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Noriko (fm:Fetisch, 12480 Wörter) [3/3] alle Teile anzeigen

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Veröffentlicht: Feb 18 2016 Gesehen / Gelesen: 15153 / 12473 [82%] Bewertung Teil: 9.33 (75 Stimmen)
Teil 03: "Licht und Schatten"

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© Andy43 Dieser Text darf nur zum Eigengebrauch kopiert und nicht ohne die schriftliche Einwilligung des Autors anderweitig veröffentlicht werden. Zuwiderhandlungen ziehen strafrechtliche Verfolgung nach sich.

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ihr Haar kämmte. Im Spiegel sah sie Dan im Türrahmen stehen, legte ihre Hände langsam in den Schoß, drehte ihm das Gesicht zu und schaute ihn an.

»Es ist schon spät«, meinte sie.

»Aber nie zu spät, wir haben Zeit«, erwiderte er.

»Komm bitte in zehn Minuten«, meinte Noriko.

Dan ging in sein Zimmer, legte sich aufs Bett, nahm sein Handheld vom Nachttisch und klickte suchend durch seinen Terminkalender. Er suchte nicht wirklich. Es war ihm eine Ablenkung. Ein tägliches Ritual, das ihn in die Banalität seines Alltages zurückholen sollte. Auf einen Weg, den er kannte. Es gelang ihm nicht. Der letzte, grün hinterlegte Eintrag lautete: Noriko, Osaka. Yin+Yang? Der Eintrag stand direkt hinter Bootstour mit Lee. Grün stand für privat. Die meisten Termine waren rot hinterlegt. Rot stand für geschäftlich. Fast jeder Tag, bis zum Gestrigen. Dan überkam Scheu, sich entscheiden zu müssen. Für eine Farbe, für die nächste Woche mit Noriko. Für die Zeit danach stand sie schon fest. Rot. Sein Handheld schien keine passende Farbe dafür bereitzuhalten. Vielleicht wird es ein neutrales Weiß. Rot steht für die Liebe, dachte Dan, und erschrak innerlich. Was ist mir wichtig im Leben. Dan warf sein Handheld missmutig aufs Bett. Noriko ... resümierte er, sie ist mir wichtig. Nicht morgen, sondern jetzt.

Dan stand auf, ging zurück zu ihr. Sie lag bereits im Bett. Eine kleine Nachttischlampe spendete ein wenig Licht. Nur ihr Kopf ragte unter der Bettdecke hervor. Sie lag auf der Seite und schaute Dan mit ihren dunklen Augen an. Dan legte sich neben sie. Sie hob die Bettdecke an, und lud Dan ein, sich zu ihr zu legen.

»Ich werde nicht mit dir schlafen, nicht jetzt«, meinte sie leise.

»Ich weiß«, erwiderte Dan. »

Er schaute in ihre dunklen Augen, die ihn abwartend fixierten.

»Was ist das für ein Theater«, fragte er schließlich.

»Ein Privates, dort finden gewöhnlich musikalische Aufführungen statt, klassische Theaterstücke für ein allgemeines Publikum. Was du heute sahst, ist nur für handverlesene, besondere Kreise arrangiert. Ich spiele in solchen Aufführungen je nach Thema unterschiedliche Rollen.«

»Wem gehört dieses Theater.«

»Einer einflussreichen Persönlichkeit, hinter dem ein Konsortium steht.«

»Verstehe. Warum solche Aufführungen«, fragte Dan.

»Es wirkt in seiner Art gewöhnlich, andererseits ist es ein demonstratives, zentrales Instrument«, erwiderte Noriko.

»Ein Instrument? Wofür? Erkläre es mir der Reihe nach.«

»Es liegt an unserer Gesellschaft, an unserer Geschichte, unserer Religion. Es ist für Europäer schwer zu verstehen. Hast du dir einmal Gedanken gemacht, warum am Flughafenzoll unter anderem nach Lektüre und Filmen gefragt wird. Sie suchen dabei nach europäischem, unzensiert pornografischem Material. Pornografie ist in Japan verboten. Du wirst in japanischen Pornofilmen, die du im Internet findest, selten eindeutige Szenen finden, sie sind unkenntlich gemacht, nicht einmal ein Schamhaar darf gezeigt werden. Wundert dich das nicht? Wir gehören doch zu den modernsten Gesellschaften auf der Welt. Es gibt bei uns nichts, was es andernorts nicht auch gibt. Was aber die Offenheit und der Umgang mit Sex und Sexualität angeht, haben wir eigene Vorstellungen von dem, was man zeigen darf und was nicht. Ist dir das noch nicht aufgefallen? Erinnerst du dich an die Bilder und Filme, die ich dir vor wenigen Wochen gezeigt habe?«

»Ja, sie waren unkenntlich gemacht.«

»Es gibt strenge Gesetzte, auch wenn sie nicht immer in aller Schärfe angewendet werden. Es gibt dennoch Orte, an denen Sexualität offen gezeigt wird, so wie bei euch. Jenes Theater ist ein solcher Ort, allerdings ein sehr elitärer, zu dem nur ausgesuchtem Publikum Zugang gewährt wird. Leuten, die dem Besitzer in ihrer gesellschaftlichen Funktion sehr nahe stehen, geschäftlich, wie privat wichtig sind. Niemand redet darüber. Es ist ein absolutes Tabu, es auch nur ansatzweise zu erwähnen. Das ist die banale Seite.

Aber dieses Theater ist auch Ausdruck von Macht. Dadurch, dass jenen ausgesuchten Zuschauern ermöglicht wird, an diesen und anderen Veranstaltungen teilzunehmen, übt man Einfluss auf sie aus. Es ist einem jeden, der ins Theater kommt bewusst. Aber sie akzeptieren es für sich, wollen es sogar, reißen sich darum. Einer solchen Einladung fernzubleiben, würde zudem den Gastgeber entehren. Sie sind wie eine Familie. Eine verschworene Gemeinschaft, denen es um ihre ganz eigenen Interessen geht. Das hält sie zusammen. Es geht um mehr, als nur um Sex. In diesem Zusammenhang wird eine solche Veranstaltung zu einem besonderen Teil ihres elitären Lebens. Es ist viel mehr als ein großes Haus zu besitzen, ein Flugzeug, teuren Champagner zu trinken. Verstehst du, was ich dir sagen will? Es ist eine besondere Würdigung dazuzugehören, sich vom Gewöhnlichen zu unterscheiden. Sie haben Macht und Einfluss, genießen es, dies zu ihrem Vorteil nutzen zu können. Sie sehen sich über dem Gesetz. Ich bin nur ein kleiner Teil dieses Ganzen.«

»Ich habe beobachtete, wie einige dich erkannten und sich geradezu ehrfürchtig vor dir verneigten«, entgegnete Dan.

Noriko hielt inne.

»Ich bin für sie ein Idol, eine Ikone«, flüsterte sie. »Ich verkörpere für diese Leute ein dämonisches Begehren, stehe für eine geschichtlich bedingte Tradition, einem erotischen Verlangen, das im Verborgenen dieses Theaters in vielerlei Form und Gestalt inszeniert und ausgelebt wird. Ich bin für sie wie eine Göttin und doch nur eine Sklavin. Es ist schwer für dich zu verstehen, Dan, ich weiß das.«

Dan hörte ihr aufmerksam zu.

»Was meinst du mit ›verborgenï.«

»Ich bin wie ein lebendiges Kultbild für diese Gesellschaft. Ich verkörpere ihre erotische Begierden, die sie an und mit mir ausleben können, sofern man es ihnen gestattet. Man kennt mich so nur in ihren Kreisen, ihrer Szene. Es ist nicht öffentlich, das unterscheidet mich von anderen Idolen, verstehst du. Mit Szene meine ich auch jenen Ort, das Theater, die Stücke, in denen ich auftrete. Es sind lebendige Bilder, keine hölzernen ›Shungaï. Ich soll ihnen sein, was auch immer sie in mir sehen. Das ist meine Aufgabe, meine Bestimmung.

»Du erwähntest es, die kleinen Holzbilder, im Flur«, sinnierte Dan leise.

»Sie wurden per Gesetz verboten, Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts«, fuhr Noriko fort. »Ihre Herstellung, Verbreitung und der Handel wurden unter Strafe gestellt. Erst Mitte der Neunziger Jahre wurde das Gesetz gelockert und es war wieder erlaubt, sie zu sammeln, sie auszustellen, jedoch unter strickten Auflagen. Sie gelten als obszön. Aufgrund dieser Gesetze war es auch nicht erlaubt, Geschlechtsteile oder gar Schamhaare detailliert zu zeigen.«

Dan schaute Noriko erstaunt an.

»Was noch, sag es mir«, meinte Dan leise. Er ahnte, das es nur ein Teil der Wahrheit war.

Noriko schaute Dan forschend an.

»Ich habe grundsätzlich kein Problem mit dem, was ich im Theater mache. Wie du weißt, mag ich Sex, gewisse Praktiken. Aber es ist jetzt anders, deinetwegen, Dan. Ich habe noch mit keinem darüber gesprochen und erst recht nicht mit jemandem aus dem westlichen Ausland, verstehst du. Selbst mein Vater weiß es nicht. Es wäre eine Schande für ihn. Ich entehre ihn. Dir das alles zu erzählen, ist ein gefährlicher Tabubruch. Ich lebe ein Leben, das Europäern völlig fremd ist. Ich bin keine Hure, Dan. Nicht so eine Frau, wie du sie aus Europa kennst.«

»Sag es mir, bitte, sag mir, was du denkst, was in dir vorgeht, sobald du mich ansiehst«, flüsterte Dan und schaute Noriko auffordernd an.

Noriko schaute Dan eine Weile an.

»Einen Mann, der es verstehen könnte, dem ich vertraue, ihn Liebe«, flüsterte sie schließlich, »aber ich habe auch Angst davor.«

Dan strich mit der Hand über ihr Gesicht.

»Ich bin hin und wieder ein außergewöhnliches Geschenk, eine besondere Aufmerksamkeit, ein Präsent aus den Händen der Anderen«, flüsterte Noriko«, ich gehöre ihnen.«

Dan schaute sie nachdenklich an.

›Es ist nicht für die Anderen, es ist wegen der Anderenï, hatte Noriko ihm einmal gesagt. Er erinnerte sich genau. Wie hätte er jenen Tag auch vergessen können. Er wurde nervös bei der Erinnerung daran. Es war nur eine Aufführung, damals wie heute. Doch mit umgekehrten Vorzeichen. Dan verstand allmählich. Sie hatte sich damals in ihn verliebt, obwohl sie nur eine Rolle spielte. Schon zu jenem Zeitpunkt, in der Tiefgarage, wo sie jene Worte zu ihm sagte, nachdem sie vor seinen Augen masturbiert hatte. In einem öffentlichen Raum, ›fürï ihn und ›wegenï der Anderen. Allerdings wurde die Angelegenheit für sie unter diesen Umständen zum Problem. Einer Aufgabe nachzukommen, die man ihr aufgetragen hatte und der Tatsache, dass sie diese Rolle Dan gegenüber nicht mehr spielen wollte. Sie machte den Anderen von diesem Zeitpunkt an etwas vor. Noriko beging Verrat. Das war unverzeihlich. Sie musste ihrer Rolle gerecht werden, das erwarteten sie von ihr, doch musste sie diese ablegen, um sich selbst und Dan nichts vorzuspielen, wollte sie sich und ihre Liebe zu Dan nicht verraten. Eine ernste, ja, gefährliche Situation, aus der sie nicht heraus konnte. Es ging um Ehre, Respekt und um ihre aufrichtige Liebe zu Dan. Alles das, stand für sie nun auf dem Spiel. Sie fürchtete alles zu verlieren, was sie besaß, am Ende sich selbst. Dan fielen Lee's Ausführungen ein. Wenn Lee alles verlöre, bliebe immer noch etwas übrig. Er selbst. Er wäre immer noch derselbe. Das ist es. Nur in Norikos Fall, wäre sie vor sich selbst verloren. Sie kämpft um ihr Herz, um ihre Liebe zu mir.

»Ich verstehe es«, antwortete Dan.

»Einerseits habe ich die freie Wahl es zu tun, andererseits erweise ich Respekt und man respektiert mich. Ich habe kein Problem damit, es macht mir Spaß, das zu sein, was ich für sie darstelle, obwohl ich weiß, das man mich manchmal für etwas benutzt, mich opfert. Es ist nicht wegen des Geldes. Es spielt für mich dabei keine Rolle.«

Eine Weile schwiegen sie.

Wer sind die ›Anderenï, was hat es mit diesem Konsortium auf sich?, fragte sich Dan. Welche Macht üben sie aus, was macht sie eventuell gefährlich? Ich werde Noriko nicht aufgeben, egal, wer oder was sich uns in den Weg stellt.

Dan hätte noch viele Fragen stellen wollen, hielt sich aber zurück. Er wollte Noriko nicht bedrängen und ihr Zeit geben.

»Ich will nicht alleine schlafen, aber, ich überlasse es dir«, meinte Dan schließlich. »Es ist ja dein Bett.«

Noriko schmunzelte.

»Bleib bei mir, ich bin nicht gern allein.«

Noriko drehte sich um, machte die Nachttischlampe aus und kuschelte sich an ihn.

Dan nahm sie liebevoll in den Arm. »Wir sind nicht mehr allein, Noriko.«

*

Dan war schon eine Weile wach, lag auf der Seite, den Kopf auf eine Hand gestützt und betrachtete Norikos Gesicht. Hin und wieder strich er sanft mit den Fingerspitzen über ihre Wange.

»Du bist so wunderschön, mein Engel«, flüsterte er.

Noriko regte sich nach einer Weile, gähnte und legte ein feines Lächeln auf.

»Engel, was ist ein Engel?«, hauchte sie mit geschlossenen Augen.

»Du bist ja schon wach?«

»Schon lange.«

Dan schmunzelte.

»Hast du es genossen?«

»Ja, sehr, es ist so schön, deine zärtliche Liebe zu fühlen. Sag mir, was ist ein Engel?«, wiederholte sie, öffnete die Augen und schaute ihn an.

»Ein unsichtbarer, treuer Beschützer. Jeder Mensch hat einen Engel, der ihn ein Leben lang begleitet, ihm beisteht. So sagt es unsere Religion. Ein Engel gibt dir das Gefühl, nicht alleine zu sein.«

»Unsichtbar?« Noriko lächelte, schmiegte wohlig ihren Körper an Dan und gab ihm einen zärtlichen Kuss.

»Nein, jetzt nicht mehr«, flüsterte Dan, lachte leise auf und drückte sie fest an sich.

»Ich werde dich beschützen, Dan, so gut ich kann. Und ich weiß, dass du auf mich achtgeben wirst«, flüsterte Noriko.

Eine Weile lagen sie eng umschlungen beieinander. Noriko hob schließlich ihren Kopf und schaute ihn an.

»Schlafe mit mir, Dan, ich will ein Teil von dir sein.«

Dan schaute in ihre dunklen Augen und strich ihr sanft ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht.

Noriko richtete sich langsam auf, kniete sich neben ihn, ließ sich anmutig auf ihre Beine nieder und legte ihre Hände flach auf ihre Oberschenkel. Sie saß dort wie eine Geisha bei einer Teezeremonie.

Dan ließ seinen Blick über ihr zartes Gesicht wandern, ihr pechschwarzes Haar, den blassen Teint ihres Körpers.

Zaghaft begann Noriko die Knöpfe ihres seidenen Pyjamas zu öffnen und lies das Oberteil langsam über ihren Rücken hinab gleiten.

Dan richtete sich auf, legte eine Hand an ihre Wange, küsste sie zärtlich und schaute in ihre Augen. Noriko legte einen Zeigefinger an ihre Lippen, als Dan anhob, etwas zu sagen.

Sie legte ihre Hände zurück auf ihre Oberschenkel und schloss die Augen.

Dan betrachtete ihren Oberkörper, ließ seine Hand seinem Blick folgen. Er berührte ihren Hals, fühlte an ihrer schmalen Schulter entlang, über den Ansatz ihrer Brust und liebkoste mit den Fingerkuppen zärtlich die festen Nippel, die sich seiner Berührung entgegen reckten.

Noriko öffnete ihre Augen, schaute ihn an, erhob sich, entblößte sich nun vollends und legte sich neben ihn.

Dan entkleidete sich, kam zu ihr, schloss sie in seine Arme und gab ihr einen innigen Kuss. Er fühlte, wie Noriko ihre Beine langsam auseinander legte. Er löste sich von ihrem Mund und schaute sie an. Dan konnte sich nicht an einen solchen Moment in seinem Leben erinnern. An ein derart tiefes Gefühl von Zuneigung und Liebe, das er sich herbeisehnte, sobald er mit einer Frau schlief, mit der er sich einen gemeinsamen Lebensweg erhoffte. Er suchte danach, es wieder und wieder zu fühlen. Doch es war Noriko, jene geheimnisvolle Frau, die ihm zum ersten Mal jenes Gefühl und die Einsicht vermittelte, endlich gefunden zu haben, wonach er auf der Suche war. »Liebe mich, wie ich dich liebe. Lasse mich meine Liebe spüren«, hauchte Noriko, nahm ihre Beine weiter auseinander, schaute ihm wie berauscht in die Augen und legte ihre Arme um seine Schultern.

Sie stöhnte fast unmerklich, als Dan sanft in sie eindrang. Eine Träne lief ihr aus einem Augenwinkel. Sie lächelte zart, hauchte leise auf. Er fühlte ihre schlanken Finger, die sanft durch sein Haar glitten. Ihr Oberkörper reckte sich ihm entgegen, als Dan sie zaghaft zu penetrieren begann. Dan war wie elektrisiert. Er schaute sie entgeistert an, hielt immer wieder inne und genoss den Augenblick, sich mit ihr zu verbinden.

Noriko legte ihre Hände an Dans Gesäß und zog ihn in jenem Moment so fest sie konnte zu sich heran. Es war ihm nicht, als erkennte er eine andere Noriko, die sich ihm hingab. Dan erfuhr sich selbst in einer Weise, von der er annahm, diese Bedeutung längst verloren zu haben. Diese Frau erinnerte ihn daran, brachte es in ihm wieder hervor. Es war das tiefe Gefühl, mit Leben erfüllt zu sein. Und er wollte sein Leben, sein Schicksal mit ihrem verknüpfen, egal, was die Zukunft für sie bereithalten mochte. Sie wussten beide, dass es von nun an keinen anderen Weg geben würde, es keine denkbare Alternative gäbe, und ihre sich kreuzenden Wege in eine gemeinsame Richtung führen sollte, dachte er für einen Augenblick. Sich in jenem Moment mit Noriko zu vereinen, fühlte er in seinem Innern, hielt eine weitere Dimension dieser Liebe bereit. Der Gedanke an dieser Möglichkeit schien ihm nicht abwegig.

Noriko zitterte wie in einem Fieber, während Dan sie sanft penetrierte. Sie betrachtete sein Gesicht, suchte in seinen Augen, in denen sie tiefe Liebe erkannte, eine Innigkeit, die sie ebenso für ihn empfand. Sie flüstert einige Worte auf Japanisch, die sich bald zu einem Stakkato steigerten und ihren Höhepunkt begleiteten. Sie keuchte Dans Namen, zog sich an seinen Schultern hoch und küsste ihn. Dan stöhnte leise auf. Sie legte ihre Hände an seine Hüften, zog ihn fest zu sich heran.

»Bleib in mir«, hauchte sie wie in Trance.

Dan drang tief in sie ein, erwiderte ihren Blick, biss sich erlösend auf die Unterlippe, gab seinen Gefühlen nach und sank bald auf ihren Körper herab. Noriko legte ihre Arme um ihn, drückte ihn sanft an ihren Leib.

»Ich werde immer deine Liebe sein«, flüsterte Noriko. »Ja, das wirst du, mein Engel.«

Lange lagen sie so vereinigt beieinander.

Dan legte sich schließlich neben sie, streichelte über ihr Gesicht. »Der heutige Tag macht alles anderes«, meinte Noriko in die Stille.

»Ja, alles.«

»Es ist ein Unterschied«, hob sie an, »ein Engel zu sein oder eine Ikone.«

Dan dämmerte es.

»Erkläre mir die Aufführung. Was bedeutet sie?«, fragte Dan leise.

»Ich werde es dir an einem Bild zeigen.« Noriko stand auf, ging ins Wohnzimmer, kam mit einem großformatigen Druckwerk zurück und legte sich neben ihn. Es beinhaltete Fotos von Gemälden und Zeichnungen zeitgenössischer, japanischer Künstler des vorigen Jahrhunderts. Noriko suchte nach einem Bild.

»Schau her«, sagte sie und zeigte auf ein Bild. »Was siehst du?«

Dan betrachtete es.

»Einen großen Kraken, der eine nackte Frau begehrt ... und einen kleineren Kraken, der sie küsst, einen seiner Tentakel um den Nippel ihrer Brust gelegt hat. Meerestiere mit einer Frau«, erläuterte Dan.

»Schau, die Frau hält die Augen geschlossen«, meinte Noriko. »Sie genießt es offenbar«, lächelte Dan.

»Die Frau schläft«, antwortete Noriko. »Das Bild trägt den Titel, ›Der Traum der Fischergattinï. Es ist nicht allein das, was es auf den ersten Blick zeigt. Es ist eine Allegorie. Was sich dahinter verbirgt ist entscheidend. Der Krake ist ihr Mann, und die Tentakeln sind ein Hinweis auf seinen Phallus. Diese Darstellung verweist auf ihre Sehnsucht und die Begierde. Aber auch auf die Sehnsucht ihres Mannes, sie zu lieben. Das Bild erzählt etwas anderes, als was es zeigt. Der Betrachter kann natürlich auch nur Kraken mit einer Frau sehen. Nichts ist so, wie es scheint, obwohl alles so scheint, wie es ist, Dan.«

Dan runzelte die Stirn.

»Der Traum dieser Frau ist so unwirklich und unsichtbar wie ein Engel, verstehst du. Sie sehnt sich jedoch nach etwas Wirklichem, etwas Realem und hat Hoffnung, das es in Erfüllung geht. Sie will in ihren Träumen ausharren, bis er ihr begegnet. Dann wird sie ihre Augen öffnen, um ihn anzuschauen.«

Noriko schaute Dan an. »Ich bin wie diese Fischerin.«

Dan nickte. »Ich verstehe, was du meinst.«

»Dieses Bild ist Anfang des neunzehnten Jahrhunderts gemalt worden, erklärte Noriko weiter. »Es ist fast zweihundert Jahre alt, und es gibt ›Shungaï die noch viel älter sind. Sie sind sehr wertvoll, unter Sammlern heiß begehrt, daher sehr teuer. Dieses Bild ist recht eindeutig, es geht unverblümt um Sex, um die Vereinigung. Du wirst dich sicher wundern, wenn ich dir sage, dass es in unserer Zeit, in unserem Land, ähnliche Hinweise für erotische Inhalte gibt, wenn auch nicht mehr so eindeutige, wie auf diesem Bild. Versteckte Hinweise findet man in Comics für Erwachsene. Sagt dir ›Mangaï oder ›Hentaiï etwas? Dort entdeckt man bei genauer Betrachtung Vergleichbares. All das, hängt mit unserer Tradition zusammen, mit Überlieferungen, existierenden Bräuchen und unserer jahrtausendealten Religion.«

Dan schaute sie fragend an.

»Genauso verhält es sich auch mit dem Theaterstück, welches du gesehen hast. Auf den ersten Blick vollzogen viele Männer mit einer Frau einen sexuellen Akt. Sie ejakulierten auf ihr, sie trank die Milch der Kammerzofe, sie war gefesselt und musste den Samen der Männer kosten. Auf den ersten Blick sah man sich lediglich einer ausschweifende Orgie gegenüber. Ja, es ging eindeutig und unmissverständlich um Sex. Es war real und doch nur Theater. Es ist wie eine Interpretation dessen, was sich hinter diesem Bild versteckt. Es zeigt die Sehnsüchte, die wir in uns tragen, ohne sie veranschaulichen zu wollen. Unserer Natur und Auffassung entspricht es, jene naturgegebenen Dinge zu verehren, die es ermöglichen, sich Übernatürliches einzuverleiben, um daran teilzuhaben.«

›Hätte ich Milch, ich würde sie dir gebenï, hatte Noriko bei ihrem ersten Treffen in ihrem Apartment zu ihm gesagt, sinnierte Dan und betrachtete das Bild. Noriko sei ein Idol, sagte sie. Man versteht Noriko nicht als ein Sinnbild ihrer Sehnsüchte und Träume, für diese Menschen ist Noriko die Inkarnation dieser Ideale.

»Du hattest mir ja während der Aufführung schon ein paar Hinweise gegeben«, meinte Dan schließlich. Aber du machst mich neugierig.«

»Vieles, was in den Comics unterschwellig angedeutet wird, hat mit Erotik und Sex zu tun. Da es bei uns verboten ist, sexuelle Handlungen darzustellen, versteckt man sie in Zeichnungen und Filmen in Form von Allegorien, so, wie es die Künstler schon damals gemacht haben. Nur sind jene alten Zeichnungen und Bilder per Gesetz verboten, weil sie zu eindeutig sind«, erklärte Noriko. »Zumindest darf man sie nur in speziellen Geschäften und bei Kunsthändlern anschauen und erwerben.«

Dan schaute Noriko fragend an.

»Ja, ich verkörpere etwas, was in unserem aufgeschlossenen Land verboten ist. Eine Begierde, der sich niemand entziehen kann. Sie verlangen nach mir, verzehren sich nach mir, wollen sich an mir berauschen, mich besitzen und manchmal bekommen sie mich, wie eine Belohnung ... um sich ihre Sehnsüchte erfüllen zu lassen, am göttlichen teilzuhaben. Nicht jeder darf mich genießen, nicht der Mann oder die Frau von der ›Straßeï. Und das verleiht mir letztendlich Einfluss, eine gewisse Macht. Ich bewege mich in einer elitären Vereinigung, einer einflussreichen Parallelgesellschaft.«

Dan legte das Buch beiseite, hielt einen Moment inne.

»Wer sind die ›Anderenï?«, fragte Dan nachdrücklich. »Sag es mir bitte.«

Noriko stand auf, ging auf das Fenster zu und schaute hinaus.

»Männer aus der Politik, aus der Wirtschaft ... Oligarchen, denen es um nichts anderes geht, als um Einfluss und Macht. Geld spielt bei jenen, mit denen ich zu tun habe, nur noch eine untergeordnete Rolle. Es geht um Ehre, um den Kodex, sie streben nach Allmacht. Sie geben sich demokratisch, handeln nach den Gesetzen der modernen Wirtschaft, sehnen sich aber danach, wie ein göttlicher Kaiser behandelt und verehrt zu werden. Ihr Wort ist Gesetz und unantastbar. Alle anderen haben sich ihnen zu fügen. Sie dulden keine Opposition«, erklärte Noriko leise, als würde sie mit sich selbst sprechen.

»Ich kann dich ihnen bekannt machen«, fuhr sie fort. »Ja, ich werde es müssen. Wenn du mich, nach allem was du erfahren hast und wirst, noch willst, wir eine Chance haben wollen, dann wird es nicht anders gehen. Zumal sie bereits ahnen, dass wir in Liebe zusammen sind. Es gibt nur diesen einen Weg. Die Frage, die sich mir stellt, ist, ob du diesen Weg bis zum Ende mit mir gehen wirst«.

»Was ist daran für sie so schlimm, dass wir uns lieben, es ist doch nichts Ungewöhnliches?«

»Ich bin nur ein kleines, austauschbares Rad ... aber ich weiß zu viel und ... es ist wahr, durch mich wollten sie an dich heran, an betriebsinternes Wissen. Als ich dich damals aufgesucht habe, sollte dieses Treffen nur der Anfang dazu sein. Jetzt ist alles anders. Wir beide bewegen uns auf sehr dünnem Eis. Ich sehe aber nur diesen einen Weg. Wir beide müssen uns mit ihnen arrangieren. Nur weiß ich nicht, was sie unternehmen, wie sie reagieren werden«, sinnierte Noriko halblaut. »Ich weiß nur, sie werden uns beide an gewisse Grenzen heranführen, uns auf die Probe stellen. Meine Loyalität prüfen und dich dabei nicht aus den Augen lassen. Unsere Liebe bedeutet, dass wir einander vertrauen, verstehst du, sie werden es nicht akzeptieren können. Du bist ein unkalkulierbares Risiko für sie. Du bist aus dem Westen, Dan. Ein Amerikaner, ein Außenseiter, ein Fremder, kein Japaner. Es geht immer um die Familie, um unabdingbare Loyalität. Die Gemeinschaft und deren Interessen stehen über allem. Der Einzelne ist unbedeutend.«

Sie drehte sich zu Dan um.

»Egal zu welcher Entscheidung sie letztlich gelangen, sie wird kompromisslos sein.«

Eine Träne rann über ihre Wange.

»Ich habe Angst, Dan, seit unserer Begegnung in deinem Hotelzimmer ... weil ich fühlte, dass ich dich über alles lieben könnte ... und nun weiß ich, dass es so ist. Ich habe die Augen geöffnet«, gab sie ihm leise zu verstehen.

Die Melodie eines eingehenden Anrufes unterbrach ihr Gespräch.

Noriko ging ins Wohnzimmer, schaute auf das Display und nahm den Hörer ab.

»Ja, ich höre.«

»Yukiko war eine würdige Vertretung.«

»Ja, das war sie.«

»Sie sprachen voller Begeisterung von dem Theaterstück. Sie schienen Noriko nicht vermisst zu haben, obwohl sie angekündigt war.«

»Ja, Herr Yamada. Ich verstehe.«

»Ich denke, Herrn Miller hat es gefallen.«

»Er war begeistert.«

»Dann war deine Entscheidung Yukiko zu bemühen, trotz allem die richtige. Herr Miller dürfte sich an deine Anwesenheit gewöhnen wollen«, fuhr Yamada fort.

»Ich denke, dass er es bereits zu schätzen weiß, Herr Yamada«, erwiderte Noriko und schaute nervös Richtung Schlafzimmer. Dan stand im Türrahmen gelehnt, verstand nicht, worum es in dem Gespräch ging, beobachtete daher Norikos Reaktionen.

»Es geht nicht allein um Herrn Miller, Noriko, er ist auf gewisse Weise unbedeutend.«

»Ja. Ich bin mir dessen bewusst, Herr Yamada.«

»Ich werde dem Herrn Direktor Bericht erstatten müssen. Was kann ich ihm sagen?«

»Sagen sie ihm, dass es mir nicht um mich selbst gehe. Meine Entscheidungen dienten nicht mir.«

»Ich werde sehen, was ich tun kann«, antwortete Yamada.

»Danke, Herr Yamada.«

»Halte dich bereit, Noriko. Ich werde dich in Kenntnis setzen«, meinte Yamada formell.

»Ja, ich halte mich bereit.«

»Noriko«, meinte Yamada leise, »keine Sorge. Aber von nun an keine eigenen Entscheidungen mehr. Es wird Konsequenzen nach sich ziehen.«

»Ja, Herr Yamada. Verstehe Herr Yamada. Danke, Herr Yamada.«

Noriko legte den Hörer auf, schaute Dan an und holte tief Luft.

»Wer war das?«

»Ein Assistent. Von ihm erhalte ich meine Anweisungen. Er ist meine Kontaktperson.

»Gibt es ein Problem?«

»Einige der Zuschauer gestern abend ... sie waren wegen mir eingeladen ... allein um mich dort zu sehen. Ich wusste es und habe eigenwillig entschieden.«

»Verstehe.«

»Ich denke nicht, Dan.«

»Was bedeutet es für dich?«

»Ich habe einen Fehler gemacht. Aber es lässt sich von mir aus der Welt schaffen. Dessen war ich mir vorher bewusst. Denke von nun an immer daran, ich liebe dich. Akzeptiere, was auch ich immer tue, egal was es ist. Vertraue mir.«

»Was musst du tun?«

»Wir müssen abwarten. Ich werde es bald wissen und entsprechend handeln.«

Noriko ging lächelnd auf Dan zu, und nahm ihn in den Arm.

»Komm, mein Engel, lass uns jetzt frühstücken, dann gehen wir in die Stadt und machen uns einen angenehmen Tag. Ich habe vor, dir die Burg zu zeigen.«

*

Herr Yoshida stand vor der Fensterfront und betrachtete die Skyline, als Yamada den großzügigen Büroraum betrat und sich in gebührendem Abstand verneigte.

»Wo hält sie sich auf?«, fragte er nach einer Weile des Schweigens, ohne sich zu Yamada umzudrehen. »Sie befindet sich in Gesellschaft mit Herrn Miller in ihrem Penthouse, Herr Yoshida.«

Herr Yoshida schaute ungerührt aus dem Fenster.

»Osaka ist eine blühende Stadt, Yamada.« - »Ja, Herr Yoshida.« - »Ein Garten. Die Natur gibt uns die Perspektiven vor, wir haben sie zu achten, zu pflegen. Eine folgenreiche und ehrenvolle Verpflichtung.«

»Ja, Herr Yoshida.«

»Ein junger Baum kann leicht gebogen werden ... je höher der Baum, desto neidischer der Wind. So heißt es doch, Yamada,« gab er mit fester Stimme zu verstehen.

»Ja, so heißt es, Herr Direktor Yoshida. Ich bitte um Entschuldigung, Herr Yoshida«, erwiderte Yamada und verneigte sich mehrmals.

»Sie sind wie kleine Kinder, wissen nichts von Pflichten. Sie werden sie im Auge behalten.« - »Ja, Herr Direktor. Ich danke Ihnen vielmals Herr Direktor.«

»Kümmern Sie sich um Yukiko. Unmissverständlich.« - »Ja, Herr Direktor.« - »Wir werden sehen, aus welchem Holz Herr Miller geschnitzt ist. Das Gemüt einer Frau ändert sich so leicht wie die Augen einer Katze. Machen Sie ihre Arbeit, Yamada.«

»Ich danke für Ihr Vertrauen, das Sie in mich setzen, Herr Direktor.«

Yamada verneigte sich, verließ das Büro und griff nach seinem Handy.

*

Noriko und Dan aßen nach einem ausgiebigen Besuch der Burg Osaka zu Mittag. Noriko, die eine eingehende SMS las, steckte das Handy zurück in ihre Handtasche und schaute Dan schweigend an. Dan sah ihr an, dass sie sich gedanklich mit etwas beschäftigte, stellte ihr aber keine Fragen.

»Du bist ein attraktiver Mann, Dan, und wohlhabend«, meinte sie schließlich.

Dan schaute Noriko verdutzt an, entgegnete jedoch nichts auf ihre schmeichelhafte Feststellung. Sie griff nach ihrem Getränk und schaute ihn intensiv an.

»Keine Frau? Kein Mädchen, welches infrage gekommen wäre?«

»Nein. Bis jetzt. Ich meine, es gab eine Frau in meinem Leben, mit der es zu passen schien. Ist schon ein paar Jahre her.«

»Woran lag es?«

»Wir sahen uns selten. Ich war zu oft geschäftlich unterwegs.«

»Sie wollte wohl nicht warten, Dan.«

Dan legte sein Besteck beiseite. »Ist das eine Frage?«

Noriko lächelte zunächst, schaut ihn dann mit ernsthafter Miene an. »Du wirst zurückgehen.«

»Ja, darüber denke ich die ganze Zeit nach, Noriko.«

Noriko schaute ihn wachsam an, und senkte dann ihren Blick.

»Ich habe oft des Nachts wach gelegen. Seit jener ersten Nacht. Ich stand manchmal am Fenster, blickte den aufsteigenden Flugzeugen nach. Ich fühlte mich allein. Sollte ich dein Engel sein, Dan?«, meinte sie ambig.

Dan schaute sie verwundert und zugleich nachdenklich an.

»Auch ich fühlte mich allein, Noriko. Du bist attraktiv und wohlhabend.«

Noriko schmunzelte, nahm einen Bissen Gemüse aus ihrer Schale und schaute Dan zunächst abwartend an.

»Im Augenblick des Zusammenkommens beginnt die Trennung, heißt es.«

»Ja«, erwiderte Dan und seufzte leise auf. »Darüber habe ich nachgedacht.«

Dan blickte Noriko aufmerksam an. »Wir werden in Seoul eine Niederlassung aufbauen. Mein Freund Lee ist Geschäftsführer einer Firma, die Präzisionsteile für uns herstellt. Wir können in Korea billiger produzieren bei gleichbleibender Qualität. Wir haben die Absicht, noch enger mit ihnen zusammenzuarbeiten, sie ins Boot zu holen, auch was unser Know-how in der Entwicklung und Forschung angeht. Wir setzen mit diesem Schritt einen Fuß in die Tür. Niemand unserer Mitbewerber ahnt bislang etwas davon. Bis jetzt. Ich denke, wir geraten wohl gerade ins Fadenkreuz.«

»Ihr wollt euch mehr Marktanteile in Asien sichern, euch weltweit besser aufstellen.« - »Ja, die Konkurrenz ist groß ... aber, was ich dir eigentlich sagen will, ist, dass ich darüber nachdenke, selbst nach Seoul zu gehen, um dort die Leitung der neuen Niederlassung zu übernehmen, dauerhaft ... jedenfalls so lange mein Vater die Geschäfte von New York aus führt. Ich habe bereits mit meinem Vater darüber gesprochen. Er hält es für sinnvoll.«

Noriko nahm einen Schluck Wein, behielt das Glas in der Hand und richtete versonnen ihren Blick darauf.

»Ich werde in Seoul ein Haus anmieten ... nur anderthalb Stunden Flug ... keine einsamen Tage und Nächte mehr, Noriko«, setzte Dan hinzu und wartete Norikos Reaktion ab.

»Weiß er von mir?« - »Ich habe es ihm noch nicht gesagt«, entgegnete Dan, der ahnte, worauf Noriko mit ihrer Frage hinsteuerte. »Was hast du ihm noch nicht gesagt?« - »Es geht mir um dich, Noriko, um uns beide.« - »Er ist dein Vater, er hat ein Recht darauf. Man wird unsere Verbindung nicht dulden, Dan. Sei nicht blind.«

»Wir drehen den Spieß um, Noriko.« Noriko machte große Augen. »Du bist verrückt. Du hast keine Ahnung, mit wem du es hier zu tun bekommst«, zischelte sie ihm gereizt über den Tisch hinweg zu.

»Hast du etwa deinen Eltern von mir erzählt, Noriko?«, hob Dan spitzbübisch an. Norikos Miene erstarrte. »Na also«, meinte Dan gelassen. »Ich habe übrigens irische Vorfahren, das solltest du wissen.«

»Versuche erst gar nicht den Helden zu spielen. Du weißt hoffentlich, wo eure Helden am Ende gelandet sind. Am Galgen«, raunte sie ihm beunruhigt zu.

»Du liebst mich ja wirklich«, erwiderte Dan vergnügt. Noriko verkniff sich ein Lächeln. »Das ist nicht lustig, Dan. Du bist nicht in Irland oder in den Staaten.«

Eine Weile aßen sie schweigend. Dan ahnte, dass Noriko sich freute, sie anderseits Befürchtungen plagten.

»Kannst du Lee vertrauen?« - »In den Jahren unserer geschäftlichen Beziehungen haben wir uns angefreundet. Ja, ich denke, ich kann sagen, dass wir Freunde sind. Wir vertrauen einander. Es ist nicht nur eine wirtschaftliche Win-win-Situation, falls du das meinst.«

»Er weiß von mir?« - »Ja, und er hat mich vor dir gewarnt.«

Noriko blickte Dan intensiv an. »Er hält mich für eine Hure.« - »Ja, so was in der Art.« - »Womit er wohl nicht ganz unrecht hat«, erwiderte Noriko.

»Er kennt nicht die Hintergründe. Ich sehe jemand anderen, sobald ich dich anschaue. Ich versuche, dich mit deinen Augen zu sehen. Wie war das noch mit den Masken, die wir tragen, mein Engel? Wir sollten mit dem Theaterspielen aufhören oder noch besser, wir werden die Regie übernehmen.«

Noriko seufzte sorgenvoll auf, und lehnte sich in ihren Stuhl zurück.

Dan lächelte zwanglos. »Hat es dir geschmeckt?« - »Ja, lass uns zahlen, Dan. Ich muss jetzt an die frische Luft.«

*

Sie verließen das kleine Restaurant, schlenderten durch den angrenzenden Park. Dan nahm Norikos Hand und verschränkte seine Finger mit ihren. Sie warf ihm einen Blick zu, und umschloss fest seine Hand.

»Ich habe Angst, Dan. Sie werden uns unter Druck setzten, sie scheuen vor nichts zurück. Es geht um viel. Es wäre nicht das erste Mal, dass sie Abweichler zur Raison bringen. Es ist nicht nur eine Frage des Geldes oder des Einflusses, verstehst du? Man ist einander verpflichtet.«

»Komm mir nicht mit Tradition, Herrscherdynastien und Ehrgefühl. Keine Burg ist uneinnehmbar, das lehrt die Geschichte, auch eure. Letztlich geht es immer ums Geld.«

Noriko blieb abrupt stehen und drehte sich Dan zu. »Du bist total verrückt und ...«

»Ich bin kein Idiot, ich will einen Deal mit ihnen aushandeln, Noriko«, fiel Dan ihr ins Wort. »Eine Win-win Situation herbeiführen.«

Noriko fixierte seinen Blick. »Zu welchem Preis, Dan? Bin ich der Gewinn?«, herrschte sie ihn an. Dan schaute Noriko besonnen in die Augen und schwieg.

»Du meinst es wirklich ernst«, flüsterte sie gebannt. »Ja, zum ersten Mal in meinem Leben erkenne ich einen tieferen Sinn in dem, was ich tue.«

»Wir kennen uns erst eine kurze Zeit, wie kannst du dir darin sicher sein?«, hauchte sie ihm zu. »Das bin ich mir nicht. Heute Morgen, als du schlafend neben mir lagst ... es ist nur ein Gefühl, Noriko. Und ich will, dass es nicht aufhört. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlt sich der wohlhabende, attraktive Mann wirklich bereichert, Noriko. Ich wäre ein Idiot, wenn ...«

Noriko legte einen Zeigefinger an seine Lippen, kam näher, tupfte ihm dann einen sanften Kuss auf die Lippen und schaute ihn eindringlich an. »Yorishiro, Dan«, flüsterte sie ihm zu, »ich fühle es ja auch. Zum ersten Mal.«

Dan zog sie an sich und schaute sie verwundert an. »Was bedeutet das, mein Engel?« - »Ich weiß es noch nicht ... mein irischer Bezwinger.«

Dan lächelte und gab ihr einen innigen Kuss. »Lass uns weitergehen. Ich will dir einen Schrein zeigen, er steht gleich dort hinten innerhalb eines märchenhaften Haines«, säuselte sie vergnügt. Dan lachte leise auf, und schaut sie verliebt an. »Komm schon, mein großer, blonder Held«, rief Noriko fröhlich auf, trippelte los und zog ihn dabei ungeduldig an der Hand.

*

Noriko klatschte zweimal in die Hände, verbeugte sich und wandte sich wieder Dan zu, der sie aus angemessener Entfernung beobachtete. »Wir sollten einmal nach Komaki fahren«, meinte Noriko, nachdem sie kurze Zeit vor dem Schrein, der den Seefahrern und der Schiffart geweiht war, im Gebet verharrt und dort ein kleines Holztäfelchen aufgehängt hatte.

»Was gibt es dort zu sehen?«, fragte er, legte seinen Arm um ihre Taille und flanierte mit ihr weiter durch das Tempelareal. »Es ist sehr schön dort. Es wird dir gefallen. Mitte März findet dort ein Festival statt, das Honen-Matsuri, ein Fruchtbarkeitsfest. Es wird um reiche Ernte, Wohlstand und gesunden Kindersegen gebeten. Oder wir fahren nach Inuyama und schauen uns die Penisprozession an, ebenfalls ein Fruchtbarkeitsfest.« Dan lächelte zunächst amüsiert, wurde jedoch nachdenklicher, da er ahnte, dass Norikos Vorschlag nicht von ungefähr kam, und begann sich zu erinnern. Er dachte an ihr erstes intimes Zusammentreffen, an die Theateraufführung. »Phallus«, meinte er halblaut.

Noriko warf ihm einen aufmerksamen Blick zu, hielt sich aber zurück, etwas zu sagen. Dan kam ins Grübeln, versuchte, zwischen den Hinweisen, die Noriko ihm im Verlauf der gemeinsam verbrachten Zeit und mit dem heutigen Besuch der Burg und des Tempels zu geben beabsichtigte, einen Zusammenhang herzustellen.

»Wer ist der General, der nicht tun kann, was er gerne tun will, Noriko?« Sie löste sich aus seiner Umarmung, nahm ihn an die Hand. »Es ist schwierig zu verstehen, Dan.« - »Für jemanden wie mich, meinst du? Kommt auf einen Versuch an.«

Noriko zögerte mit einer Antwort. »Ich gehöre ihm.« - »Er war gestern Nacht anwesend?« - »Ja.« - »Dein Vater.« - »Nein. Herr Yoshida, er ist ... er war ein guter Freund meines Vaters.« - »Und dein Vater weiß nichts von alldem?« - »Nein, er weiß es nicht. Für Herrn Yoshida bin ich so etwas wie ein Kami, eine gottähnliche Personifikation. Schon in der Zeit, als ich ein Kind war, behandelte er mich wie eine Prinzessin. Er verehrte mich, sagte mir oft, wie schön und klug ich sei, wie anmutig und rein. Meine Eltern dachten sich nichts dabei, wenn sie es mitbekamen. Sie nahmen es gütig hin, fühlten sich als Eltern geehrt, waren stolz und maßen Yoshidas Überschwang keinerlei Hintersinn bei. Yoshida und seine Frau ... sie konnten keine Kinder bekommen.« - »Hat er dich jemals angefasst?« - »Nein, nie. Ich bin für ihn unantastbar, und doch will er mich, so muss du es sehen. Er begleitet mein Leben wie ein Schatten.«

»Verstehe.« Noriko hielt inne, stellte sich vor ihn. »Sei mir nicht böse, Dan, aber ich glaube nicht, dass du es verstehst.«

»Ein Kami ...?«, sinnierte Dan nachdenklich. »Dein Vater und dieser Yoshida sind keine Freunde mehr?«

Noriko schaute sich um. »Lass uns dort drüben auf eine Bank setzen.« - »Ja, und dann erzähl mir bitte Genaueres.«

»Vater und Herr Yoshida waren beide in meine Mutter verliebt«, begann Noriko. »Mein Vater kam aus gutem Hause, seine Familie war gesellschaftlich und finanziell besser gestellt als Yoshidas. Vater bekam meine Mutter, heiratete sie. Mutter starb, als ich 15 Jahre alt war. Mein Vater hat es nie verwunden, ist daran fast zerbrochen. Sein Geschäft litt ebenfalls unter seinem Unglück, es lief immer schlechter. Yoshida hatte es in der Zeit zu einem beträchtlichen Vermögen gebracht, sah seine Chance. Er bot ihm an, mich in seine Familie aufzunehmen, bis Vater sich gefangen hätte. Vater lehnte es ab. Yoshida gab Vater die Schuld am Tode meiner Mutter. Es kam zu einem heftigen Streit, in dem sie ihrer Freundschaft aufkündigten. Yoshida hielt den Kontakt zu mir aufrecht. Ich war zu jung, zu ahnungslos, Dan.« Noriko hielt einen Moment inne. »Yoshida sagte mir einmal, in mir würde meine Mutter weiterleben. Ich sei sie.«

»Das klingt total verrückt. Ich meine, die Sache mit der göttlichen Personifikation.« - »Ich kann mir denken, wie schwierig es für dich sein muss, so etwas nachvollziehen zu können.« - »Ich habe Japan und eure Lebensart immer als modern und aufgeschlossen beurteilt«, sinnierte er leise. »Das sind wir, Dan, auf unsere Art.«

Dan schwieg, dachte nach, nahm ihre Hand und schaute Noriko an. »Er kann nicht über dein Leben bestimmen. Du bist ein freier Mensch.« - »Yoshida kann. Er bestimmt, ob jemand frei ist oder nicht. Ich habe dir von meinem Freund erzählt, einem Studenten, in den ich verliebt war, du erinnerst dich?« Dan nickte. »Er war unbedeutend, musste gehen, Dan, das Land verlassen, sonst ... ich gehöre Herrn Yoshida. Aus diesem Grund habe ich Angst um uns beide.« - »Und dein Vater? Er bekommt von alldem nichts mit?«

Noriko schaute verlegen auf ihre Hand, die Dan mit seinen Händen umschloss. »Er ist stolz auf seine Tochter, sieht mit Freude meinen beruflichen Werdegang. Einen Freund zu haben, gar eine Ehe einzugehen, hält er für zu früh. Er sieht mein Leben, mein berufliches Vorwärtskommen mit Genugtuung und denkt, seine Tochter sei vernünftig genug, den richtigen Weg zu gehen. Vater darf nie erfahren, was ich tue. Er würde an dieser Schande zugrunde gehen, kennte er die Wahrheit, erführe er, für und durch wen ich das alles auf mich nehmen muss, Dan, er würde Yoshida ...«

»Denkst du nicht auch, dass es für General Yoshida gefährlich ist, einen Geschäftspartner in einem Hotel seines ehemaligen Freundes unterzubringen, um dann dessen Tochter auf diesen Mann anzusetzen, um mit ihrer Hilfe von ihm Firmeninterna in Erfahrung zu bringen?« - »Es bereitet ihm Vergnügen, Dan.« - »Ist wohl so etwas wie unstillbare Rache, grenzenloser Hass.« - »Nichts ist so billig, dass es umsonst wäre«, sinnierte Noriko leise.

»Niemand hat mit Liebe gerechnet, Noriko«, flüsterte Dan ihr sanft zu und wischte ihr eine Träne von der Wange.

Noriko nestelte nach einem Taschentuch in ihrer Handtasche, tupfte sich die Wangen und schaute Dan schüchtern an. »Ja, du hast recht. Willst du bei mir bleiben?« - »Im Land meiner Träume? Ja natürlich. Vergiss nicht, ich bin Ire. Iren lieben grenzenlos.« Noriko lachte verhalten auf und schaute weltvergessen auf ihre Hände. »Ich fragte mich, ob es nicht zu früh sei, dich dies zu fragen. Ja, ich liebe dich, Dan Miller, und ich habe entschieden, dich in mein Leben zu lassen, dein Glück mit meinem zu verbinden. Dafür habe ich gebetet.«

*

Noriko steuerte den Wagen auf die Stadtautobahn in den stockenden Verkehr, der langsam zum Stillstand kam. »In einer Stunde kommt Yukiko zu mir.« Dan schaute Noriko einen Moment unschlüssig an. »Möchtest du unter vier Augen mit ihr sprechen?« »Nein, ich möchte, das du sie kennenlernst.« - »Sie ist recht hübsch, das meine ich jedenfalls erkannt zu haben, so aus der Entfernung ... trotz ihres unansehnlichen Stylings«, neckte er. Noriko schaute ihn ungnädig an, und spitzte dabei ihren Mund. »Sie mag keine Amerikaner. Iren erst recht nicht. In Yukikos Augen sind Europäer unkultiviert«, erwiderte sie bärbeißig. Dan lächelte spitzbübisch, deutete ihr vergnügt einen Kuss an. »Wage es nicht, Dan«, hielt sie mit bedrohlich klingender Stimme dagegen. »Dann muss sie wohl verdammt gut aussehen, wenn Mal sie keine Stofffetzen trägt.« Noriko schmunzelte zunächst, legte einen Gang ein und ließ den Wagen ein paar Meter vorrollen. »Ja, sie ist attraktiv und meine engste Freundin.« - »Also auch im wahren Leben.« - »Wie meinst du das?« - »Sie hat deine Rolle übernommen.« - »Ja, hat sie.« - »Dann war Yukiko ursprünglich für die Rolle der Prinzessin vorgesehen.« - »Ja. Wieso?« - »So langsam verstehe ich.« - »Was genau verstehst du?« - »Sag ich dir hinterher, Noriko. Jedenfalls bin ich gespannt.« Eine Weile schwiegen sie. Während sich Noriko im ständigen Stop and Go in Geduld zu üben schien, nagten in Dan weitere Fragen.

»Du schläfst mit ihr, ich meine ...?«, setzt er behutsam an. Noriko seufzte auf. »Kannst du bitte noch warten, wenn du mir schon nicht auf meine Fragen Antwort geben willst?«, erwiderte sie gereizt. »Sorry, ich will dir damit nicht auf die Nerven gehen und auch nicht zu nahe treten.« Mist, konstatierte Dan in Gedanken, das ist wohl ein wunder Punkt bei ihr. Besser, du hältst dich zurück. Lee hat mich ja vor asiatischen Frauen gewarnt, aber wirklich anders als unsere Mädchen sind sie auch wieder nicht, mutmaßte er bissig.

Noriko nahm den Gang raus, zog die Handbremse energisch an, schaltete das Radio ein und nach wenigen Sekunden wieder aus. Sie lehnte sich in den Fahrersitz und schaute aus dem Seitenfenster.

»Tut mir leid, Dan ... ja, es kommt vor. Wir schlafen gelegentlich miteinander. Es gibt Momente, in denen wir kein Theater spielen«, erwiderte sie ambig. »Aber deswegen kommt sie heute nicht zu mir«, setzte sie hinzu. Dan schwieg einen Moment. »Darauf wollte ich nicht hinaus, Noriko«, meinte Dan kleinlaut. »Es war leichtfertig und rücksichtslos von mir.« - »Schon gut, Dan, es liegt nicht an dir, ich bin ein wenig aufgedreht. Yukiko und ich,« hob sie leise an. »Yukiko und ich, wir mögen uns sehr, vertrauen einander. Wir stehen uns in allem sehr nahe. Hin und wieder ist uns nach Zärtlichkeit. Ist das unangenehm für dich? Im Übrigen hab ich mit Yukiko über dich gesprochen«, fügte sie hinzu, ohne seine Antwort abzuwarten. - »Du kannst ihr vertrauen, sagst du?« Noriko drehte sich ihm zu. »Ja, absolut.« - »Sie weiß seit Längerem, was zwischen uns läuft?« Noriko schaute auf ihre Finger, begann, an einem ihrer Ringe zu spielen. »Eines Nachts, als ich wieder Mal nicht schlafen konnte und am Fenster stand, hab ich sie angerufen. Ich habe ihr gesagt, dass ich mich ernsthaft in dich verliebt hätte. Sie arbeitet, wie ich, für Yoshida. Yukiko geht es nicht viel anders als mir, sobald es um Informationsbeschaffung geht. Wenn es sich ergeben sollte, ich einen Zeitpunkt für geeignet hielte, möchte sie dich kennenlernen. Ich habe sie gebeten, heute zu mir zu kommen.«

Ein Hupton ließ Noriko in den Rückspiegel schauen. Der Stau löste sich allmählich auf. Den Weg bis zu Norikos Penthouse saßen sie schweigend nebeneinander. Noriko lenkte den Wagen in die Einfahrt der Tiefgarage. Sie hielt auf ihrem Parkplatz, stellte den Motor aus, zog den Zündschlüssel ab und schaute Dan an. »Du wirst sie mögen, auch wenn sie keine Amerikaner mag.« Dan lächelte. »Keine Sorge, mein Engel, ich weiß mich in Gegenwart einer Königstochter durchaus zivilisiert zu verhalten.«

*

Dan schlüpfte aus den Schuhen, stellte sie neben Norikos auf die Schuhablage, zog sich Hausschuhe über und hing seine Jacke auf einen Kleiderbügel. Noriko ging Richtung Küche. Dan betrat den Wohnraum, legte sich auf die Couch und starrte an die Decke. »Etwas zum Trinken, Dan.« - »Ja, danke, Schatz.« Noriko stellte Dans Getränk auf den Tisch und setzte sich auf den Rand der Couch neben ihn. »Woran denkst du?«, fragte sie, nippte an ihrem Drink und stellte es auf den Tisch.

Dan schaute sie an, strich ihr mit einer Hand durch ihre Haare und berührte sanft ihre Wange. »An gar nichts. Ich bin glücklich, Noriko.« Er fühlte mit dem Daumen über die Konturen ihrer Lippen und schaute ihr in die Augen. »Du bist so wunderschön, Noriko.« Noriko nahm seine Hand, schloss ihre Augen und schmiegte ihrer Wange an seine Handfläche. »Dir glaube ich es.«

Noriko stellt ihren Drink beiseite, kuschelte sich an ihn und legte ihren Kopf auf seine Brust. Dan nahm sie in den Arm. Er genoss den blumigen Duft, der ihren Haaren entströmte. Eine Weile lagen sie ruhig beieinander. Schließlich hob Noriko ihren Kopf, stützte ihn mit dem Kinn auf seine Brust und sah Dan vergnügt an. »Meine Mutter stammt aus Inuyama.« Dan grübelte. »Ach ja? Die Sache mit dem Phallus. Der Apfel fällt halt nicht weit vom Stamm. Was willst du jetzt von mir?« - »Gar nichts. Das solltest du nur wissen. Ist nicht unwichtig zu wissen, wo jemand seine Wurzeln hat. Eine Frau, der du beteuerst, dass du sie liebst, solltest du ernst nehmen.« - »Entschuldige, Noriko. Ich bin ganz bei dir.« - Noriko schaute ihn sauertöpfig an. »Dann höre mir gefälligst zu und weich nicht vom Thema ab«, murrte Noriko. »Deine Mutter, sie war sicher so schön wie du.« - »Ja, das war sie«, flüsterte Noriko und senkte ihren Blick. »Sie war eine Miko, eine Schreindienerin. Sie sagte mir einmal, dass ich, wenn ich eine mündige, reife Frau bin, einen Mann kennenlerne, mit dem ich sehr glücklich sein, mit ihm viele Kinder und ein langes Leben haben werde. Und das dieser Mann so etwas wie ein Sentyo, ein Kapitän sei.« Noriko hob ihren Blick und schaute Dan vorwitzig an. »Ich frage mich bis heute, ob ich das wörtlich zu nehmen habe. »Ein Kapitän«, sinnierte Dan. »Mit Lee fahre ich gern zum Hochseeangeln, wenn ich nicht zu Hause sein kann. Ist ein gemeinsames Hobby. Ich hab ihn dieses Jahr wieder eingeladen. Auf die Bahamas. Ich besitze dort ein Boot. Dann wollen wir wieder zum Angeln raus fahren. Genügt dir das, oder möchtest du dich einmal selbst davon überzeugen?« - »Die Strände dort sollen sehr schön sein«, raunte sie, glitt an ihm hoch und gab ihm einen leidenschaftlichen Kuss. Die Türglocke erklang. »Das ist Yukiko«, flüsterte Noriko. »Zieh dir dein Jackett über.« Noriko erhob sich, zupfte sich ihre Bluse zurecht und ging zur Tür. Sie betätigte die Gegensprechanlage, sprach in ihrer Muttersprache ins Mikrofon, worauf aus dem Lautsprecher eine fröhliche und recht lebhafte Antwort erklang. Dan zog sich sein Jackett über, warf einen prüfenden Blick in den Ankleidespiegel im Foyer und ging zurück in den Wohnraum.

Noriko wartete an der Tür, schaute kurz durch den Türspion, als sie Schritte vor der Tür hörte, und öffnete sie. Jene unbeschwerte, muntere Stimme erklang wieder. Noriko betrat mit Yukiko den Wohnraum. Noriko legte ein kleines Geschenk auf den marmornen Esszimmertisch und strahlte Dan an. Yukiko lächelte und stellte sich brav vor Dan auf, der sie ungläubig anschaute, da ihn bei ihrem Anblick Zweifel befielen, in dieser Frau jene Gefangene in Lumpen vor sich zu sehen. »Ich möchte dir Yukiko, meine Freundin vorstellen«, sagte Noriko. Yukiko reicht Dan die Hand und begrüßte ihn in ihrer Muttersprache. Sie wirkte schüchtern, fast mädchenhaft in ihrem Auftreten, obwohl Dan davon ausging, dass sie in Norikos Alter war, zudem wusste er, war sie alles andere als unbedarft. Sie trug enge Jeans mit einem breiten Ledergürtel um ihre schmale Taille. Eine hippe Lederjacke, darunter einen rosafarbenen Rollkragenpullover, in passender Farbe zu ihren Turnschuhen und ihre braun gefärbte Ponyfrisur, die knapp an ihre Augenbrauen wie an einer Schnur vorbeigeschnitten heranreichte, modisch kurz. Flotte Kleidung statt Lumpen und von langen schwarzen Haaren zu einem Zopf gebunden, kann auch keine Rede sein, dachte Dan. Aber sie ist die Frau aus dem Theaterstück, daran gibt es keinen Zweifel. »Es freut mich, ihre Bekanntschaft zu machen.« - »Es ist mir ein Vergnügen«, erwiderte Yukiko mit glockenheller Stimme und markantem Akzent. Ihre Augen funkelten schwarz, als sie ein strahlendes Lächeln auflegte.

»Gib mir deine Jacke, Yukiko«, sprach Noriko sie auf Englisch an. Yukiko zog sich die Jacke aus, und nickte Noriko zu. »Du warst schoppen, Yukiko?« Yukiko lächelte, sprudelte redselig auf Japanisch los, stellte ihre lackglänzende Handtasche auf die Couch und holte aus dem Foyer eine Einkauftasche einer namhaften Modekette herbei, mit deren Pendant auch so manche Ladys über die 5th Avenue zu tingeln pflegten. Yukiko entnahm einem kleinen Karton ein hauchdünnes rosafarbenes Kleid, hielt es sich vor den Körper und sprach Noriko darauf an. »Gefällt es dir auch, Dan?«, meinte Noriko und warf ihm einen Blick zu. Yukiko wendete sich zu Dan. »Ja, es sieht bezaubernd aus.« Yukiko lächelte, verneigte sich kurz. »Bitte entschuldigen sie, ich werde daran denken, Englisch zu sprechen.« - »Kein Problem, die Sprache, deren Frauen fähig sind, sorgt international für keinerlei Missverständnisse«, erwiderte Dan und setzte sich auf die Couch. Noriko lachte und schaute Yukiko an, die etwas befremdet dreinschaute. Noriko übersetzte und zauberte Yukiko ein scheues Lächeln in ihr juveniles Gesicht. »Ich habe dir etwas mitgebracht«, wandte sie sich Noriko zu.

Noriko öffnete das Geschenk. »Oh, der ist schön, ein kleiner Stern.« - »Ein Glücksbringer«, meinte Yukiko vergnügt. Sie legte ihr Kleid zurück in den Karton, half Noriko dabei, sich das silberne Kettchen um den Hals zu legen. Noriko gab Yukiko einen Kuss auf die Wange. »Danke, Yukiko, sie gefällt mir sehr. Komm, setzt dich, möchtest du etwas trinken?« - »Ja, eine Limonade.«

Sie setzte sich kerzengerade auf die Couch gegenüber, schlug ihre schmalen Beine übereinander und legte ihre Arme darauf. Noriko brachte das Getränk, nahm neben Dan platz, der sich fragte, wie sich die Unterhaltung mit Yukiko entwickeln würde. Denn zu einem vertraulichen Kennenlernen hatte sie Noriko ja offenbar gebeten. Aber ich überlasse es Noriko, das Eis zu brechen, sinnierte Dan, obwohl mir einige Fragen auf der Seele brennen, die ich Yukiko gern stellen möchte.

»Warst du gestern abend noch lange dort?«, fragte Noriko. Yukiko schaute Dan an. Sie schien nun etwas nervös. Yukiko nickte Noriko zu. »Ja, wie immer. Es war vernünftig, dass du ... dass ihr direkt nach der Vorstellung das Theater verlassen habt. Es war nicht so, wie sie erwartet hatten. Ich machte mir die ganze Zeit Sorgen. Yamada, dieser Hund, war außer sich, als er es kurz vor der Aufführung erfuhr. Ich denke, er hat sich danach einiges anhören müssen.« »Er hat mich heute Morgen angerufen.« - »Und mich Nachmittags, Noriko.« »Was wollte er?« - »Azuka, ich soll mich mit ihr treffen.« - »Nur mit ihr?« - »Nein. Es wird noch jemand anwesend sein.« - »Sie ist gierig aber unbedeutend.« - »Ich weiß, Noriko.« Yukiko griff nach ihrer Limonade. »Es wird seinen Grund haben, warum ich zu ihr soll.«

»Hat jemand gestern abend nach mir oder Dan gefragt?« Yukiko lächelte. »Niemand. Aber sie haben dich sicherlich vermisst«, erwiderte sie. Es klang sarkastisch. »Ich hoffe, du weißt, was du tust.«

»Dan weiß so gut wie alles über mich, Yukiko.«

Yukiko schaute Dan sanft an. »Es ist schön, dass ihr euch liebt. Ich freue mich für euch. Gib auf Noriko acht.«

»Das habe ich vor«, antwortete Dan mit fester Stimme. »Sie spielen nicht nur Theater«, meinte Dan mit fragendem Unterton. Yukiko sah ihn verdutzt an, begann dann zu lächeln. »Ich bin Privatsekretärin. Arbeite in einer Zweigstelle des Konzerns in Tokyo, bin aber auch oft zu Meetings unterwegs. Noriko und ich kennen uns schon lange.« Yukiko warf Noriko einen kurzen Blick zu.

Kein Grund vorsichtig zu sein, ich habe schon verstanden, dachte Dan.

»Noriko hat mir erzählt, dass ihr eng befreundet seid.« Yukiko nickte. »Wir sind wie Geschwister. Aber wir zeigen es nicht. Nicht öffentlich, Sie verstehen?« - »Ihr spielt Theater.«

Noriko schaute Yukiko abwartend an. »Wir mögen uns, und wir mögen Sex«, erwiderte Yukiko unbefangen. »Das ganze Leben ist eine Illusion«, fügte sie hinzu, senkte den Blick und betrachtete ihre Hände. Nach einem Augenblick hob sie ihren Kopf und schaute Dan an. »Wir könnten uns küssen, als seien wir Verliebte, miteinander schlafen wie ein Ehepaar. Es wäre schön für uns beide, aber Noriko zu küssen, mit ihr zu schlafen, hat für uns beide eine andere Bedeutung«, sagte sie hintergründig. »Ja, Herr Miller, wir spielen Theater. Jedes Mal. Das Gute wie das Schlechte ist wahr, und beides sind Dinge dieser Welt.«

Dan war einen Moment sprachlos. Er vermochte nur zu ahnen, was sie ihm damit zu verstehen geben wollte. Er fragte sich, wer Yukiko war, was für ein lebhafter Geist sich hinter ihren wachsamen Augen verbarg. Dieses zarte, mädchenhafte Geschöpf, das in ihrem hippen Outfit wie jede moderne, junge Frau aussah, die durch Modeläden schlendern, wie man sie für gewöhnlich in den Großstädten dieser Welt vorfinden konnte. Aber nur wenige jener Mädchen, so vermutete er, trügen solch tief schürfende Einsichten mit sich, um sie bei Gelegenheit so überzeugend vorzubringen.

»Waren Ihnen einige Szenen in ihrer Bedeutung fremd?«, meinte Yukiko und holte Dan aus seinen Gedanken. »Ja, Noriko gab mir Hinweise, was sie bedeuten.«

»Mögen sie es für sich selbst?« - »Was meinen Sie, Yukiko?« - »Man wird sie wieder einladen. Wir werden uns womöglich begegnen. Haben Sie darüber gesprochen?« Dan schaute Noriko an, die sich mit einer Antwort anscheinend zurückhalten wollte.

»Sie sollten wissen, dass es mir nichts ausmacht«, meinte Yukiko. »Noriko weiß das, nicht wahr, Noriko?« Noriko nickte zustimmend. »Ja, es könnte sich ergeben.«

Yukiko machte in diesem Moment auf Dan den Eindruck, als sei sie wegen Norikos Antwort irritiert. Sie schaute Noriko fragend an. »Ist es dein Wunsch, dass ich gehe, Noriko?« Noriko schaute Dan an. »Nein, bleib bei mir.«

Yukiko rollte verlegen mit den Lippen. »Ich bitte, mich zu entschuldigen.« Sie stand auf, und ging Richtung Badezimmer.

Noriko stand ebenfalls auf und machte sich auf den Weg in die Küche. Dan folgte ihr. Sie entnahm einem Schrank Essgeschirr. Er stellte sich nahe hinter sie, nahm sie in den Arm. Noriko hielt inne. »Ich werde dich nicht mit ihr teilen, Noriko«, flüsterte er ihr mit ernster Stimme ins Ohr. »Ich weiß, du kannst es nicht verstehen. Es liegt nicht an dir. Sie ist wie ein Teil von mir, doch ist es ein Teilen. Du musst es nicht verstehen. Ich bitte dich nur, es verstehen zu wollen. Sieh es mit meinen Augen. Bleib bei mir und lasse deine Bedenken fallen.« »Theater?« »Nein. Es liegt bei dir.« - »Hast du sie deswegen hieher bestellt? Im Auto hörte sich das für mich anders an.« - »Ich bestelle sie nicht. Sie ist eingeladen. Wie du. Du hast es noch nicht verstanden, nicht wahr? Liebe verlangt nichts, Dan. Du besitzt mich nicht, und ich besitze dich nicht.«

*

Noriko hatte gegen abend Essen kommen lassen. Sie saßen gemütlich bei Tisch, unterhielten sich während des Essens angeregt. Sie räumten den Tisch ab, machten es sich im Anschluss auf den Couchgarnituren bequem. Yukiko setzte sich Dan gegenüber, rutschte in eine Ecke der Couch, stelle die Beine auf die Sitzfläche und legte sich eine Tüte mit Cookies auf den Bauch. Noriko setzte sich neben sie. Yukiko beobachtete Dan aufmerksam, stellte ihm unentwegt Fragen. Sie wollte vieles über New York in Erfahrung bringen. Das Leben dort, die Menschen, das weite Land mit seinen Sehenswürdigkeiten. Ihr größter Traum sei es, einmal in Las Vegas zu sein, um sich die wunderschönen Spielkasinos anzusehen und natürlich, um dort zu spielen. Sie liebe den Lebensstil und die Freiheit, die Menschen dort genössen. Offenbar ist sie Amerikanern und der westlichen Kultur gegenüber alles andere als abgeneigt, dachte Dan amüsiert.

»Besitzt du auch ein Motorrad, Dan?« - »Nein, ich habe leider kaum Gelegenheit Motorrad zu fahren. Aber ein paar Freunde von mir fahren Motorrad. Hin und wieder leihe ich mir eines für einen Nachmittag, um mit ihnen zu fahren. Wie gesagt, es kommt selten vor. Zu selten.« - »Yukiko fährt Motorrad«, meinte Noriko munter. »Ja. Manchmal fahre ich zusammen mit Freunden Motorrad. Ich fahre selbst und schnell. Die Polizei ist sehr streng. Es macht spaß«, erwiderte Yukiko. Sie nippte an ihrem Getränk und schaute Dan mit funkelnden Augen an.

Dan lächelte. »Das ist in den Staaten nicht anders. Unsere Polizei ist ebenfalls sehr streng« - »Aber euer Land ist viel größer, da kann die Polizei sicher nicht überall sein«, erwiderte sie amüsiert.

Sie schaute Dan einen Augenblick an. »Sind amerikanische Frauen wie wir? Ich meine, ich kenne zwar Frauen aus dem Westen, aber gibt es für dich einen Unterschied?«, wechselte sie mit einem Mal das Thema. »Ich denke nicht, dass es große Unterschiede gibt.« - »Kleine also?« Dan trank einen Schluck Bier und schaute sie verschmitzt an. »Manchmal sind es die kleinen Dinge, die den besonderen Unterschied ausmachen.« - »Viele Frauen hier wollen so aussehen wie westliche Frauen. Sie färben ihre Haare, tragen Mode aus Italien. Noriko färbt sich die Haare nicht. Sie ist hübsch, nicht wahr?«

»Ich mag nicht nur an Noriko, wie sie ihr Haar trägt und sich kleidet. In ihrem Wesen ist sie für mich unvergleichbar schön.« - »Ja, das ist sie. Dazu recht groß und sehr klug.« Noriko schmunzelte und schaute Yukiko an. »Lange, schwarze Haare gefallen mir an dir ebenso, Yukiko.« Yukiko begann, verlegen zu grinsen, während sie auf einem Cookie kaute. »Diese Rolle spielst du besser als ich«, entgegnete sie, schaute Dan an und fingerte in der Tüte nach einem weiteren Reiscookie. »Und du die kleine Prinzessin«, sagte Noriko. Yukiko lachte und schaute Dan einen Moment tiefschürfend an. »Dan könnte einen wohlhabenden Kaufmann aus Übersee spielen, oder einen stürmischen Entdecker und Eroberer. Sogar einen Diener seines christlichen Gottes, der das alte Reich besucht, um dem Kaiser seine Aufwartung zu machen«, meinte sie vergnügt.

»Du bietest mir eine Rolle in einem Theaterstück an? Ich bin ein miserabler Schauspieler«, erwiderte er ambig.

Yukiko fixierte ihn einen Augenblick.

»Ein Kaiser hat zwei Töchter, die ältere ist gutherzig, aber unansehnlich, die andere kaltherzig, jedoch wunderschön«, begann Yukiko. »Die Töchter stehen sich sehr nahe, leben einträchtig miteinander, aber entflammen in Liebe, buhlen um die Zuneigung des stattlichen, goldblonden Fremden«, meinte sie bedeutungsvoll, »doch nur eine, so scheint es ihm, kann sich seiner Liebe würdig erweisen«, setzte sie mit neckischer Miene hinzu. »Er kommt beiden sehr nahe«, meinte Noriko, »und erlebt mit einer jeden einen unvergesslichen Augenblick. Die eine bezaubert ihn durch die Schönheit ihrer Gestalt und einem anmutigen Tanz bei Sonnenaufgang in einem Hain blühender Kirchbäume. Die andere betört ihn durch die Herzlichkeit ihrer klugen Worte, während eines Gespräches in einer Mondnacht auf einem Berg.« »Ein christlicher Priester kommt für die Rolle des Fremden wohl eher nicht infrage«, meinte Dan verschmitzt.« »Er müsst bereit sein, seinem Gott abzuschwören, weil er sich unsterblich in die Prinzessinnen verliebt hat und er muss deren Glauben, Riten und Gebräuche annehmen. Denn er ist sich bewusst, er würde der neue gottgleiche Kaiser des fremdländischen Volkes sein,« meinte Yukiko. »Der Fremde vereinigt sich am Ende mit seiner Auserwählten und erschafft mit seinem Samen ein noch nie da gewesenes, mächtiges Reich.« Noriko hörte Yukiko vergnügt zu und nahm einen Schluck Cola. »Ich spiele natürlich die kaltherzige Prinzessin«, meinte Yukiko kauend. Noriko verschluckte sich, hielt eine Hand vor ihrem Mund, hüstelte und lachte dann schallend auf. »Eine interessante Geschichte. Der Zuschauer dürfte gespannt sein, für welche der beiden Prinzessinnen sich der stattliche Fremde entscheiden wird«, meinte Dan mit ironischem Unterton. Yukiko schaute ihn an. »Das hängt vielleicht davon ab, in welche der drei Figuren der Fremde auftreten wird«, erwiderte Yukiko tiefgründig.«

Dan sinnierte einen Moment darüber nach. »Und was ist mit dem Kaiser? Der spielt doch in dem Theaterstück auch eine wichtige Rolle, oder etwa nicht?. Ein Kaiser hat zudem eine Kaiserin?« »Kriege haben sein Reich geschwächt, in Armut gestürzt und das Volk leidet unter der Willkür der Shogune. Sie kämpfen untereinander um die Macht. Die Kaiserin wurde entführt und grausam ermordet. Des Kaisers Herz ist gebrochen und sein Körper tödlich erkrank. Kein Sohn, der ihm nachfolgt, das Reich wieder aufbaut und eint. Alle Hoffnung scheint verloren. Aber der Kaiser sieht in dem Mann trotz erster Bedenken den Erretter, der weise Entscheidungen treffen wird. Er verschaffte sich über ihn Gewissheit, denn er befragt die Astronomen. Sie erstellen ein Horoskop, das einen hochherzigen, mächtigen Drachen weissagt, der aus dem Wasser steigen und dem Reich zu neuer Blüte verhelfen wird,« verriet Yukiko, während sie an einem Cookie knabberte. Sie hielt Noriko die Tüte hin, die sich daraus bediente.

»Eine schwierige Situation«, meinte Dan und nahm einen Schluck aus seinem Glas. »Das hört sich alles sehr dramatisch an. Ist das eine von diesen asiatischen Sagen, die man sich hier erzählt?« - »So was in der Art,« meinte Yukiko, »ein dramatisches Stück, aber mit einem glücklichen Ende. Noriko und ich haben uns diese Geschichte ausgedacht. Wir wollen das Stück im Theater aufführen. Naja, wir müssen noch ausgiebig proben. In wessen Rolle würdest du schlüpfen und für welche Prinzessin dich entscheiden? Was meinst du, Noriko, ich denke, er würde sicher den wohlhabenden Kaufmann spielen wollen.«

»Ein stattlicher, goldblonder Drache aus dem Westen verhilft dem Land der aufgehenden Sonne zu neuer Blüte«, resümierte Dan gemütlich. »Und er ist weise«, erinnerte Yukiko. Sie seufzte leise auf, streckte die Beine aus, legte sie auf Norikos Oberschenkel und blickte Dan abwartend an.

»Ich tippe auf den Priester, ja, ich denke, ich würde mich für die Rolle des Priesters entscheiden.

Noriko und Yukiko schauten Dan verblüfft an. »Für den Priester? Warum?«, fragte Noriko. Dan rief sich den gemeinsam verbrachten Vormittag in Erinnerung. Die Besichtigung der Burg, den Tempel, wie Noriko dort im Gebet verharrte, ihre Bemerkung hinsichtlich ihrer Mutter und dem Fruchtbarkeitsfest.«

»Ein Kaufmann denkt nur daran, sein Vermögen durch gute Geschäfte zu vermehren. Der Eroberer hat Unterjochung im Sinn. Beide haben kein aufrichtiges Interesse, die Gewohnheiten anderer Völker zu ihren eigenen zu machen, bei aller Liebe. Ein Priester ist für gewöhnlich ein weiser Mann, sollte er zumindest sein. Aber es wird ihm schwerfallen, seinem Glauben abzuschwören. Aber für die Liebe? Ich gehe mal davon aus, dass die Figur, die er verkörpert, symbolisch für etwas steht, wie die ganze Geschichte. Er wird gottähnlicher Kaiser, und damit auch oberster Priester des Volkes sein. Ich denke, ihr habt die Rolle mit einem Priester besetzt.«

Yukiko und Noriko schauten ihn baff an.

»Für eine Langnase nicht schlecht, was?«, sagte Dan. Noriko und Yukiko lachten schallend auf.

»Und weiter?«, meinte Noriko vergnügt. »Welche Prinzessin wählt er zur Frau und macht sie damit zur Kaiserin.«

Dan schaute zunächst Noriko und dann Yukiko einen Moment andächtig an.

»Ehrlich gesagt, ich hab keine Ahnung. Egal, für wen er sich entscheidet, die andere wird sauer sein. Ich habe Mal gehört, es gibt bei euch auch weibliche Ninjas.«

Alle brachen wieder in Gelächter aus.

»Denk daran, die beiden Prinzessinnen stehen sich sehr nahe, obwohl sie so verschieden sind«, meinte Noriko verschmitzt.

»Das ist ja das Drama, wenn man sich nicht entscheiden kann, aber muss. So eine wichtige Entscheidung hat ja weitreichende Konsequenzen. Schließlich geht es ja um das Wohl eines ganzen Volkes«, erwiderte Dan spitzbübisch. »Keine Ahnung, ihr Süßen. Sagt ihr es mir.«

»Er verbringt eine Nacht mit beiden Prinzessinnen, und er entscheidet, mit der Gutherzigen zu regieren. Mit der Kaltherzigen zeugt er ein Kind, um sie nicht in ihrer Ehre zu verletzen, sie zu seiner Gegnerin zu machen, weil er verhindern will, dass das Reich gespalten wird. Gemeinsam erziehen die Drei das Kind und so vereint, erschaffen sie das große Reich. Alles erfüllt sich, wie das Horoskop geweissagt hatte und der Kaiser kann ohne Kummer in das Reich seiner Ahnen gehen. Gefällt dir die Geschichte?«

»Ein unerwartetes Ende. Der goldene Westen, wo die Sonne untergeht, verbindet sich mit dem kirschroten Osten,« meinte Dan amüsiert. »Schöner Gedanke, wenn da nicht die machthungrigen Shogune wären.«

»Gemeinsam schaffen sie es, sie zu besiegen«, meinte Noriko.

»Wir haben zwar einen Mann, Naruto, der die Rolle des Priesters glaubhaft spielen könnte«, meinte Yukiko kokett und schaute dabei Noriko an. Noriko lächelte, wirkte etwas verschämt. Sie machte Yukiko eine vorwurfsvolle Miene, als ahnte sie, woran Yukiko dächte.

»Aber?«, fragte Dan gemächlich und nahm einen Schluck Bier.

Yukiko schaute Dan provokant an. »Naja, es handelt sich auch um ein erotisches Abenteuer und die Zuschauer wollen auf ihre Kosten kommen. Nichts gegen Naruto, aber für die Bettszene wäre eine stattliche Langnase besser geeignet.«

Dan lachte herzhaft auf. »So ist das. Wie euer Märchen, ein ebenso altes Klischee. Da fällt mir Pinocchio ein.« Einen Moment schaute Dan gedankenschwer auf sein halb leeres Bierglas.

Die süßen Biester haben sich abgesprochen. Verstehe dich Noriko, hängt von mir ab, was ich daraus mache. Es geht aber nicht allein darum, das hab ich auch kapiert, keine Sorge. Ich habe das Gefühl, mein Leben wird nicht einfacher, sondern komplizierter. Lee wird sich totlachen, wenn ich ihm davon berichte, sinnierte Dan und trank sein Bier aus.

»Möchtest du noch ein Export?«, fragte Noriko. »Besser einen Whisky«, erwiderte er und stellte das Glas auf den Tisch. »Ja, gerne«, meinte Noriko. Yukiko nahm ihre Beine von Norikos Oberschenkel. »Ich war letze Woche einkaufen«, sagt Noriko, während sie aufstand und Richtung Küche ging. »Ich kenne ja deine bevorzugte Marke.« - »Du bist sehr aufmerksam, handelst wie gewohnt vorausschauend«, erwiderte Dan neckisch, worauf Noriko einen vergnügten Gesichtsausdruck machte. Yukiko legte die Tüte Reiscookies auf den Tisch, stand auf, trippelte an der Couch vorbei hinüber zur getönten Fensterfront und schaute hinaus auf die Stadt. Dan betrachtete Yukikos zierliche Statur, ihr Gesicht, das sich blass im Glas spiegelte. Kaltherzige Schönheit kam es ihm in den Sinn. Bist hübsch, Yukiko, gar keine Frage. Und du hast es faustdick hinter den Ohren. Mimst das schüchterne Mädchen, konstatierte er faustisch, hast dich gestern abend gut in Szene gesetzt. Wohl auch eine Inszenierung aus der Feder der Prinzessinnen.

Dan zog sich im Sitzen sein Jackett aus, da ihm warm wurde, und legte es über die Couchlehne. Noriko brachte ihm seinen Whisky. »Danke, mein Schatz.«

»Ich habe dir eine frische Limonade mitgebracht, Yukiko.« - »Danke Noriko. Es hat wieder heftig zu regnen angefangen. Gestern abend hat mich Yamada nach Hause chauffiert«, meinte sie versonnen, ohne sich vom Fenster abzuwenden.

»Stellt er dir immer noch nach?« - »Er parkte vor meiner Wohnung, stellte den Motor aus. Er wollte mich, schaute mich abwartend an, berührte mein Knie und sagte, das Stück habe allen über die Maßen gefallen und sei ungemein inspirierend gewesen. Er dachte in dem Moment daran, es sich einfach erlauben zu können, aber in seinen gierigen Augen spiegelte sich auch seine Angst wieder. Ich habe ihm gesagt, dass seine Hand sehr kalt sei und Herr Yoshida seinen Lakai sicher bald zurückerwarten würde. Er wurde unbeherrscht, als ich ausstieg, antwortete, ich sei nur eine alberne, eingebildete Hure. Ich habe keine Angst vor ihm, Noriko.«

Noriko ging zum Fenster, stellte sich hinter sie, legte ihre Arme um Yukiko und gab ihr einen sanften Kuss auf die Wange. »Yamada ist ein kläffender Hund an einer Kette. Mehr nicht.« Yukiko flüsterte etwas auf Japanisch. Es klang Dan wehmütig. Sie drehte ihren Kopf, hob ihn, schaute Noriko ins Gesicht, gab ihr einen sanften Kuss auf die Lippen und richtete danach ihren Blick auf Dan, der ihr Gespräch aufmerksam verfolgte. Noriko entließ Yukiko aus ihrer Umarmung, ging zurück und setzte sich wieder auf die Couch.

Yukiko drehte sich ihnen zu. Sie legte ohne jeden Übergang eine freudig strahlende Miene auf. »Ich ziehe jetzt mein neues Kleid an«, jauchzte sie, trippelte zum Foyer, holte den Karton und tänzelte zum Schlafzimmer. »Yukiko kann sehr spontan sein, und ist ein wenig flippig«, meinte Noriko besonnen. »Sie wirkt speziell auf ihre Art, aber sie ist alles andere als naiv. Yukiko weiß genau, was sie will und ist in ihren Entscheidungen nicht oberflächlich. Magst du sie?« Dan nickte. »Das dachte ich mir. Ja, ich mag sie. Sie ist in ihrer Art ganz anders als du, ihr beide seid wie Licht und Schatten«, hob er betonend an. Noriko schaut ihn vergnügt an. »Kennst dich schon ein wenig aus.« - »Ich lerne schnell. Bei uns sagte man: Gegensätze ziehen sich an.«

Yukiko kam zurück ins Wohnzimmer, baute sich auf und drehte eine Pirouette. »Na, was sagte ihr? Bin ich ein zauberhaftes Püppchen?«, fragte sie quietschvergnügt, hielt den Saum des Rocks mit den Fingerspitzen und nahm eine genierliche Pose ein.

»Du siehst süß aus«, meinte Noriko, stand auf und schaute sich das hauchzarte Kleid näher an. »Azuka wird mir aus der Hand fressen.« - »Dafür hast du es dir als gekauft?« - »Nicht nur wegen ihr. Ich kann es auch zu anderen Gelegenheiten tragen. Anstatt der Turnschuhe ein paar elegante, weiße Pumps und eine echte Perlenkette um den Hals, da werden die Männer Augen machen. Nicht wahr, Dan?« - »Ein wunderschönes Kleid«, erwiderte Dan, dem sofort aufgefallen war, dass Yukiko unter dem lichten Gewebe keinen BH trug. »Sehr sexy.« Yukiko blickte an sich herab, strich mit den Händen über das taillierte Kleid bis zum Ansatz des fülligen Rocks, zupfte den Stoff um ihre zierlichen Brüste zurecht, sodass die dunklen Vorhöfe noch deutlicher zum Vorschein kamen, und schaute Dan an.

»Sind sie geil?«

Dan lachte. »Du meinst sicher, ob das Dekolleté reizvoll aussieht?«

»Nein. Meine Titten, und ob Sie geil sind, Herr Miller«, erwiderte sie formell. »Auf einem gesellschaftlichen Empfang, einer Party oder wenn ich einen Mann in einer Bar anzusprechen hätte, würde ich selbstverständlich einen BH unter dem Kleid tragen«, erklärte sie, ohne eine Antwort abzuwarten. »Aber ich würde ihm im richtigen Moment die gleiche Frage stellen.« Einen Augenblick hielt sie inne. »Keine Sorge, ich mag dich, Dan. Nicht nur, weil du gut aussiehst und viel jünger bist als die meisten Männer und Frauen, an die ich herantrete. Noriko hat sich in dich verliebt und du dich in sie. Noriko hätte auch mir die Angelegenheit überlassen können. Aber sie hat sich im letzten Moment anders entschieden.«

Dan schaute sie zunächst verwundert an, ahnte schließlich, was sie ihm zu verstehen geben wollte.

»Das war kein Zufall«, erwiderte Dan mit fragendem Unterton. »Wie man es nimmt. Du solltest mich bekommen und jetzt stehen wir beide vor dir. Es liegt an dir, Dan«, meinte sie ambig.

»Du warst auch in der Hotelbar?« - »Ja, ich saß an einem Tisch im Hintergrund.«

Dan schaute Noriko und Yukiko erstaunt an. »Aber ihr seid keine Geschwister.«

Noriko und Yukiko lachten heiter auf. »Nein, aber Prinzessinnen«, gluckste Yukiko und deutete Dan einen gespielt ehrfurchtsvollen Kniefall an. Dan schüttelte sprachlos den Kopf, nahm dann einen kräftigen Schluck Whisky. »Ich werde jetzt auch einen Whisky probieren«, meinte Yukiko ausgelassen. »Zur Feier des Tages. Gibst du mir einen Schluck?« Dan erhob sich, reichte Yukiko sein Glas. »Auf das Glück und die Liebe.« Sie nippte und schaute Dan dabei an. »Ist Black Bush, nicht wahr?« - »Du kennst dich aus?« Yukiko zog ihm eine vielsagende Schnute. »Ein wenig. Hab so meine Erfahrungen«, meint sie kokett, gab ihm das Glas zurück und wendete sich Noriko zu. »Es ist spät geworden. Ich gehe mich umziehen.« Noriko nickte. Yukiko holte eine kleine Tasche aus dem Foyer, ging zurück zum Schlafzimmer, kam mit ihren Sachen heraus und zog sich ins Gästezimmer zurück.

Noriko schaute Dan an. Ihr Blick wirkte unsicher. »Müde?«, fragte er sanft. »Ja, ich räume nur noch etwas auf, gehe schon Mal ins Bad, Dan.«

*



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