Was bleibt (fm:Romantisch, 2610 Wörter) | ||
Autor: Dionysos7 | ||
Veröffentlicht: Jun 02 2025 | Gesehen / Gelesen: 1968 / 1780 [90%] | Bewertung Geschichte: 9.03 (40 Stimmen) |
Lara erfährt vom Tod ihres Vaters, der ihr den Boden unter den Füßen wegzieht. Aber völlig überraschend triggert die Begegnung mit dem Sterben ihre Libido, und sie beginnt eine Reise, die sie verändern wird. |
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Was bleibt
Kapitel 1: Der Anruf
München. September. Die Stadt liegt unter einer stumpfen Decke aus grauem Regen. Der Himmel hängt tief, als wäre er müde geworden von all den Tagen, an denen niemand mehr nach oben sieht. Die Bäume am Rand der Straßen tragen kleine Wassertropfen wie feine Perlen, und die Menschen, die an den Caféfenstern vorbeihasten, wirken wie Schatten hinter trüben Fensterscheiben. Der Regen macht selbst die Geräusche dumpf. Nur das Knirschen von Sohlen auf gefrorenem Pflaster bleibt scharf.
Lara Lehmann sitzt in ihrem Büro in der Maxvorstadt, zweiter Stock, Ecke Nord. Ihr Platz ist aufgeräumt, fast steril. Zwischen ihr und der Welt stehen zwei Bildschirme, ein Notizbuch in Graphitgrau und ein leerer Kaffeebecher. Der Blick klebt auf einer Excel-Tabelle, die schmalen Finger bewegen sich mechanisch über die Tastatur. Mails, Deadlines, Pitch-Vorbereitung für Montag.
Der Kaffee ist kalt. Ihre Schultern tun weh, zu lange am PC ohne Pause. Ihre Lippen sind trocken, als hätten sie das Sprechen verlernt. Es ist Freitagnachmittag, 16:37 Uhr. Noch eine Stunde bis Feierabend. Vielleicht. Wenn alles gut geht.
Laras Gesicht ist schmal, mit hohen Wangenknochen, die sich bei Anspannung noch deutlicher abzeichnen. Ihre dunkelblonden Haare trägt sie zu einem lockeren Knoten, der mittlerweile etwas schief sitzt. Unter den grünen Augen dunkle Schatten, wie feine Bleistiftstriche. Sie hat dieses stille, unauffällige Aussehen, das man leicht übersieht - bis sie einen ansieht. Dann bleibt man hängen.
Dann klingelt das Handy.
Der Name auf dem Display ist kurz. Mama.
Laras Finger erstarren. Etwas in ihrem Inneren friert ein. Die Zeit dehnt sich, schrumpft, wird zäh. Sie hebt nicht ab. Wartet. Das Klingeln stoppt. Eine Nachricht erscheint.
"Ruf mich bitte gleich zurück. Es ist etwas mit Papa."
Sie steht auf, fast automatisch. Der Stuhl rutscht zurück und hinterlässt eine feine Spur auf dem Teppichboden. Sie geht hinaus auf den Flur, vorbei an Glaswänden, an Gesprächen, an der Kaffeemaschine, wo jemand lacht. Der Flur riecht nach Reinigungsmittel und aufgebrühtem Tee. Alles ist normal. Nein, alles ist falsch.
Im Treppenhaus wählt sie die Nummer. Ihre Beine zittern. Sie lehnt sich an die Wand, als könnte sie etwas auffangen.
Die Stimme der Mutter ist weich. Zerbrechlich. Und zu gefasst.
"Lara. Es tut mir so leid. Papa ist heute Mittag... er ist einfach... umgefallen. Der Notarzt kam, aber..." Ein Atemholen. "Er ist tot."
Lara sagt nichts. Kein Wort. Kein Laut. Nur das Echo dieser drei Silben: tot. tot. tot. Sie lässt das Handy sinken, lehnt die Stirn an die kalte Wand. Jemand geht unten durch das Treppenhaus, spricht laut ins Telefon. Das Leben bleibt laut. Ihres nicht.
Noch in der U-Bahn, auf dem Weg nach Hause, zieht sich ihr Brustkorb zusammen. Erinnerungen flackern auf - Papa mit ihr im Tierpark. Ihre kleine Hand in seiner großen warmen. Papa mit ihr am Frühstückstisch. Die Umarmung als sie ihr Abi hatte, lang, warm, sein Atem in ihrem Haar. Dann - der Weg zur Schule... Gefühle, Geborgenheit, aber auch Unsicherheit, in ihrem Zimmer in der Pubertät, alte Songs... Dann neue Szenen: Stimmen, Gerüche, ein See im Sommer. David. Ein Moment in der Dämmerung, als sie sechzehn war. Sie saßen auf dem Bootssteg, die Beine im Wasser. Er hatte ihr erzählt, dass er nach dem Abi reisen wollte. Und sie? Sie hatte nur genickt. Gewartet, dass er sie küsste. Es geschah nicht. Stattdessen war er aufgesprungen und ins Wasser gesprungen, wie immer. Wild. Frei. Ungebunden. Dann auf dem Heimweg, ihr Körper angespannt, und dann sein Kuss, unerwartet, warm, weich, wild. Wie seine Umarmung danach.
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