Zwei Brüder, ich und das Rauschen des Meeres (fm:Sonstige, 8176 Wörter) [1/2] alle Teile anzeigen | ||
Autor: Emily Bloomingdale | ||
Veröffentlicht: May 28 2021 | Gesehen / Gelesen: 13491 / 9964 [74%] | Bewertung Teil: 9.32 (75 Stimmen) |
Ich wollte den süßen Jakob, während sein ebenso arroganter wie verheirateter Bruder Michael scharf auf meine blonde Zwillingsschwester Alina war. So weit, so gut. Doch es gab einen Haken. Denn in Wirklichkeit hatte ich Alina frei erfunden |
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Ich liebte es, durch das vorwitzige Kitzeln der Sonne auf meinem Gesicht geweckt zu werden. Und es musste einfach ein großartiger Tag werden, wenn ich die Augen geschlossen halten und dennoch ganz deutlich wahrnehmen konnte, wo ich mich befand, weil eine sanfte Brise durch das gekippte Schlafzimmerfenster die salzige Meeresluft bis an meine Nase trug und die plätschernden Wellen mir die Geschichte ihrer langen Reise in mein Ohr flüsterten. Dazu noch eine kräftige Männerhand, die sich zärtlich auf meine Brust legte und ein erster Kuss, der Lust auch noch viel mehr machte - das war mein perfekter Morgen.
Der heutige war davon jedoch so weit entfernt, wie es überhaupt nur möglich war. Der laufende Motor eines Autos und der Geruch von Benzin waren meine ersten Eindrücke dieses Tages. Der Himmel war bedeckt und zwei Männer unterhielten sich lautstark. Als dann noch jemand die Hupe betätigte, war ich vollends bedient. Verzweifelt zog ich die Decke über meinen Kopf. Schlimmer konnte es nicht werden. Doch diese Einschätzung musste ich wenig später bereits revidieren.
Im Prinzip war ich kein gewalttätiger Mensch. Als jedoch an diesem Urlaubsmontagmorgen um 7:38 Uhr jemand energisch an der Haustür klingelte, konnte ich für nichts mehr garantieren. Ich war viel zu schnell viel zu wach geworden. Wer mich kannte, wusste ziemlich genau, was das bedeutete. Mit einem Blick, der Eisen teilte konnte - zumindest bildete ich mir das ein - stampfte ich aufrichtig zornig zur Haustür und riss diese weit auf. Der große, blonde Kerl machte ebenfalls nicht den Eindruck, als sei dies der glücklichste Tag in seinem Leben. Allerdings schien er seinen Text vergessen zu haben, denn er glotzte mich mit offenstehendem Mund an. Ich folgte seinem Blick und hielt mir schnell die Hände vor meine Brüste. Mit Nacktheit hatte ich grundsätzlich überhaupt kein Problem, doch dieses Arschloch hatte so etwas Schönes einfach nicht verdient. "Was ist?", fauchte ich ihn an.
"Ist das Ihre Karre, die da im Weg steht?", maulte er zurück und deutete irgendwo in Richtung Straße.
"Und deswegen holen Sie mich aus meinem Schlaf? Haben Sie noch alle Latten am Zaun?" schrie ich so laut, dass spätestens jetzt alle Nachbarn wach waren und vermutlich neugierig schauten, was sich hier abspielte. Ich hingegen hatte genug von dem Mist und knallte dem Idioten die Nase vor der Tür zu. Er betätigte erneut die Klingel und als ich nicht darauf reagierte, hielt er sie gedrückt. Doch zum Glück wusste ich, wo man sie ausschaltet. Sein wütendes Hämmern gegen die Haustür ignorierte ich. Und da an Schlaf jetzt ohnehin nicht mehr zu denken war, beschloss ich, die traditionelle morgendliche Runde Nacktschwimmen in der Ostsee zu starten. Ich schnappte mir ein Handtuch und griff beim Versuch, mir mein Höschen auszuziehen, ins Leere. Oh. Ich blickte noch einmal kurz zur Tür zurück. Dann zuckte ich mit den Schultern. Es ließ sich eh nicht mehr ändern. Durch die Terrassentür verließ ich das Haus. Obwohl die Sonne bestenfalls irgendwo hinter den Wolken zu erahnen war, fühlte sich die Luft schon sommerlich warm an. Das Wasser hatte seit Wochen über 20 Grad, also fast Badewannentemperatur. Ähnlich wie unser Strandhaus, das auf nahezu jeden eine fast schon magisch-erotisierende Wirkung hatte, verfügte auch das Meer über beeindruckende Eigenschaften. Wenn ich träge war, gab es mir meine Energie zurück und wenn ich geladen war wie jetzt, dann wirkte es angenehm beruhigend auf mich. Eine Viertelstunde später fühlte ich mich wie neu geboren und als ich aus dem Wasser stieg, riss die Wolkendecke auf und die Sonne kam zum Vorschein. Schlechte Laune war an der Ostsee nie von langer Dauer, das kannte ich schon seit meiner frühesten Kindheit. Und als ob der Tag sich für seinen Fehlstart entschuldigen wollte, schickte er mir auch noch einen recht ansehnlichen Mann zum Frühstück. Erst jetzt merkte ich, wie hungrig ich war. Der braunhaarige Mann, den ich auf ungefähr dreißig schätzte, musste jedoch wohl schon gegessen haben. Obwohl ich direkt auf ihn zuging, blickte er angestrengt auf den Boden. Immerhin konnte ich ihn so etwas genauer betrachten, ohne dass es auffiel. Er trug eine graue Jeans und ein rotes Shirt. Zum Dreitagebart reichte es noch nicht ganz. Dennoch sah er zweifelsohne gut und sogar ziemlich sexy aus. Meiner ersten Einschätzung nach gehörte er eher in die Kategorie süß und schnuckelig als wild und unzähmbar. Kurz bevor ich an ihm vorbeiging, fiel mir ganz plötzlich mein Handtuch in den Sand. Er bückte sich und reichte es mir, ohne ein Wort zu sagen. Dafür schaute er mir endlich in die Augen. Seine waren schokoladenbraun und holten mich fast von den Beinen. "Danke", hauchte ich.
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