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Krieg und Liebe: Henschels Rückkehr (fm:Romantisch, 12478 Wörter)

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Veröffentlicht: Dec 11 2023 Gesehen / Gelesen: 7072 / 5062 [72%] Bewertung Geschichte: 9.76 (155 Stimmen)
Andreas Henschel findet eine Lösung, seine Geliebte und seinen Sohn wiederzusehen und ein Familienleben aufzubauen.

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zugeschlagen worden, im Nordwesten hatte Belgisch-Kongo sein Terrain um Ruanda und Burundi erweitert und das im Krieg lange neutrale Portugal hatte seine Kolonie auf südliche Grenzbereiche Tanganjikas ausgedehnt. "Ihr Problem, Herr Henschel", hatte der Ministerialbeamte hinzugefügt, "ist die Tatsache, dass Sie Ihre afrikanische Partnerin nicht geehelicht haben und der gemeinsame Sohn, von dem Sie mir berichtet haben, keine ordentliche Geburtsurkunde besitzt. Ich weiß nicht, auf welcher Rechtsgrundlage wir für diese Afrikanerin mit ihrem Sohn ein Einreisevisum und eine Aufenthaltsgenehmigung ausstellen sollen." Er lehnte sich in seinem Schreibtischstuhl zurück und breitete seine Hände verlegen auseinander. "Sie haben ja selbst in der Schutztruppe einige Jahre gekämpft. Dann wissen Sie, dass wir selbst Ihre treuen Askaris nicht nach Deutschland reisen lassen, obwohl Ihr ehemaliger Oberkommandierende General von Lettow-Vorbeck in dieser Angelegenheit einen riesigen politischen Wirbel veranstaltet."

Deprimiert von meiner Erfolgslosigkeit schrieb ich Briefe an Una, der ich trotzdem versuchte, Mut zu machen und an Muhammad Ali, damit dieser meiner Geliebten und meinem Sohn weiter Schutz und Versorgung gewährleistete. In dem Brief an meinen arabischen Freund schilderte ich aber nach langer Überlegung die bürokratischen Probleme und meine Hoffnungslosigkeit ohne Zurückhaltung.

Una hatte bereits zwei Briefe nach Berlin geschrieben, in denen sie ihren unerschütterlichen Glauben an eine gemeinsame Zukunft deutlich gemacht hatte und damit mir viel Mut gab, meine Bemühungen fortzusetzen. "Bitte gebe nicht auf, mein geliebter Mann", hatte sie klar und deutlich geschrieben. "Ich will jeden Weg gehen, damit unser Sohn mit seinem Vater gemeinsam heranwächst." Ich stellte beim Studium von Unas Brief auch nach dem zehnten Durchlesen fest, dass Una erstens ein mustergültiges, fast akademisches Deutsch auch in Schriftform beherrschte und zweitens selbst im geschriebenen Wort die ungeheure Kraft und Zuversicht ausdrücken konnte, die ihr zu eigen war.

Muhammad Alis Antwort brauchte deutlich länger als Unas, da der Händler sich längere Zeit bei seinem Sohn auf Sansibar aufgehalten und deshalb meinen Brief erst einen Monat später gelesen hatte. Typisch für ihn war die weitschweifende und umständliche Ausdrucksweise, die ihn als arabischen Händler auszeichnete. Dann aber wurde Alis Brief ungewohnt direkt und konkret. "Unsere neuen britischen Kolonialherren regieren uns genauso wie die deutschen, allerdings mit dem Unterschied, dass sie sehr viel mehr daran interessiert sind, Geld aus so gut wie allem herauszuquetschen und auf der anderen Seite so wenig wie möglich zu investieren. Deine Eisenbahnlinie ist durch eine neue britische Gesellschaft mit diesem Ergebnis übernommen worden und hat die Tarife sowohl für die Personenbeförderung, aber erst recht für die Güterbeförderung deutlich erhöht. Im Gegenzug hat die Investitions- und Bautätigkeit hier am See so stark nachgelassen, dass Faruk die Ziegelei mangels Nachfrage stillgelegt hat. Er plant, mit seinen besten Ziegelmachern zum Ursprung unserer Familie am Schatt-al-Arab zurückzukehren und dort einen neuen Betrieb aufzubauen. Auf meiner Handelsseite habe ich mit meinem Cousin Ahmed Abbas eine neue Handelsstation in Lumbo im Norden von Portugiesisch-Ostafrika eröffnet, um einen von den Briten unabhängigen Hafen nutzen zu können. Wie Du vielleicht aus Deiner Schutztruppenzeit im Süden von Tanganjika und in Mozambique weißt, hat dort eine private Gesellschaft vor einigen Jahren begonnen, vom Lumbo aus Richtung Westen eine neue Eisenbahnlinie zu bauen, die in Nyassaland die Großen Seen erreichen soll. Ahmed Abbas ist einer der wichtigsten Geldgeber für dies Projekt. Wie er mir geschrieben hat, stockt das Projekt derzeit, weil der portugiesische Chef-Ingenieur spurlos verschwunden ist und man keinen Ersatz hat. Ahmed Abbas hat mir aufgetragen, Dich zu fragen, ob Du nicht nach Lumbo kommen und die Direktion für dies Projekt übernehmen kannst. An diesem Ort wäre es mir ein Leichtes, Una und Deinen Sohn persönlich zu Dir zu bringen, so dass Ihr Euer Leben neu beginnen könnt. Die Portugiesen sind gegenüber gemischt-rassigen Familien wesentlich toleranter als Deutsche oder Engländer, weil sie selbst praktisch keine weißen Frauen haben."

Muhammad Ali hatte in seinem Brief als Erster eine Lösungsidee für mich, Una und unseren Sohn präsentiert. Ich war wie elektrisiert und versuchte nun, mehr Informationen über das Eisenbahnprojekt als auch die portugiesische Kolonie zu bekommen, die die deutsche Schutztruppe für Ostafrika für mehrere Monate als Rückzugsort in ihrem Buschkrieg gegen die Engländer genutzt hatte. Aus dieser Zeit kannte ich tatsächlich die Anfänge des genannten Eisenbahnprojektes, wir hatten für die Versorgung der Schutztruppe in der Tat den Hafen von Lumbo für eingeschmuggelte Versorgungsgüter genutzt. Zwar war die Schutztruppe wieder nach Norden marschiert, als Portugal aufgrund englischen Drucks spät auf alliierter Seite in den ersten Weltkrieg eingetreten war, aber der Friedensvertrag von Versailles war für das von innenpolitischen Konflikten geschwächte Land extrem enttäuschend gewesen. Vom deutschen Kolonialbesitz in Afrika hatte Portugal nur einen kleinen Zipfel Deutsch-Ostafrikas, das so genannte Kionga-Dreieck, zugesprochen bekommen.

Muhammad Ali musste über seinen Vorschlag auch mit Una gesprochen haben, denn zwei Tage später erreichte ihr Brief Berlin. "Ich gehe dahin, wohin Du gehst", war ihr klares Statement. "Ich muss es nur können. Und Muhammad Alis Vorschlag ist eine Gelegenheit für uns, alle Hindernisse zu überwinden."

Spätestens mit diesem Brief war mir klar, dass ich das Risiko einer Auswanderung in ein Land, dessen Sprache ich nicht sprach und eines augenscheinlichen Jobangebotes, welches ausschließlich auf meinem Vertrauen in meinen arabischen Händlerfreund aufbaute, eingehen wollte und musste. Ich machte mich an die Arbeit, die ich am meisten hasste: Spießrutenlaufen durch den Behördendschungel. Zunächst besorgte ich mir einen neuen deutschen Pass, denn mein alter stammte noch aus Kolonialzeiten und war längst abgelaufen. Mit diesem Pass beantragte ich bei der portugiesischen Botschaft in Berlin, die auch für alle Kolonien des Landes zuständig war, ein Arbeitsvisum, für das ich mittlerweile ein Einladungsschreiben der Gesellschafter der in Lumbo ansässigen Eisenbahngesellschaft vorlegen konnte. Nach sechs Wochen und zwei persönlichen Interviews hielt ich endlich das Visum in meinen Händen.

Dann begann das Hauptproblem: wie konnte man auf bezahlbare Weise nach Lumbo im Norden Mozambiques reisen? Die Deutsche-Ost-Afrika-Linie der Hamburger Woermann-Reederei, die bis zum Krieg den kolonialen Schiffverkehr dominierte, hatte ihren Betrieb in dem Teil der Welt noch nicht wieder aufgenommen. Andererseits wollte ich aus Sicherheitsgründen als ehemaliger Schutztruppen-Reserveoffizier eineinviertel Jahre nach Kriegsende auf keinem britischen Dampfer reisen. So blieben nur die portugiesischen Reedereien selbst, für die man aber zunächst mit der Bahn quer durch Europa nach Lissabon reisen musste. Glücklicherweise lief die Reederei aber nicht nur die neue Hauptstadt Lourenço Marques im Süden der Kolonie an, sondern anschließend als Postschiff viele größere und kleinere Hafenorte, darunter Lumbo und die unmittelbar vorgelagerte Insel von Mozambique, die bis 1898 der Sitz der portugiesischen Kolonialverwaltung gewesen war.

Das zweite große Problem, die Finanzierung der zweiten Auswanderungskosten, löste ich durch ein Arrangement mit meinen Brüdern. Ich übertrug meinen Anteil am Erbe meiner zu Kriegsende verstorbenen Eltern, das teilweise in meiner Heimatstadt Bromberg und damit im neu gebildeten Polen lag, auf meine Brüder und erhielt dafür ein zinsloses Darlehen, welches aus den Liquidationserlösen des Erbes getilgt werden sollte.

Am Donnerstag, den 17. Juni 1920, vier Jahre nach meinem Abmarsch aus Kigoma am Tanganjikasee und vierzehn Monate nach meiner Rückkehr nach Deutschland stand ich wieder auf afrikanischem Boden. Mein Gepäck bestand aus zwei Koffern, einer Reisetasche sowie zwei Kapitänskisten; neben einer kleinen Geldbörse kurz vor meinem 40. Geburtstag mein gesamter persönlicher Besitz. Die Grenzabfertigung im Zollgebäude des Hafens war einfach und unkompliziert, aber kaum hatte ich das kleine Gebäude verlassen, erwartete mich die erste Überraschung: ich wurde erwartet. Ahmed Abbas hatte es sich nicht nehmen lassen, zur Begrüßung seines neuen Eisenbahndirektors persönlich im Hafen zu erscheinen, begleitet von zwei afrikanischen Dienern, die sich sofort des übersichtlichen Reisegepäcks annahmen.

"Herzlich willkommen", begrüßte mich der arabische Händler mit derselben Freundlichkeit und Offenheit, die auch sein Cousin Muhammad Ali mir gegenüber gezeigt hatte. "Ich freue mich, Euch als meinen Gast und meinen Freund begrüßen zu können, der unserer Familie so viel Gutes angetan hat."

Ich war überwältigt, ich hatte mit einem solchen Empfang wahrhaftig nicht gerechnet. Noch beeindruckter war ich von der Tatsache, dass Ahmed Abbas mich mit einem Automobil am Hafen abholte. Der arabische Händler reagierte lachend auf mein sichtbares Erstaunen. "Werter Freund, der Fortschritt hat mittlerweile Mozambique erreicht. Es gibt derzeit genau sechs Automobile in dieser Region und ich bin stolz, dass mein Buick das einzige amerikanische Automobil in dieser Gegend der Welt ist."

Das Auto legte die knapp drei Kilometer bis zum Haus des arabischen Händlers in vorsichtiger Fahrt auf einer schaurigen Sandpiste zurück, auf der das Auto jetzt, während der winterlichen Trockenzeit, eine beachtliche Staubwolke aufwirbelte. Ich bekam einen ersten Eindruck von Lumbo; es war kleiner und sichtlich ärmer als Kigoma und es machte einen absolut unorganisierten Eindruck. Anders als in ehemals deutschen und in allen britischen Kolonien Afrikas gab es keine ethnisch getrennten Stadtbezirke, die wenigen portugiesischen Kolonialbauten waren mit Ausnahme der katholischen Kirche wenig eindrucksvoll. Um so angenehmer überraschte mich, dass sich das Haus meines Gastgebers, der zugleich mein Arbeitgeber werden sollte, solide aus Ziegeln und von stattlicher Größe war; das ganze Anwesen war von einer sicherlich drei Meter hohen Mauer umgeben, die die Sicherheit und die Privatsphäre der Familie gewährleistete. Ahmed Abbas schien tatsächlich ein erfolgreiches Handelsgeschäft zu betreiben.

"Wir sind sehr glücklich, dass Sie zu uns gekommen sind", begann Ahmed Abbas das Gespräch, nachdem er sich mit mir zum arabischen Tee zusammengesetzt hatte. Der arabische Händler sprach ein leidlich verständliches Englisch, so dass eine direkte Unterhaltung ohne Übersetzer möglich war. "Seit Joao Pinto spurlos verschwunden ist, fehlt es unserem Eisenbahnprojekt an der notwendigen Führung. Meine Partner und ich sind alle Kaufleute, wir kennen den wirtschaftlichen Nutzen einer Eisenbahn und investieren deshalb. Aber wie man eine solche fachmännisch baut, wissen wir natürlich nicht."

"Unter welchen Umständen ist ihr Chef-Ingenieur verschwunden?"

Ahmed Abbas zuckte mit den Schultern. "Vermutlich Geld und eine Frau. Jedenfalls ist er mit der Kasse, die einen Wochenlohn für die Arbeiter enthielt, plötzlich nicht mehr auffindbar gewesen. Und eine Afrikanerin, die wohl seine Geliebte war, verschwand zum gleichen Zeitpunkt. Wohin, weiß kein Mensch."

"Wann war das?"

"Vor acht Monaten. Und seither dümpelt der Baufortschritt sehr unbefriedigend vor sich hin. Kostet nur Geld, aber kommt nur sehr langsam vorwärts."

"Das wird also meine allererste Aufgabe sein. Ich inspiziere die bisher gebaute Bahnlinie und die Betriebsgebäude von hier aus bis zur Gleisspitze. Wieviel Kilometer sind denn überhaupt betriebsbereit?"

"Der erste Bauabschnitt soll von hier, Lumbo, bis Monapo gehen, mehr oder weniger direkt in westlicher Richtung. Das sind rund 90 Kilometer. Knapp die Hälfte dieser Distanz ist fertiggestellt, dazu insgesamt drei Bahnhöfe. Bisher fahren nur Bauzüge zwischen Lumbo und der Gleisspitze, aber wir erwarten, dass wir nach Fertigstellung der Trasse bis Monapo mit dem kommerziellen Verkehr beginnen können, vielleicht auch schon früher." Ahmed Abbas holte tief Luft. "Das hängt jetzt ganz entscheidend von Ihnen, Ihrer Beurteilung und Ihren Vorschlägen ab, Herr Henschel."

"Gut. Dann mache ich mich ab morgen früh sofort an die Arbeit und inspiziere erst einmal alle Betriebseinrichtungen und den vorhandenen Gleisbau. Dazu gleich meine erste Frage: haben Sie einen Übersetzer zur Hand, damit ich mich irgendwie verständigen kann?"

"Selbstverständlich. Ich stelle Ihnen morgen früh einen Mann zur Seite, der sowohl Suaheli als auch Makhuwa spricht und dies in Portugiesisch und Englisch übersetzen kann. Arbeitet schon lange für mein Handelsgeschäft und man kann seiner Übersetzung vertrauen."

"Suaheli verstehe ich seit meinen fünf Jahren in Kigoma ganz ordentlich. Aber meine Portugiesisch-Kenntnisse sind naturgemäß sehr dürftig."

Ahmed Abbas lächelte. "Kann man lernen. Ist mir auch gelungen."

"Dann habe ich nur noch eine direkte Frage: wo kann ich hier in Lumbo wohnen?"

"Oh, das ist ganz einfach, Herr Henschel. Für die nächsten Tage sind Sie mein Gast. Morgen früh besichtigen Sie erst einmal das ehemalige Wohnhaus von Joao Pinto, es gehört unserer Eisenbahngesellschaft. Sie teilen mir anschließend Ihre Wünsche mit und wir organisieren dann Ihr Haus und Ihren Haushalt."

"Haushalt?! Ja, wäre schön." Ich holte tief Luft. "Wäre noch schöner, wenn meine Familie hier wäre."

Auch hier musste Ahmed Abbas lächeln. "Da müssen Sie leider noch zwei Wochen warten. Muhammad Ali bringt Ihre Frau und Ihren Sohn persönlich nach Lumbo. Ich habe ihm verabredungsgemäß heute Mittag ein Telegramm geschickt, dass Sie eingetroffen sind. Alles andere arrangiert mein Cousin persönlich."

Ich schaute den arabischen Händler mit unverhohlener Begeisterung an.

"Muhammad Ali bringt Una und meinen Sohn persönlich hierher?"

"Ja. So habe ich das mit ihm vereinbart. Er hat alles vorbereitet, reist mit Ihrer Familie per Bahn nach Daressalam und kommt dann mit einem britischen Küstenroutendampfer hierher. Gemäß seinem Plan braucht er etwas mehr als zwei Wochen für die Reise. Ich bin sehr glücklich über seinen Besuch, weil wir sehr viel zu besprechen haben."

Ich klatschte in meine Hände. "Das ist wirklich viel mehr als ich erwartet habe. Meinen aufrichtigen Dank. Ich werde ab morgen früh meine Arbeit aufnehmen. Vielleicht nutzen wir den heutigen Abend, um mich in die Vorgeschichte Ihrer Eisenbahngesellschaft einzuführen."

"Genau das hatte ich vor. Ich habe meine beiden wichtigsten Mitgesellschafter zum Abendessen eingeladen. So haben wir Zeit, alle Fragen zu beantworten und Ihnen alle notwendigen Informationen zu geben."

Das reichhaltige arabische Abendessen unter einem Baldachin im Garten des Hauses war nach der vergleichsweise schmalen Kost der Seereise großartig. Ich musste aufpassen, mich nicht zu überfressen, insbesondere weil es im Haushalt des Moslem-Kaufmanns natürlich keinen Verdauungsschnaps gab. Aber im Verlauf des vierstündigen Abends erzählten alle drei Gesellschafter von ihren Erwartungen und Enttäuschungen, die mit dem bisherigen Projekt verbunden waren. Und mir dämmerte, dass diese Aufgabe erheblich mehr Organisations- und Improvisationsanforderungen enthielt als der Bau der in dieser Hinsicht wohl organisierten deutsch-ostafrikanischen Mittellandbahn. Aber die Perspektive, nach vier Jahren Trennung meine geliebte Una und meinen mir unbekannten Sohn Anders bei mir zu haben, machte alle absehbaren Probleme wett.

Das Ergebnis meiner zweiwöchigen, detaillierten Inspektion aller Betriebsteile als auch der ausgeführten und für den Weiterbau vorbereiteten Bahntrasse war mehr als ernüchternd. Ich erstatte meinen Bericht an die Gesellschafter bei einem erneuten Abendessen im Haus von Ahmed Abbas.

"Erstens: die bisher verlegte Bahntrasse ist im Prinzip in Ordnung, aber weißt an zwei Stellen gravierende Schwächen in Sachen Überflutungs- beziehungsweise Unterspülungsgefahr während starker Regenfälle auf. Dort müssen zusätzliche Schutzmaßnahmen für den Gleiskörper errichtet werden. Zweitens: der bisher erstaunlich kleine Bahnhof in Lumbo sollte bereits jetzt erweitert werden. Wir haben bei der Mittellandbahn in Kigoma, aber auch an anderen, größeren Stationen sehr gute Erfahrungen mit einem ordentlichen Bahnhofshotel gemacht. Zudem gehört die Verwaltung der Eisenbahngesellschaft in einen Gebäudeteil des wichtigsten Kopfbahnhofs. Drittens: die Baukolonne an der Gleisspitze bei Kilometer 41,3 ist sehr klein und nicht sonderlich motiviert. Der tägliche Baufortschritt sowohl für die Trassenvorbereitung als auch die Verlegung von Schwellen und Schienen ist erheblich zu langsam. Hier müssen wir umgehend über eine Verstärkung der Baumannschaft reden, um das gesetzte Ziel eines möglichst bald zu realisierenden, betriebsbereiten ersten Streckenabschnitts nach Monapo zu erreichen. Viertens: die vorhandenen Geldmittel reichen nach dem Verschwinden des ehemaligen Chef-Ingenieurs für nicht mehr als fünfzehn Kilometer aus. Wir brauchen zusätzliche Geldmittel für 35 Kilometer, um Monapo zu erreichen."

Die anschließende Diskussion mit den drei Gesellschaftern drehte sich naturgemäß um den neuen Geldbedarf für die Ergänzungsbauten und die Streckenverlängerung. Ich hatte schon in Kigoma bei Muhammad Ali gelernt, dass arabische Kaufleute nicht öffentlich streiten, aber es war für mich klar zu erkennen, dass die Gesellschafter meinen Bericht mit erheblichen Sorgen aufgenommen hatten. Zusammengefasst hatte mein Bericht eine Budgetüberschreitung für die ersten 90 Kilometer von mehr als 50% ergeben.

Eine halbe Stunde später fasste Ahmed Abbas das in einer Mischung von Portugiesisch und Arabisch geführte Gespräch der drei Gesellschafter zusammen: "Wir werden die benötigten Zusatzmittel in Quartalszahlungen über die nächsten zwei Jahre in der veranschlagten Höhe zur Verfügung stellen. Wir erwarten dafür eine betriebsfähige Bahnstrecke von Lumbo bis Monapo einschließlich der dafür notwendigen Betriebsgebäude. Da das separate Budget für Lokomotiven und Waggons bisher nur im geringen Maß in Anspruch genommen wurde und durch das Verschwinden von Joao Pinto auch nicht geschmälert ist, erwarten wir von Ihnen eine möglichst kostengünstige, aber trotzdem leistungsstarke Nutzung für das rollende Equipment. Die Verhandlungsführung für den Einkauf von Lokomotiven und Waggons liegt bei Ihnen in enger Abstimmung mit mir."

Dies war ein mehr als klarer Gesellschafterbeschluss, für mich aber eine gute Grundlage, mit Volldampf mit der Arbeit zu beginnen. Was für eine Wende in meinem Leben, nachdem ich erst zweieinhalb Jahre in der Schutztruppe den 'Großen Krieg' überstanden hatte und dann fast eineinhalb Jahre an meiner Zukunft arbeiten musste. Jetzt, wenige Tage vor meinem 40. Geburtstag hatte ich ein neues Direktorenamt, ausgefüllt mit abenteuerlichen Aufgaben und schwer zu erfüllenden Erwartungen, ich hatte ein neues Zuhause, nachdem ich in Joaos verlassenes Diensthaus eingezogen war und eine Woche später hatte ich eine Familie. Muhammad Ali machte tatsächlich seine Ankündigung wahr und begleitete Una und Anders persönlich von Kigoma über Daressalam nach Lumbo.

Das Büro des Hafenmeisters benachrichtigte Ahmed Abbas über die bevorstehende Schiffsankunft als der britische Dampfer in den Hafen eingelaufen war; zehn Minuten später waren Ahmed Abbas und ich mit dem Buick zum Anleger gefahren und warteten darauf, dass die Passagiere an Land gehen konnten. Ich erkannte sie sofort, als sie auf die Gangway traten, um an Land zu gehen. Muhammad Ali in seinem typischen weiten Gewand vorneweg, dann Una direkt hinter ihm, unseren dreijährigen Sohn in einem Arm, mit der anderen Hand sich am Gangway-Geländer abstützend. Dann folgten eine Reihe von Dienstmännern, die Gepäck und Kisten ausluden und zusammen mit den drei Reisenden ins Hafenbüro gingen, um die Einreise- und Zollformalitäten zu erledigen. Ahmed Abbas hatte seinen Zollexperten, der natürlich in Lumbo jeden Offiziellen und Zollangehörigen bestens kannte, ebenfalls ins Hafenbüro geschickt, um eine möglichst reibungslose Abwicklung zu gewährleisten.

Zwanzig Minuten später verließen die drei das Büro und steuerten direkt auf uns zu. Die Begrüßung von Muhammad Ali war sehr, sehr freundschaftlich, von Una zuerst ein wenig schüchtern, denn mit Anders auf dem Arm, der zunächst sehr vorsichtig, fast ängstlich reagierte, konnte sie mich noch nicht einmal richtig umarmen. Aber sie gab mir in aller Öffentlichkeit einen lieben, warmen Kuss.

"Alle Gebete gehen gerade in Erfüllung", flüsterte sie mir ins Ohr. "Wir sind wieder zusammen." Sie lächelte und wirkte unendlich erleichtert. "Und einer mehr!" Dann wandte sie sich an unseren Sohn, der mich mittlerweile interessiert musterte. "Was hast Du gelernt?"

"Guten Tag, lieber Vater", sagte Anders langsam, aber in einwandfreiem Deutsch. Dann streckte er beide Arme in meine Richtung aus, so dass ich ihn direkt auf meinem Arm nehmen konnte und ihm einen Kuss auf die Stirn drückte. Gleichzeitig liefen mir einige Glückstränen aus beiden Augenwinkeln und über die Wangen.

Una strich mir mit einer Hand über die Haare. "Ich liebe Dich und freue mich unendlich, Dich zurückzubekommen. Ich hatte eine solche Angst um Dich und unsere Zukunft."

Ich reichte Anders zurück an Una und begrüßte nun Muhammad Ali auch meinerseits. Er grinste von einem Ohr zum anderen. "Ich bringe Dir Deine Reichtümer aus Kigoma", freute er sich sichtlich über unser Wiedersehen. "Es ist mir eine unendliche Freude, mein Versprechen nach diesem unsäglichen Krieg zwischen Euch Europäern erfüllen zu können."

Während unserer Begrüßung verluden Ahmed Abbas Diener das mitgebrachte Gepäck auf einen Karren, eine Transportkiste musste dabei besonders schwer sein.

"Was hast Du denn alles mitgebracht?" fragte ich meine Geliebte erstaunt.

Una lachte mich an. "Viele, schwere Bücher. Unsere Brockhaus-Ausgabe ist vollständig mitgereist, dazu hat uns Muhammad Ali die letzte Ausgabe der Encyclopedia Britannica geschenkt. Alles Wissen der Welt!" Sie strahlte mich an. "Und ich habe die vier Jahre nach Deinem erzwungenen Fortgang genutzt, beide Werke vollständig durchzulesen." Sie drückte mir einen erneuten Kuss diesmal auf die Wange. "Du hast jetzt eine gebildete Frau."

Ich sah Una staunend an. "Unglaublich. Beide Encyclopaedien vollständig studiert? Wann hast Du denn die Zeit dafür gefunden?"

"Jeden Tag, insbesondere am Abend. Muhammad Ali hat mich wie Deine Ehefrau behandelt und nicht wie seine Dienerin. Ich habe seinen Frauen freiwillig geholfen im Haushalt, so viel ich konnte. Aber ich habe ihm auch in seinem Handelsbüro viel helfen können, insbesondere wenn er auf Reisen war. Und ich habe ihm aus den Büchern viel Neues erzählen können, was für ihn wohl wichtig war."

Die Gruppe bestieg nun den Buick, wobei Ahmed Abbas für die kurze Strecke bis zu seinem Haus neben dem Chauffeur Platz nahm. Anders krabbelte von Unas Schoss zu mir herüber und hielt sich an mir fest. Er sprach kein Wort, aber summte vor sich hin und kuschelte sich regelrecht an meine Brust.

"Er mag Dich", bestätigte Una plötzlich, "auch wenn er Dich heute zum ersten Mal sieht, weiß er, das Du sein Vater bist und für ihn sorgen wirst. Ich habe ihm das gelehrt."

Bei aller Freude über unsere Familienzusammenführung begann ich, Achtung und Respekt vor Una zu bekommen, die alles daran gesetzt hatte, aus uns eine richtige Familie zu machen. So wie die Gesellschafter der Eisenbahngesellschaft auf der beruflichen Seite, hatte Una mich auf der privaten Seite in die Verantwortung genommen. Es lag nun an mir, dieser Verantwortung gerecht zu werden.

Zunächst fuhren wir zu meinem neuen Zuhause, auf das Una unendlich neugierig war. "Ist nicht wie meine Villa in Kigoma, aber ein gutes Haus", entschuldigte ich mich beinahe, was Una mit einer Handbewegung abtat.

"Dort, wo wir als Familie wohnen, ist es schön. Es kann gar nicht schöner sein."

Una inspizierte unser Haus, während Ahmed Abbas und Muhammad Ali bereits weiter gefahren waren. "Hier können wir gut leben", war ihr zusammenfassender Kommentar. "Erst recht, wenn wir unsere Familie noch vergrößern wollen." Una hatte jetzt dies hintergründige Lächeln aufgesetzt, dass ich so an ihr liebte und das ich so lang vermisst hatte. "Ich freue mich schon drauf."

Das große Begrüßungsabendessen im Hause von Ahmed Abbas war aufgrund der Unkalkulierbarkeit der exakten Ankunftszeit erst für den kommenden Abend angesetzt. Aber meine Köchin, die einzige Dienerin, die ich durch Vermittlung meines Arbeitsgebers bereits eingestellt hatte, bereitete für uns drei ein vorzügliches Abendessen im eigenen Haus. Anders war unendlich müde von der Erlebnissen der Reise und schlief bereits beim Essen ein. Una brachte ihn ins Bett. "Mehrere eigene Kinderzimmer", bemerkte sie bei ihrer Rückkehr an den Esstisch, "was für ein unendlicher Luxus." Sie schaute mich mit kaum versteckter Lust an und ergriff meine Hand. "Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie sehr ich mich nach diesem Abend gesehnt habe."

"Doch, das kann ich. Weil es mir genauso ging."

Eine halbe Stunde später lagen wir in unserem Bett und liebten uns. Una und ich starteten genau in derselben Weise, in der wir vier Jahre zuvor voneinander getrennt worden waren: in einer lang andauernden 69er Position, in der mich Una mit all ihren oralen Künsten immer bis unmittelbar vor den Explosionspunkt trieb, dort hielt und dann wieder leicht abkühlen ließ und ich sie mit allem, was mir in der Lage zur Verfügung stand, von einem nassen Orgasmus zum nächsten trieb. Zwischenzeitlich kam in mir das Gefühl auf, dass meine Geliebte ihre gesammelten Liebessäfte der vier Jahre in ihrem Bauch gespeichert hatte, um mich beim ersten Mal einer Dauerdusche auszusetzen. Wir verloren jegliches Zeitgefühl bis sie irgendwann Erbarmen mit mir hatte und über die Explosionsklippe saugte. Ganz tief in ihrem Rachen durfte ich die wahrscheinlich größte Spermaladung meines Lebens abspritzen. "Was für ein wunderbares Sahne-Bad", lautete Unas Kommentar, nachdem sie sich von mir herabgerollt hatte und kuschelnd neben mir lag, während unsere Hände unverändert auf streichelnder Wanderschaft waren.

"Wir machen heute so lange Liebe, bis wir in totaler Erschöpfung einschlafen", kündigte ich an. "Ich habe viel zu lange befürchtet, dass ich Dich nie mehr wieder in meinen Armen halten würde."

"Ich auch", bestätigte Una. "Aber ich habe in all den Jahren nie mit einem Mann im Bett gelegen. Muhammad Ali hat mich all die Jahre beschützt, aber nie berührt."

"Das nennt man einen wahren Freund."

"Ja, ist er wirklich. Aber in diesem Fall war daran wohl eher sein inoffizieller Harem schuld. Er ist ziemlich gefordert, um die Begehrlichkeiten zu befriedigen."

"Wieviel Kinder nennt er eigentlich sein eigen?" Ich war neugierig geworden, was sich seit Sommer 1916 in Kigoma ereignet hatte.

"Wenn ich das richtig weiß, sind das siebzehn Kinder von vier Frauen." Una lachte leise. "Und wie Du weißt, sind alle bei ihm zuhause bis sie alt genug sind, an anderem Ort für sein Handelsgeschäft zu arbeiten."

"Ja, die arabischen Händler und ihre Großfamilien. Aber letztendlich verdanken wir gerade diesem Beziehungsgeflecht, dass wir wieder zusammen sind."

Una hatte in der Zwischenzeit meinen besten Freund wieder zur prallen Standhaftigkeit massiert. "Auf ins nächste Gefecht", lautete ihr Kommando. "Du fickst mich jetzt wie ein Hengst durch, bis einer von uns schlapp macht. Vorn und hinten, ganz wie Du willst." Sie platzierte sich ins Zentrum unseres Betts, begab sich auf Hände und Knie und reckte ihren wunderbar runden und straffen Po, der in den vier Jahren nichts von seiner Attraktivität eingebüßt hatte, in die Höhe. "Jetzt komm!"

Ich ließ mir dies Angebot nicht zweimal machen, positionierte mich hinter sie und stieß ohne Hindernis bis an den Anschlag vorwärts. Nach wenigen Minuten wechselten wir erst einmal in ihren Hintereingang, was sie mit einem lauten und wohligen Grunzen quittierte. Sie hatte sich anscheinend gut vorbereitet, denn mein Schwanz fand auch in ihrem Darm keinen Widerstand. Die Mischung der immer noch warmen Abendtemperaturen und unserer untrainierten sportlichen Aktivitäten ließ uns am ganzen Körper pitschnass werden, was unserer Liebessaftproduktion nicht nachstand. Erleichtert durch unsere lange 69er-Liebe hielten wir beide lange durch. Una erlebte sowohl vaginale als auch anale Orgasmen, ich war so aufgeladen, dass ich nach dem zweiten Spritzorgasmus in ihrer Pussy noch zu einer dritten Ladung in ihrem Darm fähig war, letztere hatte aber bestimmt nur noch sehr geringes Volumen.

Ich war der Erste, der schlapp machte, im wahrsten Sinn des Wortes. Unas von meinem Sperma tropfende Vorder- und Hintereingänge boten ein großartiges, aufgeilendes Bild. Aber zu mehr war ich nicht mehr fähig. Der Farbkontrast zwischen Unas ebenholzfarbener Haut, der leuchtend rosafarbenen Pussy und der ebenso glühenden Rosette mit den dicken, weißen Spermaspuren brannte sich in mein Gedächtnis ein, dass ich ihn bis an mein Lebensende nicht mehr vergessen sollte.

"Ich liebe Dich", gestanden wir uns beide lustvoll abgekämpft. "Und wir werden uns nie mehr trennen lassen", ergänzte Una leise. "Unter keinen Umständen, egal was die Zukunft bringt." Dann waren wir beide eingeschlafen.

Das große Begrüßungsessen am darauffolgenden Abend verlief sehr arabisch-traditionell. Ahmed Abbas hatte die wichtigsten Kontakt- und Geschäftspartner der Region eingeladen, einige waren mir aus meiner kurzen Einarbeitungszeit bereits bekannt. Und Una wurde in den ehrbaren Frauenkreis der Region aufgenommen, der - typisch für den portugiesisch-kolonialen Norden Mozambiques - vollständig gemischtrassig war; weiße, arabische, afrikanische, indische und gemischtrassige Frauen saßen einträchtig und ohne Vorbehalte zusammen; etwas derartiges hatte ich bis dahin in deutschen oder britischen Kolonien noch nie beobachtet.

Una berichtete hinterher von einem etwas babylonischen Sprachgewirr. "Aber wir haben immer wieder eine gemeinsame Sprache miteinander gefunden. Originellerweise konnte jede mehr oder weniger Suaheli, das half ein wenig." Sie grinste ob ihrer Erinnerung an den Abend. "Und die Hausfrau, die offizielle erste Ehefrau von Ahmed Abbas, ist eine wunderbare Mischung aus fürsorglicher Frau und Mutter einerseits und Kompaniefeldwebel andererseits. Man ist gut beraten, Fatima als Freundin und nicht als Feindin zu haben."

"Um so besser, wenn sie Dich mit offenen Armen aufgenommen hat. Wir werden hoffentlich viele Jahre hier leben und arbeiten, um so wichtiger sind hier Freunde und Partner."

"Das sehe ich auch so. Deshalb bin ich bereits jetzt froh, das britisch regierte Kigoma verlassen zu haben. Die Engländer grenzen sich noch schärfer von uns Afrikanern und auch den Arabern ab, als es die Deutschen gemacht haben. Sie sind die Herren und wir die Diener, um nicht sogar Sklaven zu sagen." Sie holte tief Luft. "Ich denke, Anders und ich werden uns schnell und gut hier einleben."

In der Tat entwickelte sich mein Sohn, nachdem er sich von dem Reiseschock erholt hatte, sehr schnell zu einen quirligen Wirbelwind, der sich auf dem schnellstmöglichen Weg seine Umwelt eroberte. Überraschenderweise war er erstaunlich hellhäutig, er sah eher wie ein Araber aus. Fatima half Una bereits bei der Suche nach einer geeigneten Kinderfrau, die vermutlich schon in der kommenden Woche ihre Stellung antreten sollte. Meine Lebensgefährtin war mit Höchstgeschwindigkeit dabei, unseren Haushalt einzurichten und zu organisieren; jedenfalls schien sie genau zu wissen, wie der Haushalt des ranghöchsten Eisenbahndirektors im Norden der portugiesischen Kolonie auszusehen hatte. Woher sie diese klaren Vorstellungen hatte, wusste ich nicht, aber Una hatte in den vier Jahren unserer Trennung auf vielen Gebieten massiv dazugelernt.

Für den darauffolgenden Vormittag war auf Wunsch von Muhammad Ali ein Geschäftstreffen mit Ahmed Abbas und mir vereinbart worden.

"Ich wollte die Gelegenheit nutzen, Dir einen Bericht über die Ereignisse der letzten vier Jahre in Kigoma zu geben und Dir dabei gleichzeitig über das Schicksal Deines Besitzes zu berichten, den Du in Folge Eures europäischen Krieges auf afrikanischem Boden so abrupt verlassen musstest", begann mein langjähriger arabischer Freund, nachdem wir uns zunächst über Familie, Gesundheit und allgemeine Geschäfte in aller Höflichkeit und Ausführlichkeit ausgetauscht hatten. "Zunächst kamen nach Euerm Abzug im Sommer 1916 die Belgier, besser gesagt, die Kongo-Soldaten mit belgischen Offizieren. Eine üble, marodierende Truppe, die überall Angst und Schrecken verbreitete, sowohl unter den wenigen Weißen, die da geblieben waren, als auch unter Afrikanern und Indern. Lediglich vor uns Arabern schreckten sie - wohl auf obersten Befehl - zurück. Jedenfalls haben sie in Kigoma sich nur selten an arabischem Besitz durch Plünderungen oder andere Übergriffe vergriffen. Die eigentliche Truppe zog dann nach ein paar Tagen weiter Richtung Süden, um Euerm Rückzug weiter zu folgen. Zurück blieben ein paar ganz merkwürdige Gestalten aus Belgisch-Kongo, teilweise in Uniform, aber keine aktiven Soldaten oder offizielle Polizisten, die versuchten, in Euerm Kopfbahnhof eine eigene Handels- und Umschlagsstation einzurichten." Muhammad Ali nahm einen tiefen Schluck aus seinem Teeglas und setzte dann fort. "Im Herbst kam dann eine britische Kompagnie, die bis dahin durchgehend gekämpft hatte, um sich in Reserve aufzufrischen, mit neuen Soldaten, Waffen und allen möglichen Gütern zu versorgen, um während der Hauptregenzeit ihre Kampffähigkeit wieder herzustellen. Die Engländer hatten dann sehr schnell Eure Eisenbahnlinie wieder in Betrieb, ein ganz fähiger Captain, anscheinend mit Eisenbahnerfahrung hat das straff organisiert. Ich habe vorzügliche Geschäfte mit ihm machen können." Muhammad Ali grinste mich an. "Wir mussten ja für den Unterhalt unserer Familien und unserer Gäste sorgen. Und es war nicht unser Krieg, da macht man Geschäfte mit jedem, der bezahlt."

"Kann ich nachvollziehen", gestand ich mit etwas Wehmut und Bauchgrummeln ein. Aber wir hatten es mit unserer Schutztruppe auch nicht anders gehalten. "Ich weiß von Una, dass Du und Deine Familie sie bereits am ersten Tag nach unserem Abzug in Euern Haushalt eingebunden und damit Schutz gewährt habt. Dafür bin ich Euch allen unendlich dankbar. Ich bin mir sicher, ohne Deine Hilfe und Patronatschaft wären Una und mein Sohn heute nicht hier."

"Das war mir eine Pflicht und eine Freude, meinem Freund zu helfen, lieber Andreas. Und Una hat sich schnell und gut in meine Familie eingefügt. Ich habe ihr erlaubt, meine ganze Familie mit ihrem beachtlich großen Wissen zu unterrichten. Besonders die größeren Jungen, aber auch die Mädchen haben regelrecht Unterricht von ihr bekommen. Jeden Tag. Sie war quasi unsere Hauslehrerin. Sicherlich ungewöhnlich für eine Afrikanerin in einem arabischen Haushalt, aber sie hat das meisterhaft gemacht."

Ich holte tief Luft. Mein erster Eindruck, dass meine zurückgewonnene Lebensgefährtin und Geliebte sich in den vier Jahren persönlich stark entwickelt hatte, bestätigte sich durch Muhammad Alis Bericht.

"Das zur menschlichen Seite der letzten vier Jahre", setzte Ali fort. "Jetzt zur materiellen: unser Arrangement, die Villa Henschel als unseren Familienbesitz zu übernehmen, hat sich nach einigen Wirren und einer Reihe von bürokratisch-rechtlichen Auseinandersetzungen tatsächlich bewährt. Dein ehemaliges Heim gehört jetzt - mit britischer Grundbesitzurkunde gesichert - offiziell mir und meiner Familie. Wäre sie noch nach dem Einmarsch der Briten in Deinem deutschen Besitz gewesen, hätte die Militär- und Kolonialverwaltung die Villa genau wie das Jagdschloss Eures Kaisers und anderen deutschen Besitz beschlagnahmt und unter sich aufgeteilt. In der Kaiservilla residiert heute die britische Verwaltung und ihre Polizei." Muhammad Ali schaute mich nun direkt an, ohne mit der Wimper zu zucken. "Ich nehme stark an, dass Deine Rückkehr nach Kigoma unter den heutigen Umständen nicht mehr möglich oder von Dir gewünscht ist?"

Ich nickte. "Die britische Verwaltung von Tanganjika lässt mich garantiert nicht einreisen, geschweige denn, dort wieder zu leben und zu arbeiten. Außerdem haben sie ihre eigenen Leute für die Eisenbahn und brauchten keine feindlichen Experten, die auch noch gegen sie gekämpft haben."

"Das sehe ich auch so, eine sehr realistische Einschätzung. Und deshalb mache ich jetzt einen Vorschlag: ich habe in meinem ganzen Kaufmannsleben mich nie an fremdem Eigentum vergriffen." Er griff hinter sich, zog eine lederne Tasche herbei, die wie ein Arzttasche aussah, öffnete sie und holte drei anscheinend schwerere Leinensäcke hervor, die er auf den zwischen uns stehenden Tisch stellte. Dann schaute er mich wieder frontal an. "Ich besitze heute in Kigoma praktisch Dein gesamtes materielles Vermögen, da es mir gelungen war, eine Plünderung oder Beschädigung Deines Hauses auf geschickte Weise zu verhindern. Den einzigen Besitz, den Una neben ihren persönlichen Kleidungsstücken nach Lumbo mitgebracht hat, sind ihre ihr heiligen Wissensbücher." Muhammad Ali schaute mich nun bedeutungsvoll an. "Wir waren nie in den Lage, einen Handel oder einen Kauf Deines in der Kriegsnot zurückgelassenen Besitzes einschließlich Deiner Villa zu vereinbaren. Aus diesem Grund habe ich eine Gesamtschätzung vorgenommen und ein von mir aus Deinem Besitz übernommenes Vermögen von 2.200 Pfund Stirling ermittelt. Damit Du mit Deinem Vermögen in Portugiesisch-Ostafrika anfangen kannst, habe ich auf Vorschlag von Ahmed Abbas", er schaute nun lächelnd seinen Vetter an, der mich synchron ebenfalls anlächelte, "diesen Vermögenswert in britischen Gold-Sovereigns mitgebracht. Die sind auch in dieser Kolonie echtes Geld wert und Ahmed Abbas wird Dir gerne helfen, es für Dich verwendbar zu machen."

Ich war zugegebenermaßen zutiefst schockiert und konnte im ersten Moment gar nicht reagieren. Ich war ziemlich mittellos aus familiären und persönlichen Gründen nach Ostafrika zurückgekehrt, darauf angewiesen, mir durch meine neue Stellung als Direktor der Eisenbahngesellschaft meinen Lebensunterhalt und den meiner kleinen Familie zu sichern. Und jetzt kam mein alter Freund und machte mich ohne Zwang aus freien Stücken zu einem vermögenden Mann. Ich war wirklich sprachlos, mir schossen tatsächlich Freudentränen in die Augen, die ich mit meinem Handrücken wegwischte.

"Muhammad Ali", sagte ich schließlich mit hörbar bewegter Stimme, "Du bist wahrscheinlich der größte Freund, den ein Mensch auf Erden haben kann. Erst verdanke ich Dir meine Familie. Und jetzt dies unglaubliche Geschenk."

"Ist kein Geschenk", entgegnete der arabische Kaufmann. "ist ein Handel. Zugegebenermaßen ein ungewöhnlicher Handel unter Freunden. Aber mein Geschäft und das Geschäft meines Bruders wie meiner weiteren Familie hat in Deinen sechs Jahren in Kigoma ungeheuer von Deiner Arbeit und Deiner Freundschaft uns gegenüber profitiert. In Allahs Namen, dann sehe ich mich im positiven Sinn verpflichtet, auch meinen Teil zur dieser Freundschaft beizutragen." Wir standen beide auf, umarmten uns, wobei ich mich noch einmal zutiefst bei ihm bedankte. Dann öffnete Muhammad Ali eines der drei Säckchen, griff mit der Hand hinein und hielt sieben, acht glänzende Goldmünzen mit der bekannten reitenden St. Georgs-Prägung in der Hand. "Die sind hier alle in Südafrika geprägt. Wegen des Goldes haben die Briten die Burenrepubliken erobert und sich einverleibt. Südafrikanisches Gold ist das Beste, meiner Meinung nach."

Ich schaute unverändert fassungslos in das geöffnete Säckchen, nachdem Muhammad Ali die Sovereigns zurückgelegt hatte. Dann schaute ich zwischen den beiden arabischen Händlern hin und her. "Und was mache ich jetzt mit diesem Goldschatz?"

"Ganz einfach", war Ahmed Abbas Antwort. "Lege es erst einmal in Deinen Diensttresor in Deinem häuslichen Büro. Da liegen sie sicher, nur Du kennst die Schlosskombination, wenn Du sie ordnungsgemäß verändert hast. Und dann reden wir in den kommenden Wochen darüber, wie Du damit unter den hiesigen Umständen umgehen kannst."

Wie sich jeder vorstellen kann, schwebte ich geradezu mit den drei Leinensäcken in dem Arztkoffer, den ich ebenfalls geschenkt bekam, zu Una nach Hause.

Una reagierte auf die Nachricht der Ereignisse des Vormittags noch fassungsloser als ich und war für eine halbe Stunde absolut stumm. Dann hatte sie doch einen klaren Kommentar. "Muhammad Ali ist ein wirklich ungewöhnlicher Mann und ein großartiger Freund und Helfer. Wir werden ihm dies nie vergessen und dies Geld mit viel Verantwortung verwenden."

An diesem Abend liebten sich Una und ich vollständig entspannt. Der Druck der langen Trennung war 'abgearbeitet', die gemeinsame Zukunft unserer kleinen Familie war bis auf Weiteres sowohl finanziell als auch arbeitsmäßig gesichert und wir hatten in unserer neuen Heimat erste Freunde gefunden. Wir hatten an diesem Abend einfach Zeit, uns auf uns beide allein zu konzentrieren. Das Ergebnis stellte sich beinahe nebenbei ein: Una wurde zum zweiten Mal von mir schwanger.

Meinen 40. Geburtstag am 27. Juli hatte ich noch mit mir allein und ohne Aufhebens gefeiert. Aber meine neu hinzugekommene Lebensgefährtin als auch Muhammad Ali wussten, dass dies runde Lebensjubiläum nur wenige Wochen zurücklag und bestanden beide darauf, es noch während des Aufenthaltes meines arabischen Händlerfreundes angemessen nachzufeiern. Somit wurde mein mittelgroßes Direktorenhaus zum ersten Mal zum Zentrum einer gesellschaftlichen Feier. Una hatte sich in der Vorbereitung Rat bei Fatima Abbas über die örtlichen Sitten geholt und dabei aus ihrem Haushalt gleich volle Verstärkung unserer eigenen Alleinkämpfer-Köchin bekommen.

"Private Feiern bestehen insbesondere aus gutem Essen", hatte mir Una Fatimas Ratschlag gleich weitergegeben. "Wir müssen uns nur von Anfang an entscheiden, ob Portugiesisch mit oder Arabisch ohne Alkohol. Wie Du von dem großen Begrüßungsabend im Abbas'schen Haus weißt, kann die arabische Küche dies mit verschiedenen Tees und anderen Getränken hervorragend kompensieren. Insofern wäre mir eine arabische Getränkeordnung fast lieber."

Ich nickte zustimmend, denn unsere wichtigsten Geburtstagsfeier-Gäste waren moslemischen Glaubens. "Ist ein guter Vorschlag."

Was dann unter Unas und Fatimas Regie in unserer Küche und unter freiem Himmel - die trockene Sommerzeit zwang die Feier geradezu ins Freie - war für meinen Geschmack schon atemberaubend. Es war erst gerade eineinhalb Jahre her, dass unsere Schutztruppe sich unter schwierigen Umständen gerade mal ausreichend mit Essen hatte versorgen können, nun feierte ich nur rund einhundertfünfzig Kilometer weiter südlich meinen Geburtstag im schmackhaften Überfluss.

Neben den wenigen Freunden, die ich bereits vor Ort hatte gewinnen können, kamen meine Gäste aus der kolonialen Führungsebene der Region. Selbst der Provinzadministrator, der seinen Sitz auf der vorgelagerten Isle of Mozambique hatte, war meiner Einladung gefolgt; ein perfekter Anlass, ihn persönlich kennenzulernen.

Ein geradezu babylonisches Sprachgewirr herrschte in der Herrenrunde meiner Geburtstagsfeier, während die getrennte Damenrunde sich ähnlich wie am Begrüßungsabend für die Anreisenden aus Kigoma auf Suaheli-plus unterhielt. Ich zog aber aus diesem Abend eine klaren Konsequenz: ich musste meine Kenntnisse in den vor Ort vorherrschenden Sprachen so schnell wie möglich erweitern und vertiefen. Denn an diesem Abend konnte mir Una nicht als allgegenwertige Übersetzerin zur Verfügung stehen.

Noch eine zweite Erkenntnis erwuchs aus meiner Geburtstagsfeier. Die Hoffnungen auf den Erfolg unseres Eisenbahnprojektes waren riesig, fast illusorisch, aber die verfügbaren finanziellen Ressourcen der Region für dies Projekt waren verdammt limitiert. Eine Schlüsselzahl geistert mir bereits seit einigen Tagen durch den Kopf. Hatte die deutsche Ostafrikanische Eisenbahngesellschaft im Mittel einen Baufortschritt von rund 150 Kilometer pro Jahr erreicht, waren an diesem Ort aufgrund der beschränkten Mittel vielleicht gerade einmal 20% dieses Wertes erzielbar. Die politische und finanzielle Lage im kolonialen Mutterland wurde selbst vom höchsten portugiesischen Beamten vor Ort als "chaotisch" und "sehr unzuverlässig" beschrieben.

"Die Regierung erwartet Geldeinnahmen aus ihren Kolonien; im Gegenzug Gelder für Investitionen zu bekommen, ist nahezu ausgeschlossen", war seine ernüchternde Analyse der Verhältnisse in Lissabon. "Zudem wechseln in Lissabon die Regierungen und Minister in einem derartigen Tempo, dass ein Brief, den ich beispielsweise heute an den für die Kolonie zuständigen Minister schicke, erst von seinem Nachfolger oder gar von dessen Nachfolger gelesen wird, der aber bereits aus seinem Amt abberufen wurde, wenn sein Antwortschreiben mein Büro erreicht." Er zuckte hilflos mit den Schultern und hob entschuldigend seine Hände. "Wir müssen uns auf unsere eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten konzentrieren. Das Mutterland ist sehr weit entfernt und sehr kaputt."

Wenn ich unsere Eisenbahngesellschaft, wie von ihren Aktionären gewünscht, zum Erfolg führen wollte, musste ich bei inländischen Nutznießern so gute Überzeugungsarbeit zu leisten, dass von dort erhebliche Zusatzgelder fließen würden. Auch eine weitere Möglichkeit der Finanzmittelbeschaffung kristallisierte sich in den Tischgesprächen unserer Herrenrunde heraus: die Engländer mussten eigentlich ein großes Interesse haben, ihren Kolonien Nord-Rhodesien und Nyassa-Land eine kurze Schienenverbindung zum Ozean zu geben. Denn die bereits bestehenden englisch-rhodesisch-südafrikanischen Bahnverbindungen in Nord-Süd-Richtung hatten tausende Kilometer zwischen den Häfen und den britischen Kolonien zurückzulegen. Und weiter südlich verbanden bereits portugiesische Bahnlinien die Häfen von Lourenço Marques und Beira mit kolonialem Hinterland der Portugiesen und Engländer.

In den darauffolgenden Monaten des südlichen Frühlings und Sommers entstand zum ersten Mal so etwas wie berufliche und häusliche Routine. Ich bemühte mich intensiv, sowohl die Bauarbeiten am Schienenstrang selbst als auch an den beiden Brückenbauwerken und den ersten Bahnhöfen und Betriebsgebäuden voran zu bringen, wobei der zunehmend stärker werdende Regen der Sommerzeit mit seinem Matsch und den anschwellenden Flüssen und Bächen das Leben nicht einfacher machte. Una brachte unseren Haushalt personell und organisatorisch auf Vordermann und wurde ab dem November langsam, aber sicher runder. Zu meinem Glück gehörte meine Lebensgefährtin zu dem verführerischen Schwangerschaftstyp, dessen Lust auf körperliche Liebe mit zunehmendem Schwangerschaftsverlauf zu- und nicht abnahm. Wir kamen trotz den sommerlich feuchten und schwülen Wetters beide auf unsere Kosten. Da Una ohnehin die Reiterposition und in der 69er Position die obere Lage bevorzugte, mussten wir uns auch nicht weiter umstellen.

Wir hatten gerade das neue Jahr 1921 begonnen, als Una mit einem Vorschlag auf mich zukam. "Wird der Bahnhof hier in Lumbo so groß wie in Kigoma?"

Ich lachte. "Nein, meine Liebe. So einen Prachtbau kann sich die Eisenbahngesellschaft von Lumbo nicht leisten. Wird deutlich kleiner. Und ein Hotel gibt es frühestens in einem zweiten Bauabschnitt."

"Hast Du einen Bauplan in Deinem Büro?"

Ich bejahte, holte dann wunschgemäß den Plan aus meinem Büro und breitete ihn auf dem Esstisch aus. "Was interessiert Dich denn daran?"

Una betrachtete die Architektenzeichnung, die ich von meinem Vorgänger übernommen hatte, eine Zeitlang stumm und deutete dann mit dem Finger auf drei Räume in einer Ecke des Erdgeschosses. "Werden diese Räume zwingend für den Eisenbahnbetrieb benötigt?"

Ich schaute sie verblüfft an. "Warum fragst Du? Hast Du eine Verwendung dafür?"

"Möglicherweise." Sie richtete sich auf und drehte sich zu mir hin. "An der Mittellandbahn und in Kigoma selbst hattet ihr Deutschen alles wohl organisiert. Es gab die Eisenbahn, den Bahnhof, das Hotel, im Ort gab es eine Arztpraxis, später ein kleines Krankenhaus und es gab zwei Schulen. Dazu gab es den Hafen mit allem was dazu gehörte." Sie nickte zweimal, wie um ihre Worte zu unterstreichen. "Hier in Lumbo ist alles viel weniger organisiert. Und ich vermute, dass es im Hinterland entlang Deiner neuen Bahntrasse, ähnlich aussieht."

"Stimmt." Ich konnte Unas Analyse nur zustimmen. "Obwohl Portugiesisch-Ostafrika viel länger Kolonie ist als beispielsweise Deutsch-Ostafrika je war, hat man sich bisher nicht viel Mühe gegeben, das Land zu organisieren. Und es fehlt an Geld, wie man überall sieht."

"Von Wirtschaft und Handel verstehe ich nur so viel, wie in meinen Enzyklopädien steht. Und das ist ziemlich theoretisch", schaute mir Una nun direkt ins Gesicht. "Aber in Sachen Bildung und Erziehung, aber auch hinsichtlich medizinischer Versorgung fühle ich mich deutlich kompetenter. Also, ich habe mir überlegt, dass Du in jeden Bahnhof entlang der neuen Trasse eine einfache Arztpraxis und ein Betreuungszentrum für Mütter und Kleinkinder einrichtest. Jede Station hat ständig eine ausgebildete afrikanische Krankenschwester und eine afrikanische Hebamme, die sowohl Kenntnisse von europäischer als auch unserer eigenen Medizin hat. Dazu gibt es einen Arzt, der seinen Hauptsitz hier in Lumbo hat und mit Eurer Eisenbahn nach einem festen Terminplan an den anderen Bahnhofspraxen Dienst tut." Als Una in mein total überraschtes Gesicht schaute, setzte sie nach. "Ich habe bereits mit Fatima und einigen anderen Frauen in Lumbo gesprochen. Und die sind begeistert. Fatima hat mir zugesagt, dass die hieraus entstehenden Zusatzkosten von Ahmed und seinen Händlerkollegen akzeptziert werden." Jetzt grinste sie mich geradezu diabolisch an. "Ich glaube, dass Fatimas Zusage zuverlässig ist."

Ich musste nun laut lachen. Erstens, weil Unas Einschätzung der häuslichen Verhältnisse bei Ahmed Abbas den Nagel auf den Kopf getroffen hatte. Zweitens, weil ihre Idee richtig gut war.

"Das ist ein sehr interessanter Vorschlag. Räumlich ist dies kein Problem, selbst wenn wir dafür einen separaten Eingang von außen vorsehen müssten. Zudem gewinnt der Bahnhof zusätzlich Bedeutung in allen Orten entlang der Trasse und wird somit aus einem weiteren Grund zum Ortszentrum. Man müsste nur den richtigen Arzt dafür finden. Und die Ausbildung der Krankenschwestern und Hebammen organisieren. Davon habe ich nun wirklich keine Ahnung."

Jetzt lachte Una. "Das überlasse mal Fatima und mir. Wir sprechen möglichst bald mit den beiden katholischen Missionsstationen in Lumbo und in Monapo. Beide Missionare und Priester sind auch studierte Ärzte, die werden uns mit Sicherheit die richtige Ratschläge geben."

"Dann kann ich Dich nur ermuntern, das zu tun. Von Seiten der Eisenbahn können wir die Voraussetzungen schaffen."

Anfang Juni, die winterliche Trockenzeit war bei den fast unveränderten Temperaturen zwischen 24 und 30°C für mich Europäer deutlich angenehmer, brachte Una unsere erste Tochter zur Welt. Wir nannten sie nach Unas Vorschlag 'Gerhild', in Erinnerung an Gräfin von Cleve, der wir überhaupt verdankten, zusammengekommen zu sein. Una wusste, dass die Gräfin bei Unas Abreise auf ihre Plantage zurückgekehrt war. Aber die Gerüchteküche in Kigoma hatte viele Erzählungen über das Schicksal der Schwestern während des Krieges unter erst belgischer und dann britischer Besetzung bereit gehalten, deren Wahrheitsgehalt niemand so richtig kannte. Wie ihr jetzt vierjähriger Bruder war 'Hilde', wie sie vom ersten Tag an von jedermann gerufen wurde, überraschend hellhäutig, aber ihre dunkelbraunen Augen und ihr Mund waren ein exaktes Abziehbild ihrer Mutter.

Einige Wochen nach Hildes Geburt war unser Liebesleben zur unser beider Befriedigung zur Gewohnheit zurückgekehrt. Da kam Una, an mich gekuschelt und an diesem Abend besonders liebevoll mit einem weiteren Vorschlag.

"Du weißt aus eigenem Erleben, dass die Gräfin, deren Namen nun unsere Tochter trägt, mich und andere junge Frauen in besonderer Weise erzogen und ausgebildet hat."

Ich lachte leise auf. "Das kann man in der Tat so sehen. Und dann hat sie Dich fertig ausgebildet an mich übergeben. Wäre ich vom Typ ein Sklavenhalter gewesen, wäre Dir das schlecht bekommen."

"Bist Du aber nicht. Weil die Gräfin die jeweilige Männer für mich wie für andere sehr sorgfältig ausgewählt hat."

"Oh, wirklich?" Ich war tatsächlich überrascht.

"Sehr genau sogar. Ich kenne einen Fall, wo sie die von ihr ausgebildete junge Frau wieder zurückgeholt hat. Die Gräfin war ja keine Sklavenhändlerin, sondern wollte uns jungen Afrikanerinnen eine gute Zukunft sichern. War nicht ihr Fehler, dass Euer dummer Krieg dazwischen kam und vieles zerstört hat."

Ich hörte zum ersten Mal, wie Una das Wort 'dummer Krieg' über die Lippen kam. Muhammad Ali hatte noch zurückhaltend von 'Euerm europäischen Krieg' gesprochen, Una war jetzt direkter und wertender.

"Ja, intelligent war der Krieg tatsächlich nicht. Insbesondere weil wir Europäer auch zugleich die Kongo-Akte des gegenseitigen Respekts in Afrika mit in den Mülleimer geworfen haben." Ich schluckte etwas. "Leider gab es hier einen klaren Gewinner. Und das waren die Engländer."

"Die Welt hat sich halt geändert. Nur hier auf portugiesischem Besitz scheinen die Uhren anders zu gehen. Langsam, wie seit Jahrhunderten. Das kann man an dem Fortschritt Deiner Eisenbahn sehen. Und an vielen anderen Dingen auch. Auf der anderen Seite geht es uns Afrikanern unter portugiesischer Herrschaft sicher besser als unter britischer oder belgischer. Den arabischen und indischen Händlern ohnehin, eigentlich sind die Händler hier in einer noch stärkeren Machtposition als anderswo."

"Vermutlich hast Du recht." Ich wusste aber immer noch nicht, worauf Una hinaus wollte. Politische Diskussionen hatten wir bis dahin noch nie im Bett geführt. Ich sollte es aber gleich erfahren.

"Ich möchte dem Vorbild der Gräfin folgen und hier in Lumbo ebenfalls mit der Ausbildung und Erziehung von intelligenten als auch attraktiven afrikanischen Frauen beginnen. Praktisch als meine persönliche Kammerfrauen."

Ich nickte zustimmend im Dunkeln, was Una natürlich nicht sehen konnte. "Ja. Warum nicht? Diese Villa ist groß genug für weitere Angestellte. Und Du hast neben der Kinderfrau weitere Dienerschaft."

Ich merkte, wie sich Una aufrichtete und auf einem Ellenbogen abstützte. "Du hast mich noch nicht ganz verstanden, lieber Mann. Ich will diese jungen Frauen im vollen Umfang als ebenbürtige Dienerin ihrer Herrschaft ausbilden. Nicht nur im Kopf und im Auftreten und Benehmen. Sondern auch in allen Aspekten der Liebe. So wie ich es selbst erfahren habe."

"Aha." Bei mir war jetzt der sprichwörtliche Groschen gefallen. "Und da komme wohl ich jetzt ins Spiel, nicht wahr?"

"Genau. Oder besser gesagt, wir zusammen. So wie Du das vor vielen Jahren selbst erlebt hast, nur jetzt mit anders verteilten Rollen."

"Willst Du die Ausbildung denn dann auch auf andere Männer ausdehnen?" Ich war etwas misstrauisch geworden.

"Um Himmelswillen, nein! Du bist der einzige Mann, den ich liebe und lieben werde. Aber Du weißt, dass ich auch Frauen lieben kann. Gerne sogar. Und deshalb müssten wir dies gemeinsam machen."

"Hm." Ich musste in der Tat darüber nachdenken. Der Gedanke, neben Una eine zweite attraktive Afrikanerin mit ihm Bett zu haben und nach allen Regeln der Kunst körperlich zu lieben, war verführerisch. Und eine Aufstockung unseres Personals konnten wir auch gebrauchen. Warum also nicht. Trotzdem wollte ich nach bester preußischer Art eine Nacht über Unas Vorschlag schlafen. "Ich denke darüber nach, meine Liebe. Und wir reden morgen Abend erneut über Deinen Vorschlag."

Ich wusste genau, dass ich Unas Vorschlag wenig beziehungsweise nichts entgegenzusetzen hatte. Somit hatte ich nur zwei Bedingungen.

"Erstens will ich bei Deinem Ausbildungsprogramm der einzige Mann sein. Und zweitens will ich richtige Frauen und keine jungen Mädchen. Ihr wart auch keine Kinder mehr, als ihr im Dienst der Gräfin standet."

Una akzeptierte vorbehaltlos. "Mädchen kann man unterrichten, aber nicht ausbilden. Ich werde schon die richtige Wahl treffen." Sie hielt in der Tat auf sehr angenehme Weise Wort. Die beiden Afrikanerinnen, die sie offiziell als ihre Kammerfrauen einstellte, gingen bei Una richtig in die Schule. Sie lernten schulmäßig Englisch und Portugiesisch, sie lernten Haushaltsführung, ergänzt um kaufmännisches Rechnen in Unas Büro. Und sie lernten ein wenig Biologie und Hausmedizin als auch die Geheimnisse körperlicher Liebe mit Frau und Mann.

Für mich als genussvoller Lehrer hatte dies den riesigen Vorteil, dass ich jetzt immer wieder in den Genuss zweier liebevoller Afrikanerinnen kam, insbesondere in der doppelten Position, eine Frau auf meinem besten Freund und die zweite auf meinem Mund sitzend. Wie jeder weiß, war dies seit dem ersten derartigen Erlebnis mit Gräfin Gerhild und Una meine erklärte Lieblingsposition. Ich weiß nicht, wie Una dies vorbereitet hatte, aber ihre beiden in Ausbildung stehenden Kammerfrauen hatten nicht die geringste Zurückhaltung oder Angst.

So befriedigend und genussvoll sich mein Privat- und Liebesleben eingerichtet hatte, so stressig und manchmal frustrierend waren die Fortschritte in der Eisenbahngesellschaft. Die begrenzten finanziellen Mittel, die die Gesellschafter ohne jedwede staatliche Unterstützung aufbrachten, ließen weiterhin nur einen mäßigen Baufortschritt zu.

"Wir müssen so bald wie möglich den bisher verlegten Streckenabschnitt in Betrieb nehmen und anfangen, täglich Geld mit Fracht und Personenbeförderung zu verdienen", berichtete ich der Gesellschafterversammlung und unterbreitete sogleich einen Vorschlag. "Sie und mein Vorgänger haben sich vor sechs Jahren richtigerweise dafür entschieden, von vornherein die Gleise in der britischen Spurbreite von 3 Feet 6 Inch zu verlegen. Das eröffnet uns jetzt die Gelegenheit, uns um gebrauchte Lokomotiven, Güterwaggons und Personenwagen bei der südafrikanischen Eisenbahn zu bemühen, was uns bei unseren beschränkten Geldmitteln trotzdem die Gelegenheit gibt, im kommenden Jahr auf dem fertiggestellten Streckenabschnitt mit einem geregelten Verkehr zu beginnen."

Ich erklärte den Gesellschaftern anhand der Karte im Detail, welche Stationen bis dahin mit fertiggestellten oder vorläufigen, weiter im Bau befindlichen Bahnhöfen ausgestattet werden sollten und wie ich mir einen Fahrplan für die bis dahin betriebsbereiten fünfzig Kilometer Bahnstrecke vorstellte. Das Hauptproblem war nun die Ausgabenbewilligung für die Beschaffung der rollenden Eisenbahntechnik. Es gelang mir, die Gesellschafter nach eingehender Diskussion zur Zustimmung zu veranlassen, auch unter der Zusage, im Wege der notwendigen Kapitalerhöhung ein eigenes, persönliches Investment von 500 britischen Pfund beizubringen.

Mein Brief an die Hauptverwaltung der Südafrikanischen Eisenbahngesellschaft wurde erfreulich schnell und konstruktiv beantwortet. Möglicherweise provoziert durch meinen Nachnamen bot man uns drei zehn Jahre alte Henschel-Dampflokomotiven, die mit anderem rollenden Gut bei der Eroberung von Deutsch-Südwestafrika in südafrikanische Hände übergegangen waren, sowie das gewünschte Sortiment an Personen- und Güterwaggons an. Das Angebot enthielt auch die geforderten Lieferungs- und Zahlungsbedingungen. "Wir liefern die von Ihnen bestellten Teile auf dem eigenen Schienenweg bis in den Hafen von Lourenço Marques, aller weiterer Transport muss durch Sie selbst organisiert werden. Wir erwarten eine Anzahlung in Höhe von 20% des zu vereinbarenden Vertragspreises. Die vollständige Zahlung erfolgt bei Übergabe. Wir gewährleisten eine Generalüberholung der Lokomotiven in unserem Hauptbahnbetriebswerks nach unseren technischen Sicherheitsstandards."

Damit begann unendlich viel Arbeit. Mangels eigenem technischen Personal, welches die Kompetenz hatte, die Lokomotiven nach der Generalüberholung und der Sicherheitsüberprüfung in unserem Namen zu inspizieren, wandte ich mich brieflich an den Hersteller, Henschel & Sohn in Kassel, mit der Bitte um Assistenz durch sein Servicepersonal in Südafrika. Aus welchem Grund ich die Eingebung hatte, dem Schreiben ein kurzes Profil unseres Unternehmens und meiner Person beizufügen, weiß ich nicht mehr. Ich wollte nur sicherstellen, dass unser kleines und junges Unternehmen bei einem der größten Lokomotivhersteller der Welt ernst genommen wurde. Jedenfalls sollte mein Schreiben weitreichende und positive Konsequenzen für meine Zukunft und die meiner Familie haben.

Die Kaufverhandlungen mit der südafrikanischen Eisenbahn waren auf dem rein schriftlichen Weg nur vorbereitbar, aber nicht abschlussfähig führbar. Aus diesem Grund vereinbarten wir ein persönliches Treffen im fünf Jahre zuvor fertiggestellten Bahnhof von Lourenço Marques, was mir zudem die Gelegenheit gab, die Details für die Schiffsverladung der drei Lokomotiven und verschiedenen Waggons mit einer ortsansässigen Reederei und der Hafenverwaltung zu besprechen und festzulegen. Die südafrikanische Serviceniederlassung von Henschel & Sohn hatte sich mittlerweile per Telegramm und nachfolgend per Brief bei mir gemeldet und ein Angebot für die gewünschte Unterstützung abgegeben. So ausgestattet nahm ich das routinemäßig die Küste auf- und abfahrende Postschiff von Lumbo nach Lourenço Marques und verließ zum ersten Mal seit meiner Ankunft meinen Arbeitsplatz und meine Familie.

Una verabschiedete sich ganz lieb von mir, hör- und fühlbar besorgt. "Bleibe nicht so lange fort wie beim letzten Mal. Wir brauchen Dich hier!"

"Ist kein Krieg, meine Liebe. Ich habe keine Uniform an und führe keine Waffen mit mir."

Es war eine langsame Reise, das Postschiff lief unterwegs zehn Häfen an, bei denen nicht nur Post und Passagiere, sondern auch verschiedenes Stückgut ent- und verladen wurde. In Beira nutzte ich den mehrstündigen Aufenthalt zu einem Treffen mit der Direktion der dortigen Eisenbahngesellschaft, die seit rund zehn Jahren in einer seit Ende des vorherigen Jahrhunderts aufgebauten Partnerschaft mit der British South Africa Company BSAC eine durchgehende Bahnlinie von Beira nach Salisbury und darüber hinaus nach Bulawayo betrieb. Das Treffen war für mich ausgesprochen informativ und lehrreich, insbesondere was die Zusammenarbeit mit britischen Behörden, der davon häufig unabhängig agierenden BSAC und mit britischen Finanzgebern anging. Bei der Verabschiedung am frühen Nachmittag stellte mit der technische Direktor Antonio de Carvalho dann noch eine Frage unter vier Augen, deren Bedeutung mir erst ein paar Wochen später bewusst wurde:

"Ich habe noch eine letzte Frage, Herr Henschel: sind sie mit den Henschel-Werken in Deutschland verwandt?"

Ich lachte auf seine Frage hin. "Nicht so direkt, dass ich Miteigentümer wäre. Leider."

Der Bahnhof von Lourenço Marques war ein architektonisches Juwel. Noch größer als unsere Bahnhöfe in Daressalam und Kigoma strahlte er in hellgrün-weißer Farbe und hatte in der Mitte eine gewaltige, bronzene Kuppel.

Direktor Santos da Silva empfing mich erst zu einem persönlichen, sehr kollegialen Gespräch in seinem Büro, wobei wir uns fast nur über meine Vergangenheit bei der OAEG in Deutsch-Ostafrika unterhielten. Er hatte persönlich große Sympathien für Deutschland und insbesondere deutsche Technik. "Sie entscheiden sich absolut richtig, für Ihren Start in Lumbo gebrauchte Henschel-Lokomotiven zu kaufen. Ich hätte für meine Gesellschaft gern mehr davon. Leistungsstark und zugleich zuverlässig und günstig in Reparatur und Wartung. Was will man mehr?"

Er hatte uns für unsere Verhandlungen seinen Besprechungssaal zur Verfügung gestellt, den wir zu sechst aber nur spärlich besetzten. Ich hatte mir als juristische Begleitung den Rechtsanwalt der ortansässigen Eisenbahngesellschaft sichern können.

Fünf Stunden später waren unsere Verhandlungen zufriedenstellend für beide Seiten abgeschlossen. Wir ließen über die Direktion einen örtlichen Notar zur Beglaubigung unserer Vertragsunterschriften dazu holen, dann hatte meine Eisenbahngesellschaft ihren ersten Fuhrpark gekauft. Die Lieferung erfolgte sechs Monate später, nachdem die Hafenverwaltung in Lumbo die Voraussetzungen für die Entladung der schweren Lokomotiven geschaffen hatte und dieselben am Hafenkai direkt auf die an der Kaianlage laufenden Schienen absetzen konnte.

Nach meiner Rückkehr wurde ich zunächst von meinen Gesellschaftern mit großer Neugierde und Erwartung begrüßt, die meinen Bericht über die Geschäftsreise wohlwollend aufnahmen und zusätzlich zu den bereits verfügbaren Geldern für den Ankauf des rollenden Gutes weitere Gelder zum Weiterbau der Schienentrasse zur Verfügung stellten. Damit waren der Weiterbau bis Monapo - immerhin eine Strecke von rund neunzig Kilometer - sowie die Inbetriebnahme des Eisenbahnbetriebes vollständig gesichert.

Die Begrüßung durch Una war nur mit dem Wort 'stürmisch' zu beschreiben. "Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie ich jede Nacht von meiner einsamen Zeit in Kigoma geträumt und echte Angst um Deine Rückkehr gehabt habe", gestand sie mir. Una hatte bewusst darauf verzichtet, an diesem Abend eine ihrer beiden auszubildenden Kammerfrauen mit in Bett zu holen. "Ich brauche Dich allein für mich", war ihre klare Aussage. Und sie brauche mich wirklich. "Ich brauche heute Nacht einen starken Hengst, der mich bis zur totalen Erschöpfung durchfickt. Ich habe so viel aufgestaute Energie, die muss jetzt raus!"

Ihr Wunsch war mir Befehl, denn nach der wochenlangen, ziemlich langweiligen Schiffsreise mit den wenigen und kurzen Unterbrechungen an Land, ging es mir ähnlich. Nachdem mich Una erst einmal oral und mit einem kurzen harten Cowgirl-Ritt zum Abspritzen gebracht und damit uns beide zunächst einmal überschüssiger Energie entledigt hatte, hatten wir Zeit und Kondition für eine ausgedehnte Doggy-Style-Nummer, im fliegenden Wechsel ihren Vorder- und gut vorbereiteten Hintereingang nutzend. Wir verloren beide jegliches Zeitgefühl. Und da wir in der winterlichen Trockenzeit sogar angenehme Nachttemperaturen verzeichneten, hielten wir auch konditionell gut durch. Hinterher vermutete ich, dass dies wohl unser ausdauerndster Akt unseres Liebesleben gewesen war, jedenfalls hatte ich das Gefühl, dass ich meine Partnerin noch nie so vollständig aufgefüllt hatte, wie an diesem langgezogenen Abend.

Irgendwie hatte unser stürmischer Wiedersehens-Sex auch diesmal unmittelbare Folgen. Una wurde zum dritten Mal schwanger und war darüber unendlich glücklich.

Erst spät am darauffolgenden Vormittag begann ich, die gesammelte Post der letzten Wochen zu sichten, die Una in drei Stapeln auf meinem Schreibtisch sortiert hatte:

Geöffnete Geschäftspost, die bereits erledigt worden war und ich nur noch zur Kenntnis nehmen musste;

Geöffnete Geschäftspost, die noch einer Aktion oder Entscheidung meinerseits bedurfte;

Ungeöffnete persönliche Post.

Ich arbeitete die drei Stapel genau in dieser Reihenfolge ab. So war es bereits Nachmittag, als ich einen edel aussehenden, ungeöffneten Brief mit deutscher Briefmarke in die Hand nahm, wobei ich verblüfft den Markentarif des Briefs mit einer 4-Reichsmark-Germania-Briefmarke registrierte. "Mein Gott, ist Deutschland teuer geworden", war meine spontane Reaktion. Frühere Briefe aus der Heimat hatten in der Regel eine 20-Pfennig-, im schweren Fall eine 40-Pfennig-Briefmarke. Ich drehte den Brief um und las auf der Rückseite den farblos eingepressten Absender: "Karl Henschel, Kassel".

Ich griff zu meinem Brieföffner, schlitzte das Briefkuvert auf und entnahm einen zweiseitigen Brief mit gestochen scharfer Handschrift, dazu lag dem Brief ein maschinengeschriebenes Memorandum bei. Ich war wirklich neugierig geworden, was der weltbekannte Inhaber der Henschel-Werke mir persönlich schrieb. Nach ein paar wohlwollenden Eröffnungsworten kam der Unternehmer auf den Kern seines Anliegens:

"ich habe mich mit Ihrem ehemaligen OAEG-Vorgesetzten, Herrn Direktor Huber, ausgetauscht, der Sie mir als seinen besten Regionaldirektor beschrieben hat. Das hat mein Interesse an Ihrer jetzigen Arbeit in Portugiesisch-Ostafrika noch weiter steigen lassen. Wir, Henschel & Sohn, sind trotz des verlorenen Krieges, wieder zu einem wichtigen Lokomotiv-Lieferanten der Südafrikanischen Eisenbahngesellschaft geworden, eine Position, die wir bereits vor Kriegsausbruch, insbesondere vor dem Burenkrieg inne gehabt hatten. Zudem stehen wir in sehr erfolgversprechenden, umfassenden Liefergesprächen mit der portugiesischen Eisenbahn, die wir in den kommenden Jahren mit neuen Dampflokomotiven grundlegend modernisieren werden. Hingegen sind wir in den portugiesischen Kolonien, insbesondere in Ostafrika und Westafrika, bis heute praktisch nicht vertreten, obwohl unsere Lokomotiven auch dort einen hervorragenden Ruf haben. Aus diesem Grund trete ich heute mit dem Ansinnen an Sie heran, zusätzlich zu Ihrer Verantwortung als Direktor der Eisenbahngesellschaft in Lumbo die Aufgabe eines Generalrepräsentanten der Henschel & Sohn-Gesellschaft in den afrikanischen Besitzungen der Republik Portugal zu übernehmen. Hierzu füge ich meinem Schreiben ein Memorandum unseres Unternehmens bei, welches auch für Ihre Gesellschafter bestimmt ist und darstellt, welche Vorteile die von Ihnen geführte Gesellschaft aus Ihrer Doppelfunktion ziehen kann.

Lassen Sie mich abschließend noch ein persönliches Wort anfügen: ich kann mir für unseren gemeinsamen Erfolg keine bessere Voraussetzung vorstellen, dass Herr Diplom-Ingenieur Andreas Henschel die Henschel & Sohn-Gesellschaft im südlichen Afrika repräsentiert."

Innerlich überwältigt legte ich den Brief Karl Henschels erst einmal auf meinem Schreibtisch ab, drehte meinen Schreibtischstuhl zu Seite und blickte lange und nachdenklich in die satt-grüne Tropen-Landschaft vor meinem Fenster. Dann nahm ich das Memorandum zur Hand, studierte es eingehend sowie das zweite Schriftstück mit einem eindeutigen Entlohnungssystem für meine mögliche Generalrepräsentantentätigkeit, aus der ich entnehmen konnte, das ich beim erfolgreichen Verkauf von nur zwei Lokomotiven pro Jahr aus meiner Provision mehr als mein jährliches Direktorengehalt verdienen würde. Angesichts der ständigen Geldengpässe in unserer Eisenbahngesellschaft erschien mir dies Angebot insbesondere zur Absicherung unseres Familienlebens in Lumbo als ausgesprochen verlockend.

Nach einer Stunde intensiven Nachdenkens holte ich Una in mein Büro und gab ihr den Brief mitsamt seinen Anlagen zu lesen.

"Könntest Du beide Aufgaben von Lumbo aus wahrnehmen?" war ihre erste Reaktion. "Ich würde gern hier in meiner neuen Heimat weiterleben und mit Fatima an unserer Gesundheitsversorgungsidee weiter arbeiten."

"Ich entnehme dem Brief, dass die Henschel-Werke es sogar begrüßen würden, wenn ich von hier aus beide Aufgaben wahrnehme. Ich rede dann ja mit anderen Eisenbahngesellschaften praktisch von Kollege zu Kollege."

Una nickte. "Ich sehe ganz klar, warum Herr Henschel Dir diesen Vorschlag macht. Ist für seine Firma beinahe ein Gottesgeschenk, in einem Markt, in dem sie bisher kaum vertreten sind, einen Generalrepräsentanten zu bekommen, der genauso wie die Firma heißt." Sie nickte ein paar Mal bedächtig, dann setzte sie nach. "Und ich kann mir vorstellen, dass die Gesellschafter hier einer solchen Lösung ebenfalls aufgeschlossen sein könnten. Ich sehe ja die knappe Kassenlage jeden Tag. Und mit dem Einkauf der Lokomotiven und Waggons wird sie in den kommenden Monaten und Jahren eher noch knapper. Spätestens, wenn die Trasse Monapo erreicht hat, ist das Kapital aufgebraucht. Und wenn neues Geld nur durch den Betrieb verdient werden muss, wird es lange dauern, bis ihr die Bahnstrecke Richtung Westen oder sonst wohin erweitern könnt. Für den Alltagsbetrieb einer einfachen, 90 Kilometer langen Strecke braucht man keinen Direktor wie Dich."

Una hatte in ihrer unnachahmlichen, scharf analytischen Art auch meine schon seit langem innerlich gehegten Sorgen angesprochen. Was würden wir als Familie machen, wenn der Eisenbahngesellschaft das Geld ausgeht? Hier lag nun eine mögliche Antwort auf meinem Schreibtisch. Absolut unerwartet.

"Du solltest Ahmed Abbas über das Angebot informieren. Ich kann eine Übersetzung ins Englische anfertigen, die kannst Du ihm dann persönlich präsentieren und die Vorzüge des Angebotes für allen Seiten erläutern. Ich bin mir sicher, er wird Dir sehr gut zuhören."

Una Einschätzung erwies sich als richtig. Drei Wochen später konnte ich Herrn Henschel mitteilen, dass ich gemäß positivem Gesellschafterbeschluss in der Lage wäre, sein Angebot zur zusätzlichen Übernahme der Funktion als Generalrepräsentant seiner Firma anzunehmen und ich einem entsprechenden Vertragsabschluss mit Optimismus entgegen sehen würde.

Zwei Jahre später trat exakt ein, was Una vorhergesagt hatte. Unsere Eisenbahngesellschaft hatte mit ihrem letzten Kapital Monapo erreicht, wobei unterwegs noch viel Arbeit an Bahnhöfen und Technik zu verrichten war. Aber immerhin konnten wir nun auf der gesamten Länge der Trasse einen fahrplanmäßigen Personen- und Güterverkehr anbieten und begannen, endlich so viel Geld zu verdienen, dass es die Betriebskosten voll umfänglich abdeckte. Dividenden für die Gesellschafter oder gar eine weitere Kapitalansparung für einen weiteren Streckenausbau waren aber auf dieser Einkommensbasis undenkbar.

Meine mittlerweile um einen zweiten Sohn Eduard angewachsene Familie hingegen musste sich keine materiellen Sorgen machen. Ich hatte mit Direktor de Carvalho in Beira einen Verkaufsvertrag für fünf Henschel-Schwerlast-Dampflokomotiven abgeschlossen, dessen Provision drei Jahresgehältern aus meiner Direktorentätigkeit entsprach. Darüber hinaus hatte meine erste Reise nach Angola/Portugiesisch-Westafrika die Möglichkeit für einen sehr großen, mehrjährigen Vertrag ergeben, der die im Verlängerungs- und Erweiterungsbau befindliche Trasse vom Atlantikhafen in Lobito quer durch die portugiesische Kolonie bis in den kupferreichen Süden von Belgisch-Kongo mit entsprechend leistungsstarken Lokomotiven bestücken sollte. Bei dieser Reise durchquerte ich zur Verkürzung meiner Reisezeit das südliche Afrika auf einer Art Zick-Zack-Kurs von Beira bis nach Swakopmund/Walfischbucht, wo ich mich dann für die kurze Entfernung nach Lobito wieder einschiffen konnte. Während dieser Reise dachte ich öfters darüber nach, dass der langjährige Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Herbert von Wißmann, in seinen jüngeren Jahren als Afrikaforscher erst lächerlich 43 Jahre zuvor viele Monate bei seiner ersten Afrikadurchquerung benötigt hatte und ich mich nun vergleichsweise bequem, sicher und ohne bewaffnete Eskorte und Dutzende von Lastenträgern der südafrikanischen Eisenbahn anvertrauen konnte.

Der mit ersten Lokomotiv-Lieferungen 1925 in Kraft tretende Vertrag für die Benguela-Bahn in Angola sowie Folgeaufträge der Eisenbahngesellschaften in Beira und Lourenço Marques machten mich und meine Familie finanziell so unabhängig, dass ich mich quasi unentgeltlich um die Zukunft unserer eigenen Eisenbahngesellschaft in Lumbo kümmern konnte. Hier war ein ganz einfach zu beschreibendes Problem zu lösen:

Wo sollte das frische Kapital für eine Erweiterung unseres Schienennetzes sowie die Fortsetzung bis ins britische Nyassaland herkommen?

Um diese Frage zu beantworten, bedurfte es fast drei Jahre harter Akquisitions- und Verhandlungsarbeit und einer sehr umfangreichen Korrespondenz, die Una sowohl auf Englisch als auch Portugiesisch in hervorragender Manier managte. Letztendlich stellte sich heraus, dass die Entscheidung der Gründungsgesellschafter, ihre Eisenbahn im Hafen von Lumbo enden zu lassen, falsch war. Die Probleme des Hafens hinsichtlich seiner Umschlags- und Lagerlogistik als auch hinsichtlich der maritimen Anforderungen waren so groß, dass meine Investoren- und Handelsgesprächspartner den etwas 30 Kilometer weiter nördlich gelegenen Hafen von Nacala als Tor zur Welt bevorzugen würden. Zur Lösung dieser Wunschanforderungen änderte ich unser Expansionskonzept zur Trassenführung dahingehend, dass an einer von der Originalverbindung abgehenden Abzweigung östlich von Monapo auch dieser Hafen an das Streckennetz angeschlossen wurde und erst danach mit der weiteren Trassenexpansion Richtung Nyassaland begonnen wurde. Mit diesem überarbeiteten Konzept gelang es mir, neuen Aktionäre und Geldgeber sowohl im British Empire als auch unter indischen und arabischen Händlern zu finden, die im Wege einer umfassenden Kapitalerhöhung die Mehrheit an unserer Eisenbahngesellschaft erwarben. Wir konnten endlich sowohl das Streckennetz erweitern als auch unser Transportvolumen Jahr für Jahr steigern. Fünf Jahre später erreichten wir Mutivassee tief im ostafrikanischen Hinterland und hatten mit einem in Betrieb befindlichen Streckennetz von 350 Kilometern ein gutes Drittel der Distanz zum Nyassasee zurückgelegt. Natürlich bestand der Fuhrpark unserer Gesellschaft fast ausschließlich aus Henschel-Lokomotiven.

Parallel zu meiner Arbeit als Eisenbahndirektor und Generalrepräsentant von Henschel & Sohn hatten Una und Fatima Abbas ihre Idee einer bahnhofsgestützten Gesundheitsversorgung mit Eifer und Energie weiter verfolgt. Besonders hilfreich war dabei die Zusammenarbeit mit dem katholischen Missionar, Priester und Arzt in Monapo, Pater Oscar Caetano, der von der Initiative der beiden Frauen begeistert war. Pater Oscar gelang es, einen jungen portugiesischen Arzt, der wie er in den Missionsdienst der katholischen Kirche eingetreten war, für die Aufgabe als Eisenbahnarzt zur gewinnen. Die Aufgabenteilung war einfach: die Eisenbahngesellschaft stellte Räumlichkeiten und die vollständige Einrichtung der Arztpraxen und Mütterstationen und übernahm alle Transport- und Unterbringungskosten, die Mission bekümmerte sich um das medizinische Personal. Für die Betriebskosten, insbesondere die Kosten für Medizin, bauten Fatima und Una ein kleines Spendenbudget auf, dass insbesondere aus den Geldbörsen der mit der Eisenbahn verbundenen Händler gespeist wurde. Dabei hatten auch die vornehmlich moslemischen und hinduistischen Händler kein Problem damit, eine katholische Einrichtung zu unterstützen, solange diese in den Arztpraxen keine Missionsarbeit verrichteten. Der Vorteil für alle Beteiligten lag auf der Hand.

Mit Ausdehnung des Schienennetzes nach Nacala kamen noch vier Bahnhofs-Arztpraxen dazu, so dass am Ende zwei Ärzte und drei Hebammen mit vielen, selbst ausgebildeten Hilfskräften vor Ort, ihren reisenden Dienst versahen. Die beiden Frauen, die mit ihrer ganzen Energie dies Projekt vorangetrieben hatten, waren zu Recht auf ihre Leistung stolz.

Unas enge Zusammenarbeit mit der katholischen Missionsstation hatte darüber hinaus eine überraschende private Konsequenz.

"Ich habe mit Pater Oscar über eine Idee gesprochen, die mir schon lange durch den Kopf geistert", berichtete Una eines wunderschönen Winterabends beim Abendessen.

Ich schaute sie neugierig an und erwartete irgendeinen Vorschlag im Zusammenhang mit ihrem Gesundheitsversorgungsprojekt.

"Wir beide haben öfters darüber gesprochen, dass es für uns praktisch unmöglich ist, eine offizielle Ehe einzugehen."

"Ja. Staatlich praktisch unmöglich, weil ich immer noch Deutscher bin und Du offiziell gar keine Staatsangehörigkeit besitzt. In Kigoma haben wir vor zehn Jahren die Gelegenheit verpasst, den Widerstand des lutherischen Pastors gegen gemischtrassige Ehen zu überwinden. Und hier gibt es keine evangelische Kirche."

"Richtig. Aber hier gibt es eine römisch-katholische Kirchengemeinde, in der jeder Mann und jede Frau Gemeindemitglied sein kann, wenn er getauft ist. Egal welcher Rasse und Hautfarbe er oder sie angehört."

"In der Tat, in dieser Hinsicht ist die katholische Kirche deutlich offener als die evangelischen Kirchen."

"So ist es. Jedenfalls ist Pater Oscar bereit und in der Lage, Dich und mich offiziell zu verheiraten, wenn wir uns zuvor von ihm taufen lassen. Das hat zudem den Vorteil, dass diese Ehe aufgrund der gerade wieder geänderten portugiesischen Gesetze auch gesetzlich anerkannt ist." Sie holte tief Luft. "Und er schlägt vor, bei dieser Gelegenheit auch unsere drei Kinder direkt taufen zu lassen." Una legte ihr Besteck beiseite und schaute mich durchdringend an. "Ich hätte keinen größeren Wunsch, als den Mann meiner Liebe auch offiziell zu heiraten."

Unas Vorstoß überwältigte mich und machte mich übergangsweise sprachlos. Aber ich hielt ihrem Blick stand, während durch meinen Kopf die Gedanken rasten. Dann gab ich mir einen Ruck und musste laut, richtig befreiend lachen. "Una, Du bist großartig. Ich weiß, warum ich Dich liebe." Ich klatschte meine Hände zusammen. "Jawohl! Ich habe nichts vorbereitet und dies kommt absolut überraschend." Ich stand auf, ging um den Esstisch herum und sank neben Unas Stuhl auf ein Knie. "Liebe Una, willst Du meine angetraute Ehefrau werden?"

Una umarmte mich, verdrückte zwei Glückstränen aus ihren Augenwinkeln und gab mir einen innigen Kuss. "Ja, Andreas. Ich will."

Es waren dann doch noch einige bürokratische Hindernisse zu überwinden. Aber am 27. Juli 1927, meinem 47. Geburtstag, heiratete ich meine afrikanische Geliebte und die Mutter meiner drei Kinder. Sie hieß fortan ganz offiziell Una Henschel.

Nachwort:

Da trotz unserer Eheschließung das deutsche Generalkonsulat nicht in der Lage war, meiner Ehefrau die deutsche Staatsangehörigkeit zu verleihen, entschlossen wir uns, 1930 die portugiesische Staatsangehörigkeit anzunehmen. Wir hatten ohnehin entschieden, bis an unser Lebensende in Portugiesisch-Ostafrika zu verbleiben. 1932 schied ich aus der Geschäftsführung unserer Eisenbahngesellschaft aus und rückte in den Aufsichtsrat auf, ich war ja unverändert Aktionär, wenn auch mit nur einem kleinen Aktienanteil. Meine Arbeit für Henschel & Sohn setzte ich fort, sie generierte ohnehin mit weitem Abstand den größten Teil meines Einkommens und hatte uns vermögend gemacht.

Una und ich waren glückliche Eltern. Unsere drei Kinder erreichten ohne dramatische Erkrankungen das Erwachsenenalter, insbesondere schienen wir alle fünf gegen die allgegenwärtigen tropischen Gesundheitsbedrohungen wie Malaria oder Schwarzwasserfieber von Natur aus immun zu sein.

Kurz vor meinem 60. Geburtstag brach in Europa der Zweite Weltkrieg aus. Diesmal hatten Una und ich einfach Glück. Portugal bewahrte eine strikte Neutralität, basierend auf dem 550 Jahre alten anglo-portugiesischen Vertrag, dessen Anwendung eine Bedrohung der portugiesischen Kolonien durch das British Empire eliminierte. Eine Verteidigung von Mozambique und Angola gegen beispielsweise südafrikanische und rhodesische Truppen wäre angesichts des militärischen Stärkeverhältnisses ohnehin unmöglich gewesen. Anders und Eduard leisteten im Frieden ihren Militärdienst in Mozambique ab und mussten an keiner Front einen europäischen Krieg ausfechten. Anschließend schickte ich meine beiden Söhne zum Ingenieurstudium nach Südafrika auf die Universität. Unsere einzige Tochter Gerhild heiratete in eine reiche portugiesisch-indische Familie, die ein beachtliches Handelsgeschäft zwischen dem ostafrikanischen Beira, dem südafrikanischen Durban und dem indischen Goa betrieb.

Lediglich meine engen Beziehungen zu Henschel & Sohn brachen mit dem neuen Krieg vollständig zusammen. Für die Betreuung der Henschel-Lokomotiven im südlichen Afrika suchte ich mir regionale Maschinenbetriebe, die nach unseren Vorgaben Ersatzteile fertigen konnten. Aus diesem Fundus versorgten wir dann die Eisenbahngesellschaften so gut es ging mit allem notwendigen Material.



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