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Pias spezielles Talent – Der Ungar (fm:Sonstige, 5980 Wörter) [2/5] alle Teile anzeigen

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Veröffentlicht: Sep 23 2017 Gesehen / Gelesen: 14909 / 10018 [67%] Bewertung Teil: 9.25 (32 Stimmen)
Pia wird hellhörig, als nebenan ein Mann in einer ihr völlig unbekannten Sprache telefoniert.

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Weiterhin konnte sich Pia keinen Reim auf die Erlebnisse mit Matti, Gerrit und dem Franzosen damals machen. Sie hatte noch nie von einem Menschen gehört, der Sprachen durch Sex lernen konnte, aber so schien es bei ihr zu sein. Und noch etwas begann sie zu verstehen: ihre Kenntnisse in der neu erlernten Sprache schienen von ihrer eigenen Erregung abzuhängen. Der süße Franzose damals hatte sie schon erregt, klar. Aber es war kein Vergleich mit Matti oder gar Gerrit. Und so waren ihr Finnisch und ihr Spanisch nun ziemlich herausragend, ihr Französisch immerhin auch noch so passabel, dass sie sich mit Muttersprachlern sehr gut verständigen konnte und natürlich konnte sie aus der Schule recht gut Englisch, aber das reichte ihr natürlich nicht.

Sie hatte Blut geleckt!

In den kommenden Wochen dachte sie gleich über mehrere angrenzende Bereiche dieser Fähigkeit nach: Welche Sprachen wollte sie schon immer mal erlernen und wie konnte sie die zugehörigen Sexualpartner kennen lernen? Konnte und wollte sie dieses Wunder (denn für nichts anderes hielt sie ihre Gabe) in irgendeiner Weise auch beruflich nutzen? Wie ließ sich solch eine ungewöhnliche Begabung geheim halten? Denn weder hatte sie Lust, in einem neurologischen Forschungslabor zu landen, noch wollte sie durch Fernsehshows gereicht werden, ob wohl sich dies bestimmt wenigstens zu Geld machen ließ

Außerdem fragte sie sich natürlich, nach welchen Kriterien sie in Zukunft ihre Sexualpartner auswählen sollte. Schon Gerrit war ja im Grunde genommen eher eine Art Versehen. Und sie wusste, dass sie nicht mit ihm ins Bett gegangen wäre, wenn sie von seiner Freundin gewusst hätte. Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr rückte sie von dieser Idee ab: warum sollte sie denn für die Treue anderer Menschen verantwortlich sein? Sie verführte ja nicht gegen den Willen des Mannes oder zwang gar jemanden in ihrer Arme (beziehungsweise ihren Schoß), sondern war nur empfänglich für Flirts und möglichst unkomplizierten Sex. In diesem Punkte also wandelte sie sich schon einmal und eben dieser Wandel sollte ihr auch die nächste Fremdsprache einbringen.

Die Frage nach der beruflichen Zukunft erübrigte sich auch relativ schnell beziehungsweise musste vertagt werden. Denn eine intensive Recherche und mehrere klärende Gespräche ließen sie etwas enttäuscht erkenne, dass für alle Berufe, die ihr in den Kopf kamen und sich direkt um Sprachen drehten (Übersetzer, Dolmetscher, etc.) es überhaupt nicht reichte, die Sprache perfekt zu beherrschen. Man musste sie auch wirklich begreifen. Also die Grammatik verstehen und anwenden können, Wissen über die Historie der Sprache und der Gegenden zu haben, wo sie gesprochen wird und vieles mehr. All das konnte sie nicht vorweisen und hatte dazu auch weder Lust noch Talent. Also würde sie wohl vorerst doch ihrem Studium der Wirtschaftsinformatik treu bleiben. Schaden konnten die Sprachen ja auch da keinesfalls.

Sie merkte aber, dass die Sprachkenntnisse sich großartig eigneten, um neue Menschen kennen zu lernen. Sie war auch vorher schon nicht schüchtern. Und heiß und sexy war sie eh. Aber sie war eben auch keine Draufgängerin, die von alleine auf Menschen zuging. Eher ließ sie es zu, angesprochen zu werden. Sie hatte sich schon öfter über sich selbst deswegen geärgert, denn so war sie immer mal wieder in der Not, Menschen abwimmeln zu müssen und verpasste auch Menschen, die sie näher hatte kennen lernen wollen, sich aber (anscheinend) nicht für sie interessierten.

Aber das änderte sie jetzt. Einfach, weil sie sich auch einen Nutzen davon versprach, Menschen zu treffen. Insbesondere wenn sie auf den ersten Blick erahnen ließen, ihr eine neue Sprache einzubringen. Auch wenn ihr klar war, dass das irgendwie rassistisch war.

Viele Gedanken gingen ihr also in den Wochen durch den Kopf. Nicht permanent natürlich, aber schon immer mal wieder. Zum Beispiel, nachdem sich an einem Abend ihre kleine Gruppe aufgelöst hatte, mit der sie am Picknickplatz bei Vorglühbier gesessen hatte. Sie waren zu siebt, hatten sich aber recht früh zerstreut. Bente, Claire und Flo, weil sie noch in einen Club wollten, Ingmar und Steffi bestanden darauf, das Champions-League-Spiel anzuschauen und der Streber Claus wollte noch an der Hausarbeit werkeln. Also blieb Pia alleine am Wasser sitzen, öffnete ein drittes und sicher letztes Bier und ließ den Blick auf den Fluss gleiten.

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