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Julia (fm:Lesbisch, 15525 Wörter)

Autor:
Veröffentlicht: Jan 31 2022 Gesehen / Gelesen: 11520 / 7910 [69%] Bewertung Geschichte: 9.65 (107 Stimmen)
Eine Liebesgeschichte.

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Ich gab Jens einen schmatzenden Kuss auf die Wange. Drückte ihm das Geschenk und den Blumen-Pott in die Hand. Er strahlte wie eine kleine Sonne. So hatte ich vielleicht Kinder an ihrem Geburtstag mal erlebt. Aber am dreißigsten? Na, hatte er vielleicht schon was genommen?

Ich begrüßte den hinzugeeilten Sammy ebenfalls mit einem Küsschen auf die Wange. Die Geburtstagsparty schien bereits gut besucht. Stimmengewirr und Gelächter drang von den beiden großen Wohnzimmerteilen in den Flur.

"Ich freu mich so, dass du gekommen bist, Schätzchen."

Als ob ich hätte nein sagen können. Das war das Gefährliche an diesen beiden völlig unschuldig wirkenden Schwulen mit den Engelsgesichtern. Ich konnte ihnen nichts abschlagen. Gar nichts. Ich war völlig in ihrer Hand. Und das nach einem halben Jahr.

Fast genau ein halbes Jahr war es nun her, dass ich in dieses Haus gezogen war. Gewohnt, Nachbarn als Leute zu erleben, die frau freundlich auf der Treppe grüßt, oder netterweise ein paar Tüten für sie die Treppen hochschleppt, wenn sie die achtzig überschritten hatten. Manche, bei denen Kopfnicken und aus dem Weg gehen angesagt ist.

Es war Jens gewesen, der mich schon an meinem zweiten Tag im neuen Haus in ihre Wohnung verschleppt hatte. Mich sofort in sein gigantisches Herz geschlossen. Mein Bekenntnis, ebenfalls nun ausschließlich von meinem eigenen Geschlecht angezogen zu werden, besiegelte dann mein Schicksal. Ich hatte Freunde fürs Leben gewonnen.

Es war tatsächlich proppenvoll. Schrille und schöne Gestalten, von denen ich nur wenige von vorherigen Besuchen kannte.

"Och, ist die wunderhübsch", kommentierte Jens die mitgebrachte Orchidee. "Du kennst meinen Geschmack halt ganz genau. Danke, mein Schatz."

Ich musste grinsen. Nun, der Tipp war von Sammy gekommen, der ihn nach zehnjähriger Beziehung wirklich kennen sollte. Ich hätte nicht mal genau gewusst, wie eine Orchidee aussah. Mir hätte man im Blumenladen eine Gladiole oder sonst was andrehen können. Hatte man offenbar aber nicht.

Oh, er machte das Geschenk auf. Damit hatte ich nicht gerechnet. Wo doch noch etliche ungeöffnete auf einem Tisch am Rand aufs Auswickeln warteten. Einige neugierige Augen folgten dem Vorgang und Beifallsbekundungen und Gelächter folgten dem kleinen Begeisterungssturm des Geburtstagskindes. Der mich dann knuddelte und wie irre kicherte.

Na ja, wer wünscht sich keine echten Handschellen. Die waren gar nicht so einfach zu bekommen. Diese Verlustmeldungsformulare hatten es in sich. Ich selbst brauchte bei meinem Job solche Dinger nicht und musste geeignete Kollegen anquatschen. Für Jens nahm ich das schon mal in Kauf. Hatte ja geklappt. Er war mir das wert.

Nun aß ich artig den mir sofort aufgedrängten Kuchen, der viel zu süß war und trank Kaffee, während die Majorität längst bei alkoholischen Getränken und anderem angekommen war. Immerhin eine Gnadenfrist, denn das kannte ich bereits von ihren anderen Freunden. Ich würde zwangsläufig in Gespräche gezogen werden. Alleine konnte man bei ihnen nicht bleiben.

Es waren tatsächlich auch Frauen da. So eng, wie die sich an ihre Freunde klammerten, war allerdings klar, wie schrecklich heterosexuell sie waren. Offenbar voller Angst, dass einige der objektiv schönen jungen Männer hier die Bi-Ader in ihnen schwellen lassen könnten. Dem Vernehmen nach reagierten Männer auf solche Schwellungen in absehbarer Weise.

Vor den beiden hatte ich das Gefühl gehabt, am besten mit mir selbst und alleine auszukommen. Ich hatte meine Arbeit, in die ich mich hineinkniete. In der ich erfolgreich sein wollte. Wo ich oft Überstunden schob, die ich nicht einmal angab. Einfach, weil ich nicht aufhören konnte und wollte.

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