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Klassentreffen (fm:Verführung, 4006 Wörter)

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Veröffentlicht: Sep 12 2018 Gesehen / Gelesen: 24708 / 19749 [80%] Bewertung Geschichte: 9.00 (80 Stimmen)
Lehrerin Christina co-organisiert ein Klassentreffen der ehemaligen Schüler aus ihrer Referendariatszeit. Schon der Vorabend wird lang und feucht-fröhlich, denn Irma und Gideon übernachten bei ihr.

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Die Tischdekoration war von schief nach schräg gerutscht, Glassplitter säumten den Boden. Couch, Sessel und Stühle, überall wurden die Reste von Chips, Crackern und Salzstangen sichtbar. Federleicht tänzelte ich mit dem Wischmop über das Parkett und beseitigte die Spuren des sehr ausschweifenden Abends. 'Im Zelt der Kurtisanen' war das Theaterstück der Theater AG 2015 anlässlich der Schlacht von Waterloo, die sich zum zweihundertsten Mal jährte. Und alle Hauptdarsteller hatten sich schon am Vorabend des ersten Klassentreffens bei mir eingefunden, mit ihren Kostümen. Mit viel Spaß hatten sie mein Stück noch einmal gespielt, auswendig.

Der Zusammenhalt innerhalb der Truppe war damals schon bemerkenswert, ich hatte als Referendarin irgendwie zu ihnen gehört. Mittlerweile habe ich alle Prüfungen hinter mir, wurde als Lehrerin für Deutsch und Geschichte an dem Gymnasium weiter verpflichtet. Und nun stand das erste Klassentreffen des Abiturjahrgangs 2016 an.

Nach nur zwei Jahren, so hatten es mir die älteren Kolleginnen bestätigt, war so etwas noch nie initiiert worden. Das machte mich besonders stolz, zumal ich meinen damaligen Schülern nach der feierlichen Zeugnisausgabe das Du angeboten hatte.

Irma und Gideon hatten sich telefonisch bei mir gemeldet, ich möge für sie Zimmer in einem Hostel oder Hotel besorgen da ihre Eltern in andere Städte umgezogen waren. Natürlich schliefen die beiden bei mir, Irma im Gästezimmer und Gideon auf der Couch in meinem Arbeitszimmer.

Der Kaffee lief und mit dem Handsauger waren die Polster auch bald gereinigt. Das Wohnzimmer sah wieder ordentlich aus, nichts erinnerte jetzt noch an den letzten Abend. In der Küche holte ich die Kaffeetassen aus dem Schrank, da fiel mir die Offiziersuniform auf, sie hing über der Lehne des Stuhls am Fenster. Sven musste sie vergessen haben. Ich nahm sie, ging in die Diele und an der Garderobe hing auch schon die Napoleonuniform von Gideon samt Champagnersäbel.

Der frische Kaffee weckte auch die letzten noch müden Lebensgeister in mir, da wurde ich von einer verschlafenen Stimme begrüßt: "Guten Morgen, Christina." Irma waren die Spuren des Abends deutlich anzusehen. Ich grüßte zurück und reichte ihr eine Tasse Kaffee. Schluck für Schluck wurde sie aber nicht frischer, eher melancholischer im Gesichtsausdruck.

"Du Christina." Irma hatte anscheinend etwas auf dem Herzen, wollte mich vielleicht um Rat fragen, aber Gideon unterbrach sie nach dem Ansatz. "Guten Morgen ihr beiden." Der wuschelige Lockenkopf hatte sich in den Rahmen der Küchentür geschoben. "Oh Mann, mir brummt der Schädel. Alkoholisch bin ich echt aus der Übung." Er setzte sich zu uns an den Küchentisch und griff gierig nach der Kaffeetasse.

Wir nickten uns zu, wortlos schlürften wir den Kaffee. Plötzlich sprang er nach dem Blick durchs Küchenfenster auf, ging näher ans Fenster. "Schöne Scheiße!" Gideon zeigte zu seinem Polo. "Zwei Reifen platt. Da steht mir wohl ein teurer Reifenwechsel bevor." Sein Gesicht verfinsterte sich, ja es sah aus wie schockgefrostet. "Glaubst Du nicht an einer Scherz?" Ich sah ihn lächelnd an, es wirkte enteisend auf sein Gesicht und sein Gehirn ratterte. "Meinst Du Sven hätte das mit dem Luft rauslassen wörtlich genommen?"

Er fasste sich an den Kopf, dachte wohl an die bescheuerte Wette der letzten Nacht. Auch Irma lachte jetzt mit und machte das Victory-Zeichen.

Wie auf Kommando standen wir auch auf und liefen hinter Gideon her. An der Wohnungstür hing ein Beutel, darin befand sich eine Reifenpumpe die an den Zigarettenanzünder angeschlossen werden konnte. Gideon war um seinen Polo gelaufen, alle vier Reifen waren platt. Triumphierend nahm ich die Reifenpumpe aus dem Beutel. "Siehst Du, Sven wollte Dich ans Arbeiten kriegen." Irma und ich wir schüttelten uns vor Lachen.

Trotz Brummschädels machte er sich sofort ans Werk und Irma half ihm. 'Frühstück' kam mir sofort in den Sinn als ich eine Nachbarin mit einer Brötchentüte sah. Ich lief zurück in die Wohnung, suchte den Ersatzschlüsselbund heraus und schnappte mir den Einkaufskorb. Wieder draußen drückte ich Irma den Schlüsselbund in die Hand, dann machte ich mich auf den Weg.

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