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Ausgrabungen (fm:Ältere Mann/Frau, 39657 Wörter)

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Veröffentlicht: Jan 27 2022 Gesehen / Gelesen: 23571 / 22966 [97%] Bewertung Geschichte: 9.74 (270 Stimmen)
Ein Archäologieprofessor und seine Studentin entdecken Interessantes im Schatten des Vesuv.

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Anmerkung: Diese Geschichte, wie auch die vorangegangene, habe ich bereits früher einmal auf anderen Seiten unter meinem damaligen Autorennamen "plusquamperfekt" veröffentlicht.

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Mein Name ist Jones und ich bin Archäologie-Professor an der Uni Bonn. Nein, ich trage weder einen Hut, noch eine Peitsche und niemand hat mich je Indiana genannt, jedenfalls nicht ins Gesicht.

Das einzige, was mich mit dem Hollywood-Namensvetter annähernd verbindet, ist, dass ich wie viele Kollegen den Lehrbetrieb als notwendiges Übel in Kauf nehme und die wenigen tatsächlichen "Digs", also Ausgrabungen, die man heutzutage noch finanziert kriegt, mich emotional weiter bei der Stange halten - allerdings für gewöhnlich ohne Schießereien oder Verfolgungsjagden.

Dementsprechend elektrisiert war ich, als im letzten Frühjahr die Genehmigung zu einer viermonatigen Ausgrabungsreise nach Pompeji von der EAA den sonst in dieser Beziehung eher spröden Italienern abgerungen wurde und die Finanzierung zunächst durch zu sein schien.

Auch wenn ich nicht wie mein Namensvetter von irgendwelchen Studentinnen in meinen Vorlesungen angehimmelt wurde (Ich sah mich eher vom Typ Zwieback: knochentrocken, hart, unansehnlich, ob der zu erwartenden Krümel nicht fürs Bett geeignet, aber in manchen Situationen halt das einzige, was weiterhilft), hatte ich ordentlich damit zu tun, geeignete Kandidaten für die vier Studentenplätze unter den 60 Bewerbern herauszufiltern.

Ich entschied mich für zwei junge Männer, die mich erschreckend an eine jüngere Ausgabe meiner selbst erinnerten und zwei junge Damen, von denen eine mich bereits nachhaltig durch ihre Leistungen beeindruckt hatte, die andere allerdings das genaue Gegenteil war: Mein spezielles Projekt Annalena. Faul, aufmüpfig, vorlaut, schrill, und trotz allem glomm in manchen ihrer Arbeiten der Funken von schierem Genius, ein Rohdiamant, den ich zu schleifen gedachte und der Dig schien die perfekte Gelegenheit hierzu.

Zumal, so muss ich zu meiner Schande gestehen, derartige Versuche während des Lehrbetriebs nachhaltig gescheitert waren. Mir war so halbwegs klar, dass ich gerade deshalb von ihr so fasziniert war - sie war eine Herausforderung, so himmelweit von jedem und allem, was ich kannte, verschieden, ein Geheimnis, ein Buch mit sieben Siegeln und ich hätte den falschen Beruf gewählt, wenn mich dies nicht besonders gereizt hätte.

Das Gefühl hatte ich dann aber Ende April doch, als mir nämlich nach einer herrlichen Videokonferenz mit meinen tschechischen und französischen Kollegen, die mit uns gemeinsam den Dig gestalten sollten, die Hiobsbotschaft ins virtuelle Haus flatterte, dass die sicher geglaubte Vollfinanzierung geplatzt war.

Die Privatstiftung, die als einzige zur Finanzierung bereit gewesen war, war von deren Leiter geplündert worden und der gute Mann hatte sich vermutlich mit Millionenbeträgen ins Ausland abgesetzt.

Ich zählte nicht zu den Personen, die sich durch Expletive oder offene Wutausbrüche hervortun, aber in diesen Minuten verlor ich jegliche Contenance, fluchte und wütete unter den Büchern und Papierbergen auf meinem Schreibtisch, mit Tränen in den Augen und dem Gefühl, mich gleich übergeben zu müssen, gefolgt von einer Leere und Lähmung, die ich in dieser Form auch noch nicht kannte.

Dass jemand vor meinem Schreibtisch stand, merkte ich erst nach geraumer Zeit. Dass diese Person auch noch unverschämt grinste, brachte mich wundersamerweise aus dem Zustand der Apathie heraus. Trotzdem dauerte es noch Sekunden, bis sich in meinem Geist auch das zugehörige Gesicht und Gestalt einfand. Annalena, wer sonst. Nur zögernd dämmerte mir, dass sie da nicht zufällig stand, sondern dass ich sie wegen ihrer letzten Arbeit zu mir bestellt hatte.

"Ehm, biste jetzt ansprechbar, oder soll ich später nochmal wiederkommen?"

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