China Girls (12) - Kinderlieder ? (fm:1 auf 1, 4397 Wörter) [12/25] alle Teile anzeigen | ||
Autor: Alexander vonHeron | ||
Veröffentlicht: Jun 20 2021 | Gesehen / Gelesen: 6313 / 4206 [67%] | Bewertung Teil: 9.29 (14 Stimmen) |
Tom erlebt eine unangenehme Überraschung, Sarah ebenso ... |
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stabilisierte und sehr ruhig stehen konnte.
"Oh ich gestehe!"
"Na, das ging aber schnell!", nickte der Beamte selbstgefällig sich selbst und seinem Kollegen zu. Jener, der sicherlich in der Kategorie Doof nominiert war und sich nun einen gehörigen Vorsprung an weiteren Punkten zu verschaffen begann.
"Ich gestehe, dass ich der schwarzen Schlampe auf ihren Arsch und den Busen geschaut habe. Genügt das? Aber eines noch. Sie werden keine Fingerabdrücke finden. Geschaut, nicht berührt. Ist das klar?"
"Ja, Fingerabdrücke haben wir auch nicht gefunden!"
"Ok? Und was wollen Sie dann von mir?" - jetzt war der Spaß aber dann wohl bald zu Ende, konnte Tom die ganze Aktion nicht mehr verstehen. Schon klar, da gab es nichts zu finden. Er hatte sie nicht berührt, nicht mal versehentlich. Und das Anstreifen beim Verlassen des Flugzeugs, falls ihm dieses Delikt nun vorgeworfen wurde, dann ... oh nein, alles was recht ist. So eng wie der Gang in den blöden Fliegern ist und bei dem Andrang und überhaupt. Nein, das war eine Finte, ein sehr dummer Vorwand.
"Wir haben etwas Anderes gefunden. Am Busen, nur wenig. Am Arsch, ja, ein wenig. Aber mehr davon im Arsch und in ihrer Vagina!"
Tom trat einen Schritt zurück und sah, dass die beiden in Richtung ihrer Halfter zu greifen schienen. Was war das, wovon hatten die nun geredet. Was hatte denn Samantha da erfunden? Wie weit ging die schwarze Schlampe denn noch in ihrem offenkundigen Lügenfeldzug gegen alle Weißen. Diese blöde Hure - er hatte ja von Anfang an schon so ein komisches Gefühl gehabt. Auf der einen Seite tat sie so, als würde sie sich ranmachen und dann - nein, ich hab" sie nicht mal berührt. So eine verdammte Hure die blöde Schlampe!
"No I had no sex with this woman ... nicht mal einen Blowjob. Abgesehen davon, dass er ja ohnehin nicht mehr als Sex zählt. Anordnung von unserem Ex-Präsidenten, alles klar?" - das lag ihm auf den Lippen. Aber er war sich sicher, dass die beiden Typen hier nur sehr einseitig etwas von Spaß zu verstehen schienen. Humorlose Cops, ein Gräuel in der Tat!
"Sie wissen schon, wovon ich rede? Und dass das hier alles andere als ein Scherz ist."
Tom schüttelte den Kopf, sogar eher für sich gemeint, denn für die beiden, die ihn schon längst fixiert hätten sollen, wie sie immer mehr den Eindruck begannen. Der wirkte hier wie ein Stier, der losrennen würde. Aber vorher noch ein wenig kalmieren und dann eben erst zugreifen.
"Sie wissen, was ich meine. Keine Fingerabdrücke, sondern Sperma. Jede Menge, und zwar ihres!"
"Moment mal, das ist wohl ein Scherz, ein Irrtum. Alles was recht ist, aber das geht jetzt echt zu weit. Sie meinen, ich habe mit ihr ge-vögelt. Also das gibt es nicht. Echt ein böser Scherz! Na warte, die verklag ich in Grund und Boden, Black-life-matters und whatever sonstige Scheiße da noch am Dampfen ist. Aber das lass ich mir nicht umhängen von der verfickten Schlampe. Dass ich sie gevögelt habe. So ein Unfug ... oder ... Wollt ihr mich verarschen. Na echt mal, das ist kein Spaß, da hört sich aber jeder Scherz auf. Alles was Recht ist!"
"Scherz und Vogel oder Vögeln, da wer doch was?" - Inspektor Doof war bestens unterwegs, sich einen gehörigen Punktevorprung zu verschaffen bei besagter Kür um den dümmsten Cop des Landes.
"Geamselt, nein gefinkt. Nein immer noch nicht. Nicht gefinkt sondern gefickt!"
Toms Augen wurden immer größer, er schüttelte den Kopf und stampfte auf den Boden. Was war los, musste er sich immer mehr und ernsthaft fragen. Die beiden Deppen als Nachfolger von dumm und dümmer, die zogen da eine Show ab, dass ihm die Ohren zu wackeln begannen. Und irgendwie hatte er dennoch den Eindruck, dass etwas Anderes dahinter sein musste. Etwas oder jemand - aber keine Ahnung, was hier mit ihm gerade alles geschah!
"Jetzt hört mal her, ihr Freunde der Blasmusik. Ich weiß nicht, was mit euch los ist ... aber es reicht! Ich hab diese Samantha nicht berührt, nicht mit dem Finger, nicht mit dem Schwanz. Gar nicht, überhaupt nicht. Und von was ihr faselt, ist mir ein Rätsel!"
Inspektor Doof hatte nun das Szepter in der Hand - das war eine neue Variante, hätte Tom nicht gedacht, aber ok, was war nun wirklich los. Er fühlte sich nur mehr noch, als hinge er selbst in den Seilen in einem virtuellen Boxkampf. Eigentlich war er ja schon KO, war aber noch nicht zu Ende gezählt worden und so hörte er jede Beschuldigung mit. Jedes Mal ein KO-Schlag, besser gesagt wohl ein Tiefschlag. Und jedes Mal tat es gar nicht einmal weh, weil es ja nicht wahr sein konnte, was hier angedeutet wurde.
Die beiden spielten wie ein eingelerntes Kabarett. Und wenn es nicht um seine Tragik und seine Situation gegangen wäre, hätte er sogar lachen müssen, so komisch führten sich Doof und Super-Doof auf. Andere Bezeichnungen hatte sie nicht verdient.
"Da war aber doch was mit einem Vogel, oder?"
"Mmh - aus einem Kinderlied, meinst du? Ein Storch leicht gar?"
"Storch - nein, das würde man wohl dann in neun Monaten und so. Wobei ... du weißt ja, nicht wirklich unter den Voraussetzungen, na ja, aber ..."
"Amsel, Fink und Storch - die waren es nicht ... dann?"
"Die Nachtigall auch nicht und die Lerche ebenso wenig"
Toms Augen wurden immer größer und sein Mund ging immer fassungsloser auf. Das musste ein sehr komischer Traum sein, lauter Vögel im Kopf, lauter Ornithologen - und das, weil er wohl unter-vögelt und noch voll die Nachwirkungen seines Flugs verspürte. Und den gefuselten Whiskey nicht zu vergessen!
Was war hier für Wahnsinn los.
"Sag ich ja - nicht Shakespeare, sondern ein Kinderlied. Amsel, Drossel, Fink und ..."
"Halt, das war"s. Nochmal, Amsel, Drossel ..."
"Es war die Drossel und nicht die Lerche! Erdrosselt, das war es, nicht nur gevögelt!"
"Tom ich verhafte Sie wegen Mordes an Miss Samantha McNeill!"
"Und Sie wollten ja ein neues Foto von ihr sehen. Das hier ist gerade mal eine Stunde alt. Frisch aus der Pathologie. Nicht recht erbaulich, das stimmt schon. Aber eben so, wie Sie Samantha zurückgelassen, nachdem sie diese vergewaltigt, verprügelt und dann erwürgt haben!"
"Sie haben das Recht zu ..." - das kannte Tom schon zur Genüge. Und das kannte er in und auswendig, wenn sein Kollege oder er selbst es eben gegen einen Tatverdächtigen ausgesprochen hatten. Dass dieser Spruch aber je gegen ihn verwendet werden würde, hätte er sich nicht einmal im Traum denken lassen.
Und was da wirklich mit Samantha geschehen war und wie in aller Welt er in dieses Verbrechen sogar als Hauptverdächtiger mit hineingezogen werden konnte, das interessierte ihn nun selbst außer-ordentlich. Da war er an dem Fall beteiligt und wahrlich integriert worden - erste Reihe fußfrei, sozusagen.
* * * * * * * * * *
Im Vergleich dazu, in welchen Albtraum soeben sein ehemaliger Chef und Companion gerade hineingezogen wurde, waren die Pro-bleme von Richard eher geringer Natur. Es waren schon Probleme, keine Frage, aber sie waren im wahrsten Sinn des Wortes "hausge-macht". Er konnte sich nicht erinnern, dass er mit seiner Frau im klassischen Sinn je einen Streit gehabt hatte. Auch diesmal waren keine harten Worte oder laute Beschuldigungen einander an den Kopf geworfen worden. Auch das Glas in der Tür blieb heil, selbst wenn es ordentlich klirrte und nachhallte.
Aber so hatte er seine Frau noch nie gesehen. Und so wie sie rea-gierte, musste er schon für sich selbst zugeben, dass sie nicht ganz unrecht hatte. Aber von all den anderen Dingen abgesehen, gab es das eine oder andere, wo ihm die Hände gebunden waren und die Zunge geknebelt. Das musste sie doch verstehen, sie arbeitete ja auch in einem letztlich vergleichbaren Bereich, wo Sicherheit als das oberste Gebot galt. Er konnte nicht darüber reden! Er durfte darüber nicht reden! Es war doch sonnenklar, dass jegliches Zuwiderhandeln sofort eine weitere Lawine an Problemen auslösen konnte. Echte Probleme dann aber. Das alles geriet dann sofort außer Kontrolle, wenn man ein wirkliches als top-secret eingestuftes Verfahren (um es neutral zu nennen) nicht ernst nehmen wollte.
Und dabei hatte er zu diesem Zeitpunkt noch überhaupt nicht einmal den Funken einer Ahnung, was sich bei Tom zurück in San Francisco abzuspielen begann. Und Samantha kannte er nicht und zwar wirklich nicht, selbst wenn sie das eine oder andere Mal in seiner Insel sozusagen übernachtet hatte, wenn sie auf ihrem wöchentlichen Rundkurs in Singapur gelandet war. Aber über den Weg gelaufen war sie ihm noch nie. Wobei, Stichwort ihr Busen und ihr Po und dazu die doch eher noch seltene schwarze Farbe, das wäre aufgefallen. Da hätte er ihr schon einen Job anbieten können für ein verlängertes Wochenende mit recht guter Bezahlung. Aufgefallen wäre sie ihm auf jeden Fall - da hatten Tom und er einen recht ähnlichen Geschmack. Tom eben um vieles verwegener und wohl auch erfolgreicher als er selbst. Und mit Ausnahme von Sarah, wo es genau umgekehrt war, da hatte Tom offenbar schon jede Frau auf freiwilliger Basis flachgelegt, die auch dem Geschmack seines momentanen Stellvertreters entsprochen hätte.
Und was nun Samantha und Richard rein hypothetisch betraf: Eine Teststellung und Befragung dafür wäre eben nötig gewesen. Und da hätte sich Richard in bereits bekannter Manier natürlich freiwillig geopfert. Angesichts der ihm noch gar nicht bekannten Umstände aber, wäre er in diesen Belangen nun wohl auch um einiges leiser getreten.
Aber logischerweise ging es in dem sehr hitzigen Wortduell gar nicht um Samantha und nur am Rande um Richard.
Sarah war sehr nachdenklich und innerlich extrem aufgewühlt aus der Abstellkammer neben der Toilette zu Sandra zurück geschlichen. In ihr tobte und rotierte es und es brannte nach wie vor lustvoll zwischen ihren Beinen. Oder aber es waren feine Schmerzen, der dezente Hinweis auf ihren Fehltritt. Und trotz all der gar so klaren und eindeutigen Zeichen, die James in ihr hinterlassen hatte, war sie geistig wie gelähmt. Sie konnte nicht glauben, dass das passiert war, wofür es offensichtlich keine Zweifel gab. Wollte sie die ersten paar Schritte, während sie auf den Platz von Sandra zusteuerte, innerlich noch die Ausrede verwenden, dass er sie ja gezwungen hatte dazu, so war ihr bereits in der nächsten Sekunde klar, dass dem nicht so war.
Natürlich war sie unter Stress gewesen. Höchste Anspannung und wohl auch Lebensgefahr, wie er gemeint hatte. Denn das, was er hart gegen ihren Rücken gedrückt hatte, wenn auch im Sakko versteckt, war echt gewesen. Und das was in der Hose darunter drückte, wohl ebenso, sogar umso echter, schüttelte sie ihre lange Mähne. Wie hatte das passieren können. Wie hatte sie sich so einfach und in dem Sinn auch ohne Skrupel diesem Gweilo hingeben können. Wie in aller Welt, wie sollte sie ... das je wieder ... vor ihrem Mann, Richard?
Sie musste ziemlich blass gewirkt haben, schwankend wohl auch, wie sie nach dem Sessel griff und sich behutsam in diesen niederließ. Einen feinen und peinlichen Stich spürte sie genau dort, wo es nass in ihr tobte. Ein klein wenig zuckte sie mit kurzem schmerzverzerrten Gesicht zusammen, dann lächelte sie wieder ein wenig gekünstelt und blickte tief in die Augen ihrer erstaunten Begleiterin.
Im ersten Moment konnte sie Sandra noch gar nicht hören, was ihre Freundin meinte, indem sie das eigene Telefon in der Hand hielt und damit wild gestikulierte. Alles dröhnte und schrillte in ihr, ganz so als wäre ihr Körper noch in eben jenem Alarmmodus, wo sie von höchster Angst in höchste Ekstase umgeschalten hatte. Vorsichtig griff sie nach dem Glas Wasser, verschüttete dieses beinahe und trank dann einen gehörigen Schluck, ehe die Sinne wieder einzusetzen begannen.
"Ist dir schlecht, meine Liebe? Hast du da einen Geist ... gesehen da draußen?", fragte Sandra besorgt und ergriff ihre Hand.
Wenn sie nur wüsste, wie nahe Gweilo und Geist doch beisammen lagen, hätte sich zwar als Scherz angeboten. Aber nicht einmal eine Andeutung des Geschehenen konnte sie machen. Und das war weniger sogar eine Frage der Gefahr, die sie nicht sah. Sondern eine Frage der Ehre, die sie wohl aber mit jener gerade vollzogenen Aktion verloren hatte.
"Du bist ja ganz kalt ... was ist denn ... passiert?"
Sarah nickte nur und lächelte etwas gequält. "Schon gut ... schon ok", presste sie mit äußerstes Kraftanstrengung über die Lippen und versuchte zu lächeln. Was sich in ihr abspielte, konnte sie in Worte kaum fassen außer diesem ewigen "unglaublich!". Und dass sie nicht verstand, wie das hatte geschehen können, was ihr widerfahren war. Mit einem feinen Spott zu sich selbst konnte sie nur feststellen, dass das nicht sie selbst gewesen sein konnte, sondern nur Mai La. Aber solch eine lächerlich-banale Ausrede konnte nicht standhalten, war nicht einmal ein gläsernes Feigenblatt. Wenn irgendjemand sie gesehen hätte und ... wenn sie wirklich in Gefahr war. Und warum sollte sie denn in Gefahr sein und ... sie kam aus einem Strudel von irren und inneren Überlegungen einfach nicht mehr heraus.
"Die Lüftung auf der Toilette muss wohl dringend repariert wer-den!", hechelte Sarah in beinahe letzter Kraftanstrengung über ihre Lippen. Für eine Sekunde öffnete sich Sandras Augen wie Wagenrä-der, dann platzte ein Lachanfall aus ihr heraus, der wie ansteckend wirkte und Sarah kugelte sich ebenfalls beinahe am Boden vor lauter Lachen. Der Bann, der sie immer noch gefesselt hatte, war fürs erste gebrochen. Und wenn sich bereits einige Leute nach ihnen hin um-drehten, dann war das durchaus üblich. Für junge Mädchen aus der Schule war das schon der Fall, dass die ihre Köpfe zusammen steckten und dann auch in Form einer kleinen Provokation sich so aufführten.
Die meisten schüttelten nur den Kopf und widmeten sich dann wieder ihrem Kaffee und Kuchen oder eben Tee und kleiner Speise in ganz alter englischer Manier. Da fiel es gar nicht auf, dass vor allem ein Augenpaar ganz intensiv die beiden zu durchleuchten schien. Ihm ging es ohnehin nur um zusätzliche optische Eindrücke. Was die beiden hier am Tisch beredete, hört er ja ohnehin schon längst mit, als hätte er den dritten Sessel belegt, der verwaist nebenan stand. Was Richard am Telefon zu Sandra gesagt hatte, war ebenso von ihm registriert worden. Nichts wirklich Neues, kaum etwas verklausulier-tes, schade eben, dass er seine Frau nicht direkt erreicht hatte. Und schade, dass eben Sarah dieses blöde Handy am Tisch hatte liegen lassen und nicht in Richtung der üblichen Warteschlange vor dem Waschraum mitnahm. Denn immer dann, wenn man warten musste, wurde einem fad und dann machte man Dinge, die eher untypisch waren. Aber was soll"s!
Denn was Sarah dem Vernehmen nach auf der Toilette getan hatte, naja ... diese Art von Fetisch war ganz nicht das seine.
* * * * * * * * * *
"Was, Richard - genau wie ich weg war ... das gibt es doch nicht, so ein Mist, so ein Zufall!", schüttelte Sarah den Kopf, wie ihr die Freundin nochmals das eigene Handy hinüberschob.
"Ich hoffe, du verzeihst, dass ich an dein Handy ... rangegangen bin, aber du weißt ja. Es war echt peinlich. Es hat so laut geklingelt und wollte nicht aufhören. Und alle haben schon so giftig zu mir herüber geschaut, als wäre es meins ... na du kannst dir ja vorstellen, oder?"
Sarah nicke ihr zu und lächelte erneut etwas gequält.
"Und? Wo ist er, was macht er, was ist los mit ihm?"
"Ui meine Liebe - das war jetzt ein wenig viel auf einmal", künstelte Sandra ebenso. "Also wir haben ja nicht recht lange gesprochen, er wollte wohl eher nur mit seinem Turteltäubchen flirten und heiße Liebesschwüre beteuern!"
"Tsss ... na komm schon, er wird doch zumindest kurz was gesagt haben. Oder hat er mit dir geflirtet und mich gleich fallen lassen?"
"Unfug, du weißt. Er ist treu wie eine Seele und ... ach du weißt schon!"
"Keusch wie ein Mönch - hast du das gemeint ...!" - das Lachen war nun schon um vieles ehrlicher, auch wenn sie damit den vorerst eigentlichen Grund ansprach, warum sie sich in der letzten Zeit immer öfters trafen. Aber im Moment hatte sie selbst sogar überhaupt keine Lust, in Richtung dieses Themas wieder weiter zu sprechen. Und schon gar nicht nach dem, was bei ihr vorgefallen war. Und wenn sie an das wiederum dachte, so begann das Lachen sehr wohl tief in ihr drinnen zu ersterben.
War das vielleicht der Grund, dass Richard immer wieder nicht wollte, nicht da war, nicht Zeit hatte. Sich nicht so für sie interessierte, wie sie das als verheiratete Frau sich schon erhofft und auch erwartet hatte. Konnte das sein? Es war wohl sehr grotesk, sich erstmal dann Gedanken über die Treue des Partners zu machen, wenn man selbst einen Fehltritt gemacht hatte. Und das wollte sie zumindest vor sich selbst gar nichts schönreden. Das war unverzeihlich gewesen, nicht nachvollziehbar und würde ohnehin nie wieder geschehen können und werden. Das war einfach ... sie wusste gar nicht die rechten Worte zu fassen für ihren Ausrutscher.
"Also Richard - was hat er denn gesagt!"
"Naja, kaum etwas, ehrlich. Außer dass er in Arbeit gerade unter-geht. Erst recht weil Tom weg ist ...!"
"Ja - aber warum. Warum ist Tom weg. Das war ja wie eine ..." - Sarah sah die Sekretärin der beiden an und bremste ihre gewählte Wortwahl ein. Sie wollte nicht von Flucht reden, denn das kam dann so hinüber, als wäre er vor ihr geflüchtet. Als hätte er vor Sandra sozusagen Reißaus genommen. Und das machte auch nicht viel Sinn. Aber Sandra hatte auch so die Andeutung mehr als genug verstanden. Und in ihrem tiefen Inneren ging es ihr auch nicht anders. Das alles machte keinen Sinn. Vor allem diese spontane Abreise. Sie hatte ihm ja beinahe bis zuletzt nicht geglaubt, was passiert war. Sie dachte an einen Scherz, so dumm der auch gewesen wäre. Und defacto konnte sie es noch immer nicht recht glauben, dass sie zum ersten Mal seit sehr langer Zeit wieder alleine ins Bett gehen würde. Und dann alleine aufstehen und ... dann ins Büro.
Und, so eigenartig das nun klingen mochte, aber was tat sie dann dort? Ja, eigentlich war sie ja auch die Sekretärin von Richard, oder eigentlich war sie ja nur die Sekretärin des hiesigen Niederlassungs-leiters, der aber gefeuert worden war. Auch das ein Thema, wo sie lieber den Mantel des Schweigens darüber breitete. Tom wusste den Grund, sie erahnte ihn recht genau und Tom hatte ihrer These nicht direkt widersprochen. Irgendwelche Widerwärtigkeit mit Minderjäh-rigen. Sehr sehr Minderjährige sogar, um es so zumindest verbal zu beschönigen, wo es einfach keine Ausreden geben konnte, überhaupt daran zu denken, geschweige denn ... das war widerwärtig und ekelhaft.
Richard schien das potentiell zu wissen - genaues darüber wusste sie zumindest nicht, grübelte Sandra ein wenig und ergriff die Hand der schon wieder sehr abwesend wirkenden Sarah.
"Ist es so schlimm - mit dir ... oder ihm?", ging sie ein klein wenig in Offensive.
"Was, wer - wie ... was meinst du?", wurde Sarah aus ihren verworrenen Gedanken herausgerissen und fühlte sich ertappt, so wie sie total rot anlief.
"Na ja, ich will dir nicht nahe treten. Du weißt ja, du kannst immer und alles und jederzeit fragen, da bin ich für dich da. Aber es ist schon recht eindeutig, dass da zwischen euch beiden was nicht mehr so läuft, wie es sein sollte ... ja ... schon ok, du brauchst jetzt nicht antworten, aber ... ich bin schon da, wenn du eine Schulter brauchst, um dich auszuweinen!"
Sarahs Mund klappte auf und sie schluckte, konnte kaum glauben, dass Sandra sie derart perfekt einzuschätzen vermochte. Ob es da noch viel Sinn machte, zu leugnen, fragte sie sich sehr wohl, als sie anfangs noch den Kopf schüttelte und dann doch in ein sanftes Nicken überging. Mit einem Mal musste sie vehement gegen einen Schwall an Tränen ankämpfen, der sich ihr aufzwang und sie griff zur Tasche, um ein Tuch heraus zu fingern und schnäuzte sich kräftig und in voller Lautstärke.
Für eine Sekunde lang dachte sie ein sehr schrilles Pfeifen zu hören, das sie auf ihr Trommelfell zurückführte, weil der Druckausgleich mit der Eustachischen Röhre kurz blockiert war. Aber auch Sandra schien ihre Ohren spontan zuhalten zu wollen - und recht ähnlich ging es auch den meisten Leuten in ihrer Nähe. Ein ganz schriller und hoher Ton, den sie von Videokonferenzen her kannte, wenn dort jemand sein Handy und dessen Lautsprecher aktiviert hatte und zugleich etwa auch noch den Ton über den PC mitlaufen ließ. Rückkopplung nannte sich das, wie sie spontan richtig einordnete und ihre Blick durch den Raum gleiten ließ.
Sandra reagiert ähnlich, so hatte sie den Eindruck. Was war hier los, schien sie in dieser einen Sekunde alle Leute zu scannen und diese zu kategorisieren, wie sie reagierten. Die meisten handelten ihr gleich, schmerzhaft zum Ohr greifend und dann ein wenig konsterniert eher in Richtung einer Person zu blickend, die ganz anders reagierte. Ihr war in dem Moment sogar, als würde diese Person erst durch die Reaktion der anderen überhaupt mitbekommen, dass es dieses doppelte überlagerte extrem hohe Pfeifen gab, in welchem sogar die letzten beiden Worte von ihr gehört werden konnten.
"... aus-zu-wie-nen!" und dann nochmals "aus-zu-wei-nen" als wäre es eine Endlosschleife, die jedoch leiser wurde und dann abrupt verstummte, wie diese Person nun offenbar in seine Sakkotasche griff und etwas drückte. Dann rückte die Gestalt, offenbar aber eher ein Mann, den Sessel zurecht, richtete sich den Kragen hoch oder war es eher eine Kapuze, wie sie zu erkennen glaubte. Und mit einem für alle überraschenden Sprint raste er so schnell wie möglich in Richtung Ausgang des Cafes und verschwand blitzartig im lockeren Gedränge draußen im Foyer.
"Was ... was zur Hölle ... was war das nur?", schüttelte Sarah im-mer noch ihre Ohren und hielt diese zu, einen weiteren schrillen Ton befürchtend.
Sandra reagierte anders, vollkommen anders. Viel gefasster und besonnen, vor allem wie sie ganz genau die Gesichter der restlichen Personen analysierte. Ob es da noch jemand zweiten gab, der mit Krampf versuchen wollte, Ruhe zu bewahren. Denn oft genug traten solche Akteure paarweise auf, sich zu beschützen auf der einen Seite und zugleich aber auch zu überwachen, auf der anderen. Das hatte sie gelernt und das war ihr in Fleisch und Blut übergegangen.
"Ich denke, wir sollten dringend gehen, meine Liebe!", fingerte sie in ihrer Geldbörse nach einem Schein, den sie halb unter die Tasse schob und einem Kellner das auch signalisierte.
"Aber ... zu mir, da sind wir sicher. Und ich glaube, ich habe dir ein paar sehr dringende Dinge zu sagen ..."
Immer noch wie gelähmt und halb taub, so ergriff Sarah die ihr dargebotene Hand, etwas ungelenk und mechanisch zuerst, dann aber umso herzlicher, als Sandra sich an sie heran schmiegte und die Unsicherheit ihrer Freundin endgültig in Luft auflöste.
Teil 12 von 25 Teilen. | ||
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