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Opas Fotokiste (fm:Sonstige, 1302 Wörter)

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Veröffentlicht: Jul 20 2024 Gesehen / Gelesen: 10030 / 8529 [85%] Bewertung Geschichte: 9.13 (110 Stimmen)
Mir fallen alte Fotos von meinem Opa beim Ausräumen in die Hände...

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Opas Fotokiste

Mein Opa ist leider verstorben und so helfe ich meiner Tante und meiner Mutter die gesammelten Schätze zu sichten und auszusortieren. Ich bin in den Keller abkommandiert worden. Aufgefallen sind mir sofort verschiedene Chemikalien zur Entwicklung von Filmen und der Herstellung von Papierabzügen. Dazu einige flache Wannen aus Kunststoff und emailliertem Blech. Also eine Fotolaborausrüstung. Ich wusste nur zu gut, dass mein Opa gerne photographierte, dass er die Filme selbst entwickelte, wusste ich bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Es gab zwar oben in der Wohnung sehr viele Fotoalben mit Bildern von Reisen, der Familie, meiner Oma und Meiner Mutter und meiner Tante als kleine Mädchen, aber seine Farbfilme hat er immer zur Entwicklung weggegeben. Es gab also Unmengen von Fotos in den offiziellen Alben.

Ich stöbere weiter im Keller und finde uralte Werkzeuge, Hämmer, Sägen und auch Maulschlüssel. Dann stolpere ich über einen erkennbar alten Schuhkarton, der schon eine ordentliche Staubschicht angesetzt hatte und sicher seit Jahren nicht bewegt worden war. Ich öffne vorsichtig den Deckel und blicke in das strahlende Lachen einer etwa 20 jährigen jungen Frau. Das schwarz-weiß Bild ist jetzt mehr braun-weiß, es ist schon uralt. Es muss so Ende der 1920er oder frühe 1930er gewesen sein. Das Lachen der jungen Frau nimmt mich sofort gefangen und ich bin schockverliebt. So eine süße Freundin hätte ich in dem Moment auch gerne gehabt. Ich hatte zu dem Zeitpunkt mit 20 keine Freundin, es hätte also prima gepasst. Ich betrachte das Bild länger. Sie hat strahlende Augen, aus denen Funken zuspühen scheinen und lange helle Haare, sicher blond, die in natürlich fallenden großen Locken ihr bezauberndes Gesicht einrahmen. Sie hat ein schlankes Gesicht und einen sinnlichen Mund, den ich sofort küssen würde. Irgendwo hatte ich das Gesicht schon gesehen. Es fiel mir dann doch wieder ein. Die junge Frau hatte ich auf dem 75sten Geburtstag meines Opas gesehen, nur dass sie zu der Feier auch schon über 70 war. Ihre Haare waren schlohweiß und streng nach hinten zu einem strengen Knoten am Hinterkopf zusammen gesteckt. Sie war noch immer sehr zierlich und wenn sie lachte, sprühten noch immer Funken aus ihren Augen. Das war Lenchen als junge Frau auf dem Bild. Ich erinnere mich noch gut an die Feier. Ich war gerade 10 und hatte die Aufgabe bekommen, immer für frischen Kaffee zu sorgen. So hatte ich mich in die Küche zurückgezogen und ließ die Kaffeemaschine glühen. Mir war es recht, weil ich zwischen den alten Leutchen deutlich deplatziert gewesen wäre und sie von Leuten sprachen, die ich ohnehin nicht kannte.

Ich hatte gerade die nächste Kanne aufgesetzt, da kam damals Lenchen zu mir in die Küche.

"Du bist also der Enkel von Karl und Else und hast uns mit Kaffee zu versorgen. Eine Bitte habe ich, bitte die nächste Kanne deutlich stärker kochen."

"Mir ist aber eingebleut worden, dass ich den Kaffee nicht zu stark kochen darf, weil es doch einige Damen und Herren der Feier mit dem Blutdruck haben und es soll ja niemandem schlecht gehen."

"Wir haben alle unsere Herztabletten genommen und damit kannst du uns die Freude machen und stärkeren Kaffee kochen."

"Ich werde es versuchen."

"Das ist lieb von dir, du brauchst es ja nicht übertreiben."

Sprach es und umarmte mich und drückte mir einen Kuss auf die Wange. Dann verschwand sie wieder zur Kaffeetafel im Wohnzimmer. Die nächste Kanne bekam 3 Extralöffel Kaffee. Niemand hat sich beschwert.

Nach der Feier habe ich dann Opa gefragt, wer diese Lenchen ist, aber ich bekam keine Antwort und er verdrehte nur genießerisch die Augen. Später erfuhr ich von meiner Oma, dass Lena schon seit Jahrzehnten eine sehr gute Freundin ist, die nie geheiratet und keine Kinder hat. So wunderte ich mich dann auch nicht, dass sie bei jeder Feier dabei war, egal ob Geburtstag oder Silvester.

Ich widme mich wieder dem Schuhkarton.

Sehr schnell verstand ich, warum die Bilder nie den Weg in ein Fotoalbum

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