vorteil unseres geteilten Lebens." Die beiden Fußballerfreunde schauten sich an und nickten. "Mal was anderes."

So standen Raimund, Juanita, Alfred und Ernesta bereits zwei Tage später in Annarosas Tanzsaal, die es sich natürlich nicht hatte nehmen lassen, den versuchsweisen Übungsstunden als Trainer beizuwohnen.

Annarosa muss wohl mit den Trainingserfolgen ganz zufrieden gewesen sein, denn am frühen Silvesterabend ging sie auf die Bühne, nahm das Mikrophon der Band und unterbrach die wie einen Bienenschwarm brummende Geräuschkulisse der sich intensiv unterhaltenden über einhundert Gäste, die um die Terrasse und im Garten der Villa verteilt herum standen.

"Ich habe gleich mehrere Ankündigungen zu machen", übertönte sie die gesamte Geräuschkulisse. "Erstens sind unsere Barbecue-Meister in einer halben Stunde so weit, dass sie alle zum warmen und kalten Büffet hier an der linken Seite der verlängerten Terrasse eingeladen sind." Die Ankündigung des typisch argentinischen Abendessen mit viel Fleisch und genauso viel Salaten wurde mit spontanem Applaus bedacht. Der Silvesterabend hatte noch ein paar Stunden vor sich und dafür brauchte man eine gute Grundlage. "Zweitens", setzte Annarosa fort, "haben wir für den langen Abend heute ab neun Uhr durchgehend Tanzmusik zur Verfügung. Damit alle Anwesenden bereits jetzt motiviert werden, die Tanzfläche auf unserer Terrasse zu nutzen, eröffnen wir dieselbe mit einer besonderen Tangovorführung aus unserer Familie: meine Tochter Juanita, meine Nichte Ernesta Marco und die Spitzenstürmer der zweiten Mannschaft von Boca Juniors Guepardo und Alfredo Kittna, die in der kommenden Spielzeit mit ihrer Eleganz und Beweglichkeit hoffentlich ihren Beitrag zur Titelverteidigung leisten werden."

Der größte Teil der anwesenden Gäste folgte den Mannschaften von Boca Juniors mit derselben Leidenschaft wie die Familien Mundo und Marco. Entsprechend groß war der Applaus.

Annarosa hatte die zwei Tanzpaare erst eine Viertelstunde vor ihrer Ankündigung über ihre Absicht informiert. Entsprechend nervös kamen die beiden Paare auf die Tanzfläche, die gut einen dreiviertel Meter über dem Garten lag und deshalb von so gut wie jedem hervorragend einsehbar war. Mit den ersten Musiktakten eines populären Tango Argentino ging ein sichtbarer Ruck durch alle vier und sie absolvierten ihren Tango Quattro, wie sie ihn genannt hatten, mit viel Schwung und kollisions- und stolperfrei auch in den fliegenden Partnerwechseln. Annarosa hatte in den wenigen Trainingstagen choreographisch gute Arbeit geleistet. Wie bei einer professionellen Performance verbeugten sich die beiden Paare nach der zweiten Tanznummer. Damit ging der Abend in den zunächst wichtigsten Teil über: das Büffet.

Die beiden Tangopaare zogen sich zunächst in Annarosas Tanzsaal zurück, um sich wieder in normale Abendgarderobe zurückzuverwandeln.

"Ich fand den Auftritt wunderbar", schwärmte Juanita aus ganzen Herzen."

"Ich auch", ergänzte Ernesta. "Auch wenn mir am Anfang das Herz vor Aufregung bis unter die Kinnlade schlug. Ich habe noch nie vor fremden Leuten eine Showtanzeinlage gemacht."

"War in der Tat eine vollkommen neue Erfahrung", bestätigten die beiden Männer. "Auch wenn wir ein wenig Publikum gewohnt sind. Aber der Fußballplatz ist etwas anderes als das Tanzparkett."

"Können wir das nicht öfters machen?" fragte plötzlich Juanita, griff nach Raimunds Arm und lehnte sich an ihn an. "Wir könnten am Wochenende nach Euren Spielen gemeinsam in die großen Tangopaläste gehen. Nur zu unserem Vergnügen. Ernesta und ich sind alt genug. Und ihr beiden seid für unsere Eltern sicher vertrauenswürdig genug, um mit uns auszugehen." Sie schaute nacheinander ihre drei Mittänzer an.

"Mehr als gerne", pflichtete ihr ihre Kusine bei. "Ich träume seit Jahren davon, ohne Elternaufsicht samstagabends tanzen zu gehen. Ich glaube, dies ist unsere Chance."

Der euphorische Sturm der beiden jungen Frauen motivierte auch die beiden jungen Männer. "Was müssen wir dafür tun?"

"Wir gehen noch heute Abend gemeinsam zu unseren Eltern und holen uns deren Erlaubnis. Wenn wir geschlossen auftreten, wird die uns bestimmt nicht verweigert."

Drei Stunden später, das Büffet war ziemlich geplündert, die Tanzfläche gut bevölkert und Gastgeber wie Gäste unterhielten sich prächtig, nahmen sie ihr Vorhaben in Angriff. Juan Mundo grummelte erst, aber widersprach seiner Ehefrau nicht, die praktisch an seiner Statt die Erlaubnis erteilt. Mit dieser Erlaubnis im Rücken konnten auch Leonardo und Hildegard Marco keinen Widerstand leisten. Die einzige, aber sehr hilfreiche Bedingung stellte der Werftbesitzer. "Mein Chauffeur wird Euch zu Euren Tanzvergnügen fahren und Euch dort zu einer vereinbarten Zeit abholen. Das gewährleistet Euch den sicheren Transport und nötigt Euch nicht, irgendwelche wilden Taxifahrer zu nutzen."

Um Mitternacht wurde der Beginn des neuen Jahres 1941 lautstark und mit alle Herzlichkeit begrüßt. Raimund, Alfred, Juanita und Ernesta standen nach zahlreichen Umarmungen und Glückwünschen mit der großen Zahl anwesender Familienmitglieder zusammen und bewunderten das kleine Feuerwerk, das am hinteren Ende des Gartens entzündet wurde.

Raimund hob sein frisch aufgefülltes Sektglas - der argentinische Sekt aus Mendoza schmeckte vorzüglich - und prostete den anderen zu.

"Neujahr 1939, 1940, 1941, wie unterschiedlich dieser Tag mit jeweils einem Jahr Abstand sein kann. Ich hoffe, dass in den nächsten zwölf Monaten wieder Friede auf der Welt einkehrt und wir in offizieller Freiheit ohne Beschränkungen wieder miteinander feiern können."

"Hört, hört", stimmte Alfred mit ein, "wir wünschen uns zusammen Glück und Frieden." Die vier Gläser stießen klingend zusammen und jeder nahm in einem kurzen, stummen Augenblick einen Schluck aus seinem Glas. Dabei ließ jeder von seinem geistigen Auge eine kleine, persönliche Wunschliste auftauchen, die nicht unterschiedlicher sein konnte.

Das Tango-Neujahrsturnier am 11.Januar 1941 wurde, wie in den Vorjahren, zum gesellschaftlichen Höhepunkt für Annarosa Mundo. Die sommerliche Trainingspause auf dem Fußballplatz hatte Raimund die Gelegenheit gegeben, Annarosas Verlangen nach täglich zwei bis zweieinhalb Stunden Tanztraining nachzukommen. Zudem beteiligte sich Juanita an diesen Tanzstunden mit ähnlichem Eifer, was für Guepardo den reizvollen Nebeneffekt hatte, beim Einmarsch in die Turnierhalle die Mutter am rechten Arm und die Tochter am linken Arm führen zu können. Er war speziell für dies Ereignis von Annarosa komplett neu eingekleidet worden und fühlte sich trotz einer gewissen Nervosität sauwohl. Der Eröffnungstanz zwischen Annarosa und Raimund gelang ohne große Fehler und wurde mit viel Applaus bedacht. Dann kämpften für weit mehr als eine Stunde die professionellen Paare um den Siegerpokal und was vermutlich noch begehrter war, die Siegprämie.

Beim anschließenden öffentlichen Tanz des Publikums war Guepardo ein begehrter Tänzer und wurde von Annarosa auf wichtige, auf ihn wartenden Frauen hingewiesen. "Ist sicherlich nicht schlecht für Dich, wenn Du diese Frau etwas näher kennenlernst", forderte sie ihn mehrfach auf und gab immer eine kleine Hintergrundgeschichte dazu. Auf der Heimfahrt bekam dann Raimund von Juanita das Ergebnis ihrer menschlichen Buchhaltung: "Das waren neben meiner Mutter acht Tänze mit den unterschiedlichsten Tanzpartnerin. Und nur zwei Tänze mit mir! Du bist jedes Mal von Dir aus auf die Damen zugegangen und hast sie aufgefordert. Ich konnte dann zuschauen."

Der vorwurfsvolle und durchaus eifersüchtige Ton in Juanitas Stimme war nicht zu überhören, aber ihre Mutter, die ihr in der Limousine gegenüber saß, mischte sich sofort ein. "Der heutige Abend war eine dienstliche Veranstaltung für Guepardo, meine Liebe. Er war als mein offizieller Begleiter engagiert, hat Deinen Vater vertreten, der lieber mit jungen uruguayischen Hafenmädchen rummacht als hier seinen Pflichten an meiner Seite nachzugehen, und hat in brillanter Weise seine Aufgabe erfüllt." Sie schaute zwischen den beiden hin und her. "Ich habe eine Idee. Kommt morgen um 17 Uhr in mein Tanzstudio. Ich möchte Euch ein wenig belohnen."

Damit war der sich langsam aufbauende Eifersuchtsstreit bereits im Keim erstickt. Aber Juanita und Raimund hatten aus Annarosas Worten deutlich bestätigt bekommen, dass die Ehe von Juanitas Eltern nicht nach streng christlichen Regeln ablief. Trotzdem war Juanita so verärgert, dass sie nach ihrer Heimkehr in ihr Zimmer ging und sich nicht mehr zu Raimund in den Gästetrakt schlich. Entsprechend betroffen schlief Raimund mit den wilden Eindrücken des Abends allein ein und durchlebte eine sehr stürmische Traumnacht.

Juanita und Raimund waren pünktlich in Annarosas Tanzstudio, nicht wissend, was diese nun tatsächlich geplant hatte. Überraschenderweise erschien sie in einem fast bodenlangen, seidenen Morgenrock mit Ballerina-Schuhen, also erkennbar nicht zum Tanzen vorbereitet.

"Da ihr mit Euern Freunden mehr oder weniger regelmäßig Tanzvergnügungen nachgehen wollte, wollte ich Euch gern noch ein paar Empfehlungen geben", begrüßte sie die beiden und begann tatsächlich einen etwa halbstündigen Tanzunterricht.

Nachdem Juanita und Raimund sich mit viel Freude und Elan gut warm getanzt hatten und tief durchatmend gegenüber standen, beendete Annarosa den Unterricht, trat zu ihnen hinzu und umarmte beide. "Ihr seid ein wirklich gut anzusehendes Paar geworden", beglückwünschte sie beide und drückte ihnen jeweils einen Kuss auf die Wange. Dann schaute sie Raimund direkt an. "Meine Tochter und ich haben ein sehr offenes Verhältnis. Wir reden über alles, wirklich alles. Und das macht Juanita hoffentlich das Leben leichter." Raimund guckte etwas verständnislos, denn er wusste im Moment nicht, worauf Juanitas Mutter hinaus wollte. "Wir beide haben in diesem Raum sehr schönen und befriedigenden Sex gehabt", setzte Annarosa fort. "Und ich weiß, dass ihr beide ebenfalls sehr schönen und Euch befriedigenden Sex habt." Sie nickte zweimal. "Das ist in dieser Stadt der feurigen Liebe auch normal, wenn man bestimmte Regeln berücksichtigt." Mit diesen Worten drückte Annarosa das junge Liebespaar noch einmal eng an sich, trat dann einen halben Schritt zurück und öffnete den Gürtel ihres Morgenrocks. Sie war splitterfasernackt. "Ich möchte Euch beide für den gestrigen Abend so belohnen, wie es der herausfordernd erotische Tango provoziert: mit einem orgasmusreichen Dreier, hier im verspiegelten Tanzsaal." Jetzt lächelte sie mit ihrem vergleichlichen, diabolischen Lächeln und wiederholt ihre Umarmung und ihre Küsse. "Habt ihr Lust?"

Raimund und Juanita schauten sich kurz an und nickten.

"Wo und wie?" fragte Juanita ganz direkt. Raimund registrierte flüchtig, dass Mutter und Tochter anscheinend nicht zum ersten Mal in körperlich-sexuellen Kontakt kamen. Im Gegenteil, sie gingen ziemlich selbstverständlich miteinander um.

"Wir ziehen die Chaiselongue ein wenig vor, so das sie voll in den Spiegeln zu sehen ist", schlug Annarosa vor. Dann gehen wir beide in die von uns allen geliebte 69er Position und Guepardo hat an beiden Ende freies Schussfeld. Einziges Tabu: deine Pussy. Die bearbeite nur ich oder wenn Guepardo will auch er mit dem Mund. Alles andere ist erlaubt und zugänglich."

Juanita klatschte vor Freude in ihre Hände. "Das hört sich geil an. So etwas habe ich noch nie ausprobiert."

"Dann wird es Zeit", lachte Annarosa zurück. "Harmonische Dreier sind so ziemlich das Beste, was man sich schenken kann." Sie trat zwei Schritte zurück und ging zu dem angesprochenen, mit rot-violettem Samt bezogenen Möbelstück. "Packt mal mit an!"

Innerhalb weniger Sekunden war die Chaiselongue in die richtige Position gebracht. "Ich lege mich auf meinen Rücken und Juanita kommt über mich", ordnete Annarosa an; die beiden Frauen brachten sich umgehend in Position und begannen, sich mit Händen, Mündern und Zungen zu liebkosen. "Komm her Guepardo", rief Annarosa als nächstes. "Stell Dich an Juanitas Kopfende und gib ihr Deinen Schwanz in den Mund, damit wir Dich schön einsatzfähig bekommen."

Auch dieser Anweisung kam Raimund unverzüglich und voller Vorfreude nach. Während seine junge Geliebte ihn mit ihren vollen, sanften Lippen, ihrer Zunge und ihrem Mund sehr schnell emporwachsen ließ, spielte sie mit ihren Fingern an beiden Eingängen ihrer unter ihr liegenden Mutter, massierte ihre Schamlippen, Klit und Rosette und machte sie aufnahmebereit. Parallel leistete Annarosa bei ihrer Tochter anscheinend hervorragende Arbeit, denn Juanita wurde schnell unruhig und brummte tief und wollüstig mit ihrem vollen Mund.

Plötzlich entließ Juanita Raimunds bestes Stück aus ihrem Mund, so dass sein jetzt praller Schwanz regelrecht aufwärts wippte. "Vorne oder hinten?" fragte sie ans andere Ende der Chaiselongue.

"Erst vorn weich und feucht ficken, dann hinten voll rein", antwortete Annarosa gedämpft zwischen Juanitas Schenkeln und presste ihre Zungenspitze in ihre Pussy.

Juanita griff nach seinem Schwanz, dirigierte seine dunkelrot angeschwollene Eichel an die richtige Stelle, strich zweimal der Länge nach durch die offenen Schamlippen und erteilte ihm dann die richtige Anweisung: "Jetzt!"

Mit einer Bewegung, ohne irgendein enges Hindernis überwinden zu müssen, drang Raimund bis zum Anschlag in Annarosas teilrasierte Pussy, hielt einen Augenblick inne und begann dann mit langen Fickbewegungen seiner Aufgabe nachzukommen. Juanitas Finger und Hände umspielten seinen Sack und den Schaft seines Schwanzes wie ein enger Ring und steigerten seine Geilheit weiter, während ihr Mund immer wieder versuchte, Annarosas Klit zu erreichen und kurz an ihr zu saugen.

Raimunds Augen wanderten permanent von dem Geschehen direkt unter und vor ihm, das er quasi aus der Vogelperspektive beobachten konnte und dem Spiegel, in dem er die ganze Dreiergruppe, aber insbesondere das lesbische Liebesgeschehen am anderen Kopfende beobachten konnte. "Mein Gott, geht es mir gut!" zuckte es ihm für ein paar Sekunden durch den Kopf. "Zwei derartige heiße Frauen lieben mich ohne Hemmungen." Dann war der klar denkende Teil seines Gehirns endgültig abgeschaltet und er folgte nur noch den Anweisungen und Begierden der beiden Frauen vor und unter ihm.

Annarosa explodierte als erste in einem sie heftig schüttelnden Orgasmus, während Raimund sie unverdrossen weiter fickte. "Jetzt hinten!" stöhnte sie aus ihrer abklingenden Orgasmuswelle. "Und dann absolut hammerhart, bitte."

Raimund kam ihrem Wunsch unverzüglich nach und durchdrang ihren Hintereingang vollständig in drei fordernden Vorstößen. "Dann hammerhart", stöhnte er unter dem starken Druck ihres Schließmuskels entlang seines Schaftes, während sich Juanita hingebungsvoll der nun frei zugänglichen Pussy ihrer Mutter widmete. Trotz des regelmäßigen Trainings mit Juanita war er nun relativ schnell am Point of No Return angelangt. "Ich bin so weit", rief Raimund plötzlich laut als er bereits den ersten Spermaschub den Länge nach durch seinen Schwanz aufsteigen fühlte.

"Dann gib es mir", rief Annarosa noch lauter zurück und kam in diesem Moment ein zweites Mal. Folgsam wie seine Männlichkeit war, folgte sie dem Kommando.

Raimund war so aufgekratzt und von Scheitel bis zur Fußspitze aufgegeilt, dass sein bestes Stück keine Anstalten machte, sich zusammenzuziehen. Als er Annarosas Po verließ, wippte sein Schwanz unverändert in die Höhe, vielleicht nicht ganz so hart wie vorher, aber immerhin.

"Wunderbar", rief Juanita aus, die als Einzige von uns Dreien bisher nicht gekommen war. "Dann kannst Du gleich mit mir weitermachen!"

"Guepardo soll herkommen", rief Annarosa aus ihrer Position. "Ich lecke ihn sauber und ganz hart. Dann bist Du dran!"

Mit ein paar Schritten hatte Raimund seine Position am anderen Ende der Chaiselongue eingenommen. Annarosa hatte ihren Kopf in den Nacken gelegt und ihren Mund weit einladend geöffnet. "Fick mich erst in meinen Mund und Rachen. Ich dirigiere Dich dann zu Juanita, wenn Du so weit bist."

Der Mundfick allein hätte den jungen Mann beinahe zu einer zweiten Explosion gebracht. Auch optisch war das Bild, das sich unter ihm darbot, absolut geil. Annarosas Gesicht war von Juanitas und seinen Liebessäften total verschmiert, ein Anblick, den er in dieser Form noch nie in meinem Leben gesehen hatte. Dann drückte Annarosa ihn nach hinten, griff seinen Schwanz, dirigierte die wieder hammerhart angeschwollene Eichelspitze an Juanitas gut vormassierte Rosette und forderte von ihm den zweiten Arschfickangriff.

Wie gewöhnlich war dieser bei der jungen Neunzehnjährigen etwas mehr Arbeit, aber Juanita und er hatten in dieser Disziplin mittlerweile so viel Erfahrung miteinander, dass es auch hier keine unüberwindlichen Hindernisse gab. Sein erster, spritziger Orgasmus in Annarosas Hintereingang hatte nun den Riesenvorteil, dass er keinen Abspritzdruck mehr verspürte. Raimund konnte das Spiel fast beliebig lang hinauszögern. Durch die fortgesetzte Liebesbehandlung ihrer Pussy und ihrer Klit durch ihre unter ihr liegenden Mutter war Juanitas Lust den gemeinsamen Bemühungen nahezu wehrlos ausgeliefert. Sie wurde mehr als redlich für ihre lange Wartezeit entschädigt und ritt dreimal hintereinander eine heftige Orgasmuswelle ab bis auch Raimund ein zweites Mal über den körperlich-emotionalen Höhepunkt hinweg kam.

Pitschnass geschwitzt und absolut abgearbeitet brachen die drei in Lagen aufeinander zusammen, genossen die abklingenden Lustwellen in ihren Körpern und schnauften tief durch.

"Ihr erdrückt mich", beschwerte sich irgendwann Annarosa aus der untersten Position. "Ich brauche jetzt frische Luft!"

Juanita und Raimund kamen umgehend ihrem Wunsch nach, zogen Annarosa als Letzte aus ihrer Rückenlage in die Höhe und rieben ihre immer noch pitschnass geschwitzten Körper in enger Umarmung aneinander.

"Ihr seid ein wunderbares Paar", wiederholte Annarosa ihre Eingangsworte, drückte uns jeweils einen Kuss auf die Lippen und zog sich dann ihren Morgenrock über. "Ich glaube, wir müssen uns jetzt gründlich säubern."

Der nachmittägliche Dreier wirkte sich in einer überraschenden Form auf Raimunds Tagesrhythmus aus. Er wurde quasi zum vollwertigen Familienmitglied und nahm ab sofort am gemeinsamen Abendessen der Familie teil. Abendessen in der Küche gab es für ihn in Zukunft nur noch dann, wenn er durch Trainingsverpflichtungen am pünktlichen Erscheinen gehindert war. Selbst die Rückkehr des Hausherrn aus Uruguay änderte an dieser Entscheidungen Annarosas nichts. Im Gegenteil, er bekam den Platz direkt neben ihm, so dass er das Tischgespräch durchaus dazu nutzte, um mit ihm über fußballerische oder geschäftliche Angelegenheiten zu sprechen.

Mitte Februar ging das Vorbereitungstraining für die kommende Spielzeit los. Raimunds Freund und Mannschaftskamerad Alfredo Kittna hatte einen zweiwöchigen Aufschub bekommen, sich zur zweiten Fußballmannschaft zurückzumelden. Er startete zunächst am mittleren Februarwochenende über 100 und 200 Meter als auch in der 4 x 100 Meter-Staffel seines Leichtathletikvereins bei den Stadt- und Bezirksmeisterschaften von Buenos Aires. In der Hoffnung, sich für die eine Woche später stattfindenden argentinischen Landesmeisterschaften zu qualifizieren, hatte er auch diese Woche bei Boca Juniors trainingsfrei bekommen. Parallel starte Ernesta Marco über alle Distanzen von 100 bis 400 Meter bei den Frauen.

So pilgerten Juanita und Raimund sowie die gesamte Familie Marco am 15. Februar 1941 an eine wahrhaftig "feindliche" Stätte, dem Stadion El Monumental des fußballerischen Erzrivalen River Plate im benachbarten Stadtteil Belgrano. Alfred war trotz seiner langen Fußballerfahrung unendlich aufgeregt. "Hier kommt es ausschließlich auf einen selbst an", erzählte er uns, als wir uns kurz vor dem ersten Vorlauf über 100 Meter an der Bande um den inneren Stadionring trafen. "Man fühlt sich auf der einen Seite ziemlich einsam auf der Aschenbahn, auf der anderen Seite muss man sich aber nicht auf ein Zusammenspiel konzentrieren. Ist eine total andere Sportwelt." Wir sprachen ihm und Ernesta unsere Unterstützung aus, dann verfolgten wir die Wettbewerbe von unseren Plätzen in dem riesigen Stadionrund, welches vielleicht zu einem Zwanzigstel besetzt war.

Letztendlich war die Stadt- und Bezirksmeisterschaft sowohl für Alfred als auch Ernesta absolut erfolgreich. Alfred wurde über 100 und 200 Meter jeweils Zweiter, Ernesta lief über die für Frauen lange Distanz von 400 Metern mit weitem Abstand zum Sieg, ihre Gegnerinnen brachen nach drei Vierteln quasi erschöpft zusammen, während sie auf den letzten einhundert Metern nicht nachließ und noch vier Läuferinnen überholte. Über 200 Metern war sie aber zu langsam, um sich für die Landesmeisterschaften zu qualifizieren.

"Unsere Tochter hat Biss und Stehvermögen", kommentierte Leonardo stolz. "Wie alle in unserer Familie."

Ein Wochenende später standen an gleicher Stätte die argentinischen Landesmeisterschaften an. Die Ersterfahrung vom Wochenende zuvor hatte anscheinend Alfred zusätzlich motiviert; auf Bahn 3 hatte er alle wichtigen Konkurrenten vor sich, übernahm nach 150 Metern die Führung und gab sie bis zur Ziellinie nicht mehr ab. Der unter seinem fußballerischen 'Künstlernamen' Alfredo Kittna startende deutsche Maschinenobergefreite wurde argentinischer Leichtathletikmeister.

Da eine Stunde später Ernesta ebenfalls den Titel über 400 Meter gewann, waren die ganze Familie Marco, aber auch Juanita und Raimund in einem wahrhaftigen Siegestaumel.

"Es hat mir ungeheuren Spaß gemacht", gestand uns Alfred beim gemeinsamen Abendessen im Haus von Leonardo und Ernesta, wo beide unverändert mit wohnten. "Ich bin gespannt, wie sich meine zusätzlich gewonnene Sprintgeschwindigkeit auf dem Fußballplatz auswirkt. Immerhin bin ich mit nur acht Wochen konsequenten Trainings über 200 Meter mehr als eine halbe Sekunde schneller geworden."

"Ich würde gern eine Lösung finden, wie Alfred sowohl Fußball spielen als auch Leichtathletik machen kann", ergänzte Ernesta später am Abend. "Schau ihn Dir doch an. Der Gewinn der Meisterschaft heute hat einen ganz anderen Menschen aus ihm gemacht."

Ernesta hatte recht. Alfred war in der Mannschaft ein ruhiger Mitläufer, der aufgrund seiner Schnelligkeit im Spiel stets einige große Momente hatte, aber selten im Zentrum des Spiels stand; ein typischer Außenstürmer eben. Auf der Aschenbahn stand er als Sieger zwangsläufig im Zentrum des Interesses. Und es gefiel im sichtlich und hörbar. Er war an diesem Abend ungeheuer aufgekratzt und gelöst.

Der Kartenspiel-Stammtisch von uns vier Werftarbeitern und Admiral-Graf-Spee-Soldaten hatte nach der argentinischen Hochsommerphase wieder seinen Spielbetrieb aufgenommen. Hans Mayer, der von uns vieren unverändert den engsten Kontakt zur internierten Schiffsleitung auf der im La Plata-Delta liegenden Isla Martin Garcia und zum Speebüro in Buenos Aires hatte, berichtete jede Woche von den Vorgängen innerhalb der Schiffsbesatzung.

"Mein Eindruck ist, dass Kapitän Kay und die Stabsoffiziere mit Unterstützung der Botschaft unverändert versuchen, die Kommandogewalt über die im ganzen Land verstreuten Besatzungsmitglieder aufrecht zu erhalten", kommentierte er an einem Märzabend, den wir kartenspielend im Biergarten verbrachten. "Aber umgekehrt wollen die Soldaten in Rosario oder Mendoza eigentlich nichts mehr mit den Herren Offizieren zu tun haben und gestalten ihr Provinzleben in ziemlicher Eigenverantwortung."

"Gilt ja für uns auch", grinste Philipp Maurer. "Ich lebe und arbeite eigentlich wie ein qualifizierter Facharbeiter, der nach Argentinien ausgewandert ist. Und wenn ich ehrlich bin, ich hoffe, dieser Zustand hält noch möglichst lange an."

Überraschenderweise stimmten wir drei anderen ihm vorbehaltlos zu. "Der Krieg ist weit weg", brummte Hans Mayer über seinem Doppelkopf-Kartenblatt, mit dem er ein Damen-Solo aufgerufen hatte. "Aber gegen England kann das Deutsche Reich eigentlich nicht gewinnen. Ist halt eine von der Royal Navy stark geschützte Insel. Aus meiner Sicht wäre es am besten, wenn es bald einen Waffenstillstand gibt und der Führer die Erfolge auf dem europäischen Festland konsolidiert. Und lass die Engländer weiter ihr Empire verwalten und ausbeuten. Auf dem Kontinent haben wir keine Gegner mehr."

"Und was willst Du dann machen?" Raimund schaute den älteren Stabsoberbootsmann herausfordernd an. "Wie lange dienst Du jetzt in der Kriegsmarine?"

"Ich bin Jahrgang 1893 und als 18jähriger 1911 freiwillig zur Kriegsmarine gegangen." Er schaute Raimund an. "Jetzt kannst Du rechnen. Am 31. März 1941, also in rund drei Wochen, habe ich dreißig Dienstjahre bei der Kriegsmarine voll. Und genauso lange läuft mein letzter Dienstvertrag." Er legte sein Kartenblatt verdeckt auf den Tisch. "Und jetzt wird es spannend. Als 48jähriger bin ich jetzt über die aktuelle Dienstjahrsgrenze von 45 Jahren für Dienstgrade unterhalb der Stabsoffiziere hinweg. Normalerweise würde ich in der Heimat spätestens jetzt auf irgendeine Planstelle an Land versetzt, um dort weiter Dienst zu leisten. Oder ich könnte problemlos meinen Dienst quittieren und in ein wie auch immer organisiertes Privatleben gehen. Aber hier? Unter den gegebenen Umständen?" Er schaute seine Mitspieler der Reihe nach an. "Ich habe mit Korvettenkapitän Nahkötter, unserem Personaloffizier, letzte Woche ausführlich über mich und die Rechtslage in meinem Fall gesprochen. Er war, gelinde gesagt, ratlos und hat versprochen, meinen Fall über die Botschaft nach Berlin zu bringen." Hans Mayer lachte laut. "Mein Fall ist in den Vorschriften nicht vorgesehen."

Er nahm einen großen Schluck aus seinem Bierkrug und schaute dann stumm in die Runde. "Ich habe vor, mein Leben grundlegend zu ändern. Aber das will ich ganz offiziell tun, denn ich will nicht nach 30 Jahren Kriegsmarine auf meine Pensionsansprüche verzichten." Er holte tief Luft. "Annemarie Werder, das ist die Witwe, in deren Haus wir leben, und ich wollen im April heiraten. Und es gibt nichts, was uns davon abhalten wird. Und deshalb habe ich um meine ehrenhafte Entlassung aus der Kriegsmarine gebeten, wie sie mir nach dreißig Dienstjahren zusteht. Dann beantrage ich mit Hilfe der Personalabteilung der Werft meinen Status als Immigrant und werde Argentinier. Die Werft ist begeistert und hat mir versichert, dass ich bis an mein Berufsende dort als Schiffsdieselspezialist arbeiten kann."

Das Hallo der drei anderen Spee-Veteranen war gewaltig. Zu groß waren diese überraschenden Ankündigungen. Selbst Philipp Maurer wusste bis dahin nichts von diesen Plänen Hans Mayers.

Hans Mayer setzte sein Vorhaben erfolgreich um. Anfang April erhielt er vom Speebüro seine offiziellen Entlassungspapiere. Als Stabsoberbootsmann, dem höchstmöglichen Dienstgrad für einen Unteroffizier mit Portefeuille, gab es auch keine Abschlussbeförderung mehr, aber dies war Hans Mayer letztlich egal. Viel wichtiger war die Zusage der alles verwaltenden deutschen Botschaft, dass ihm statt eines Solds seine Übergangspension ausgezahlt würde.

Am Freitag, den 25. April 1941 heirateten die beiden verwitweten Hans Mayer und Annemarie Werder in der kleinen evangelisch-lutherischen Gemeinde in Buenos Aires. Hans Mayer hatte mit Hilfe der Werft bereits seinen Immigrationsantrag gestellt, der innerhalb von drei Wochen positiv entschieden wurde. Juan Mundo sollte aber nie verraten, wieviel dies beschleunigte Verfahren der Werft gekostet hatte. Sie hatte dafür einen erstklassigen, unendlich dankbaren und loyalen Spezialisten für Schiffsdiesel in ihrer Belegschaft, der sich auch innerhalb der argentinische Marine innerhalb eines Jahres höchste Wertschätzung erarbeitet hatte.

Die Meistermannschaft von Boca Juniors war nahezu komplett unverändert in die Spielzeit 1941 gegangen. Lediglich im Mittelfeld hatte es mit Carlos Sosa statt des uruguayischen General Viana einen Wechsel gegeben. Anfang Juni standen vier Siegen fünf teilweise heftige Niederlagen bei einem Unentschieden gegenüber, die Mannschaft stand lediglich auf dem zehnten Tabellenplatz und die temperamentvolle Anhängerschaft war gewaltig unzufrieden. In dieser Situation berief Trainer Enrique Sobral mit Vorstopper Pietro Simone und Halbstürmer Guepardo zwei Spieler der zweiten Mannschaft ins ständige Aufgebot der ersten Mannschaft. Für Raimund bedeutete dies eine Umstellung seines Tagesplans. Er arbeitete jetzt in den Werft nur noch von sechs bis zehn Uhr an vier Tagen in der Woche, um dann rechtzeitig zum Vormittagstraining der Profis auf dem Trainingsplatz zu stehen. Dafür war er am Nachmittag früher mit dem Training fertig. Die aus Halbprofis und Amateuren bestehende zweite Mannschaft musste immer Rücksicht auf die Arbeitszeiten ihrer Spieler nehmen.

Während Pietro Simone bereist im nächsten Spiel auf dem Platz stand und die bis dahin reichlich löchrige Abwehr so stabilisierte, dass das Auswärtsspiel beim städtischen Erzrivalen Independiente mit 2:1 gewonnen wurde, musste Raimund noch bin zum 29. Juni auf der Ersatzbank sitzen und warten. Dann schlug auch seine Stunde.

"Ich spiele morgen gegen River Plate", verkündete er Freitagabends am Abendessenstisch voller Stolz. "Ausgerechnet im Lokalderby. Und das im La Bombonera. Ich bin unglaublich glücklich und werde mein Bestes für den Verein geben."

Die Familie beglückwünschte ihn von ganzem Herzen und freute sich, dass sie Guepardos Debüt aus der Loge der Werft Juan Mundo vor Ort verfolgen konnten. Der Werftbesitzer hatte seinem Paten und Dauergast seit dessen Berufung in die 1. Mannschaft an allen Samstagen frei gegeben, bei Auswärtsspielen mit langen Anreisen sogar schon am Freitag. Das Problem der theoretischen Reisebeschränkungen für internierte Besatzungsmitglieder der Admiral Graf Spee hatte er mit den argentinischen Behörden direkt geregelt. Und das Speebüro wurde einfach nicht informiert, dass der neue Boca-Spieler Guepardo Wurzeln in der deutschen Kriegsmarine hatte.

Nach einem wirklich temperamentvollen und knüppelharten Spiel gewann Boca Juniors das Derby mit 2:1. Guepardo spielte gut, aber vergleichsweise unauffällig; trotzdem war das Spiel für ihn ein Riesenerfolg, sowohl persönlich als auch für die Mannschaft. Er gab mit einem geschickten Steilpass in den Strafraum in der 78.Minute die Vorlage zum entscheidenden Tor.

"Ich fühle mich angekommen", gestand er Juan Mundo und der restlichen Familie am Sonntagabend beim gemeinsamen Essen. "Gestern wurde wirklich mein Traum Wirklichkeit, dass ich das im Traum in Juanitas Hand offerierte blau-gelbe Trikot überstreifen und im Spiel tragen durfte. Ich bin jetzt noch ganz berauscht von der Wahnsinnsstimmung im La Bombonera, insbesondere diese Jubelexplosion, nachdem Ricardo meinen Steilpass mitnehmen konnte und im Tor versenkte. Ich hatte das Gefühl, dass selbst der Rasen im Stadion wie bei einem Erdbeben in Schwingung kam."

Das sonntägliche Familienessen hatte in der Tat kein anderes Thema als den Sieg im emotional so wichtigen Lokalderby. Selbst Annarosa und ihre Töchter beteiligten sich daran.

In Argentinien herrschte in diesen Südhalbkugel-Wintertagen des Juni 1941 tiefster Frieden. Die bedrohlichen Meldungen vom Angriff der deutschen Wehrmacht auf die kommunistische Sowjetunion, der eine Woche zuvor begonnen hatte und über den insbesondere die beiden deutschsprachigen Tageszeitungen der Stadt sehr ausführlich, aber sehr unterschiedlich berichtet hatten, war in der Familie Mundo bis dahin kein Thema. Das sollte sich schnell ändern, aber in einer Weise, die niemand erwartet hatte.

Juan Mundos Werft hatte ähnlich wie viele Schwerindustrieunternehmen der argentinischen Hauptstadt einen mehr oder weniger bedeutenden Anteil an kommunistisch orientierten und teilweise organisierten Arbeitern. Diese waren in diesem Krieg bis zum Beginn des deutschen Angriffs auf die Sowjetunion politisch ruhig geblieben. Der deutsch-sowjetische Vertrag vom August 1939 hatte Moskau veranlasst, alle kommunistischen Organisationen weltweit zur Neutralität zu verpflichten. Damit war es nun vorbei. Sowohl auf nationaler Ebene als auch auf Werksebene begannen die kommunistischen Organisationen gegen die Fortsetzung der Neutralitätspolitik und für eine aktive Unterstützung der Gegner Deutschlands zu werben und entsprechenden Druck aufzubauen. Das bekamen auch die vier Admiral Graf Spee-Soldaten täglich stärker zu spüren, von denen praktisch alle Werftmitarbeiter ihre Herkunft kannten.

Juan Mundo beobachtete diese Entwicklung den ganzen Juli über, dann sah er die Notwendigkeit, zu handeln. Als erste Entscheidung delegierte er Hans Mayer und Philipp Maurer unter die Kommandogewalt der argentinischen Marine. Beide Männer waren durch ihre sachkundige und erfolgreiche Instandsetzungs- und Wartungsarbeit bei den argentinischen Marineoffizieren hochgradig anerkannte Spezialisten, auf deren Können man unter keinen Umständen verzichten wollte. Da Hans Mayer wenige Monate zuvor ganz offiziell die deutsche Kriegsmarine verlassen hatte und nun aktiv arbeitender Veteran war, kreierte die argentinische Marineverwaltung eine ganz einfache Lösung: sie verlieh im ganz unbürokratisch die argentinische Staatsangehörigkeit und stellte ihn als Maschinenoberleutnant zur See in ihre Dienste ein.

Bei Philipp Maurer, der unverändert Angehöriger der deutschen Kriegsmarine war und damit der deutschen Militärverwaltung unterstand, war die Lösung deutlich schwieriger. Hier entschied sich Juan Mundo erst einmal für eine Radikallösung, zog Philipp Maurer aus der Elektroabteilung der Werft ab und schickte ihn auf die Marineingenieurschule in Buenos Aires. Seine Anweisung an ihn war schlicht und einfach: "Erkläre Dich gegenüber jedermann als deutschen Einwanderer, der in den Niederlanden auf einer Werft gearbeitet hat und nach dem deutschen Einmarsch nach Südamerika geflohen ist. Wenn Du nach dem Examen als Ingenieur wieder in die Werft zurückkommst, wird sich niemand mehr an Deine Herkunft von der Graf Spee erinnern."

Während Juan Mundo den Schiffsbetriebselektriker, Boca-Juniors-Fußballer und argentinischen Sprintmeister Alfredo Kittna aka Alfred Kittner übergangsweise bei einem befreundeten deutschstämmigen Bauunternehmer unterbrachte, hatte er für den in seinem Haushalt wie ein Familienmitglied lebenden Raimundo Guepardo aka Raimund Gebhard ebenfalls eine maßgeschneiderte Lösung parat. Er bestellte ihn abends nach dem Abendessen in seine Bibliothek, um unter vier Augen mit ihm zu reden.

"Den kommunistisch orientieren Teil unserer Werftbelegschaft haben wir gut unter Kontrolle; mit Ausnahme von Euch vier Admiral Graf Spee-Soldaten", begann er das Gespräch ohne Umschweife. "Für die anderen drei haben wir jetzt eine Lösung gestaltet, jetzt will ich auch eine Lösung für Dich kreieren."

Raimund schaute ihn aufmerksam und neugierig an, sagte aber kein Wort.

"Als wir die Patenschaft für Dich übernommen haben, hast Du Annarosa und mir etwas über Deinen familiären Hintergrund in Altona erzählt und dass Dein Vater einen Maschinenbetrieb und eine Eisengießerei betreibt."

"Ja, das stimmt."

"Und nun sitzt Du hier fast 6.500 Seemeilen von zuhause entfernt, spielst als Profi in der ersten argentinischen Fußballliga, hast eine freundliche Gastfamilie und vermutlich auf Jahre keine Chance auf eine Rückkehr nach Deutschland."

"Ja, das stimmt ebenfalls. Erfreulicherweise und zugleich leider, je nachdem wie man es betrachtet."

Juan Mundo lächelte seinen Patensoldaten an. "Ich habe einen Vorschlag für Dich. Du hast mir vor eineinhalb Jahren erzählt, dass Dein Vater Dich nach dem Ende Deiner Marinedienstzeit auf eine kaufmännische Schule schicken will, um Dich für die Übernahme des Familienbetriebes weiter auszubilden."

"Ja, so hatten wir das geplant."

"Dein Vater hat absolut recht. Du bist ein sehr guter Maschinentechniker, der zudem sehr tiefe Kenntnisse von Werkstoffkunde und Gießereitechnik hat. Aber kaufmännisch hast Du bisher nichts lernen können." Juan Mundo griff zu seiner Zigarrenkiste und zündete sich umständlich eine dicke Zigarre an. Hierdurch entstand eine ungewöhnlich lange Gesprächspause, so als ob Juan Mundo noch etwas Zeit zum Überlegen brauchte. "Du hast mir gesagt, dass Sportler besser nicht rauchen. Also habe ich Dir keine angeboten."

Raimund nickte zur Bestätigung nur.

Juan Mundo nahm einen kleinen Aktenfolder zur Hand, der auf seinem Schreibtisch lag, öffnete ihn und beugte sich dann zu Raimund vor. "Ich möchte die Idee von Deinem Vater aufgreifen und hier in Buenos Aires in die Tat umsetzen. Dein Spanisch ist mittlerweile ganz ordentlich. Deshalb möchte ich Dich hier ab nächstem Monat auf die Handelsschule schicken, auf der Du in zwei Jahren einen ordentlichen kaufmännischen Abschluss erwerben kannst. Zudem passt dies hervorragend zu Deinen Trainingsverpflichtungen bei Boca Juniors, denn man kann die Unterrichts- und Trainingspläne ganz gut miteinander verzahnen." Juan Mundo lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück. "Was hältst Du von meinem Vorschlag?"

Raimund war überwältigt. Sein oberster Chef und zugleich Vater seiner mehr oder weniger heimlichen Geliebten bot ihm an, auch in seine berufliche Fortentwicklung zu investieren, nachdem er ihm bereits eine Karriere als Fußballprofi bei Boca Juniors vermittelt hatte. "Ich bin von diesem Angebot zutiefst überwältigt und absolut glücklich", antwortete er schließlich. "Und ich verspreche, dass ich das beste Examen ablegen wäre, das möglich ist. Als mein Dankeschön."

"Gut", klatschte Juan Mundo in seine Hände. "Wenn Du beim Aufnahmeantrag in der Schule Probleme hast, sag der Personalabteilung Bescheid. Die regeln das."

Damit war das Gespräch bereits beendet. Als Raimund spätabends Juanita voller Stolz über die neuste Entwicklung informierte, antwortete sie überraschend kurz: "Ja, ich weiß." Dann gab sie Raimund einen Kuss und schaute ihn auf ganz kurze Entfernung an. "Du hast Dir das redlich verdient. Und Du wirst weder meinen Vater, meine Mutter oder mich enttäuschen. Da bin ich mir absolut sicher."

Die Briefe von Raimunds Eltern und Schwestern korrespondierten eher mit den triumphalen Zeitungsberichten in der Deutschen La-Plata-Zeitung als dem nachdenklichen Argentinischen Tageblatt. In der Tat schien der Vorstoß der Wehrmacht in die Tiefen Russlands genauso von Erfolg gekrönt zu sein wie die vorherigen Eroberungsfeldzüge über ganz Europa. Lediglich Raimunds Mutter ließ in ihrem Brief erstmals Sorgen durchblicken; immerhin war Raimunds jüngster Bruder mit seiner Waffen-SS-Einheit mitten im Kriegsgeschehen.

Wenn Raimund die deutschsprachigen Zeitungen und die Briefe aus der Heimat las, wurde ihm bewusst, wie weit er sich geistig und emotional von dem Kriegsgeschehen und dem Deutschen Reich entfernt hatte. "Ich werde immer mehr zum Argentinier", gestand er Juanita eines Herbstabends nach ihrem immer noch sehr viel Spaß machenden Sexbesuch. "Ich fange an, mich mehr für die Vorgänge hier im Land zu interessieren, wie dies politische Ringen um die Neutralität in diesem Krieg abläuft. Ich fange sogar an, in Spanisch zu träumen."

"Das Letzte ist wunderschön", antwortete seine Geliebte. "Das beweist, dass Du bei mir und bei uns mit Kopf und Herz und mit Deinen Fußballfüßen angekommen bist. Und das ist wichtig, wenn wir an unsere Zukunft denken."

Juanita dachte über ihre gemeinsame Zukunft nach. Hier und in diesem Moment hatte sie zu ersten Mal das Stickwort gegeben. Raimund hatte dies sehr wohl registriert. "Jetzt wird es wohl ernst", zuckte ein Gedanke durch seinen Kopf. "Und das ist gut so", folgte gleich ein stummer Kommentar in seinem Kopf zur Beruhigung. Er liebte Juanita, also warum nicht?

In dieser Nacht lag Raimund lange wach, nachdem sich Juanita wieder in ihr eigenes Zimmer zurückgeschlichen hatte. "Zukunft!" stand als fette Überschrift über seinen Gedanken, die ihn so beschäftigt hielten, dass er nicht einschlafen konnte. "Zukunft! Wie die wohl aussehen könnte?"

Am nächsten Morgen hatte ihn zunächst die Gegenwart mit Schule und Training eingeholt. Er erfuhr, dass er am nächsten Tag beim Heimspiel gegen San Lorenzo auf seiner angestammten Position als rechter Halbstürmer spielen würde. Die Saison war sehr mittelprächtig abgelaufen, als Titelverteidiger hatte man bis dahin lediglich 14 Siege erspielt, aber 8 Niederlagen kassiert und lag abgeschlagen hinter dem Erzrivalen River Plate und zwei anderen Mannschaften nur auf Platz 4. Raimundo Guepardo, der im Team und im Stadion nur mit seinem fußballerischen Künstlernamen gerufen wurde, hatte seit seiner Beförderung in die erste Mannschaft mehr als die Hälfte der Spiele mitgemacht, aber lediglich vier Tore geschossen. Den ersehnten festen Stammplatz im Team hatte er sich damit bisher nicht sichern können. Hatte er so eine Basis, um mit Juanita, aber erst recht mit ihren Eltern über die Zukunft zu reden? Und ganz offiziell um Juanitas Hand anzuhalten?

Der 2:1 Sieg am Samstag, bei dem Guepardo mit einem strammen Schuss von der Strafraumgrenze das Führungstor geschossen hatte, hatte Raimund neuen Mut gegeben. Er wollte zuerst mit Juanita sprechen und nutzte hierfür die spätabendliche Liebeszeit in seinem Bett. "Du hast in den letzten Wochen und auch gestern von unserer Zukunft gesprochen", begann er umständlich, als sie sich hoch befriedigt aneinander kuschelten, um die Wärme des sexuell aufgeheizten Partners zu spüren und zu genießen. "Meinst Du, dass es jetzt der richtige Zeitpunkt ist, den nächsten Schritt zu gehen?"

"Wie?", murmelte Juanita zunächst zurückhaltend, bis Raimunds Worte den richtigen Denkbereich erreicht hatten. Dann stemmte sie sich mit einem Ruck auf einem Ellenbogen hoch und schaute ihm auf kurze Entfernung im dämmrigen Licht des Schlafzimmers in die Augen. "Du willst bei meinen Vater um meine Hand anhalten?"

"Ich denke, wir beide sind so weit. Hoffe ich jedenfalls."

Juanita brach lachend über Raimund zusammen und küsste ihn am ganzen Gesicht. "Nichts lieber als das", brach irgendwann ihre Antwort aus ihr heraus. "Dann darfst Du mich auch entjungfern und all die tollen Dinge mit mir machen, die meine Mutter mir vorgeführt hat. Ich freue mich schon darauf." Dann blieb Juanita eine Weile stumm mit ihrem Kopf auf Raimunds Brust liegen bis sie sich wieder in die Höhe stemmte und breitbeinig auf seine Brust setzte. "Als Belohnung für Deinen Mut darfst Du mich jetzt noch einmal in den Himmel lecken. Und ich will einen so heftigen Orgasmus bekommen, dass ich Dich richtig fluten kann." Juanita warte nicht lange auf Raimunds Antwort, schob sich weiter nach oben und senkte ihre Pussy auf Raimunds Mund ab. Von ihrer vorherigen Nummer war noch alles feucht und weich und so ging sehr schnell die gewünschte Post ab. Emotional aufgeheizt erlebte Juanita tatsächlich einen massiven Orgasmus, der sie regelrecht ausströmen ließ.

"So jetzt sollst Du auch nicht zu kurz kommen", kündigte sie entschlossen an. "Und dann sage ich Dir, wie Du vorgehen musst." Mit diesen Worten brachte sie sich umgekehrt in die Rückenlage und legte ihren Kopf über der Bettkante in den Nacken. "Meine Kehle ist für Dich geöffnet. Bediene Dich!"

Raimund ließ sich nicht zweimal einladen, stellte sich hinter Juanitas Kopf und versenkte seinen jede Sekunde vor Vorfreude weiter anschwellenden Schwanz zwischen ihren Lippen und drang immer tiefer in ihren Mund und ihren Rachen vor. Es wurde ein absolut heftiger Mund- und Kehlenfick bis er ganz tief in ihr steckend heftig abspritzte. Juanita nahm so viel von seiner Ladung in sich auf, wie sie konnte, der Überschuss quoll ihr über die Mundwinkel über die Wangen und das ganze Gesicht. Aber das störte sie nicht im mindesten.

Juanita holte sich erst Rat bei ihrer Mutter ein und diese bereitete das wichtige Gespräch zwischen Raimund und Juan Mundo geschickt vor. So geschickt, dass der Werftbesitzer und Vater mit einem "Na endlich" auf Raimund formalen Vorstoß reagierte.

"Wenn ich ehrlich bin", gestand Juanitas Vater, "ich erwarte diese Frage seit mindestens einem halben Jahr." Er lachte. "Ich bin ja nicht blind und sehe wie ihr miteinander umgeht oder gemeinsam die Tangotanzlokale der Stadt besucht. Oder wie Juanita jede Deiner Aktionen auf dem Platz mit hellrot glühenden Wangen im La Bombonera verfolgt und vor Freude halb durchdreht, wenn Du wie im letzten Heimspiel auch noch ein Tor schießt." Er lachte wieder. "Meinen Segen habt ihr. Aber", Raimund zuckte innerlich zusammen, weil er spontan befürchtete, dass jetzt eine gewaltige Hürde aufgebaut würde, "neben der Tatsache, dass eine Heirat eines Admiral Graf Spee-Bootsmannsmaats, der offiziell immer noch unter Internierungsauflagen in Buenos Aires lebte, mit einer Argentinierin vermutlich lang andauernde und schwierige Formalien provoziert, möchte ich von Dir den größtmöglichen Erfolg auf der Handelsschule sehen. Wir können gern in absehbarer Zeit eine kleine Familienfeier zu eurer Verlobung organisieren, die Hochzeit steht aber erst frühestens nach dem Zwischenabschluss der ersten Jahres auf der Handelsschule an. Wenn ihr heiratet, soll jedermann sehen, dass Du damit nicht nur ein Teil unserer Familie, sondern auch ein Teil der Zukunft der Werft sein wirst." Juan Mundo machte ein Pause, in der die Stille seiner Bibliothek nur durch das regelmäßige Ticken der Standuhr durchbrochen wird. "Einverstanden?!"

"Einverstanden!"

Juan Mundo erhob sich aus seinem Sessel, streckte seine Hand Raimund entgegen und provozierte damit, dass dieser ebenfalls aufstand. "Dann herzlich willkommen in meiner Familie."

Die Verlobung fand an einem wunderschönen Sommertag am Sonntag, den 7. Dezember 1941 statt. Juan und Annarosa Mundo hatten einen kleinen Kreis von Familienangehörigen, darunter auch Leonardo Marco mit seiner ganzen Familie einschließlich ihres Patensoldaten Alfred Kittner, zum gemeinsamen Mittagessen eingeladen, zu dem auf der Terrasse eine lange Festtafel aufgebaut worden war. Die Küche des Hauses hatte ein Vier-Gänge-Menü gezaubert, der argentinische Weiß- und Rotwein floss in Strömen und es entstand eine wunderbare, friedlich-fröhliche Verlobungsfeststimmung. Die Festgesellschaft war bereits bei Kaffee, Cognac und Zigarren angekommen, als plötzlich der Hausdiener Juans sichtlich aufgeregt auf die Terrasse kam und seinem Herrn ins Ohr flüsterte. Juan schaute ihn zunächst total irritiert und erschrocken an, dann erhob er sich und bat mit lauter Stimme um Gehör.

"Ich weiß nicht, ob dies Ereignis, von dem ich gerade unterrichtet wurde, für uns Argentinier von Bedeutung sein wird." Er holte tief Luft und schüttelte einmal seinen Kopf. "Im Radio wird berichtet, dass vor einer Stunde die japanische Luftwaffe den amerikanischen Flottenstützpunkt von Pearl Harbour auf Hawaii angegriffen hat und es heftige Kämpfe gibt. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind gezwungenermaßen in diesen Krieg eingetreten, wir erleben damit einen zweiten Weltkrieg."

Nachwort: Pearl Harbour und der Kriegseintritt der USA wurden in der Tat zu einem wichtigen Wendepunkt des zweiten Weltkriegs, der letztendlich selbst Argentinien zur Aufgabe seiner Neutralitätspolitik und 1945 zum Kriegseintritt auf alliierter Seite zwang.

Raimund Gebhard aka Raimundo Guepardo und Juanita Mundo heirateten nach gewaltigen bürokratischen Verzögerungen im Herbst 1943 nach einer fast zweijährigen Verlobungszeit. Der Bräutigam hatte inzwischen seine Handelsschulzeit als Klassenbester abgeschlossen und war als persönlicher Assistent des Geschäftsführers und Inhabers wieder in die Werft eingetreten. Sein Schwiegervater hatte es auf unbekannt dunklen Kanälen geschafft, dass sein Schwiegersohn am Ende seiner offiziell sechsjährigen Dienstzeit im September 1943 trotz seines jungen Alters aus der Kriegsmarine entlassen wurde und zwei Wochen später als Immigrant Argentiniens gesetzlich anerkannt wurde.

Raimundo Guepardo wurde mit den Boca Juniors 1943 und 1944 argentinischer Fußballmeister. Eine nur langsam verheilende Verletzung am Knöchel seines rechten Schussbeins, die er sich im letzten Heimspiel der Meisterschaftssaison zugezogen hatte, zwang ihn zum frühzeitigen Ende seiner Fußballerkarriere.

Alfred Kittner aka Alfredo Kittna beendete seine Fußballerlaufbahn bereits 1942, stieg vollständig auf die Leichtathletik-Sprintstrecken um und wurde mehrfach argentinischer Meister über diverse Strecken. Im Alter von 28 Jahren startete er 1948 über 100 und 200 Meter für Argentinien bei den Olympischen Spielen in London und erreichte in beiden Disziplinen das Halbfinale.

Persönliches Nachwort: Der Stoff dieser 'Krieg und Liebe'-Geschichte entwickelte sich während der Recherche und des Schreibens des ersten Entwurfs in einer solch gewaltigen Weise, dass ich lange überlegt habe, wie man der zu einer Novelle angewachsenen Kurzgeschichte ein logisches Ende bereiten konnte. Ich hoffe, ich habe eins kreieren können. "Krieg und Liebe - Boca Juniors" ist die mit Abstand längste Geschichte dieses Geschichtszyklus, ich bin sehr gespannt, wie die Leserschaft mit einer so langen Geschichte umgeht und wie sie darauf reagiert. Feedbacks und Beurteilungen sind sehr erwünscht.

Wenn in meinem persönlichen und geschäftlichen Umfeld im kommenden Jahr wieder etwas mehr Ruhe eingekehrt ist, werde ich diese Novelle zu einem kompletten Roman ausbauen. Ideen, Rechercheergebnisse und Romanstruktur sind bereits mehr oder weniger vollständig vorhanden.



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