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Die fremde Frau auf dem Fährschiff (fm:Ältere Mann/Frau, 2104 Wörter) [1/5] alle Teile anzeigen

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Veröffentlicht: Mar 10 2022 Gesehen / Gelesen: 22093 / 17412 [79%] Bewertung Teil: 8.98 (89 Stimmen)
Junger Rucksacktourist begegnet einer selbstbewussten Frau.

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Die fremde Frau auf dem Fährschiff

Teil 1 von 5

Das erste Mal sah ich sie in einem komfortablem Klappstuhl in der aufgehenden Sonne sitzen. Zuvor hatte sie ihrem Mann nur ein Zeichen gegeben, woraufhin er die Heckklappe des nicht mehr so ganz neuen Range Rovers öffnete, den Klappsessel herauszog und ein wenig abseits des Trubels aufstellte.

Es war früher Morgen und hier im Hafen warteten bereits viele Leute und eine Menge Autos auf das Eintreffen des Fährschiffes. Die "Olympic Champion" sollte uns von Korfu zurück nach Venedig bringen.

Immer wieder drehte ich meinen Kopf in ihre Richtung, um die Frau zu beobachten. Allzu auffällig wollte ich mich nicht verhalten. Ich schätzte sie auf Mitte/Ende Vierzig bis maximal Anfang Fünfzig. Sie las ein Buch, lies aber auch ihren Blick hin und wieder in die Umgebung schweifen. Ihr Mann lehnte mit einer gewissen Anspannung am Auto.

Ich selbst war als Rucksacktourist unterwegs und nach knapp zwei Wochen on tour auf dem Heimweg. Das Zugticket von und nach Venedig haben meine Eltern spendiert und die Deckpassage, um nach Griechenland zu gelangen, weil das Wetter in Norditalien so schlecht war, habe ich mir einfach gegönnt.

Wiedergesehen habe ich die Frau dann an Deck des Schiffes. Sie saß erneut auf einem Stuhl in der Sonne und las in ihrem Buch. Jetzt traute ich mich, in gebührendem Abstand, die Frau länger anzusehen. Braunes, schulterlanges Haar umrahmte ihr Gesicht. Sie trug ein in den Farben gedecktes, ungefähr knielanges Sommerkleid. Dazu Sandaletten und eine Sonnenbrille. Auch ihr Mann war durchaus modisch schick gekleidet. Man sah beiden an, dass ein gewisser Reichtum vorhanden war.

Ich kann nicht erklären warum, aber diese Frau strahlte etwas aus, was mich magisch anzog. Ich wollte wissen, was sie las Und ich wollte wissen, wie ihr Parfüm roch. Das Kennzeichen ihres Rovers hatte mir bereits verraten, dass sie aus Wien, also Österreich kamen. Meinen Rucksack hatte ich bereits in eine Ecke des Schiffes verfrachtet, wo ich die Nacht verbringen wollte.

Zweimal ging ich nah an der Frau vorbei. Was sie las, konnte ich nicht erkennen. Und durch den Wind, der an Deck herrschte, war auch keine Duftnote eines Parfüms auszumachen. Ich stellte mich dann an die Reling, um noch ein wenig die albanische Küste zu verfolgen.

Mittags, ich gönnte mir ein belegtes Sandwich im Self Service, saßen sie und ihr Mann an einem Tisch. Beide ein Glas Wasser und einen Salat vor sich. Ich verzog mich zu meinem Rucksack, um vielleicht auch eine Mütze Schlaf zu ergattern.

So gegen 16:00 Uhr erschien ich wieder am hinteren Außendeck. Natürlich hielt ich Ausschau nach der Unbekannten. An ihrem alten Platz saß sie nicht mehr.

"Magst Du auch einen Kaffee?" Ein Mann hatte mich von schräg hinten angesprochen. Ich drehte mich zu ihm hin. Es war Ihr Mann. "Erwischt!"; dachte ich im ersten Moment. Aber was konnte er mir schon vorwerfen? Da ich nicht sofort antwortete, hakte er nach: "Wos is? An Koffee?"

"Ja, gerne!" entgegnete ich ihm etwas konsterniert.

"Wir san da drübn;" deutete er mit dem Kopf und drückte mir zwanzig Euro in die Hand. "Für mei Frau und mich an Americano! Schwarz! Und deinen halt!"

Ehe ich antworten konnte, war er bereits wieder in Richtung seiner Frau unterwegs.

"Danke!" Ein Lächeln huschte über das Gesicht der Frau, als ich den Kaffee auf dem Tischchen vor ihr abstellte. "Bitte gerne!" beeilte ich mich zu antworten. "Setz Dich doch!" Die Frau bot mir den freien Stuhl ihr gegenüber an.

Natürlich nahm ich ihre Einladung an.

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