Notfall im Flugzeug (fm:Fetisch, 1676 Wörter) | ||
Autor: Ina Inflagranti | ||
Veröffentlicht: Oct 09 2017 | Gesehen / Gelesen: 16533 / 14198 [86%] | Bewertung Geschichte: 8.00 (24 Stimmen) |
Wenn man spät dran ist, um seinen Flieger zu erwischen, dann ist das schlecht. Noch schlechter, wenn die Blase schon zum Bersten gefüllt ist und man nicht auf die Toilette kann. Was der eklige Typ auf dem Nachbarsitz wohl dazu sagen wird? |
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"Letzter Aufruf für Flug 273 nach Glasgow."
Im Stechschritt klackern meine Absätze die Gangway hinunter. Ich bin viel zu spät dran und der Verkehr in Berlin war nicht gerade förderlich, mit all seinen Baustellen, Einbahnstraßen und Rotphasen an den Ampelanlagen.
Mein kleiner Trolley surrt als treuer Begleiter neben mir auf dem Boden. Wenigstens musste ich den nicht abgeben, perfektes Packmaß. Handgepäck.
Die Kontrolle habe ich gerade hinter mir gelassen, als der Aufruf ertönt. Jetzt schnell, bevor sich das Gate schließt. Ich kann vor mir schon das Terminal sehen. Eine uniformierte Frau ist bereits im Begriff die Tür zu schließen.
"Halt!" rufe ich und es kostet mich all meine verbliebene Kraft, ihr dieses Wort zuzurufen. Aber sie hält inne, wartet auf mich. Schnell flitze ich an ihr vorbei, bedanke mich. Sie nickt nur.
Ich besteige als letzte das Flugzeug. Mein Platz liegt in der Mitte der 2. Klasse, Fensterplatz. Noch reicht es nicht für die erste Klasse, aber wer weiß. Wenn das Geschäft in Glasgow gut läuft, winkt zumindest eine saftige Prämie.
Ein bulliger Typ mit Glatze hat den Platz neben mir gebucht. Schweißperlen zieren seine Stirn und nicht nur die. Der Mann scheint sogar vom Sitzen zu transpirieren, der abstoßende, feuchtwarme Geruch beleidigt meine Nase. Ich bitte ihn, mich durchzulassen. Desinteressiert wirft er einen kurzen Blick auf mich und macht dann Platz. Zum Glück ist es Kurzstrecke.
Ich setze mich, schnalle mir den Gurt um. Als sich das Material straff über meinen Unterleib spannt, bemerke ich ein dringendes Bedürfnis. Aber dafür ist gleich noch genug Zeit. Erstmal müssen wir abheben.
Die Stewardessen laufen noch durch den Gang. Ein kleiner Junge muss ermahnt werden sich hinzusetzen. Und noch immer sind nicht alle angeschnallt. Ich blicke auf die Uhr. Wir sind schon 10 Minuten zu spät. Aber ich habe ein Zeitpolster von einer Stunde, das sollte machbar sein.
Der Mann neben mir schließt die Augen. Wenigstens ist er nicht gesprächig. Er scheint ganz zufrieden damit, in seinem eigenen Saft vor sich hin zu vegetieren. Müde blicke ich nach draußen. Es ist merkbar dunkel geworden, graublaue Wolken bedecken den Himmel, der gerade noch hell leuchtete. Da braut sich was zusammen, denke ich.
Endlich setzt sich das Flugzeug in Bewegung. Ich spüre den mir längst bekannten Druck auf den Ohren und werfe ein Kaugummi ein. Wir heben ab, gewinnen rasch an Höhe.
Mein Blick hat das Anschnallsymbol fest fixiert. Dann haben wir unsere vorgeschriebene Flughöhe erreicht und Lämpchen erlischt. Endlich kann ich mich auf der Bordtoilette erleichtern.
"Dürfte ich kurz durch?" spreche ich meinen Sitznachbarn an. Doch der reagiert nicht. Ich räuspere mich, spreche ihn erneut an. Immer noch nichts.
Auch wenn mir jegliche Berührung mit diesem Mann eigentlich zuwider ist, rüttle ich leicht an seiner Schulter. Endlich schlägt er die Augen auf, sieht mich fragend an. Ich erkläre mein Anliegen und er erhebt sich mürrisch.
Dann wende ich mich der Toilette zu. Besetzt.
Ich beschließe davor stehen zu bleiben. Unruhig wippe ich von einem Fuß auf den anderen. Vielleicht hätte ich den "Coffee to Go" auf dem Weg zum Flughafen nicht mehr trinken sollen, geht es mir durch den Sinn.
So langsam wird es wirklich dringend.
Die Sekunden kommen mir wie Minuten vor. Ist da wirklich jemand drin? Kann tatsächlich jemand so lange brauchen, um sich zu erleichtern?
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