Neuanfang (fm:Ältere Mann/Frau, 9676 Wörter)

Neuanfang

Kalte Füße

Der Umzug in das kleine, schmucke Reihenhaus hätte Haralds und Carinas gemeinsamer Schritt in die Zukunft sein sollen. Das Wohnzimmer war halb eingerichtet, Umzugskartons stapelten sich entlang der Wände und der Duft nach frischer Farbe und neuer Möbel lag in der Luft. Aber als Harald die Kisten aufmachte und Carina zum hundertsten Mal fragte, welche Lampe sie für das Schlafzimmer bevorzugte, sah er plötzlich das etwas nicht stimmte. Carina stand stumm am Fenster, die Stirn in tiefen Falten.

"Was ist los, Schatz?", fragte er und stellte die Lampe vorsichtig auf den Boden.

Carina drehte sich zu ihm um, die Arme schlaff an den Seiten, ihre Augen glitten über die Kartons und Möbel, ohne wirklich etwas wahrzunehmen. Sie zuckte mit den Schultern, wirkte klein und verloren.

"Harald...", begann sie zögerlich. Ihre Stimme klang so fremd, so leise. "Ich weiß nicht, ob das alles richtig ist."

Haralds Herz setzte einen Schlag aus. "Wie meinst du das?"

"Ich ... ich kann das hier nicht mehr", flüsterte Carina. Ihre Worte waren wie kleine Messerstiche, die tief in Harald schnitten. "Es fühlt sich einfach nicht richtig an. Ich dachte ich könnte es, aber..."

Harald war sprachlos. Die Worte steckten ihm im Hals fest und die ganze Situation fühlte sich surreal an. "Aber ... wir haben das doch zusammen entschieden. Das ist unser Haus ... unser Zuhause."

Sie sah ihn an und in ihren Augen lag eine Mischung aus Reue und Panik. "Ich dachte, das wäre es. Aber ich habe mich geirrt." Sie schloss die Augen und holte tief Luft. "Es tut mir leid Harald. Wirklich."

Mit diesen Worten ging sie, ließ ihn allein zwischen den noch unausgepackten Kartons und den zerbrochenen Träumen. Es dauerte einen Moment, bis Harald begriff, was gerade geschehen war. Alles worauf er sich gefreut hatte, alles was er geplant und erwartet hatte, war auf einen Schlag weg - wie eine Tür, die zugefallen war und ihn in dieser halbfertigen Leere gefangen hielt.

Allein im neuen Heim

Die ersten Tage fühlten sich schwer und einsam an, das Reihenhaus, das voller Leben hätte sein sollen, wirkte plötzlich wie ein Museum der verlorenen Träume. Doch Harald entschied sich, das Beste daraus zu machen. Wenn Carina ihn so einfach verlassen konnte, dann war er bereit, sich allein in dieses neue Kapitel zu stürzen.

Eines Abends, als er auf der Terrasse saß und in die Nachbarschaft schaute, bemerkte er gleich nebenan eine Frau, die gerade ihren Garten pflegte. Sie war elegant, mit langen blonden/graumelierten Haaren und sportlicher Figur. Ihre Bewegungen waren sicher und zielgerichtet.

"Na, der Neue, hm?", rief sie, als sie seinen Blick bemerkte und ihm mit einem schalkhaften Lächeln zuwinkte.

Harald schmunzelte und winkte zurück. "Ja, genau! Frisch aus der Stadt hergezogen." Er stand auf und trat näher an den Zaun. "Harald", stellte er sich vor und streckte ihr die Hand über den Gartenzaun hinweg entgegen.

"Hannelore", sagte sie und drückte seine Hand fest. "Willkommen in der Nachbarschaft. Mein Mann Karl und ich wohnen schon seit über 20 Jahren hier."

Ein gewisses Bedauern schwang in ihren Worten mit, aber es verschwand schnell, als sie ihm ein warmes Lächeln schenkte. "Sag Bescheid, wenn du Hilfe brauchst - oder jemand zum Tratschen."

Harald lächelte dankbar. "Das ist wirklich nett von Ihnen."

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