Herbstzeittreiben (fm:Selbstbefriedigung, 2287 Wörter) | ||
Autor: Sommergewitter | ||
Veröffentlicht: May 20 2024 | Gesehen / Gelesen: 6732 / 5264 [78%] | Bewertung Geschichte: 9.12 (59 Stimmen) |
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Ich hatte mir die Auszeit verdient, die letzten Projekte waren anspruchsvoll, fordernd, kräftezehrend. Mein Team hat alles gegeben und so konnten wir den Sommer über einige Erfolge feiern. Doch nun waren die Akkus leer, ich brauchte Zeit für mich, Zeit Kraft zu tanken und wieder zu mir zu finden. Normalerweise wäre ich weit weg geflogen, in den Süden, die USA oder nach Asien. Aber mein Chef hatte mir abgerungen, greifbar zu bleiben, falls irgendwas bei den neuen Kunden nicht so lief. Und so wurde es dann ein Trip an die Ostsee, dort wo ich früher schon immer gern abgeschalten hab. Früher als da noch meine geliebte Rike an meiner Seite war, zog es uns oft an die Strände der Ostsee. Aber das war früher und nach Ihrem Tod habe ich mein Heil in der Arbeit gesucht.
Und nun ist es auch wieder die Arbeit, die mich hierher führt. Eine Woche Rügen, spät im Jahr, Ende Oktober. Die ersten Herbststürme sind schon durch das Land gezogen, als ich aber mit der Fähre von Stahlbrode übersetze weht mir ein warmer, fast sommerlicher Wind um die Nase. Es sind gute 22 Grad und die Sonne strahlt, als ob sie sich keinesfalls ins Winterquartier zurückziehen will. Bedingt durch die Nebensaison bin ich nur mit 2 weiteren Fahrzeugen auf der Fähre, auch die Fahrt durch die weiten Alleen der Insel verbringe ich weitestgehend allein, ohne Verkehr. Nur endlose weite, Blätter die über die Straße wehen und der Wind, der durch die Landschaft fegt und die Alleebäume gefährlich biegt.
Mein Ziel ist eine kleine Pension im Mönchgut, ganz im Süden der Insel. Auf einer kleinen Halbinsel, mitten im nirgendwo. Um die Zeit sind dort nur noch die Insulaner anzutreffen, Touristen verirren sich dann kaum noch dort hin. Der richtige Ort also um abzuschalten. Als ich dir Tür der Pension öffne kommt mir die Wirtin auch sofort entgegen, eine rüstige Frau, geschätzt Mitte 70. Sie schaut mich sofort auch ganz aufgeregt an "Herr Dreher. Ich versuche Sie schon die ganze Zeit zu erreichen" versucht Sie mir atemlos etwas zu erklären. "Aber an Ihrer Telefonnummer geht niemand ran" schob Sie weiterhin aufgeregt hinterher. "Komisch" schaute ich Sie nur an, holte mein Handy aus der Jackentasche und schaute aufs Display "Keine Anrufe" sagte ich nur trocken, man merkte ihr jedoch an, wie angespannt Sie war.
"Ist nun auch egal, ich muss nach Rostock" sagte Sie aufgeregt "Das Kind meiner Tochter kommt. Kommen Sie allein hier klar die nächsten Tage" schaute Sie mich mit fragender Miene an, drückte mir dann aber sofort ein Schlüsselbund in die Hand und machte sich mit einer Reisetasche in der Hand davon. "Ich schätze schon" rief ich ihr noch hinterher, als Sie schon Ihren Wagen startete und langsam über die Lange Auffahrt des Hofes davon fuhr.
Und dann war Ruhe, alles war menschenleer, nur der Wind war zu hören und die Möwen, die in der Ferne auf dem Bodden Jagd auf Ihr Abendessen machten. Genau das wollte ich, Leere, Einsamkeit, Ruhe. Vielleicht nicht sofort in dem Extrem, aber es war ein wohltat allein zu sein. Bei sich zu sein.
Ich schaute mich in dem kleinen Häuschen um, eine süße Pension, nur 3 oder 4 Gästezimmer. Es war auch relativ schnell zu sehen welches mein Zimmer war. Es war nur ein Bett bezogen, die anderen Zimmer waren schon Winterfest gemacht. So stellte ich meine Tasche auf das Bett, blickte durch das kleine Fenster auf das Haff und atmete durch. Mein Handy machte ich in dem Moment aus, ich war offline, das erste mal seit Jahren. Geschafft ließ ich mich ohne ein Abendessen ins Bett fallen und wachte erst am frühen Morgen auf. Die ersten Sonnenstrahlen blitzen durch das Fenster, es ist kurz nach sechs und draußen war bestes Wetter.
Energiegeladen zog ich meine Laufsachen an, packte mir noch ein Energieriegel ein und lief los, lief einfach los. Die Kilometer flogen unter meinen Füßen und ich erreichte das Ende der Halbinsel, die dünne Landzunge die mitten in das Haff reichte. Hier war nichts außer Natur und Meer, keine Menschenseele weit und breit. Ich lief bis zum Wasser, hörte das Meeresrauschen, Wellen, Vögel, den Wind. Ich lief ein paar Meter über den Strand und setzte mich dann im Schneidersitz in die Sonne, schloss die Augen und ließ die Anspannung der letzten Monate von mir fallen. Trotzdem es schon spät im Oktober war wärmte die Sonne in meinem Rücken und ich entschloss mich, kurz den Schweiß des Laufes abzuwaschen.
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