Die Erziehung der Nachbarin (fm:1 auf 1, 23460 Wörter) | ||
Autor: Dimension Dom | ||
Veröffentlicht: Sep 19 2023 | Gesehen / Gelesen: 20715 / 17321 [84%] | Bewertung Geschichte: 9.65 (127 Stimmen) |
Es wächst zusammen, was zusammen gehört? Eine Beziehung mit Erziehung... Fortsetzung von "Lust und Leid der Nachbarin" |
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Ein lauer Sommerabend. Ich liege im Bett - neben meiner Ehefrau. Ja, neben jener Person, mit der ich vor einiger Zeit geklärt habe, dass wir keine Liebesbeziehung mehr, sondern eine freundschaftlich-partnerschaftliche Kooperation für die Erziehung unserer beiden Töchter führen. Auf gut Deutsch: Um der Kinder willen spielen wir die Rolle eines Ehepaars. Wir schlafen sogar in einem Bett (mit getrennten Decken). Aber da ist keine Erotik, keine Romantik, kein Sex, stattdessen eine Freundschaft. Unbekannt, ungewohnt, aber erfrischend tiefgehend. Wir reden so viel wie noch nie.
Auch an diesem Abend, während wir nebeneinander liegen, reden wir. Über Jana! Ich solle mit Jana reden, bittet mich meine Frau, oder etwas mit ihr tun. Sie wirkt verlassen, einsam, vernachlässigt. Ja, auch in "jenem" Sinne. Sie braucht Beistand, sie braucht jemanden, der ihr Halt gibt. Die Zeichen ihrer Hilflosigkeit sind unübersehbar. Während der letzten drei-vier Monaten hat sie sich mit vielen ihrer Bekannten und Freunden zerstritten. An der Schule, im Sportverein, am Kinderspielplatz wird sie kaum noch gegrüßt, im Elternbeirat wird geplant, sie abzulösen. Sie wird nicht mehr eingeladen und isoliert sich immer mehr. Sie ist zickiger denn je, konfrontativ und wirkt oft einfach nur abstoßend.
Ich überlege: Jana ist in einer ähnlichen Situation wie ich. Meine Ehefrau verlor vor einiger Zeit endgültig ihre Lust, was nach einer Therapie bei einer Fachpsychologin in Form als Asexualität diagnostiziert wurde. Ein Leben gänzlich ohne Sex ist für sie zur neuen Normalität geworden. Sie sehnt sich nicht nach Erotik oder Zärtlichkeiten, sie wünscht sich keinen Orgasmus. Somit verkümmerte auch unsere Liebe oder sie verwandelte sich (wie man es nimmt).
Janas Mann, über den ich erst kürzlich erfuhr, dass er jeher bisexuell war, ließ sich endgültig am anderen Ufer nieder. Berufsbedingt war er sowieso schon viel unterwegs, doch er kam noch seltener zu Jana nach Hause und vernachlässigte sie, die Kinder und das Haus immer mehr. Die verschwundene Liebesbeziehung wurde allerdings nicht - wie in meinem Fall - durch eine Freundschaft ersetzt. Für sie blieb nur die Leere, die sogar viel schlimmer war, weil sie die Zurückgelassene war. Natürlich passierte all dies nicht von heute auf morgen, es war eine zeitlich lange Entwicklung. Irgendwo mittendrin in diesem Prozess kam es zu unserem Abenteuer in der eingeschneiten Hütte. Wir fanden uns, obwohl wir uns nicht gesucht hatten. Dieser Umstand drückt seinen Stempel der späteren Entwicklung unserer Liebschaft auf, denn sie ist ein Auf und Ab oder - neudeutsch - eine On-Off-Beziehung.
Wir sind erneut ganz unten angekommen, beinahe ein "Off". Zum wievielten Mal? Ich zähle nicht mehr. Was ich nun allerdings weiß: Ich muss etwas tun. Es muss wieder bergauf gehen.
*~*~*~*~* MONTAG *~*~*~*~*
Montag, früher Nachmittag: Nachdem ich meine beiden Töchter bei den Großeltern für einen zweiwöchigen Sommeraufenthalt abgegeben habe, führt mich mein Weg schnurstracks zur Nachbarin. Sie ist zu Hause, arbeitet nicht, da sie sich die Woche freigenommen hat. Genauso wie ich. Wir haben eigentlich geplant gemeinsam wegzufahren, doch die Talfahrt unserer Beziehung verhinderte, dass wir diesen Plan umsetzten.
Ich bemühe mich gar nicht mit dem Klingeln an der Vordertür, sondern gehe einfach hinten hinein. Ich treffe sie in der Küche an. Überrascht, aber kühl, begrüßt sie mich mit einem Hallo. Sanft frage ich nach, wie es ihr gehe. Gut. Ob sie etwas brauche. Achselzucken. Ich versuche mich zu nähern, sie weicht aus.
Dann werde ich direkter und konfrontiere sie mit ihrem Verhalten, das zur Folge hat, dass keiner mehr etwas mit ihr zu tun haben will. Obwohl: Eine Konfrontation ist das nicht, eigentlich stelle ich nur die vorsichtige Frage, was denn das Problem sei.
"Nichts!", zischt sie.
"Ist etwas Schlimmes passiert?", hake ich weiter nach.
"Warum soll denn etwas passiert sein?", faucht sie zurück. "Kann es nicht einfach nur scheiße sein?"
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