Nordlichter - Willkommen im Mile High Club (fm:Romantisch, 43610 Wörter) [3/3] alle Teile anzeigen | ||
Autor: Bill Hayman | ||
Veröffentlicht: Jan 01 2024 | Gesehen / Gelesen: 4561 / 3715 [81%] | Bewertung Teil: 9.69 (54 Stimmen) |
Unverhofft kommt oft, heisst es im Volksmund. Eine Einsatzänderung entführt Martin überraschend in eine Märchenwelt. Begleite ihn auf einer Reise voller Wendungen und erfahre, was Monaco, Stacy und Olivia mit ihm vorhaben. |
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«Das ist die Rechnung, bei der am Schluss ein hübsches Mädchen bei rauskommt.»
Ich musste über ihre korrekte Schlussfolgerung lachen. Ich wurde aber nervös und drückte die Zigarre aus und schrieb:
«No comment»
Nachdem ich diese berühmten zwei Worte nach Köln übermittelt hatte, klingelte das Telefon keine drei Sekunden später.
Mit "Engelmann" nahm ich den Hörer wie sehr oft bei meiner Schwester ab.
"Auch Engelmann", sprach eine Stimme mit einer grossen Erwartungshaltung.
"Natalie, ich habe nichts zu sagen", sprach ich leicht genervt.
"Eigentlich wollte ich mit dir nur über das Wetter sprechen", versicherte die Stimme meiner Schwester. "Aber dann bekam ich ja unaufgefordert diese interessanten Zeilen von dir", sagte sie mit einem spürbaren Grinsen.
"Das Wetter wird bombastisch. Mit Oktober habt ihr euch einen tollen Monat ausgesucht. Es wird endlich etwas kühler, die Nächte sind über zwanzig Grad Celsius. Wird ziemlich cool", liess ich meine Schwester wissen.
"Ich freue mich auch, dich nach über vier Monaten endlich wiederzusehen. Dann also nur kurze Kleider?", sprach Natalie.
"Vielleicht braucht ihr 1-2 lange Hosen und einen Pulli für den Abend, wenn es etwas windig ist oder du wie so oft die Klimaanlage nicht gut verträgst. Oh, und vielleicht noch etwas, das über die Knie geht, wenn ihr in eine Mall geht oder eine Mosche anschauen wollt. Dann seid ihr auf der sicheren Seite", sagte ich.
"Okay, verstehe ... über die Knie. Ziemlich reaktionär, findest du nicht?", fragte mich meine Schwester.
"Na ja, ich gehe nun mal nicht mit meinen eigenen Regeln in ein fremdes Kloster. Ich schätze die kulturelle Vielfalt dieser Welt. Hier läuft es anders. Wenn du mit Hotpants einkaufen willst, musst du nach Miami", entgegnete ich leicht genervt.
"Ist ja gut. Ist aber schon so wie hier in Deutschland vor 150 Jahren", hielt sie mir entgegen.
"Ja, in der Hinsicht vielleicht schon. Aber manchmal lohnt es sich auch zu überlegen, wo wir im Westen 150 Jahre zurückliegen. Ich meine, vier von fünf Menschen, die in Dubai leben, sind Ausländer. Eine Horrorvorstellung für viele Menschen in unseren Breitengraden. Und hier leben sie in Frieden zusammen und werden von den Emiratis geschätzt. Die Leute arbeiten hart und haben einen gemeinsamen Traum und sehen, wie sich ihr Leben in den vergangenen zwanzig Jahren verbessert hat. Vielleicht so, wie damals der American Dream in den USA. Gibt es Sachen, die man in den Emiraten verbessern kann? Ja, zur Genüge. Aber die gibt es auch bei uns", sprach ich etwas brummig in den Hörer.
"Schon okay. Ich ziehe was über die Knie an. Bleib locker. Warum dieser Schnellkurs in Moralphilosophie?", sprach meine Schwester.
"Kannst du dich noch an Marc erinnern?", fragte ich sie.
"Marc? Dein Kindergarten- und Schulfreund? Was hat der damit zu tun?", wollte sie überrascht wissen.
"Er hat mich zu einer Klassenzusammenkunft eingeladen. Als ich ihm am Telefon gesagt habe, dass ich in die Emirate ausgewandert bin, wurde er sauer. Er fragte mich, was mir einfalle, für Terroristen zu fliegen, die die westliche Welt zerstören wollen. Wegen Leuten wie mir werde zum Beispiel die Lufthansa pleitegehen. Ich meine ... geht's noch? Wie krank ist das. Hat der schon mal die unglaubliche Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft der Emiratis erlebt? Keiner will hier etwas zerstören. Ich bin es einfach Leid, mit Vorurteilen konfrontiert zu werden", sagte ich.
"Gut, Marc ist auch keine Referenz für Schnelldenker. Aber ich bin ja in einer Woche bei dir und schaue mir das mal an und bilde mir dann eine Meinung. Uwe wird wohl auf deiner Seite der Geschichtsschreibung stehen. Er bereitet sich schon seit einem Monat auf die Reise vor und kommt aus dem Staunen nicht mehr raus", sprach Natalie versöhnlich.
"Ist schon gut. Sorry. Ich mag nun mal keine moralischen Ferndiagnosen. Hatte das Gespräch mit Marc vor vier Tagen. Gut, dass du dir deine eigene Meinung bilden willst", ergänzte ich.
"So, mein lieber Bruder. Fast wäre dein Plan aufgegangen!", lachte Natalie in den Hörer.
"Was für ein Plan?", wollte ich etwas überrascht wissen.
"Die berühmten Martin Engelmann Nebelpetarden. Man lenke das Gespräch beiläufig in eine andere Richtung, um das ursprüngliche Thema in Vergessenheit geraten zu lassen", sprach Natalie sich ihrer Sache ziemlich sicher.
"Wow, was für ein Satzbau ... in Vergessenheit geraten zu lassen. Ich vermisse dich und deine Wortfuchsereien", sagte ich. Und ja, ich vermisste wahrlich die endlosen Gespräche mit meiner Schwester bis spät in die Nacht. Ich wusste, dass bei uns durch Reiberei Wärme entsteht.
"Haha, du tust es schon wieder. Los, erzähl mir lieber was von der Frau, von der ich neben dem Wetter mehr erfahren will", hörte ich sie frohen Mutes.
"Also doch nicht das Wetter", sagte ich auf eine Art, die signalisierte, dass ich sehr wohl wusste, dass die meteorologischen Begebenheiten nicht der Grund ihres Anrufes waren.
"Komm, gib es zu. Du versuchst es noch einmal mit Sza Sza, stimmt's?", wollte sie aus mir herauskitzeln.
"Nein, es ist nicht Sza Sza. Es ist leider fürchterlich kompliziert und würde nicht funktionieren", sprach ich.
"Och Bruder. Was machst du auch für Sachen. Warum denn nicht?", wollte sie ganz interessiert erfragen.
"Es war die Tochter meines Captains und sie steht noch ganz wo anderes im Leben", sagte ich.
"Ganz wo anderes im Leben? War sie wie Stacy schon fast in Rente?", lachte sie über ihre eigene Aussage.
"Wie witzig. Nein. Sie ist erst achtzehn und na ja ... ich kann unmöglich mit ihr zusammenkommen. Ihr Vater würde mich wahrscheinlich lynchen oder wie in Somalia ans Auto binden und wie amerikanische Soldaten durch die Stadt schleifen", sagte ich mit ziemlich viel "Drama".
"Ihr Papa und unterschiedliche Lebensphasen sind zweierlei Dinge. Oh Gott, das Mädchen ist fast zehn Jahre jünger wie du und Stacy fast zehn Jahre älter. Kannst du nicht mal eine in der Mitte finden, so in deinem Alter?", fuhr sie fort. Ich hatte mit einer Schimpftirade gerechnet. Niemals hätte ich gedacht, dass sie mich so ungeschoren davonkommen lässt, obwohl ich so junges Gemüse angefasst habe. Aber ich wusste auch, dass Olivia im Grunde schon emotional ihrem Alter weit voraus war. Ich überlegte mir, ob ich meiner Schwester was von der "gleichaltrigen" Charlotte und den Malarbeiten erzählen soll, aber ich liess es sein.
"Ich bleibe Single, obwohl ich noch viel an Olivia denken muss", fuhr ich fort.
"Olivia hiess die Gute?", wollte Natalie wissen.
"Ja", seufzte ich schwärmend ins Telefon.
"Tut mir leid, Bruderherz", sagte sie und ich wusste aufgrund ihrer Stimmlage, dass das Thema Frauen jetzt durch war.
"Schön seid ihr bald da. Jetzt habe ich zwei Tage frei und fliege dann vier Tage lang kurze Strecken im Nahen Osten. Ich freue mich nach Teheran zu fliegen und zwei Stunden iranischen Boden unter mir zu haben. Irgendwie ein spezielles Gefühl, wenn man unsere westliche Medienberichterstattung im Hinterkopf hat. Hier ist das ein normaler Flug", sagte ich.
"Du bist aber nicht konvertiert, oder?", neckte mich Natalie.
"Meinst du tatsächlich, dass meine Frauengeschichten mit dem Koran im Einklang stehen würden?", fragte ich zurück.
"Du hast recht. Keine Chance", lachte sie in den Hörer. "So, dann erhol dich mal gut und schreib noch deiner Lolita", foppte sie mich.
"Haha, sehr witzig", sprach ich etwas sauer, fand den Spruch aber eigentlich ziemlich schlagfertig. "Geniess den frühen Abend und wir hören uns bald", sagte ich.
"Oh, halt. Noch eine Frage. Ist es okay, wenn Uwe und ich bei dir wohnen oder sollen wir vielleicht doch lieber in ein Hotel? Hat ja einige gleich bei dir um die Ecke", sprach Natalie. Ich wusste, dass es ihr aber nicht nur um mein Wohl geht.
"Falls du damit sagen möchtest, dass du gern ungestört mit Uwe schnackseln möchtest, ist das kein Problem. Ihr bekommt das Schlafzimmer und ich nehme das Sofa in der Galerie", sagte ich. Natalie lachte laut.
"Schnackseln?", fragte mich meine Schwester gut amüsiert.
"Ja, hat unser österreichischer Kollege Herbert immer gesagt. Bedeutet wohl so viel wie poppen oder begatten", erklärte ich. Fünf Sekunden später beruhigte sich ihr Lachanfall wieder und sie verabschiedete sich ganz freundlich.
Kurz nach dem Anruf begab ich mich in den richtigen Chat-Verlauf und schickte Olivia noch das gewünschte Foto, aufgehellt und gestochen scharf. Wir chatteten eine Weile und ich legte mich danach hin.
Am nächsten Morgen bekam ich unerwarteterweise einen Anruf von einer fröhlichen Frau mit einer äusserst charmanten Stimme. Sie war von Crew Control und gab mir eine Einsatzänderung bekannt. Meine mehrtägigen kurzen Hüpfer im Nahen Osten wurden kurzfristig gegen einen Flug nach Venedig mit zwei Übernachtungen getauscht. Ein ausgezeichneter Tausch, angesichts der Tatsache, dass der Start nach neun Uhr vormittags auch ziemlich human ist. "Scheisse, das Wetter", kam mir in den Sinn! Ich machte mich über die Wetterverhältnisse auf dem alten Kontinent schlau und musste tatsächlich eine Waschmaschine starten, um die richtigen Kleider für "Europa" mit seinen Jahreszeiten einpacken zu können.
Am frühen Nachmittag kam noch Magnus spontan vorbei und wir schauten den Film Blair Witch Project aus dem Jahre 1999 an.
Nach gut einer halben Stunde vibrierte mein Telefon. Eine Nachricht von Olivia.
«Ich muss dich heute wiedersehen. 18:00 Uhr, Metro Station Emirates Towers. Halbwegs in der Mitte. Okay?»
Sie hatte sich gemerkt, dass ich in Marina wohne. Für sie war der Weg viel umständlicher, da sie in einem Compound in Flughafennähe lebte. Dabei handelt es sich um bewachte Siedlungen mit einer kontrollierten Zufahrt, die mehrheitlich durch Expats bewohnt werden. Mir passte die Zeit angesichts meines morgigen Fluges nicht wirklich. Aber ich schluckte die Kröte, um sie zu sehen. Ach ja, Expats sind genau genommen Mitarbeiter einer Firma, die ins Ausland versetzt werden und dort leben. In den letzten Jahren mutiert dieser Begriff allerdings zu einer Floskel für Staatsbürger aus westlichen Ländern, die sich schämen, sich als Arbeitsmigranten zu outen. Hand aufs Herz. In Deutschland hätte ich nie und nimmer schon einen grossen Airbus fliegen können. Ich bin ausgewandert, um die grossen Vögel zu fliegen, sprich, ich bin nichts anderes als ein westlicher Immigrant.
Ich bestätigte den Vorschlag und freute mich darauf. Klar, das war komplett verrückt und höchst irrational. Ich hätte absagen müssen. Doch nur schon die Aussicht auf einen Tee in einem gemütlichen Restaurant erwärmte mein Herz. Ich fragte mich, warum sich als Erwachsener das Richtige so oft falsch anfühlt oder ist es genau umgekehrt, dass man das Falsche als richtig empfindet? Augen zu und durch. Ich möchte das aussortieren. Klare Verhältnisse. Nicht wie damals mit Sonja, als plötzlich eine Stacy aus dem Nichts aufgetaucht ist.
"Hey Martin, alles klar? Du bist so ruhig", sprach Magnus.
"Doch, doch. Ich muss heute Abend noch spontan etwas erledigen. Ich ging das kurz gedanklich durch", sagte ich.
"Ne Frau?", schlussfolgerte er richtig und stoppte den Film. Er gab all dem damit eine Tragweite, die fast schon übertrieben wirkte. Ich war überrascht, wie schnell er des Pudels Kern erfasst hatte.
"Ja, was Platonisches. Wir müssen nur etwas besprechen", sagte ich.
"Wow, okay. Bei mir wurde es immer ernst oder kompliziert, wenn eine Frau mit mir 'nur' reden wollte", sprach der Kanadier. "Wenn ich dir helfen kann, auch wenn es nur darum geht, deine Gedanken zu sortieren, bin ich für dich da. Wenn du es willst, versteht sich", ergänzte er feinfühlig. Er überliess mir die Hoheit.
Ich liess mir den Gedanken durch den Kopf gehen und gab Magnus den Vertrauensbeweis, dass er vom Knappen zum Ritter geschlagen wurde und für mich zu einem Freund mutiert ist. So weihte ich ihn in die jüngsten Geschehnisse ein, ohne Namen zu nennen.
Er schwieg und atmete tief ein. Ich deutete dies als eine Reaktion auf den Altersunterschied zwischen Olivia und mir. Ich schämte mich etwas.
"Nun gut. Wo liegt das Problem? Wenn du 48 bist, ist sie 40 Jahre jung. Gut für dich. Also, das ist nicht das Thema. Ihr Papa. Tja. Das ist eine ganz andere Hausnummer. Für ihn spricht allerdings, dass er einen Alu-Baseballschläger aus dem Hause Wilson hat. Er legt Wert auf Qualität ... und sorgt sich um seine Tochter. Das ist löblich. Du bekommst aber bestimmt Rückendeckung von ihrer Mutter. Wenn du sie überzeugst, hast du ihn in der Tasche. Sie stand dir wohl gesonnen gegenüber, richtig?", wollte Magnus konkludieren.
"Ja, aber jetzt stand es höchstens zwischen den Zeilen, dass wir ineinander verknallt waren. Meinst du, das bleibt so, wenn es offiziell wäre? Was, wenn herauskommt, dass wir schon auf der Insel ... du weisst schon!?", sprach ich.
"Heut Abend redet ihr erst einmal. Dann entscheidet ihr 'zufällig', dass ihr euch datet und weiht Olivias Mutter nach ein paar Wochen ein. Danach überzeugt ihr alle zusammen ihren Papa, dass du auch abgesehen vom Fliegerischen ganz in Ordnung bist und trinkt anschliessend einen Cabernet Sauvignon. Eigentlich ganz einfach, oder?", sprach er mit einer Leichtigkeit, die fast ansteckend war.
"Genau, als ob es so einfach wäre", artikulierte ich meinen Einwand.
"Willst du sie jetzt, oder nicht?", wollte der Kanadier wie in einem Polizeiverhör von mir wissen.
"Schon, ja. Ich hoffe, sie meint es so ernst mit mir, wie ich mit ihr. Ich wäre ihre erste richtige Beziehung", sprach ich.
"Finde es raus. Aber ja, sie ist verdammt jung. Ich finde manchmal hübsche Teenagerinnen durch ihre quirlige Art und Unwissenheit fast schon abstossend. Aber dein Mädchen ist bestimmt anders. Probier es einfach mal. Es gibt keinen Garantieschein in der Liebe", argumentierte er schlüssig.
Ich hatte wahrscheinlich einen nachdenklichen Gesichtsausdruck und nickte ihm wortlos zu. Das Gespräch war zu Ende, es war alles gesagt. Magnus liess den Film weiterlaufen.
Er überzeugte uns keineswegs. Es war damals ein Kultfilm, den wir beide allerdings bis zum heutigen Tage noch nicht gesehen haben. Vielleicht lag es auch daran, dass uns das Genre Horror nicht wirklich zusagte. Aber egal. Geschaut, abgehakt und weggelegt. Das Beste am Film waren aber die fiesen Kommentare, die unsere Lippen verliessen. Ich fühlte mich wie die beiden alten Herren in der Muppet Show, die das Geschehen aus einer Loge kommentierten. Magnus und ich wurden wirklich gute Freunde. Er war geistreich, einfühlsam und hatte einen unglaublich guten Humor.
Nachdem ich den letzten Gegenstand im Koffer für Venedig verstaut hatte, machte ich mich mit einigen Punkten des morgigen Fluges vertraut und studierte die topografischen Verhältnisse sowie die Anflugverfahren des Flughafens "Venedig-Tessèra", der nach dem venezianischen Händler Marco Polo benannt wurde.
Ich machte mich danach in einer vollen Metro auf den Weg in die Nähe von Dubais Finanzzentrum, unserem Treffpunkt. Bisher kannte ich diesen Flecken nur von der Durchfahrt zum Flughafen mit seinen ikonischen Emirates Towers.
Ich freute mich, Olivia zu erblicken. Sie lächelte mich an, wirkte aber etwas steif. Wer konnte es ihr verübeln. Wahrscheinlich wollte sie mir, wie ich ihr, um den Hals fallen. Doch die örtlichen Sitten waren für eine solche Handlung alles andere als förderlich. Sie gab mir hingegen mit einem breiten, mir bestens vertrauten Lächeln die Hand und lehnte sich mit einem mädchenhaften "Hey" begleitet schüchtern zurück. Die Stimmung war gut.
"Schön dich zu sehen", sprach ich und bewegte mich mit ihr fast geistesabwesend in eine Richtung, in der Geschäftsflächen waren. Es wirkte wie eine kleine Mall. Ich vermutete dort ein Café, damit wir in Ruhe sprechen können. "Wie geht es dir?", wollte ich wissen. Sie lief relativ eng neben mir, schaute mir ins Gesicht und lächelte mysteriös.
"Gut", erwiderte Olivia fröhlich. Ich glaube, wir waren beide überwältigt, uns so schnell wiederzusehen. Irgendwie war ich unglaublich glücklich über die Vorstellung, dass wir nach dem heutigen Gespräch das Café vielleicht als Paar verlassen könnten. Mir wurde plötzlich die Tragweite des Gesprächs bewusst. Da war sie mir vielleicht schon voraus.
Ich sah ein sauberes Lokal, in dem zwei Pakistanis bedienten. Wir setzten uns in dieses schön belichtete, aber verhältnismässig nüchterne Café.
"Ich wollte unbedingt mit dir reden, ich muss Klarheit haben", begann die hübsche Britin den Dialog. Ich nickte ihr mit einem Lächeln zu.
"Ja, unbedingt", bestätigte ich.
"Ich haue es einfach gerade raus. Es gibt diesen Typen Henry, mit dem ich bisher Casual Sex hatte. Er hat mir gestern geschrieben, ob wir uns bald wieder sehen können", begann sie. Mich traf das wie ein Schlag ins Gesicht. Wow, das habe ich nicht kommen sehen. "Und ich weiss jetzt nicht, wie ich dem begegnen soll", sprach sie weiter. "Sind wir jetzt zusammen, oder doch nicht?", wollte sie von mir wissen.
"Was hat Henry für einen Einfluss darauf?", wollte ich von ihr wissen.
"Na ja, wenn wir zusammen sind, würde ich ihm sagen, das läuft nicht mehr", sagte die hübsche Achtzehnjährige.
"Und wenn wir nicht zusammen sind, dann würdest du es in Erwägung ziehen, richtig?", wollte ich ihr entlocken.
"Ich weiss es nicht. Er war ja einer von drei Jungs, mit denen ich manchmal ..."
"Was!?", fuhr ich ihr geschockt ins Wort.
"Ja, aber das wäre alles vorbei, wenn wir zusammen sind", sprach sie bestimmt. Es hatte hoffnungsvolle Züge.
"Aber wenn wir nicht zusammenkommen, antwortest du gleich Henry?", wollte ich von ihr wissen. Ich hatte das Gefühl, dass mein Blutdruck ansteigt. Aber ich musste mich selbst disziplinieren. Warum richte ich über Olivia. Gerade ich sollte besser entspannt bleiben. Was ich die letzten Wochen und Monate geboten habe, stand dem in nichts nach. Im Gegenteil. Ich war schlimmer. Warum rege ich mich auf, wenn sie im gegenseitigen Einvernehmen miteinander schlafen. Wenn es für alle stimmt. Sie ist achtzehn. Oder ist das doch irgendwie verdorben? Wo wird sie sein, wenn sie in meinem Alter ist? Pornodarstellerin? Das waren die gedanklichen Querschläger. Ich ärgerte mich unglaublich über mich selbst. Zwar habe ich moralisch hohe Anforderungen an andere, die ich aber gerade selbst nicht erfülle. "Sei nett zu ihr und reg dich nicht auf", sprach ich in Gedanken zu mir selbst.
"Deine Frage klingt irgendwie komisch", liess mich Olivia in einer mit Enttäuschung versetzten Stimmlage wissen.
"Aber das ist es, worum es geht. Ich habe das Gefühl, als ob du Klarheit wünschst, wie es für dich weitergehen soll. Mit oder ohne Henry", sagte ich. Meine Gefühle spielten verrückt. Ich hatte das Gefühl, als ob Sza Sza in mich gefahren ist und nun Olivia Vorwürfe macht, warum sie sich vielleicht nicht gleich stark in mich verliebt hat, wie ich mich in sie.
"Ja, ich möchte Klarheit und ja, ich bin verwirrt. Und da ist noch was. Ein Mädchen hat an der University of Edinburgh aufgehört und ich könnte jetzt nachrücken und Astrophysik studieren. Ich muss mich jetzt entscheiden, zwischen all dem", sprach die süsse Achtzehnjährige. Ich hatte mir den Gesprächsverlauf ganz anders vorgestellt.
"Okay. Also, da gibt es das Studium, Henry und mich, richtig?", fragte ich nach. Ich war fest entschlossen, das alles analytisch anzugehen.
"Richtig!", bestätigte Olivia. Sie schien zufrieden, dass ich ihr beim Entflechten dieser verworrenen Struktur helfen wollte.
"Fangen wir bei Henry an", eröffnete ich.
"Ich wusste, dass du bei ihm anfangen wirst. Denk immer daran: Ich kenne dich besser, wie du glaubst", erwiderte die zierliche Blondine. Ich konnte den letzten Teil ihrer Aussage nicht greifen. Wollte sie damit signalisieren, dass sie mir nahesteht? Dass ich ihre bevorzugte Wahl bin? Oder war es bloss ein Triezen, dass ich vielleicht einfacher gestrickt bin, wie mir bewusst war?
"Henry. Siehst du mit ihm eine Affäre oder könnte es was Ernstes werden? Mir hast du vorhin eine Beziehung in Aussicht gestellt. Das wäre ernst. Oder ist es Abenteuer versus was von Dauer?", wollte ich in Erfahrung bringen.
"Henry ist mir zwar der liebste von den Dreien, aber er bleibt hier und ich sehe einfach keine Beziehung mit ihm. Er wäre wahrscheinlich traurig, wenn ich ihn nicht mehr sehen würde. Aber mit dir hab ich ... und bitte versteh mich jetzt nicht falsch ... eine gute Ausrede. Die beste, die ich mir vorstellen könnte", sagte sie irgendwie herantastend und achtete penibel genau auf meine Mimik. Sie griff nach meiner Hand, um wohl Nähe aufzubauen.
"Ersetze Ausrede durch Grund und alles passt für mich. Aber willst du dich denn mit mir überhaupt festlegen?", wollte ich von ihr wissen.
"Irgendwie schon. Du wärst meine erste richtige Beziehung. Obwohl ich mich höllisch davor fürchte, sehne ich mich nach dir", sprach sie liebevoll. Ich konnte sie gut verstehen, weil ich mich auch irgendwie nach ihr sehnte.
"Und da wären noch dein Vater und das Astrophysik-Studium", entgegnete ich, während ich ihre Hand streichelte und sie diese Geste der Zuneigung wohlwollend in Empfang nahm.
"Ja. Das mit meinem Vater könnten wir mit etwas Glück hinbekommen. Er hat mir auf der Heimfahrt gesagt, dass er sich so einen pfiffigen Kerl wie dich für mich vorstellen könnte. Ich müsste das scheibchenweise angehen. Aber es ist machbar", legte sie sich eine Strategie zurecht. Plötzlich war eine Beziehung wie zuvor im Gespräch mit Magnus zum Greifen nah. Und ich freute mich, dass mich Devon offenbar mochte und sich einen Freund wie mich für seine Tochter wünschte.
"Okay. Cool. Aber wie sieht es mit deinem Studium in Schottland aus? Hast du dir das gut überlegt?", fragte ich.
"Na ja. Der Dialekt dort oben ist schon fürchterlich", begann sie zu scherzen. Wir imitierten kurz die Schotten und lachten uns schlapp. Besonders ihre Imitation war ausgesprochen gut. Mich überraschte, wie schnell und mit welcher Leichtigkeit sich unser ernstes Gespräch in eine humoristische Abhandlung verwandelte, damit Augenblicke später wieder aufrichtige Ernsthaftigkeit die Oberhand gewann. Es wirkte alles zutiefst natürlich.
"Willst du Dubai verlassen? Ich dachte, du wolltest Heli fliegen lernen und gehst noch zur Schule?", wollte ich von ihr wissen.
"Ja, das stimmt. Wir haben noch einige Kurse hier in Dubai gefunden, um das Jahr der Wartezeit auf einen Studienplatz zu überbrücken. Währenddessen hätte ich auch die Privatpilotenlizenz in Angriff genommen. Und jetzt war da dieser Brief in der Post und alles steht auf dem Kopf", erklärte die Britin.
"Ich finde, du solltest es tun. Per aspera ad astra! Du hast jetzt die Möglichkeit, Astronomie zu studieren", fuhr ich fort. Ich wurde umgehend korrigiert, dass es sich um Astrophysik handelt. "Okay. Aber es wird deine Zukunft prägen. Du liebst die Sterne. Und jetzt holen sie dich. Wenn du jetzt bleibst, sind wir in einem Jahr am gleichen Ort wie jetzt. Und weisst du was?", fragte ich sie mit einer vielversprechenden Stimmlage.
"Nein!?", fragte sie erwartungsvoll.
"Unsere Airline fliegt mit dem A330 aktuell nach Edinburgh", wollte ich Hoffnung schenken. "Ich kann versuchen, mehr Flüge dorthin zu bekommen. Wir könnten uns sehen", erklärte ich. Olivia schwieg und nahm einen Schluck von ihrem Tee.
"Das ist spannend, ja", antwortete sie mit gemischten Gefühlen.
"Spannend?", fragte ich perplex. Ich hätte mir mehr Begeisterung gewünscht.
"Ich ... ich bin mir einfach nicht sicher, ob das eine gute Idee ist", sprach sie verhalten, als ob sie selbst von ihrer eigenen Aussage enttäuscht wäre. Ich nickte ihr zu, damit sie weiterspricht. Sie drehte mit ihrem Finger flüchtig die Tasse, als ob sie Zeit braucht, um die richtigen Worte zurechtzulegen. "Irgendwie möchte ich ganz oder garnicht. Ich glaube, es würde mir das Herz brechen, wenn du für eine Nacht kommst und dann wieder zurückfliegst. Ich glaube, ich würde zu viel an dich denken müssen und wäre abgelenkt. Und wie gesagt. Ich bin in Beziehungen nicht geübt. Was, wenn ich dort jemanden kennenlerne oder du in Dubai und wir sind weit weg voneinander. Ach ... es ist so ...", geriet Olivia ins Wanken.
"Auch wenn ich bereit wäre, eine Fernbeziehung einzugehen und dir treu zu bleiben, verstehe ich dich", fuhr ich fort.
"So eine Scheisse. Das mit Teneriffa war der falsche Zeitpunkt für uns", fasste Olivia die Situation irgendwie korrekt zusammen.
"Ja. Allerdings. Dann ist es wohl Henry und die Universität", sagte ich erstaunlich ruhig und keineswegs gekränkt.
"Nein, es heisst Universität. Nenne mich albern, aber ich hätte das Gefühl, dass ich dich betrüge, wenn ich mit Henry schlafen würde", sprach die junge Dame.
"Warum hast du ihn dann überhaupt erwähnt?", wollte ich wissen.
"Weil mir das erst jetzt bewusst geworden ist. Du hast geholfen, meine Gedanken zu sortieren. Und jetzt wird mir klar, dass ich zumindest von meiner Seite her seit Teneriffa emotional gesehen mit dir zusammen war und ich mich jetzt von dir abnabeln muss. Diese blöden Gefühlswelten", erklärte sie.
"Jetzt kannst du dich ins Studium stürzen, ohne Ablenkung", sagte ich und Olivia nickte mir zu. Ich sah ihr aber an, dass ihre Stimmung gedrückt war. Am liebsten hätte ich sie in den Arm genommen. Gedrückt. "Ich danke dir, dass du das alles mit mir klären wolltest und nicht einfach gegangen bist. Du bist unglaublich reif und aufrichtig", sagte ich.
"Ich weiss. Ihr Patriarchen lässt so Zeugs lieber im Raum stehen", sagte sie grinsend und ich sah, wie ihre Augen noch während dieser Aussage funkelten und feucht wurden. "Du warst mir für einen solchen Abgang einfach zu wichtig. Danke für die letzten Tage", fuhr sie fort.
"Danke Mäuschen. Ist es okay, wenn wir uns weiterhin auf WhatsApp schreiben?", wollte ich wissen.
"Klar, ich muss dir aufgrund deines unterentwickelten Musikgeschmacks ja den ein oder anderen Tipp zustecken. Vielleicht darfst du mir ab und zu auch mal eine Empfehlung abgeben", sagte sie schmunzelnd.
"Ich hab dich lieb, Olivia. Du bist mir wichtig. Obwohl mir ein Kumpel heute viele Tipps gegeben hat, wie wir zusammenkommen könnten, möchte ich, dass du glücklich bist und dein Studium aufnimmst. Ich glaube, es könnte dir gefallen. Ich möchte dir dieses Jahr nicht nehmen", fuhr ich fort.
"Vielleicht schauen wir ja ab und an am Nachthimmel auf den gleichen Stern. Ich finde die Vorstellung irgendwie erbauend", fuhr sie fort.
"Du hast sie, die musische Seite. Sie funkelt wie ein Stern tief in deinem Herzen", sagte ich.
"Warum meinst du?", fragte Olivia. Sie schien mich nicht zu verstehen.
"Beim Abendessen auf Teneriffa habe ich gesagt, dass du dich ständig auf technische Aspekte fokussierst. Du bist für dich eingestanden und hast gesagt, dass du auch eine musische Seite hast. Und du hattest recht. Ich wollte, dass du das weisst, auch wenn du jetzt Physikerin wirst", sagte ich schmunzelnd.
"Du und deine Vorurteile", sagte sie. Irgendwie drehte sich unser Gespräch danach in eine leichtere Richtung. Wir plauderten über Teneriffa, den Konsul, ihre Eltern, das Hotel, die Sterne und ich wusste, warum ich Olivia so mochte und wie reif sie für ihr Alter war.
Ich musste langsam ins Bett und wir verabschiedeten uns viel zu oberflächlich. Nicht, weil wir uns nicht umarmen wollten, sondern nicht konnten. In dieser Gegend bewegen sich viele Einheimische, sodass wir auf die lokalen Gepflogenheiten besonders achteten und Abstand hielten. Als wir das Lokal verliessen, realisierten wir, dass wir noch gemeinsam zur Metrostation laufen können, was wir auch taten. An einem Strassenabschnitt, wo weit und breit niemand zu sehen war, fielen wir uns in die Arme. Ich umarmte sie so fest ich konnte und spürte ihren warmen aber auch angespannten Körper.
"Pass immer auf dich auf", sagte ich.
"Ich wünsche dir jemanden, der immer für dich da sein kann und sich um dich kümmert. Auch musikalisch", scherzte Olivia, um wahrscheinlich ihre Trauer zu überspielen. "Ich hab noch einen Tipp für dich. 'July' von Winterpills", sprach die hübsche junge Frau mit feuchten Augen.
Ich nickte ihr zu, weil ich für Worte nicht in Stimmung war und ich mir auch nichts Brauchbares für eine Antwort zurechtlegen konnte. Ich drückte sie stattdessen noch einmal ganz fest und küsste sie zärtlich. Auf dem Rückweg war ich gefühlt der einzige Europäer in der überfüllten Metro. Ich hörte mir ihren Song an, der direkt mein Herz traf. Ich wusste nicht, ob das Lied über die soeben beschlossene Trennung hinwegtrösten konnte, oder alles noch schwerer machte.
Zu Hause angekommen, legte ich mich ziemlich schnell hin und wurde prompt ein weiteres Mal von Olivia angeschrieben. Als ich ihr verriet, dass ich morgen in die Lagunenstadt fliege, offenbarte sie mir, dass sie am liebsten noch einmal mit mir mitgekommen wäre, um sich noch anders von mir zu verabschieden. Ich schlief bei dieser Vorstellung ein und sah mich in Gedanken mit ihr in einer Gondoliere einen Kanal entlangfahren - und das war nur der jugendfreie Teil.
Der Wecker klingelte erbarmungslos und ich machte mich bereit für den Einsatz. Irgendwie fehlte der zusätzliche freie Tag, den ich bei meinem ursprünglichen Einsatz gehabt hätte. Doch das war alles noch im legalen Bereich. Da hilft kein Meckern und kein Klagen, sodass ich das Beste aus der Situation machte. Pünktlich stand der Wagen vor meinem Apartment und brachte mich ohne jegliche Vorkommnisse in unser Hauptquartier. Voller Freude erblickte ich kurz Xavier, der mit seiner Crew nach Malta flog. Er war auf meinem ersten Flug im Dienste der Fluglinie mein Check-Pilot. Es war ein Einsatz, den ich nie vergessen werde.
"Oh Mann. Ich habe tausend Fragen, aber nur ganz wenig Zeit. Ich meine ... sag mal: Wirst du jetzt eigentlich Papa, oder nicht?", wollte Xavier voller Spannung wissen.
"Nein, Zsa Zsa war zum Glück nicht schwanger und wir sind auch nicht mehr zusammen", fasste ich mich kurz.
"Schade, dass es nicht gehalten hat. Aber das war ein verrückter Einsatz. Das mit dir und Richard. Ich habe erst gerade neulich einem First Officer erzählt, wie wir in der Hotelbar ein paar Lieder auf einer Maton-Gitarre gespielt haben. Das war echt der Hammer", erzählte er mit einem Funkeln in den Augen.
"Das war echt schön, wenn meine Beziehung mit Sonja nicht in dem Moment geplatzt wäre", sagte ich mit einem Lachen. "Vielleicht können wir das mal hier in Dubai wiederholen. Meine Schwester bringt mir meine Ibanez-Gitarre aus Deutschland mit", fuhr ich fort.
"Sehr schön. Komm, das machen wir. Ich gebe dir schnell meine Handy-Nummer", sprach Xavier und diktierte mir die Zahlenfolge. "Sorry, Martin. Ich muss leider schon weiter. Oh, und das ist Jason, mein Copilot heute", ergänzte er und Jason reichte mir schnell mit einem Lächeln begleitet seine Hand. Er sah fröhlich gestimmt aus. Ich freute mich für den Burschen, weil er mit Xavier bestimmt einen tollen Flug haben wird.
Wir verabschiedeten uns und nur wenige Sekunden später spürte ich, wie von hinten ein Finger auf meine Schulter tippte.
"Hallo Sugar! Bereit mit mir nach Venedig zu fliegen?", sprach eine hübsche und vor allem bestens vertraute Stimme. Ich drehte mich um und war glücklich, diesen Flug mit Stacy durchzuführen.
"Hey Clementine, du siehst unglaublich gut aus in deiner Uniform", platzte es aus mir heraus. Ich nannte sie immer scherzeshalber Clementine, weil mir ihr Name Stacy nicht britisch genug war. Ich mutierte für sie meist zu Werner, wohl um einen deutschnamigen Gegenpol zu schaffen. Es war unglaublich speziell, die hübsche Blondine in ihrer Uniform mit den vier dicken Streifen am Ärmel zu sehen. Sie strahle eine natürliche Autorität aus, die sie mit ihrer humoristischen Art nicht unterwanderte. Sie grinste mich mindestens genauso breit an, wie ich sie. Ich glaubte kurz ein Leuchten in ihren Augen zu sehen. Am liebsten hätte ich sie in den Arm genommen, aber wir waren Profis.
"Ich akzeptiere dein Kompliment, wenn du das auch zu deinen männlichen Kollegen sagst", begann sie zu scherzen. Ich blieb still und lächelte. "Meinst du, der Flug wird auch so aufregend, wie unser Erster?", fragte sie mit einem Augenzwinkern.
Als ich Deutschland verlassen habe und von Frankfurt aus nach Dubai aufgebrochen bin, sass Stacy als Passagier neben mir. Ich wusste nicht, dass sie auch Pilotin bei unserer Airline war. Wir verstanden uns vom ersten Augenblick an unglaublich gut und sie war dabei, als ich meine neue Wohnung in Empfang genommen habe. Noch am selben Abend fielen wir übereinander her. Was ich nicht für möglich gehalten habe war, dass sie auch als Instruktorin am Aviation College arbeitete und unglaublich streng und gefürchtet war.
"Ich denke, dass es eine gelungene Fortsetzung wird", sprach ich und entlockte ihr ein etwas verträumtes Lächeln.
"So wie bei Indiana Jones und der letzte Kreuzzug, ja?", sprach sie selbstbewusst. "Also gut, zeig mal, was für einen Flug sie heute für uns vorbereitet haben", wechselte Stacy von Small Talk zu Business. Ich war aber noch immer in Gedanken beim von ihr angesprochenen Kultfilm.
"Indiana Jones?", entgegnete ich und die Fragezeichen las Stacy wohl in meinen Augen.
"War der erste Film, der mir spontan eingefallen ist, wo die Fortsetzung besser als der erste und zweite Teil war. Werner, immer schön locker bleiben", sagte sie mit einem entspannten Tonfall und lächelte mir zu. Ich grinste nur und wir begannen mit der Flugvorbereitung. Ihre rot lackierten Fingernägel boten einen schönen Kontrast zur Wetterkarte, etwas, das ich in meiner Fliegerlaufbahn fast nie erblickt habe. Es sah schön aus, wie sie den Kugelschreiber hielt und mit ihm zart anmassend der Flugroute entlangfuhr und mir aufzeigte, wo sie aufgrund des Wetters Anpassungen hinsichtlich Streckenführung und Treibstoffmenge im Sinn hatte. Sie wirkte unglaublich bedacht und äusserst gepflegt. Als kleiner Junge fand ich Blondinen mit roten Fingernägeln unglaublich attraktiv. Und jetzt stand eine solche Frau neben mir. Obwohl ich voll bei der Sache war und mich meiner Konzentration nicht beraubt fühlte, entging mir fast nichts an ihr. Meine Sinne sogen diesen Moment auf.
Überhaupt war Stacy heute ein zuckersüsser Anblick. Die mittlerweile etwas länger gewordenen blonden Haare hatte Stacy mit einem Scheitel in der Mitte zu einem Zopf zusammengelegt. Ganz klassisch, aber trotzdem wirkte die Frisur perfekt.
Sie war dezent geschminkt, was ihrem hübschen Gesicht Wirkung verlieh. Sie brauchte aufgrund ihres Auftritts und des Charmes nicht viel, um aus der Menge zu stechen. Stacy war voll im Element, plante alles mit einer erfahrenen Gelassenheit und stellte mir mal die ein oder andere Wissensfrage, die ich offenbar zu ihrer Zufriedenheit beantwortet habe. Sie wirkte jetzt ganz anders wie damals als meine "ultrastrenge" Instruktorin. Sie war für all das hier wie gemacht.
"Wirklich schön, dass wir schon nach so kurzer Zeit miteinander fliegen können. Ich habe mich sehr gefreut, als ich deinen Namen auf der Crew Liste überflogen habe", sprach die Britin selig, als wir uns auf den Weg zum Briefing der Kabinenbesatzung machten.
"Ich bin noch immer ganz baff. Was für ein Zufall. Gott sei Dank vertragen wir uns wieder", sprach ich unsere Differenzen von damals an. Stacy lachte.
"Das muss man uns einfach lassen. Wenn wir was verkacken, dann bringen wir es wieder in Ordnung", sprach Stacy und öffnete die Tür des Vorbereitungsraumes, ohne meine Antwort abwarten zu wollen. Ein Dutzend Gesichter blickten in unsere Richtung, wir machten die Runde und begrüssten alle Flugbegleiter persönlich.
Selbst hier war es spannend zu sehen, wie Stacy auf die Leute einging. Wie ein Rockstar hatte die Britin stets einen kecken Spruch auf den Lippen und präsentierte sich im nächsten Moment so einfühlsam und tiefgründig wie ein Pastor. Zudem beschlich mich das Gefühl, dass unsere Flugbegleiterinnen es irgendwie zu schätzten wussten, dass eine Frau als Kommandantin heute die Verantwortung des Fluges trug. Auch in Köln hatte ich schon weibliche Pilots in Command und das Geschlecht spielte keine Rolle. Die drei Damen mit denen ich dort geflogen bin, verhielten sich genau wie ihre männlichen Kollegen und brillierten durch ihre professionelle und sehr korrekte Art. Doch Stacy war irgendwie anders und demonstrierte weiblichen Charme und war "Girly" ohne ihre natürliche Autorität zu unterwandern. Sie war durch und durch sich selbst und ganz in ihrem Element.
Machen wir es kurz: Ich war happy, mit Stacy fliegen zu dürfen und es war schon vor dem Abflug besser, wie ich es mir hätte vorstellen können. Stacy kannte den Flieger wie kein anderer und war trotzdem bodenständig, nahbar und umgänglich geblieben. Ich schätze solche Menschen und war wieder ein kleinwenig stolz darauf, dass so eine Frau wie sie etwas mit mir hatte. Es kamen einige Erinnerungen an die gemeinsame Zeit in Dubai und den Umschulungskurs auf mein aktuelles Flugzeug auf.
Aber das mit Stacy war durch. Es gab kein Zurück. Da war ich mir sicher. Nach der Begrüssung eines algerischen Flugbegleiters sah ich mich plötzlich die Hand einer bildhübschen Brünetten mit langen Haaren schütteln. Sie war ein Blickfang und liess meine flüchtigen Gedanken rund um Stacy kurz in den Hintergrund rücken. Ich schämte mich, dass die Attraktivität einer Person einen solchen Einfluss auf mich ausübt.
Die Frau stellte sich als Anouk vor. Sie hatte einen herrlich französischen Akzent. Auf die Frage hin, ob sie aus Frankreich kommt, lächelte sie mich charmant an und sagte "Nein, aus Monaco". Mein Interesse war geweckt. Noch nie zuvor bin ich einer Person aus dem Fürstentum begegnet.
"Wow, darüber möchte ich später mehr wissen", vertröstete ich die Dame, denn ich hatte noch vier Flugbegleiter vor mir. Anouk lächelte mich wahrscheinlich wegen meiner Antwort äusserst sympathisch an.
Nachdem ich allen die Hände geschüttelt hatte, erzählte Stacy der Cabin Crew fast schon mit Partystimmung von unseren "Highlights" des Fluges. Danach brachen wir zu unserem Flieger auf. Stacy sass im Bus neben mir.
"Ich erwarte aber schon, dass du genau so eine butterweiche Landung wie bei deinem Base-Training in Al Ain hinbekommst. Philippe schwärmt noch heute von deiner Performance", sagte Stacy schelmisch. Mein damaliger Instruktor war ein guter Freund von Stacy.
"Na ja, Philippe hat mich halt nie angeschrien, so wie du nach unserer ersten Simulator-Session. Das hilft ungeheuer, was die Entfaltung von Potenzial anbelangt", sprach ich sie auf ein Ereignis an, dass mir damals fast den Selbstwert geraubt hatte.
"Ich dachte, mit dem Thema waren wir eigentlich durch? Und wir zwei haben es doch danach wie die Karnickel miteinander ... na ja, du weisst schon", sprach Stacy leise mit einem Augenzwinkern und unterdrückter Begeisterung. Mich störte es, dass sie diese Episode hier im Bus ansprach, da hinter uns zwei Flugbegleiter sassen.
"Auch das hat Philippe nicht mit mir gemacht. Er behielt alles ausgesprochen professionell", sagte ich neckisch und zwinkerte ihr so zu, wie sie es kurz vorher zu mir tat. Stacy lachte zu meiner Überraschung etwas verlegen.
Die Türen des Busses öffneten sich und das Vorfeld war laut und duftete nach Kerosin, so nennen wir den Treibstoff eines Flugzeuges. Ich liebe diesen Duft und er ist noch immer ein Höhepunkt meines Jobs. Dann beginnt für mich die Reise. Obwohl ich heute der fliegende Pilot bin, nahm Stacy im Cockpit platz, startete die Systeme und fütterte unser Navigationssystem mit der Flugroute und anderen wichtigen Daten. Ich machte den Walkaround. Klingt hochgestochen, ist aber eigentlich nur ein in Augenschein nehmen des Fliegers, ob gewisse sensitive Punkte an der Kiste in Ordnung sind. Als ich mit der gelben Weste wieder zurück ins Cockpit kam, war ich glücklich und konnte es kaum glauben, dass ich wieder neben der hübschen Frau Platz nehmen durfte. Neben der, die schon auf meinem ersten Flug nach Dubai zufällig als Passagierin neben mir sass. Es war wahrscheinlich der beste Flug meines Lebens.
Auch heute war die Stimmung zwischen uns beiden gut und pendelte zwischen Fröhlichkeit und Ernsthaftigkeit. Stacy scherzte mit einem sogenannten Red Cap, dem sie noch ein Dokument zur Beladung und Gewicht des Flugzeuges unterzeichnete. Er gratulierte mir zu meinem heutigen Captain. Sie sei eine der besten, sagte er und zauberte Stacy mit dieser Aussage ein schüchternes Lächeln aufs Gesicht. Ich stimmte ihm zu und verabschiedete mich von ihm. Langsam ging es los. Obwohl der Flughafen Dubai gigantisch ist, begann ich während meinen Einsätzen sporadisch wieder die gleichen Leute bei der Abfertigung zu erkennen, sodass sich allmählich eine gewisse Vertrautheit einstellte.
Der Flieger wurde vom Gate zurückgestossen und die beiden Turbinen drehten sich innerhalb der Sollwerte. Ich lenkte den Airbus A330-200 den vorgegebenen Rollwegen entlang. Es fühlte sich einfach klasse an, ein immer besseres Gefühl für so einen grossen Vogel zu bekommen. Die Maschine bewegte sich hinsichtlich der Dimensionen in einer anderen Liga, wie der kleine Bruder namens A319, mit dem ich damals agil über die Taxiways von Köln/Bonn geflitzt bin.
Startfreigabe wurde erteilt und Stacy setzte die Startleistung und übergab mir die Kontrolle über den Flieger. Der Airbus hob ab und phasenweise musste ich flüchtig an unsere gemeinsame Simulatorübung zurückdenken. Diesmal ist, wie zu erwarten war, kein Triebwerk unmittelbar nach dem Abheben explodiert, sondern wir flogen entspannt unserer Destination entgegen. Noch im Steigflug über dem Persischen Golf konnten wir unseren Redebedarf nicht unterdrücken.
"Lief besser, wie im Simulator", sprach Stacy das Offensichtliche aus.
"Ja, ich hoffe doch sehr, dass unser Debriefing nach dem Flug auch besser sein wird, als damals", sprach ich grinsend. Ihr Lächeln schien mir wohlgesonnen.
"Ich war überrascht, dass du damals nicht geheult hast, als ich dich zusammengefaltet habe", sprach Stacy halb ernst und halb schelmisch zugleich.
"Dein Spruch über die Billigairline hatte mich schon ziemlich getroffen", erinnerte ich mich.
"Das war wirklich nicht sensibel", bestätigte Stacy.
"Aber mal kurz eine Frage. Die verdammte zweite Übung, als wir mit einem Druckabfall konfrontiert waren und sich ein System nach dem anderen verabschiedet hatte. Ich denke heute noch gelegentlich an dieses irgendwie abstrakte Szenario zurück", erzählte ich aus Interesse. Stacy schaute mich mit einem neutralen Gesichtsausdruck an. "Nichts passte zusammen. Das war da, wo sich zu guter Letzt auf 2000 Fuss alle Geschwindigkeitsanzeigen verabschiedet hatten und ich die Kontrolle über den Flieger übernommen hatte", ergänzte ich.
"Na ja. Die Übung ist das Resultat einer leicht sadistisch veranlagten Instruktorin, um so junge Piloten wie dich während der ersten Session zu dissen", sprach Stacy und lachte sich schlapp.
"Du bist so ein Luder. Ich hoffe, du weisst das", sprach ich mit einem Lachen und konnte die Hinterfotzigkeit noch immer nicht fassen. Sie lachte herzhaft.
"Aber du hast mich sowohl heute als auch damals positiv überrascht. Erstens hättest du ja in der ersten Session mit mir ja einfach nur ein paar Standardabläufe üben sollen. Dass du aber noch so cool geblieben bist, war überraschend. Ich glaube, du warst der Erste überhaupt, der mir in diesem Szenario die Kontrolle über den Vogel weggenommen hat. Das war richtig. Und das, was mich jetzt überrascht, ist die Tatsache, dass du selbst heute noch an einer besseren Lösung tüftelst", sprach sie stolz.
"Es war so scheisse ...", sprach ich und entlockte Stacy ein weiteres Mal ein herzhaftes Lachen.
"Ich weiss. Einer fing mal im Simulator an zu heulen und hat meinetwegen abgebrochen und ist wieder zurück zu seiner alten Airline", sagte sie fies grinsend. "Und ein anderer fing an zu beten und gab irgendwelche merkwürdigen Laute von sich. Das war echt die skurrilste Reaktion, die ich je erlebt habe", sprach die Britin gut amüsiert.
"Musst du immer so fiese Dinge machen? Ich finde, du hättest das garnicht nötig", sagte ich.
"Na ja, sagt so ein hübscher, aufstrebender Typ wie du. Habe ich dir eigentlich schon erzählt, dass mein Opa für die Royal Air Force geflogen ist?", sprach die Britin. Ich war von dem Einschub etwas überrascht.
"Nein, ich glaube nicht", sprach ich.
"Jedenfalls war er auch Instruktor und hatte viele Flugschüler während ihrer Ausbildung begleitet. Anfang der 90er wechselte er dann zu British Airways und war später für die Type Ratings der 737 verantwortlich. Viele junge Piloten hatten schon kurz nach der Ausbildung ihre Bodenhaftung verloren. Noch bevor sie die Musterberechtigung in der Tasche hatten und die grossen Maschine fliegen durften, trugen sie teure Breitling-Uhren am Handgelenk und fuhren von Papa finanziert einen Sportwagen. Das kotzte ihn an. Es wurde schleichend ein Beruf für reiche Schnösel. Früher hattest du noch bodenständige Menschen wie Kaufleute, Mechaniker oder sogar an einen Metzger kann ich mich erinnern. Heute sind die Egos viel grösser", sprach Stacy.
"Glaubst du nicht, dass sich deine Analyse nicht auch auf andere Berufe und Industrien übertragen lässt? Bei mir war das ganz anders. Mein Vater hat einen Kredit aufgenommen, um mir einen Teil der Ausbildung zu finanzieren. Den Rest habe ich über viele Jahre angespart und neben der Ausbildung hart geschuftet. Mir wurde abgesehen vom Vertrauen meines Vaters nichts geschenkt. Der Kredit ist seit drei Monaten endlich abbezahlt. Alles, was ich erreicht habe, habe ich selbst erarbeitet. Und dann faltest du mich nach der ersten Session zusammen und sagst mir, ich hätte es nicht drauf. Und jetzt tust du so, als ob ich dich positiv überraschen würde. Das passt nicht zusammen", sagte ich und bemerkte, dass die unguten Gefühle von damals wieder aufkamen, wenn auch nur in abgeschwächter Form. Und ja, ich wusste, dass diese Emotionen nicht angebracht waren, denn Stacy hatte sich mit einem Schäferstündchen und einer Sonos-Box mehr als nur revanchiert.
"Hör zu. Ich habe dir doch gesagt, dass ich dich nur laut angefahren habe, damit die anderen Kollegen nicht mitbekommen, dass wir was miteinander hatten. Ich habe es nicht wegen deines Egos gemacht, sondern eine falsche Fährte gelegt. Meinst du, ich hätte mich damals in dich verknallt, wenn du so ein arroganter Schnösel wärst?", sprach Stacy einfühlsam.
"Okay, okay! Ist schon gut und tut mir leid, dass ich das wieder aufgekocht habe. Mal was ganz anderes. Du weisst ja, dass ich eine Ausbildung als Elektroniker gemacht habe. Was hast du eigentlich gemacht, bevor du Pilotin geworden bist?", wollte ich von ihr wissen.
"Kennst du das Gefühl, widersprüchlich zu sein? Ich bin so ähnlich wie ein Sportarzt, der raucht. Bewundere Piloten mit bodenständigen Ausbildungen, bin aber selbst voll der Luftikus", sagte Stacy grinsend.
"Tut mir leid, ich kann dir nicht folgen", sprach ich.
"Na ja, ich habe den Bachelor in Luft- und Raumfahrttechnik gemacht. Danach noch zwei Jahre den Master in Übersee. Daraufhin bin ich wieder zurück nach Grossbritannien und hab noch während meines Post-Doc in Edinburgh mit Flugstunden angefangen, bis ich bei British Midland als First Officer angefangen habe", sprach sie irgendwie so, als ob sie sich dafür schämen würde, eine akademische Herkunft zu haben.
"Wow, du hast doktoriert?", sprach ich begeistert und irgendwie ungläubig. Ich konnte mir das garnicht vorstellen.
"Ja, ist aber nicht so krass, wie sich das jetzt anhört", versuchte sie abzuwiegeln.
"Wieso sagst du das erst jetzt?", fragte ich.
"Was würde das ändern?", sprach Stacy.
"Dass du dich mit so einem Assi wie mir überhaupt abgibst", scherzte ich. Stacy schaute mich sauer an, als ob sie mir für diese Aussage gleich die Leviten lesen würde. Plötzlich setzte aber ihr mir bestens vertrautes Grinsen ein.
"Ach weisst du, mir hat mal jemand gesagt, dumm fickt gut. Das kann ich jetzt bestätigen", sagte sie lachend und gab mir einen Stupser auf die linke Schulter. Ich lachte verlegen und wechselte das Thema, weil die Gespräche aufgezeichnet werden und mir das Thema zu heikel war.
"Und wo in den USA hast du gelebt?", wollte ich wissen.
"In Boston", erhielt ich als Antwort.
"Mitten in der Stadt?", fragte ich begeistert.
"Na ja, nicht ganz. In Cambridge, um genau zu sein", sprach sie noch immer verhalten.
"So wie die bekannte Uni in England?", fragte ich nach.
"Ja, so wie die Uni in England", sagte Stacy mit einem Grinsen, als ob ich eine naive Frage gestellt habe.
"Und was macht man in Cambridge, Massachusetts?", wollte ich wissen.
"Na ja, die Uni war da und meine Verwandtschaft lebt nicht weit weg von dort. War praktisch", sprach Stacy und ich hatte wirklich den Eindruck, dass es eine pragmatische Wahl war. Erst Jahre später sollte ich erfahren, dass es sich um eine der besten technischen Hochschulen der Welt handelte.
"Ich finde es aber unglaublich beeindruckend, wie geerdet du trotz deines Werdegangs geblieben bist", sprach ich meine Bewunderung aus.
"Danke. Aber was hat mir das im Endeffekt gebracht? Ich bin geschieden und sitze neben jemandem, der den Weg zu seiner beruflichen Erfüllung ohne Umwege gemacht hat. Du bist unglaublich ergebnisorientiert", sagte Stacy und schaute mich liebevoll an.
"Hey, bestimmt hast du einige Vorteile daraus ziehen können. Ich meine ... hattest du Spass während des Studiums?", wollte ich wissen.
"Ja, wieso meinst du?", wollte Stacy wissen.
"Na ja. Es ist wichtig, das zu tun, was dir Freude bereitet und den Horizont erweitert. Und das scheint bei dir bestimmt der Fall gewesen zu sein. Du hattest Spass und hast nie die Bodenhaftung verloren. Das ist beeindruckend", sagte ich zur hübschen Blondine. Sie schaute etwas verlegen und geschmeichelt von mir weg und ein zauberhaftes Lächeln stand ihr ins Gesicht geschrieben.
"Schau, dein Essen kommt", wechselte Stacy das Thema, als sie auf den Bildschirm blickte, auf dem wir das Geschehen in der Küche direkt hinter dem Cockpit beobachten können. Die Spanierin Maria hielt ein Tablett in der Hand und lächelte direkt in die Kamera. Stacy entriegelte die Panzertür und die dunkelhaarige Schönheit betrat unser kleines Reich.
"Na, alles im Griff?", wollte die Frau aus Valencia wissen.
"Ja, noch ist alles unter Kontrolle", sprach Stacy. Ich klappte währenddessen mein Tischchen aus. Das ist das Schöne an meinem Airbus, dass ich nicht wie die Kollegen auf Boeing-Flugzeugen aufgrund des sperrigen Steuerhorns mein Essen auf den Knien einnehmen muss, sondern tatsächlich ein Klapptischchen habe.
"Martin, für dich gibt es heute das leckere Beef. Ich hoffe, das passt so?", wollte Maria wissen.
"Phänomenal. Vielen Dank, Maria", erwiderte ich.
Ich übergab als fliegender Pilot Stacy die Kontrolle über das Flugzeug, damit ich mich auf das Essen konzentrieren konnte.
"Sehr lecker, das Stroganoff", neckte ich Stacy.
"Riecht sehr angenehm. Muss ich schon zugeben", sprach mein britischer Captain liebevoll. Sie trug dieses unglaublich süsse Lächeln auf ihrem Gesicht.
"Nicht aber wieder alles mopsen, so wie das letzte Mal", sprach ich zu Stacy.
"Sei doch nicht ein solcher Vielfrass. Letztes Mal habe ich von drei Gerichten, die ich dir höchstpersönlich geholt habe, lediglich ein einziges verdrückt", antwortete sie trotz der harten Worte äusserst charmant und irgendwie spitzbübisch. "Wobei, lass mich mal probieren", sprach sie und lachte sich schlapp.
"Kommt nicht in die Tüte", antworte ich ebenso mit einem Lächeln und biss in ein Fleischstück.
"Komm schon, nur ein kleiner Biss. Deinetwegen muss ich den ollen Fisch nehmen", sagte Stacy gespielt vorwurfsvoll.
"Nö", gab ich kurz zu Protokoll.
"Komm schon. Bitte, bitte, bitte. Nur ein Biss und ich höre auf", hakte sie nach.
"Ach, du bist manchmal so eine Nervensäge, echt", sagte ich und führte die Gabel, mit meiner Handfläche unten dran, zu ihrem Mund. Ich wollte nicht, dass das Fleisch und die Sauce über die Schubhebel kleckert und wurde dafür mit einem strahlenden und dankbaren Blick belohnt.
"Wow, ist das Fleisch zäh. Möchtest du dir das wirklich antun?", sprach sie grinsend und mit vollem Mund.
"Jepp. Ich teile nicht mit dir", sagte ich, weil ich ihre Absicht durchschaut habe. Es schien ihr zu schmecken.
"Hey, ich hab gehört, dass BSE wieder aufkommt. Es droht das Jahrzehnt der Seuchen. Ich würde bewusst ein Risiko auf mich nehmen, wenn ich das Gericht übernehmen würde. Aber was macht man nicht alles für so einen netten First Officer", sprach Stacy und versuchte dabei Blickkontakt aufzubauen. Ich wich ihm aus, um nicht schwach zu werden.
"Ja genau. Rinderwahn, das hätte mir noch gefehlt. Ich möchte aber nicht, dass dir etwas passiert und opfere mich", antwortete ich.
"Du bist viel zu selbstlos", entgegnete Stacy.
"Jeder muss mal Risiken eingehen. Du zum Beispiel hast beim Lachs mit Quecksilber umzugehen. Aber du weisst ja, die Menge macht das Gift", sagte ich und schaute ihr in die Augen.
"Okay, mein lieber Apotheker", sprach Stacy und fand sich wohl mit der Tatsache ab, dass sie keinen weiteren Happen bekommt. Na ja, ich habe noch nie mein Essen mit einem Kapitän geteilt, wenn man mal das Tauschen des Nachtisches ausser Acht lässt.
Eine halbe Stunde, nachdem ich meine Mahlzeit beendet hatte, war Stacy dran. Sie bekam noch was anderes als Fisch, was mich bei ihren Überredungskünsten wenig überraschte. Es war wohl ein Menü aus der Economy, dass sie mochte. Es freute mich, dass ihr Anouk die Mahlzeit servierte und mir ein bezauberndes Lächeln schenkte. Leider verliess sie uns viel zu schnell.
"Diese ganze Prozedur mit der Panzertür finde ich echt nervig", erzählte ich Stacy.
"Ja, vor dem 11. September musste das wohl ziemlich entspannt gewesen sein. Ich vermisse es, Kinder während des Fluges das Cockpit zu zeigen oder den ein oder anderen netten Passagier für die Landung zu uns nach vorn einzuladen. Aber jetzt ist es halt so wie es ist", sprach Stacy etwas abschliessend und nahm einen Biss von ihrer Mahlzeit. "Aber du weisst ja, warum sie die Panzertüren wirklich eingebaut haben, oder? Das hat nichts mit 9/11 zu tun", fuhr Stacy mit vollem Mund fort. Ich war etwas überrascht.
"Okay?", sprach ich skeptisch und hoffte, dass jetzt nicht eine Verschwörungstheorie aus ihrem Mund kommt.
"Was ist in den letzten Jahrzehnten in der Luftfahrt passiert?", fragte sie mich.
"Keine Ahnung", äusserte ich meine Ahnungslosigkeit.
"Schau dich hier mal um", forderte sie mich auf. Ich blickte im Cockpit umher und zuckte mit den Schultern. Ich wusste nicht, worauf sie konkret anspielt. Sie schaute mich mit grossen Augen an, als ob sie eine Antwort erwartet.
"Ich weiss es wirklich nicht. Ich bin kein Doktor in Luft- und Raumfahrt", machte ich mich darüber lustig, dass sie mich so zappeln liess. Ihre beiden Hände pendelten wild zwischen uns beiden hin und her.
"Wir zum Beispiel", sprach sie grinsend. "Ich bin eine Frau und du bist ein Mann", sprach sie eine äusserst elementare Tatsache an.
"Echt jetzt? Wirklich?", sprach ich mit gespieltem Erstaunen, als ob sie mir sagen würde, die Erde sei eine Scheibe.
"Zieh mich doch nicht auf. Aber wenn es gemischte Crews gibt, dann wollen einige vielleicht etwas Privatsphäre, wenn es gut zwischen ihnen läuft", sprach sie kokettierend und fing selbst über die Aussage an zu lachen.
"Ich glaube, deinem Kollegen Philippe wäre so eine Aussage nie über die Lippen gekrochen", zog ich sie auf. "Ich habe noch nie etwas davon gehört, dass zwei Piloten es hier miteinander ...", fuhr ich fort.
"Du zweifelst daran?", wollte Stacy wissen.
"Ziemlich wacklig, deine Theorie", liess ich sie wissen.
"Wie du meinst", liess Stacy ihre Gleichgültigkeit hinsichtlich meiner Meinung verlauten und ass weiter. Rund eine halbe Stunde später überprüfte ich den Treibstoffverbrauch. Alles wie erwartet.
Ich gab die Unterlagen Stacy, die sie kurz überflog. Sie legte sie auf ihr Tischchen, nachdem sie das Tablett mit der Mahlzeit auf die Seite gelegt hatte und schrieb was auf. Ich wusste nicht, was der Grund für so viel Schreiberei war.
Ich bekam die Unterlagen mit einer separaten Notiz zurück.
"Danke Martin. Scheint alles zu stimmen", sprach sie zu mir. Sie schien zufrieden.
Ich las ihre Notiz.
"Liess bitte bis zum Schluss und schreib deine Antwort wegen des Cockpit Voice Recorders nur auf und sprich sie auf keinen Fall aus. Willst du mich vögeln? Ich bin ganz heiss auf dich."
Ich konnte meinen Augen nicht glauben, schaute zu der coolen und zugleich verdorbenen Britin rüber. Stacy grinste mich lasziv an und machte Schreibbewegungen, damit ich wohl vorwärtsmache. Erneut las ich ihre Frage, um eine Sinnestäuschung auszuschliessen und nahm meinen Kugelschreiber und formulierte meine Antwort.
So gern ich dich hier nehmen würde. Das geht nicht. Wir würden unseren Job verlieren.
Ich überreichte die Notiz wieder Stacy. Sie lachte auf und schrieb gleich weiter. Es dauerte eine halbe Ewigkeit. Mir war das unangenehm. Der Zettel landete wieder in meiner Hand. Ich sah wie Stacy ihre Lippen mit der Feuchtigkeit ihrer Zunge benetzte.
Nur, wenn sie uns erwischen. Ich tue so, als ob ich aufs Klo gehe. Ich mache die Tür auf und ein paar Sekunden später wieder von innen zu und komme dann zu dir an deinen Sitz. Wenn ich fertig bin, musst du die Tür entriegeln und ich tue so, als ob ich wieder ins Cockpit kommen würde.
Meine Antwort las sich wie folgt.
Nein, das ist verrückt!
Stacy begegnete meinen Bedenken wie folgt, schriftlich, versteht sich.
Ja, ist es!
"Martin, ich muss mal aufs Klo", sprach Stacy laut und deutlich, entriegelte die Tür über einen Schalter und stand auf. Ich war sprachlos und hatte einen Klos im Hals. Am liebsten hätte ich nein gesagt. Sie war tatsächlich von allen guten Geistern verlassen. Sie lief zur Türe und öffnete sie, ohne das Cockpit zu verlassen. Mein Blick war zu ihr nach hinten gewandt und mein Puls schoss augenblicklich hoch. Sie schloss die Tür und grinste mich, ohne auch nur ein Wort zu sagen, an.
Ich steckte mit drin. Das war mir klar. Ich nahm wahr, dass sie schwerer amtete. Nichts im Vergleich zu mir. Mein Herz raste wie wild.
Ich sah, wie sie ihre Schuhe leise auszog. Es wirkte elegant und sexy zugleich. Mich überkam eine nicht zu bändigende Lust. Ich war machtlos. Ich versuchte Herr der Lage zu bleiben und probierte meinen Geist mit Kopfrechnungen fokussiert zu halten. Meine Rechenkünste wurden durch die Situation bedingt äusserst fehleranfällig. Ich drückte auf einen Knopf und mein Stuhl bewegte sich nach hinten, was aufgrund der Elektrik einen lauten Surrton auslöste. Stacy strahlte mich an und zog so leise wie möglich ihre Hose aus und legte sie auf den Sitz, der hinter uns war.
Sie bewegte sich langsam und unglaublich erotisch zu mir und streichelte mich auf meiner linken Schulter. Mit ihrer linken Hand drehte sie meinen Kopf zu sich und küsste mich, während ihr warmer Atem auf meinem Gesicht meine Sinne benebelte. Ich küsste sie zurück. Die hübsche Britin fädelte sich ganz vorsichtig vor mich ein und achtete minutiös darauf, dass sie nicht die Pedale für das Seitenruder berührte oder den Steuerknüppel zu meiner Rechten streifte. Ich roch nach einer langen Abstinenz nun wieder ihren mir bestens vertrauten Körperduft. Sie ging vor mir auf die Knie und massierte durch die Hose meinen Schritt. Ihr Lächeln wurde durch das Austreten ihrer Zunge unterbrochen, die ihre Oberlippe liebkoste und etwas anfeuchtete.
Ich schaute nochmals kurz auf das Navigationsdisplay und danach vergewisserte ich mich, dass die Triebwerksanzeigen im normalen Bereich lagen. Stacy öffnete langsam mit ihrer rechten Hand meinen Reissverschluss und ihre linke setzte die Massage fort. Ich überlegte kurz, wie ich im Falle eines Druckverlusts reagieren würde oder wie ich die Kontrolle über das Flugzeug schnellstmöglich wieder übernehmen könnte. Mein Handlungsspielraum war aber deutlich eingeschränkt, so mein Fazit. Ich konnte nur beten, dass jetzt nichts passiert. Die Statistik war auf unserer Seite. Aber wir erwarten von Berufs wegen immer das Unerwartete. Und das kaum Vorstellbare nahm auf diesem Flug gerade jetzt seinen Lauf. Stacy befreite noch im selben Moment mein Glied und leckte es genüsslich von meinem Schaft bis zur Spitze meiner Eichel. Gott, sind ihre Blowjobs gut. Ich versuchte nicht schwer zu atmen, geschweige denn zu seufzen oder zu stöhnen. All das wäre aufgezeichnet worden.
Ihr blonder Schopf begann sich auf meinem Schoss auf und ab zu bewegen. Sie war leise und ihre Bewegungen gleichmässig. Sie wirkte wie die Ruhe selbst. Nichts deutete während des Akts darauf hin, dass sie nervös war. Stacy schien wohl ihre anfängliche leicht durchschimmernde Unruhe abgelegt zu haben. Ich fühlte mich wie ein Nutzniesser, weil ich ihr nichts Gutes tun konnte, sondern zur Passivität verdammt war. Und was für eine. Ich genoss jede Bewegung und vergass alles andere. Ich weiss garnicht mehr, wie lang Stacy zugange war, doch irgendwann liess sie von meinem Glied ab und schaute zu mir hoch und blickte tief in meine Augen. Damit liess sie mich wortlos wissen, dass sie einen Schritt weitergehen wird. Sie richtete sich langsam auf und glitt mit ihrem Oberkörper meinem entlang, ihr Blick immer auf mich gerichtet. Sie küsste zärtlich meine Lippen und setzte sich ganz sachte auf mich.
Ich spürte, wie die Blondine ruhig nach meinem steifen Glied griff und es in die Nähe ihrer feuchten Grotte führte. All das geschah ohne Hast. Ich küsste sie, was die Britin zärtlich goutierte und just in diesem Moment glitt ihr Unterleib meinem prallen Phallus entlang und nahm mich in ihr auf. Es fiel mir ausgesprochen schwer, stumm zu bleiben, meine körperlichen Gefühle mit Stille zu verleugnen. Es war Erlösung und Fluch zugleich. Ich schaute in ihren Schritt und sah die anregende Intimfrisur meiner Kommandantin. Sie war unglaublich gut rasiert und liess nur ein stoppliges Dreieck übrig, das meine Fantasie zu einer Kontur vervollständigte.
Ihre Scheide war so warm und feucht, dass es für meinen Penis ein Leichtes war, Zentimeter um Zentimeter in sie einzudringen. Ich blieb fast bis zur Peniswurzel in ihrem Becken vergraben und Stacy bewegte ihren Unterleib in sinnlichen Kreisbewegungen und weckte damit meine Begehren nach dieser zauberhaften Frau. Ich hoffte, dass der Reissverschluss meiner Uniformhose ihren zarten Schamlippen nicht weh tat. Ich schaute in ihr Gesicht und sie schien es zu geniessen. Plötzlich erinnerte ich mich an eine Nummer mit ihr. Wie damals stiess ich nun meine Leiste ihren Bewegungen entgegen. Stacys Lippen verliess als Reaktion darauf irrtümlich ein lauter Seufzer. Sie hatte kurz nicht aufgepasst.
Ihr Mund war nur leicht offen und überwältigte mich mit seiner Sinnlichkeit. Ich küsste sie wollüstig und lutschte an ihrer Unterlippe. Ich glaubte eine ungeheure Nässe an meinem Glied zu spüren. Ich hoffte, dass ich mich täusche, denn sonst wäre meine Uniformhose ziemlich versaut. Aber jetzt wollte ich meine Gedanken nicht daran verschwenden. Ich schob Stacys Kopf, mit meiner Hand an ihrem Hinterkopf, über meine rechte Schulter und küsste ihren Hals. Sie liess alles mit sich geschehen. Ich machte dies, um wenigstens kurz auf die Instrumente zu blicken. Glücklicherweise schien alles in Ordnung zu sein.
Ich nahm einen tiefen Atemzug und inhalierte ein weiteres Mal den lieblichen Duft meiner Britin, die ihren Unterleib immer wilder Hin und Her bewegte. Ich hielt meine Hand an ihre Pobacken und spreizte sie. Ihre süsse, nasse Pussy quittierte meine Aktion mit Flatschgeräuschen. Während meine Hände ihre appetitlichen Pobacken auseinanderzogen, berührte ich mit einer Fingerkuppe versehentlich ihren Anus. Er schien leicht offen. Dieses Gefühl erregte mich ungeheuerlich, sodass ich ihn zu massieren begann. Zudem verlangsamte ich meine Bewegungen, um die Lautstärke der Sexgeräusche zu dämpfen.
Stacy atmete leise aber schwer und grinste mich lüstern an und küsste mich abschliessend. Sie stand vorsichtig auf und ich sah, wie ihre Mumu mit glänzenden Feuchtigkeitsfäden mit meinem Glied verbunden blieb. Sie drehte ihren schönen Körper um hundertachtzig Grad, sodass auch sie nun auf die Instrumentenanzeigen blicken konnte und liess sich wieder zu mir herab. Ich war froh, dass wir noch nicht zu Ende waren. Mein Glied war so prall und wirkte grösser wie sonst. Meine Hose war allerdings mit Stacys Körpersäften benetzt. Aber ich wollte mir noch keine Gedanken darüber machen. Das kommt später. Sie tarierte mein Glied zwischen ihren Beinen aus und gewährte ein weiteres Mal Einlass in ihrer himmlischen Pforte. Als sie mich tief in sich aufgenommen hatte, erhielten wir die Erlaubnis mit dem Flieger 2000 Fuss zu steigen, was etwas mehr als 600 Meter entspricht. Dies hilft uns Treibstoff zu sparen, da wir mit weniger Luftwiderstand konfrontiert sind. Ich bestätigte die neue Flughöhe und Stacy drückte ihr Becken fest auf meinen Schoss und lehnte sich nach vorn, um am Autopiloten die neue Flughöhe einzustellen. Ich merkte an meinem Hintern, wie der Airbus der Eingabe Folge leistete und wieder zu steigen begann.
Sie stützte sich daraufhin am Panel ab und ich kam mit dem Stuhl etwas nach vorn und fickte sie sogar im Sitzen überraschend ruppig, was ihr zu gefallen schien. Sie probierte diverse Bewegungsmuster mit ihrem Becken aus. Es war äusserst angenehm und irgendwie verspielt. Stacy lehnte sich danach wieder zurück und schmiegte sich mit ihrem Rücken an meiner Brust, sodass ich meine Hand gut auf ihre Klitoris legen konnte und sie zu massieren begann. Sie schnaubte kurz auf und fuhr mit ihren Pendelbewegungen fort.
Ich wusste, dass es von jetzt an nicht mehr lange dauern würde, zumindest bei mir. Der blonde Engel auf mir begann durch die Nase zu schnauben und ich Arsch verstärkte noch meine Massage an ihrer Perle. Sie sprang leise auf, sodass mein Glied schnell aus ihr schwappte und Stacy leicht zuckend und aufgrund der Deckenhöhe gekrümmt vor mir stand. Sie hielt ihre Hand im Schoss, als ob sie ihre Empfindungen dadurch abschwächen wollte.
Fuck. Ich hatte ein echtes Problem. Meine Uniformhose glänzte an manchen Orten, wo Stacys Körpersäfte ihre Spuren hinterlassen hatten. Ich war kurz ratlos, doch Stacy lenkte meinen Fokus auf sich. Sie begann mit einem unglaublichen Fellátio, keine Minute später ejakulierte ich in ihren Mund. Sie nahm alles kompromisslos in sich auf und schluckte meinen Nektar. Zum Glück war die Menge nicht überbordend, was mich in diesem Moment erleichterte. Ich atmete schwer und blickte auf die zauberhafte Frau, die mich herzlich anschaute. Sie lächelte, gab mir einen Kuss und streichelte mir über die Wangen. Sie kletterte nun elegant über mich und begab sich in den hinteren Teil des Cockpits. Mit einer Serviette der vorherigen Mahlzeit wischte sie sich ihr Genital trocken, und strich mehrmals genau darüber.
Danach zog sie sich ihr schwarzes Höschen wieder an, gefolgt von ihrer Uniformhose, die im Vergleich zu meiner in einem Top-Zustand war. Sie blickte mir in den Schritt und hielt sich die Hand vor den Mund und machte grosse Augen. Ich glaube, sie war geschockt. Es sah aus, als ob zwanzig Schnecken im Schritt meiner Hose ihre Bahnen gezogen hätten. Ihre Lippen formten das Wort "Fuck" ohne es auszusprechen.
Meine Britin schaute auf dem Monitor, ob jemand in der Küche vor dem Cockpiteingang stand. Die Luft schien rein zu sein. Ich entriegelte die Tür und Stacy öffnete sie von innen und schloss sie gleich wieder.
"Hallo, da bin ich wieder", hörte ich sie nach einer gefühlten Ewigkeit das Schweigen durchbrechen. "Irgendwelche News?", fuhr sie fort.
"Nein, nicht wirklich. Wir konnten aber auf 38 000 Fuss steigen", antwortete ich.
"Ah, okay", sagte sie mit einem Lächeln und setzte sich auf den linken Sitz neben mir.
Ich nahm meine Petflasche mit Sprudelwasser und kippte sie auf eine Serviette, die ich ebenso mit meiner Mahlzeit erhalten hatte. Ich versuchte leise die Spuren der vorherigen Aktion zu beseitigen. Doch es wollte nicht richtig. Ich war verzweifelt. Auch Stacy wirkte beunruhigt. Da immer die Gespräche der vorherigen zwei Stunden aufgezeichnet werden, konnten wir natürlich nicht darüber sprechen. Es hätte uns sonst verraten können, wenn es zu einem Zwischenfall gekommen wäre.
Stacy schaute mir nochmals auf die Hose und begann grunzend zu lachen. Es wirkte irgendwie süss und unschuldig. Ohne dass sie es wollte, entkrampfte mich ihr Lachen.
"Was ist so witzig?", fragte ich sie, um die Scharade fortzuführen.
"Nichts, mir ist nur gerade ein Witz eines Kollegen eingefallen", sprach Stacy für den Cockpit Voice Recorder und ein Geistesblitz fuhr zeitgleich durch mich.
Ich schüttete das Wasser grosszügig über meinen Schritt, direkt auf die Hose.
"Oh nein! So ein Mist", fluchte ich in einer oscar-verdächtigen schauspielerischen Darbietung und Stacy lachte laut.
"Oh Gott, Martin. Du Tollpatsch. Herrje", stiess die Britin aus.
"Fuck, nein! Zum Glück ging es nicht über die Mittelkonsole", sprach ich wie erleichtert. Selbstverständlich achtete ich minutiös bei dieser Inszenierung darauf, dass das Wasser nur auf meine Hose und höchstens noch auf das Sitzpolster ging. "Sorry, ich muss mal aufs Klo. Dein Flugzeug", sprach ich und übergab Stacy den Flieger.
"Haha, sieht ganz so aus", foppte mich Stacy und ich ging auf die Toilette neben der Galley, so wie wir die Küche im Fliegerjargon nennen. Ich verschwand darin und versuchte die Hose noch mit Seife etwas zu reinigen. Sie war sehr nass und ich konnte nicht sehen, ob meine Bemühungen Früchte trugen. Als ich die Toilette verliess, sahen mich Maria und Anouk. Die Spanierin wollte wohl unverfänglich ein Gespräch mit mir beginnen, als sie plötzlich laut aufschrie, als sie meine nasse Hose erblickte. Schon lange war mir nichts derart peinlich, wie dieser Moment. Anouk lachte herzhaft und hielt sich reflexartig die Hand vor den Mund.
"Oh gosh, warte mal", sprach Maria und holte ein Tuch und begann zu meiner Überraschung meine Hose am Schritt trocken zu reiben. Anouk schaute überrascht zu und plötzlich schrie Maria "Oh Gott, nein. Ohhhh ..." und nahm ihre Hand ruckartig weg, da sie wohl mein sich aufbauendes Glied zu spüren bekam. Sie war hübsch und ich reagierte zum Glück nur dezent auf ihre Handbewegung. Die Spanierin reichte mir das Tuch, damit ich selbst weitermachen konnte.
"Danke für deine Hilfe", sagte ich zur Maria und Anouk lachte verlegen in sich hinein.
"Ja, ja. Schon gut", sagte Maria mit einer Röte im Gesicht.
"Ich hab Wasser verschüttet, zum Glück ging alles nur auf mich", sprach ich etwas beschämt.
"Ja, schon klar, dass du dir nicht in die Hosen machst", sprach Anouk charmant, aber doch irgendwie abgebrüht. "Aber du kannst unmöglich bis zur Landung in der nassen Hose bleiben", fuhr sie fort.
"Ich kann doch nicht bis Venedig in der Unterhose neben meiner Kommandantin sitzen, oder?", fragte ich besorgt.
"Hauptsache du erkältest dich nicht, damit du uns auch schön brav wieder heimfliegen kannst", mischte sich nun auch Maria ein.
"Warte mal kurz, ich komme schnell mit dir mit", sprach Anouk. Ich drückte auf einen Knopf, um Stacy zu signalisieren, dass ich wieder ins Cockpit möchte. Doch Stacy verarschte mich und verriegelte absichtlich die Tür. Ich war genervt, dass sie mit mir spielte und empfand es dennoch als irgendwie süss.
Ich griff zum Telefon und rief Stacy im Cockpit an.
"Hättest du die Güte und lässt mich bitte rein?", wollte ich von ihr wissen.
"Na ja, mein kleiner Winston Churchill. Ich wollte nur sicherstellen, dass du auch sicher wieder trocken bist", sprach sie mit einer zu Scherzen aufgelegten Stimme.
"Churchill?", fragte ich irritiert.
"Er war wohl so wie du ein Bettnässer", sprach sie hämisch.
"Darf ich jetzt bitte rein, auch wenn ich kein britischer Premier bin?", sprach ich und ein grünes Lämpchen blinkte auf. Ich dufte wieder eintreten.
Als ich die Tür öffnete, lachte Stacy lautstark.
"Martin, ist so ein Pechvogel", sprach Anouk, die mit mir das Cockpit betrat und eine handvoll Einwegputzlappen in der Hand hielt. Sie lächelte mich an. "So, und jetzt runter mit der Hose", sprach Anouk dominant, was aber als Scherz zu verstehen war. Stacy war bestens amüsiert.
Ich schämte mich und zog sie tatsächlich aus. Anouk tat so, als ob sie wegschauen würde und streckte mir die Hand aus, damit ich ihr meine Hose reiche - was ich auch tat. Sie belegte meinen nassen Sitz mit den blauen Einwegputzlappen.
"Vielen Dank, Anouk und sorry. Ist mir wirklich ausgesprochen peinlich", sprach ich.
"Ist schon gut. Dafür bin ich ja da", sprach sie selbstlos.
"Wirklich?", sprach ich skeptisch.
"Na ja, stand jetzt nicht explizit in meinem Stellenprofil, aber ich muss flexibel bleiben. Das hier zähle ich zu diesem Bullet Point dazu", sprach die hübsche Frau aus Monaco.
"Sind alle Menschen in Monaco so hilfsbereit, oder bist du eine Ausnahme?", wollte ich von der attraktiven Frau wissen.
"Eigentlich bin ich eher ein griesgrämiges Exemplar. Gibt viel nettere wie mich. Aber ich lächle nur wegen deiner hübschen Beine", machte mir Anouk ein Kompliment.
"Wo sie recht hat, hat sie recht", ergänzte Stacy.
"Dürfen Typen das bei einer Frau auch so sagen?", wollte ich von den Damen wissen.
"Werner, locker bleiben ... Schätzchen", antwortete Stacy theatralisch und entlockte Anouk und mir ein Lachen.
"Werner?", wollte die Brünette von Stacy wissen.
"Eine lange Geschichte", wiegelte Stacy ab, ohne ins Detail gehen zu wollen.
"Jedenfalls vielen Dank", schloss ich den Dialog und öffnete Anouk die Cockpittür. Sie schaute mir noch nach, als sie durch die Tür schritt. Und genau in diesem Moment sah ich, wie ein First Class Passagier die Küche betrat und sie erstaunt anblickte, weil sie wohl eine Männerhose in der Hand hielt. Ich glaube, für den Herren wäre ein Sechser im Lotto wahrscheinlicher gewesen, wie dieser groteske Anblick. Ob er auch meine Beine mit Hemd und Krawatte oben dran gesehen hatte, kann ich nicht mit Sicherheit sagen, da ich die Tür rekordschnell wieder schloss. Stacy verfolgte die Situation über den Bildschirm und lachte fast hysterisch.
"Komm her und schau dir das an. Ist besser wie Pay-TV!", sprach sie lachend. Ich sah, wie Anouk nun mit dem Passagier fortfuhr. Als ob nichts gewesen wäre, legte sie meine Hose ab und verschwand mit ihm in der Kabine.
"Anouk ist grossartig. Sie tut mir so leid", sprach ich zu Stacy, die zustimmend nickte, aber das Grinsen irgendwie nicht abstellen konnte.
"Die Flüge mit dir sind immer sehr abenteuerlich", sprach mein Captain.
"Eine gelungene Fortsetzung, oder?", wollte ich von ihr wissen.
"Mehr als das. Aber eine Frage habe ich noch", fuhr sie fort.
"Hau raus", forderte ich sie auf.
"Hast du schon mal einen Flieger ohne Hose gelandet?", wollte sie wissen.
"Nein, habe ich nicht", sagte ich peinlich berührt.
"Pass auf, wenn im Endanflug ein kaltes Lüftchen weht", fuhr sie spitzzüngig fort. Sie schielte auf meine nackten Beine und musste wieder lachen. Ich liess es über mich ergehen. Zwanzig Minuten später. "Martin, darf ich ein Foto machen? Der Anblick ist einfach einmalig", sprach Stacy und ein weiterer Lachanfall überkam sie. Aber sie hatte recht. So ein Anblick hatte wahrlich Seltenheitswert. Sie teilte das Bild später mit mir.
Selbstverständlich landete ich den Airbus ohne weitere Vorkommnisse sicher in Venedig, sogar fünf Minuten vor der planmässigen Ankunftszeit. Auch ohne Hose. Am Gate schaltete ich die Triebwerke aus und begann zusammen mit Stacy mit dem erforderlichen Papierkram. Ich fühlte mich etwas verunsichert, als die Fluggastbrücke herangerollt kam. Es wäre mir ziemlich peinlich gewesen, wenn die Bodenmannschaft mich so erblickt hätte. Ich hoffte, dass ich nicht auf Social Media viral gehe. Heutzutage weiss man ja nie.
Anouk war zum Glück die erste, die zu uns ins Cockpit kam und hielt meine zusammengelegte Hose in ihren Händen. Es wirkte fast so, wie wenn eine Landesflagge mit militärischen Ehren überreicht wird. Ich nahm sie in Empfang. Anouk wirkte bezaubernd. Sie hatte wohl vor der Landung ihr Make-up aufgefrischt, doch ihre Ausstrahlung liess ihre zauberhafte leibliche Hülle unwichtig erscheinen. Ihr Wesen war unglaublich gewinnbringend.
"So, sie ist trocken", sprach Anouk mit einem Grinsen.
"Vielen Dank! Wie hast du das hinbekommen?", wollte ich wissen.
"Ein Trick von meiner Oma", sagte sie etwas flirtend.
"Hast sie aber nicht draussen vor dem Fenster hingehängt?", sprach ich und sie lächelte mich an.
"Tut mir leid. Sie hat irgendwie Flecken bekommen. Die bekomme ich einfach nicht raus, ohne sie wieder nass zu machen", erklärte Anouk sichtlich verunsichert, als ob sie das zu verantworten hätte.
"Hey, sie ist trocken. Ich meine ... vielen Dank", sprach ich begeistert und sie blickte etwas zuversichtlicher in die Welt. "Dann schlüpfe ich mal wieder rein", ergänzte ich und faltete die Hose wieder auf. Na ja, die Flecken waren noch immer sichtbar. Ich war mir aber sicher, dass ich am Flughafen ohne Hose wahrscheinlich noch mehr auffallen würde.
Irgendwie war ich Anouk unglaublich dankbar, dass sie mich während dieser peinlichen Situation unterstützt hatte. Ich stand mit der Absicht auf, sie kollegial zu umarmen, realisierte aber, dass das wohl zu weit gehen würde. Die hübsche Frau aus Monaco schaute mich fragend aber erwartungsvoll an, als sie mich auf sie zulaufen sah. Ich schaute verlegen in ihre Richtung, und meine Körperdrehung büsste an Dynamik ein, sodass ich ihr als Dankeschön gerade noch so platonisch wie nur irgendwie möglich auf die Schulter klopfte. Ich muss wie ein Depp auf sie gewirkt haben.
"Nochmals vielen Dank", sprach ich und bekam ein charmantes "de rien" als Antwort. Ich lief rot an und lächelte ihr zu. Sie drehte sich irgendwie geschmeichelt um und verliess das Cockpit.
"Komm mal zu mir", sprach Stacy und winkte mich mit ihrem Zeigefinger zu sich. Ich näherte mich ihr und stellte fest, dass sie mir was ins Ohr flüstern wollte. Ich bückte mich. "Jetzt haben wir gevögelt und du flirtest schon wieder?", sprach sie gespielt eifersüchtig.
Diese Aussage verunsicherte mich. Ich wollte keine Beziehung mit ihr, aber ihre Gesellschaft und gelegentlicher Sex mit einer mir vertrauten Person wären keine schlechte Perspektive.
Für eine Beziehung ist der Altersunterschied einfach zu gross. Aber wir kannten uns, waren damals irgendwie zusammen. Ich hoffte insgeheim, dass unsere "verbotene" Nummer wenigstens ihre Gefühlswelt etwas durcheinander gewirbelt hatte und wir vielleicht gelegentlich unverbindlichen Sex zusammen haben könnten. Dieser war immer richtig gut. Werden wir vielleicht "Friends with Benefits", wie es auf Neudeutsch heisst?
"Kommt auf deine Pläne mit mir an", platzte als Antwort aus mir heraus.
"Mein Plan ist, dass wir in zwei Tagen wieder zurückfliegen", sprach sie ernster wie zuvor.
"Gut, dann sind wir hier fertig?", fragte ich.
"Ja, lass uns gehen", sprach Stacy mit ihrer ruhigen Stimme relativ neutral. Sie wich meiner Frage gekonnt aus. Das nervte mich etwas.
Ich packte alles zusammen und verliess kurz nach ihr das Cockpit. "Hast du heute schon was vor?", rief ich ihr nach. Ich wollte testen, ob sie mit mir Zeit verbringen wollte. Ich bewegte mich nicht sehr selbstsicher durch die leere Kabine, da ich mich wegen der noch immer schmutzigen Hose unwohl fühlte.
"Ich übernachte heute bei einer Kollegin. Sie holt mich später im Hotel ab. Sorry, Sugar. Ich hätte gern mehr Zeit mit dir verbracht, aber ich habe sie sofort angerufen, als ich gesehen habe, dass ich nach Venedig muss. Ist das erste Mal, dass ich hier bin, seit ich in Dubai lebe", erklärte sie etwas verlegen und mit Schuldgefühlen versetzt. Keineswegs war ich ihr böse. Höchstens etwas enttäuscht.
"Hey, ist schon gut. Alles bestens. Ich hoffe, du kannst die Zeit mit deiner Freundin geniessen", sagte ich.
"Danke. Sie hat zwei Kinder und einen lustigen Ehemann. Also all das, was ich nicht habe. Es wird mir schon manchmal einen Stich ins Herz geben. Aber ich freue mich auf sie", sprach sie mit gemischten Gefühlen.
"Geniess es. Jeder hat seinen Ballast zu tragen", erzählte ich.
"Werner, als ob du in deinem Alter Ballastsäcke tragen würdest", sagte Stacy amüsiert.
"Meinst du wirklich? Weisst du ... am liebsten hätte ich einfach eine solide und bodenständige Beziehung, bekomme aber im Moment überall nur ... das Andere", sprach ich irgendwie betrübt. Stacy lachte.
"Meine Güte. Was du hast, ist der Traum vieler Männer", liess sie mich wissen.
"Ja, aber ich bin einfach ein anderer Typ. Einerseits mag ich ..., na du weisst schon ... das kann ich nicht leugnen. Andererseits hätte ich das alles aber viel lieber in einer festen Beziehung. Und es will einfach nicht werden", sprach ich und sah irgendwie Verständnis in Stacys Gesicht. Ich verlangsamte meinen Gang, bis ich mit meinem Captain zu einem Stillstand gekommen war. Ich flüsterte in ihr Ohr: "Ich fühle mich gerade wie eine männliche Schlampe, die mit allen in die Kiste steigt. Als ob ich meine Selbstbeherrschung verloren hätte. Irgendwie bin ich enttäuscht von mir", fuhr ich fort.
"Na ja, du konntest ja heute wegen des Cockpit Voice Recorders ja kaum 'Nein' sagen. Das habe ich schamlos ausgenutzt", sprach Stacy grinsend. "Tut mir leid, wenn ich dieses Gefühl tief in dir drin mit meiner Aktion verstärkt habe. Ich finde dich noch immer süss, so wie du da neben mir gesessen bist. Aber sei mir nicht böse, dass ich keine Beziehung mehr mit dir will. Wir sind noch immer an anderen Orten im Leben", analysierte die Britin folgerichtig. Ich nickte bestätigend und war erleichtert, dass wir es beide gleich sahen und nicht eine Partei mehr wollte.
"Glaub mir, das war alles okay, wenn nicht sogar einmalig", sprach ich und schaute mit ihr zusammen runter auf meine schmutzige Hose. Wir mussten lachen.
"Übrigens. Willkommen im Mile High Club", sprach sie grinsend. Auch ich grinste Stacy an.
"Die Flüge mit dir sind immer unvergesslich", fuhr ich fort.
"Wenigstens haben wir uns diesmal nicht volllaufen lassen", antwortete die Doktorin. Wir hatten die Kabinenbesatzung wieder eingeholt und sahen noch kurz die andere Crew, die den Flieger nach Hause bringt. Für mehr als ein Winken durch eine Glasscheibe hatte es nicht gereicht. Die Piloten habe ich noch nie zuvor gesehen.
Nachdem wir alle unsere Koffer erhalten hatten, liefen wir zum Bus, der uns in das Hotel ausserhalb von Venedig brachte. Stacy und ich sassen nebeneinander und sprachen viel über die Erlebnisse während unserer gemeinsamen Zeit, ohne direkt auf die Beziehung einzugehen. Im Hotel angekommen, bezogen wir unsere Zimmerschlüssel und besprachen die Pläne für heute und morgen. Stacy verabschiedete sich von uns allen und wollte sich bereit machen, damit ihre Freundin sie abholen kann. Maria und einige Kolleginnen und Kollegen wollten mit dem Wassertaxi nach Burano, was auch weit oben auf meiner Liste stand. Es herrschte Einigkeit, abgesehen von einer einzigen Stimme. Es war Anouk.
"Könnten wir das nicht morgen machen? Heute Abend führen sie im Teatro la Fenice 'Nabucco' von Verdi auf. Das möchte ich mir unbedingt anschauen", fragte Anouk mitleidig.
"Ist das so 'ne Oper?", fragte Kevin, ein Flugbegleiter aus Manchester, ziemlich skeptisch.
"Ja. Ich wollte schon immer mal ins 'La Fenice' und sie spielen die Oper nur heute", versuchte die hübsche Frau aus Monaco die Cabin Crew zu überzeugen.
"Ich bin dabei, wenn wir Burano morgen nachholen", liess ich Anouk wissen. Sie strahlte zufrieden. Ich dachte, dass noch ein paar andere einsteigen, aber die Crew blieb ruhig.
"Bist du mir böse, wenn ich nicht mitkomme? Mir sagen Opern nicht viel und ich habe auch keine passenden Kleider dabei", sprach Maria, unsere Purserin. Die anderen schienen sich vor einer Antwort zu drücken.
"Ist schon gut. Kein Problem", ging Anouk verständnisvoll über die Lippen.
"Ist es für dich okay, wenn nur ich mich dir anschliesse?", wollte ich von ihr wissen.
"Ähm, ja. Warum denn nicht?", gab sie völlig überrascht und platonisch von sich, als ob das alles ganz normal wäre. Ich stellte mir die Frage, ob meine christliche Erziehung hier etwas hineininterpretiert hat, das gar kein Thema ist. Ich machte kurz ein kleines Gedankenspiel und fragte mich, ob ich heute auch allein mit Kevin in die Oper gegangen wäre. Ziemlich sicher nicht. Da war was, zumindest in meiner kleinen Welt. Und verdammt, war sie hübsch!
Jedenfalls klärte ich mit der monegassischen Schönheit, wann wir uns unten in der Lobby treffen. Wir waren nicht weit vom Flughafen entfernt und benötigten mit dem Bus eine knappe halbe Stunde, um zum historischen Zentrum zu gelangen. Ich fand es toll, Zeit mit Anouk zu haben.
"Schön, dass du mitkommst. Ich hab auf der Hinfahrt eine Wäscherei zwei Strassen weiter gesehen. Wenn du willst, können wir uns schon zwanzig Minuten vor der Abfahrt treffen und deine Hose dort vorbeibringen. Was meinst du?", wollte sie von mir wissen.
Ich fühlte mich auf einmal wie in einer Beziehung. Ich wurde von einem charmanten Wesen umsorgt. Bedingungslos. Ich empfand das Angebot als unglaublich sympathisch.
"Gern. Ja. Ich hoffe, die können Englisch", fügte ich hinzu.
"Also, bis in einer Stunde", sprach die entzückende Frau. Ich lächelte sie noch einmal an und verabschiedete mich von ihr und der Crew. Im Hotelzimmer angekommen, entledigte ich mich meiner Uniform und sprang unter die Dusche. Nur kurz nahm ich Stacys vertrauten Körperduft wahr, den ich mir mit dem Duschgel vom Hotel abwusch. Während das Wasser wie Regen von der Decke aus auf meinen Körper prasselte, fragte ich mich, ob Stacy und Olivia womöglich an der gleichen Uni in Edinburgh studierten und ob ich Stacy auf dem Rückflug nach ihren dortigen Erfahrungen ausfragen soll. Ich verwarf diesen Gedanken, da ich nicht drumherum käme, zu erklären, warum ich das alles wissen will. Zudem stellte ich mir die Frage, ob Olivia und Stacy sich nicht in vielerlei Hinsicht ähnlich sind. Habe ich mich darum so gut mit Olivia verstanden? Ist sie eine jüngere Stacy? Überfordert von diesen Gedankengängen legte ich mich kurz nackig ins Bett.
Scheisse. Vorhin fand ich Stacy unglaublich hübsch und anregend und habe sogar mit ihr auf 36 000 Fuss gevögelt. Ich hielt die Aktion zwar für ausgesprochen erinnerungswürdig, aber trotzdem völlig absurd. Ich hätte meinen Job verlieren können. Nicht mal das hat mich davon abgehalten, es mit ihr zu tun. Und jetzt ist Stacy weg und ich bin im Begriff, mich in Anouk zu verknallen. Ich fand das irgendwie scheisse. Richtig scheisse, scheisse, scheisse. Was ist nur mit mir los. Bin ich jetzt offiziell so notgeil, dass ich mich in jede Frau verknalle, die mir vorgeführt wird? Die Kadenz, in der ich mich momentan körperlich auf interessante Frauen einlasse, bewegt sich aktuell im Hyperschall-Bereich. Das muss aufhören.
Irgendwie gelang es mir trotz der vielen Gedanken kurz einzuschlafen. Ich wachte dank des Weckers wieder auf und suchte die eleganteste Garderobe aus, die ich zusammenstellen konnte. Auf einen Opernbesuch war ich natürlich keineswegs vorbereitet. Immerhin hatte ich ein marineblaues Cord-Sakko und ein weisses Hemd dabei. Dass ich von einem Uniformhemd spreche, versteht sich von selbst. Beim Anziehen schwor ich mir heilig, dass ich mit Anouk nur platonisch umgehen werde. Sex mit einer Frau pro Tag soll mein Grenzwert sein.
"Egal was passiert. Ich werde keinen Sex mit Anouk haben", wiederholte ich mehrmals beim Frisieren vor dem Spiegel, um mir diesen Gedankengang einzuverleiben.
Ich war wohl ein paar Minuten zu früh und setzte mich auf einen Sessel und beobachtete das Treiben in der Lobby. Ich ging davon aus, dass Stacy schon unterwegs zur Familie ihrer Freundin war und die nächste mir bekannte Person Anouk sein wird. Ich überblickte die Szenerie und ein sehr angenehmer femininer Duft lag plötzlich in meiner Nase. Unglaublich zart und irgendwie vertraut legte jemand äusserst flüchtig seine Hand auf meinen Rücken.
"Aloha, geschätzter Kollege", sprach eine weibliche Stimme.
"Hi Anouk", sprach ich und drehte mein Gesicht in die Richtung, wo die Person, zu der die entsprechende Hand gehört, stehen müsste.
Sie lächelte mich an. Die Monegassin sah unglaublich gewinnbringend aus, hatte den Stoff, aus dem Traumfrauen entspringen können, wenn sie auch charakterlich was taugen. Anouk trug ein sehr figurbetontes grünes Kleid, das fast schon ins türkis driftete und dezente Blumenmuster aufwies. Ihre Proportionen waren zauberhaft und ich fand es schön, dass sich aufgrund des eng anliegenden Stoffes ein kleiner Bauchansatz abzeichnete. Sie war schlank, hatte aber weibliche Rundungen. Och Gott, wie gern hätte ich sie abgetastet und geküsst. Aber ja. Das war wirklich das letze, was ich heute oder morgen tun sollte. Vielleicht könnte ich mich einfach mal zur Abwechslung in Selbstdisziplin üben.
Sie war prächtig, dezent geschminkt und ihr leicht pink wirkender Lippenstift setzte einen diskreten Kontrast zu ihren blauen Augen und dem Kleid. Hinter ihrem gewellten langen Haar erblickte ich Perlenohrringe, die perfekt zu ihren weissen Zähnen passten. Und der Ausschnitt und ihre darin eingepackten Brüste regten meine Fantasie in ungeheurem Masse an. Ihr Kleid verdeckte ungefähr knapp die Hälfte ihrer Oberschenkel. All diese Eindrücke erfasste ich in ein paar Millisekunden.
"Wow, du siehst bezaubernd aus", sprach ich wirklich baff. Ich nehme an, dass ich meine Begeisterung in diesem Moment nicht verbergen konnte. Sie sah wirklich betörend aus und dennoch wirkte sie nahbar und kollegial.
"Vielen Dank. Du wirkst mit Hosen auch gleich ganz anders", sprach sie neckisch gestimmt mit einem breiten Schmunzeln.
Ich sorgte mich etwas um ihre Gesundheit, da sie bei Oktobertemperaturen im Jahreszeiten unterworfenen Europa keine Jacke oder vergleichbares dabeihatte.
"Sag mal, frierst du nicht?", wollte ich von ihr wissen.
"Wer hübsch sein will, muss manchmal leiden", erhielt ich als Antwort.
"Du hast wirklich nichts dabei?", wollte ich wissen.
"Leider nichts, das zu meinem Kleid passt", fuhr Anouk fort.
"Nimm bitte was mit. Nur bis wir später in der Oper sind. Ich werde es dir auch sofort abnehmen. Versprochen", liess ich sie wissen.
"Also gut. Ich hab noch einen Blazer. Und du mein Freundchen hast deine Uniformhose vergessen. Die wollten wir doch noch in die Reinigung bringen!", fuhr sie fort. Sie war wirklich überzeugend. Wir gingen zuerst in ihr Zimmer, und sie holte sich einen ausgesprochen schönen Blazer. Ich hatte phasenweise das Gefühl, als ob sie oft meine Nähe gesucht hätte, als sie zum Beispiel ihre Zimmertür schloss. Sie lächelte mich kurz an und wir gingen zu mir. Die Nähe wirkte natürlich, nicht konstruiert oder lüstern. Wir schienen diesen engen Draht einfach so zu akzeptieren. Ich genoss es, ihr nahe zu sein.
"Hier ist sie, dieses dreckige Stück", scherzte ich, als ich ihr meine Hose wie als Trophäe entgegenstreckte.
"Schon gut, die kenne ich mittlerweile besser, als mir eigentlich lieb ist", sagte sie wie ein Kumpel.
Wir verliessen das Hotel und die schöne Frau aus dem kleinen Staat führte mich zu der Wäscherei. Es war ein wahrlich italienischer Familienbetrieb. Sogar kleine Kinder liefen im Hinterzimmer umher, die wahrscheinlich zur Tochter des Besitzers gehörten.
Anouk sprach zu meiner Überraschung ein sehr süsses Italienisch mit einem französischen Akzent. Aber er verstand sie. Sie überreichte ihm die Hose. Es war ein älterer Herr mit einem ganz zierlichen Schnauz, der wohl schon jeden Fleckentypus in seiner Berufslaufbahn erblickt hatte. Das erklärte wohl sein Grinsen, als er meine Flecken sah. Ich glaube, Anouk bekam davon glücklicherweise nicht allzu viel mit. Sie sprach lange mit den Besitzern, was mich etwas überraschte. Sie erklärte mir im Nachgang, dass sie alle Überredungskünste einsetzen musste, damit meine Hose morgen Abend bereit zum Abholen sei. Ich war ihr für ihre selbstlose Unterstützung in dieser Angelegenheit unglaublich dankbar. Wir gingen zurück zum Hotel und nahmen von dort aus den Shuttlebus in die Altstadt. Venedig, wir kommen!
Die Haltestelle war unscheinbar und weit weg von den imaginären Bildern, die wir sonst von Venedig vor Augen haben. Alles wirkte zunächst wie eine italienische Stadt, die man anderswo schon zu tausenden gesehen hatte. Nur im Gegensatz zu anderen, vielleicht auch kleineren, Städtchen waren deutlich mehr Touristen vor Ort. Zwar störte mich das nicht, aber der Andrang überraschte mich.
"Ganz schön was los", sprach Anouk ebenso überrascht. Ich legte meine Hand schützend auf ihren Rücken, um sie instinktiv vor zu viel Körperkontakt mit den anderen Touristen zu bewahren und ihr den Weg bereiten zu wollen. Als ich sie berührte und ihren angenehmen Duft in meiner Nase hatte, fühlte ich mich in meiner Entscheidung bestärkt, mich für eine gemeinsame Zeit mit dieser Frau entschieden zu haben.
"Allerdings, und wir mittendrin", ging ich auf ihre Aussage ein.
"Darf ich dir einen Vorschlag machen?", sprach die hübsche Frau und nahm einen zusammengefalteten Stadtplan, den man an jeder Touristeninformation kostenlos erhält, aus ihrem Täschchen. Sie schien etwas zu suchen.
"Klar, ich bin ganz Ohr", sprach ich im Getümmel. Ich bewegte mich ziellos mit Anouk im Schlepptau im Fluss der Menschenmassen.
"Ich würde gern mit dir an den äussersten Punkt für heute gehen und mich dann Richtung Markusplatz bewegen. Ich möchte mir mit dir mal die Libreria Aqua Alta anschauen. Das ist eine besonders spannende Buchhandlung, die mit Hochwasser zu kämpfen hat. Soll sehr einzigartig sein. Es gibt Leute, die sagen, es sei die schönste der Welt", fuhr sie fort. Ich liebte ihren Vorschlag.
"Eine tolle Idee", sprach ich begeistert.
"Super. Danke. Vielleicht finden wir dann auf dem Rückweg ein nettes kleines Restaurant", fuhr sie fort. Ihre Vorschläge waren mit meinen Vorstellungen unglaublich kompatibel. Vielleicht wäre ich einfach nur durch die Gassen geschlendert, planlos. Doch ich mochte ihre Zielstrebigkeit, als ob sie die zur Verfügung stehende Zeit bestmöglich nutzen wollte.
"Klingt vielversprechend", fuhr ich fort und schaute sie an. Anouk hielt ihre linke Hand vor den Bauch. Ich empfand ihre Hände als unglaublich schön. Ihre Finger passten ausgesprochen gut zur Hand und ihre Nägel waren naturfarben, aber gepflegt. Dass mich sogar ihre Hand bezirzte, war ein eindeutiges Zeichen, dass ich vor mir auf der Hut sein muss. Ich darf nicht schwach werden. Wir sprachen über sehr viel Belangloses, das aber gute Laune machte. Wohin uns zum Beispiel die letzten Flüge geführt haben. Was wir an unserem Arbeitgeber und an Dubai mögen und ganz vieles mehr. Wir lachten viel und ich blickte vermehrt in ihre Augen. Phasenweise fühlte sich unser Umgang zutiefst freundschaftlich an.
"Oh Mann, das Kleid sass schon mal besser", sprach Anouk, als ihre Hand erneut über ihren Bauch glitt. Erst jetzt realisierte ich, dass sie ihn vielleicht zu kaschieren versuchte. Das war natürlich völlig unnötig, eine Flause, die nur in ihrem Kopf existierte. Ich hätte ihren Bauch am liebsten gestreichelt, sie umarmt, um ihn an meinem zu spüren. Ich drehte meinen Körper so zu ihr, dass sie kurz stoppen musste.
"Anouk, du siehst umwerfend aus. Nichts an dir wirkt so, als ob es früher mal besser war", rutschte mir raus. Der leichte Ansatz hatte etwas Einladendes. Ich wollte, dass sie weiss, dass sie wahrlich bezaubernd hübsch ist und sich nicht im Geringsten für etwas an ihrem Körper zu schämen braucht.
"Das ist lieb. Aber ich war wirklich schon besser in Form", fuhr sie fort und ich schaute ihr ernst und zugleich tief in die Augen.
"Das kann ich auch über mich sagen. Aber du darfst mehr als zufrieden mit dir sein. Ich fände es schade, wenn du es nicht wärst", verliess meine Lippen.
"Danke", sagte sie peinlich berührt und wirkte in diesem Augenblick schüchtern. Plötzlich bereute ich meine hemmungslose Offenheit. Bin ich gerade mit der Tür ins Haus gefallen? Hatte ihre Aussage nicht die Tragweite, die ich ihr beigemessen hatte? Habe ich mich verraten, dass ich mich in sie verkuckt habe?
Auf dem Weg zu der von ihr vorgeschlagenen Buchhandlung verwandelte sich Venedig immer mehr in die charmante Stadt, die ich aus einem alten Indiana Jones Film kannte. Ich musste kurz beim Gedanken daran an Stacys Filmzitat vor dem Abflug denken und grinste in mich hinein. War ihre Referenz heute Vormittag vielleicht eine Anspielung auf Venedig und ich habe es einfach nicht gerafft oder doch nur purer Zufall?
Die Stadt war ein Traum und noch traumhafter war die Tatsache, dass Anouk und ich Nähe suchten. Wenn immer ich zu ihr sprach, lief sie langsamer und hielt mir ihr Ohr nahe an meinem Mund oder wenn sie ihre Stimme an mich richtete, blickte ich zu ihr und nährte mich mit meinem Haupt ihrem Gesicht. Durch diese Nähe wurde mir ihr Körperduft, mit einer leichten Parfümnote, schnell vertraut. Zu kostbar war jedes gesprochene Wort. Wir waren nur noch am Lächeln und teilten ganz viele Eindrücke über die ehemalige Handelsstadt.
Nachdem wir eine der zahlreichen Brücken beinahe überquert hatten, hielt mich Anouk plötzlich an der Hand und wir blieben inmitten dieser schönen Szenerie stehen. "Schau mal. Hier ist ein Schild mit dem Namen 'Libreria Acqua Alta', aber ich verstehe das nicht. Wir müssten ganz in der Nähe sein", sprach die Frau aus Monaco. Ich genoss es, ihre Hand an meiner zu spüren und musste mich bewusst dagegen entscheiden, ihren Handrücken mit meinem Daumen zu streicheln. Ich glaube, wir hielten uns länger, als es eigentlich nötig gewesen wäre, obwohl es nur Sekunden und nicht Minuten waren. Offen gesagt war es mir in diesem Moment völlig egal, wie lange wir noch die Buchhandlung suchen müssen, solange ich die Zeit mit der charmanten Frau aus Monaco verbringen darf.
"Schau mal, wie schön", sprach ich. Die Aussicht auf den Kanal, die Brücken sowie die Fassaden war traumhaft.
"Ja, ich möchte für immer hier bleiben. Venedig ist wirklich wunderschön", bestätigte Anouk. Wir liefen von der Brücke dem Strässchen entlang, und kamen an einen netten und belebten Platz.
"Das ist aber nicht die Piazza San Marco, oder?", wollte ich von der zielstrebigen Frau wissen. Es konnte meiner Meinung nach nicht sein, dass wir so weit an der Buchhandlung vorbeispaziert sind. Sie schaute umher und lachte.
"Ich hoffe, du navigierst in der Luft besser wie hier", spottete sie leicht. Ich hielt es für unnötig zu erwähnen, dass ich sie den Buchladen suchen liess und mich lediglich ihrer Gesellschaft erfreute. Ich blieb still. "Mist, wir sind zu weit. Das ist der Platz "Campo Santa Maria Formosa". Wir müssen wieder zurück", fuhr sie minimal genervt fort.
"Gelato?", fragte ich sie, nachdem ich einige Cafés erblickt hatte und zeigte mit dem Finger auf einen Eisstand am anderen Ende unseres Standorts. Sie nickte mit einem Grinsen und ich führte sie zu dem Lokal, das vertrauenswürdig aussah. Wir tranken ein ziemlich teueres Sprudelwasser und mein Fräulein entschied sich für Passionsfrucht, während ich eine Kugel Schokoladeneis schlemmte. Sie wirkte trotz der ungeplanten Pause zufrieden. Es war für Oktober erstaunlich warm und sonnig. Ich genoss den Moment.
"Sag mal, wohnst du allein in Dubai?", eröffnete Anouk leicht verkrampft das Tischgespräch.
"Ja, ich bin allein. Irgendwie scheine ich der einzige Pilot im Gebäude zu sein", fuhr ich fort.
"Nein, ich meine mit einer Freundin", wurde sie konkreter.
"Nein, ich bin Single", erzählte ich und sah ein ganz dezentes Lächeln der Erleichterung, was mich erfreute, aber nachdenklich stimmte. Je näher wir uns kamen, desto wichtiger wurde sie für mich und ich wollte sie vor mir selbst beschützen. Ich fühlte mich ihrer nicht würdig. Sie war zu gut, zu rein ...
"Und du? Bist du mit jemandem zusammen?", fragte ich zurück.
"Nein, ich habe mich letztes Jahr von meinem Freund aus Monaco getrennt, weil wir uns zu wenig gesehen haben. Er musste für ein Projekt ein halbes Jahr nach Chicago und ich bin nach Dubai. Und Jacques, na ja ... er wollte in der Zeit eine offene Beziehung ... und das kam für mich absolut nicht infrage", sprach Anouk überraschend. Ich hielt ihre Entscheidung für richtig.
"Hast du gut gemacht", fuhr ich fort, nachdem ich an der Kugel geleckt hatte. Irgendwie verschlang ich mein Eis.
"Danke, mir ist Treue einfach unglaublich wichtig. So 'ne Beziehung ist doch ein Commitment, eine Verpflichtung, oder?", sprach sie etwas selbstbewusster, wie zuvor bei der vorsichtigen Frage zu meinem Beziehungsstatus. Sie wollte offenbar meine Ansichten zu diesem wichtigen Thema in Erfahrung bringen. Ich leckte noch einmal an meinem Eis. Obwohl meine Seele ihr uneingeschränkt recht gab, fühlte ich mich aufgrund meiner Biografie der letzten Monate irgendwie schuldig.
All meine Gefühle kamen augenblicklich hoch. Zum Beispiel, dass ich in nur einem Monat Sonja gleich zweimal betrogen hatte, obwohl spitzfindige Juristen das vielleicht anders sehen würden. Technisch gesehen war ich nicht mit Sonja zusammen, als ich mit Stacy damals in die Kiste gesprungen bin. Doch emotional war ich in Sonja und auch irgendwie in Stacy vernarrt. Und die Nummer mit Zsa Zsa auf dem Hotelklo war ja irgendwie eine Nachwehe des Dreiers, den sich Sonja und nicht ich gewünscht hatte. Dass so etwas ausgerechnet mir passiert, hätte ich nicht erwartet, ist aber alles andere als abwegig. Trotzdem fühlte ich mich wie ein Betrüger. In meinem äusserst bitteren Cocktail fehlte noch eine weitere Zutat. Dass ich mich neulich mit Charlotte und kurz darauf mit Olivia vergnügt sowie vor wenigen Stunden wieder Stacy vernascht habe, machten meine Gefühlswelt nicht besser. All diese Gedanken gingen in den wenigen Sekunden durch meinen Kopf. Anouks Frage stand im Raum, die ich ihr beantwortet habe, alsbald das Eis auf meiner Zunge zergangen war.
"Du hast recht. Es ist wirklich wichtig, dass beide an einem Strang ziehen und in die gleiche Richtung blicken. Eine Partnerschaft hat mit Verbindlichkeit zu tun, etwas, mit dem immer mehr Menschen Probleme haben. Ich bin ganz bei dir", sprach ich das aus, an das ich aufrichtig glaube. Insgeheim fragte ich mich, warum ich damals nach meiner Ankunft in Dubai nicht imstande war, das umzusetzen. Davor war all das rund um die Treue wie ein unerschütterliches Naturgesetzt für mich. Ich glaube, was Treue angeht, habe ich meine Lektion durch die Geschichte mit Sonja gelernt. Solange meine Frauengeschichten nacheinander und nicht miteinander ablaufen, ist das für mich konzeptionell einigermassen okay.
"Kaum zu glauben. Jetzt bin ich schon über elf Monate lang alleinstehend", sprach Anouk mit einem Lächeln, das ich nicht deuten konnte.
"Das ist wirklich kaum zu glauben. Bist du so wählerisch?", wollte ich wissen.
"Vielleicht und auch etwas kompliziert", fuhr sie mit einer sympathischen und niedlichen Art fort.
"Du bist eine Wucht. Und nochmals vielen Dank für deine unkomplizierte Hilfe heute", sagte ich und sah ein Funkeln in ihren Augen, das mich erfreute.
Wir schlenderten wenig später wieder der gleichen Gasse entlang, von der wir vorhin gekommen waren und stellten fest, dass wir am Laden vorbeigelaufen waren. Wir haben zwar etwas Zeit verloren, waren aber um wichtige Erkenntnisse reicher. So wusste ich zum Beispiel, dass Anouk auf fruchtige Eiscreme-Sorten stand und Treue das A und O ist. Als wir den Laden betraten, traf mich der Schlag. Es wirkte alles unglaublich unorganisiert, wenn nicht gar chaotisch. Etwa so, wie der billigste Second-Hand-Laden, den ich damals in Köln erblickt habe. Aber das alles wurde mit ganz viel Charme wieder wett gemacht.
"Schau, die Bücher sind wegen der Flut auf Gondeln ausgestellt. Wenn der Pegel steigt, steigen die Bücher mit dem Wasser an. Clever, oder?", sagte Anouk irgendwie mädchenhaft und grinste. Sie war von der Magie des Ortes eingenommen und streichelte mit ihrer Hand einigen Büchern entlang. Es erweckte für mich den Eindruck, als ob sie dadurch zu einem Teil der Geschichte dieses Ladens wurde und zu den Büchern eine Verbindung herstellen wollte. Und wie bereits vorhin kurz geschildert, hatte sie wunderschöne Hände. Es war eine Freude, auch ihre gut gepflegten Fingernägel so exponiert zu sehen.
Ein Mann namens Luigi sprach mich an und wollte wissen, wonach ich suche.
"Welche Sprache sprichst du?", wollte er von mir wissen.
"Englisch oder Deutsch", antwortete ich ihm gut gelaunt.
"Warum nicht Italienisch?", sprach er humoristisch und legte seine Hand väterlich auf meine Schulter und setzte zu einer Bewegung an. "Komm mit, mein Junge. Und was liest du gerne?", fragte mich der ältere Herr plötzlich in meiner Landessprache.
"Geschichte, Politik und Wissenschaft. So in die Richtung", sprach ich.
"Kennst du Noam Chomsky? Der könnte dir gefallen", fuhr der Italiener fort und lotste mich in einen gewissen Bereich, etwas weiter weg von Anouk. Er griff in einen Stapel und "le voila", hier war das Buch, welches er mir zeigen wollte. Hybris von Chomsky stand in grossen Buchstaben auf dem Einband. Darunter ein Foto einer Interkontinentalrakete. Ich blätterte darin und fand ganz okay mal was zu lesen, das mein Weltbild infrage stellt. Es gab ein paar spannende Bücher, aber ich blieb dem Buch des Linguisten und Politkritikers Chomsky treu. Ich sah, wie ein anderer Mitarbeiter sich zu Anouk bewegte und sie wahrscheinlich fragte, ob er ihr helfen könne. Sie schüttelte den Kopf mit einem aufgelegten Lächeln und ich glaubte ihren Lippen ein "No, thank you" entnommen zu haben.
So wie ich Anouk in ihrem grünen Kleid aus einer gewissen Distanz von der Seite hab stehen sehen, war es um mich geschehen. Ich glaube, ich habe mich in diesem Moment in sie verliebt und spürte einen Knoten in meinem Magen. Es fühlte sich an, als ob ich in einem Zuckerloch wäre. Sie sah zum Anbeissen und unglaublich charmant aus, so wie sie ihren Körper unwissentlich in Pose gerückt hatte und in das von ihr ausgewählte Buch blickte. Sie schien darin zu lesen, als ob sie den Schreibstil und Informationsgehalt prüfen würde. Anouk wirkte konzentriert.
Nicht der Bücherladen, sondern meiner einst war geflutet. Nicht mit Wasser, sondern mit Gefühlen für dieses traumhafte Mädchen. Für den Mensch, der sie ist und der für mich da war, als gewisse Sachen auf dem Hinflug sprichwörtlich in die Hose gingen. Ich musste zu ihr. Ich war fest entschlossen, wieder in ihre Nähe zu gelangen und ging direkt auf sie zu. Sie blickte von ihrem Buch auf und schaute mir freundlich lächelnd ins Gesicht. Noch während ich auf sie zulief, streckte ich bei den letzten Schritten diskret meinen rechten Arm aus. Meine Handinnenfläche streichelte sachte ihrer Backe entlang, während mein Daumen kurz vor ihrem Ohr zu stehen kam und meine Fingerspitzen zärtlich ihren Nacken berührten. Ich küsste sie. All das vorhin Beschriebene dauerte weniger als zwei oder drei Sekunden. Sie wehrte sich nicht. Oh Gott, ich küsste sie tatsächlich und liess meinem Impuls freien Lauf. Meine Lippen liebkosten jene von Anouk und meine linke Hand glitt nun langsam bis zu den Schultern hoch und von dort aus setze ich zu einer Umarmung an und drückte unsere Körper zärtlich zusammen.
Ihre linke Hand fiel kraftlos mit ihrem Buch in der Hand der Schwerkraft zum Opfer. Ihre rechte Hand wanderte an meinen Hinterkopf und ich spürte zeitgleich, wie sich ihr schöner Bauch endlich an meinem entlang schmiegte und ihre Zunge Einlass begehrte. Es war just in diesem Augenblick der wohl schönste Moment in meinem Leben. Es stimmte einfach alles.
Als sich unsere Lippen kurz lösten, schaute ich ihr tief in ihre wunderschönen Augen.
"Danke, dass du mich hierher gebracht hast", flüsterte ich.
"Gar kein Problem", hauchte sie mir wie betrunken und völlig überwältigt vom Moment zärtlich zu. Ihre Augen waren noch immer geschlossen. Ich küsste sie nochmals flüchtig und doch so gefühlvoll, wie es meine durch Gier getrübten Sinne zuliessen.
Als wir uns sanft aus der Umarmung lösten, war mir meine Aktion peinlich. Ich hoffte, dass sie es mir nicht ansehen konnte.
"Entschuldige, dass ich dich gerade so abrupt aus dem Buch gerissen habe", sagte ich.
"Aber nein. Alles gut", sprach sie unglaublich sanftmütig. Spätestens jetzt hätte ich mich ein weiteres Mal in die Frau aus Monaco verlieben müssen. Mir kam in den Sinn, dass ich bei der schönen Umarmung, in welcher sie fast ohne jegliche Körperspannung in meinen Armen versunken war, ihre weichen und doch prallen Brüste spüren konnte. Sie fühlten sich überraschend präsent an. Es war zwar völlig irrelevant und ich erinnerte mich an die Aussage, dass das Ganze mehr als nur die Summe seiner Teile ist. Doch Anouk war ein traumhaftes Paket, das keine Wünsche offen liess.
Diese entzückende Frau aus Monaco stand zu meiner Überraschung plötzlich wie bestellt und nicht abgeholt vor mir. Sie warf nochmals einen flüchtigen Blick ins Buch, schüttelte plötzlich perplex ihren Kopf, klappte das Buch mit einer hastigen Bewegung zu und blickte zu mir.
"Weisst du was, ich nehme dieses Buch einfach", sagte sie zufrieden lächelnd, gab mir einen Kuss auf die Backe und lief an mir vorbei, direkt an die Kasse zu Luigi. Er schien uns beobachtet zu haben, da er sich ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Charmant kassierte er das Geld ein und riet uns, seinen Aussichtspunkt mit Blick auf den Kanal anzuschauen. Wir begaben uns nach einigen Fotos in einem liebevoll mit Büchern dekorierten Innenhof auf eine Treppe, die komplett aus Büchern konstruiert wurde. Der Ausblick war nett, aber ich war zwei Stufen hinter Anouk und meine Hand führte sie am Rücken entlang zum höchsten Punkt und glitt von dort situativ bedingt und ohne hinterhältige Gedanken versehentlich kurz zu ihrem Allerwertesten. Dies schien glücklicherweise niemanden zu stören. Und trotzdem blieb ich keine Sekunde mit meinen Fingern an jenem Ort. Mir war das peinlich.
Ich bezahlte danach noch meinen Chomsky. Ohne dieses Buch hätte ich vielleicht Anouk nie geküsst. Sie sah von jener Seite des Ladens einfach zu verführerisch aus, um untätig zu bleiben. In einer Gasse auf dem Weg zum "Teatro la Fenice" entdeckten wir ein schnuckliges, kleines Restaurant, das auch ein paar kleine Tischchen draussen stehen hatte. Es war für uns beide das richtige Lokal, um nicht hungrig in die Opernvorführung zu gehen und uns noch besser kennenlernen zu können.
"Nehmen wir noch einen kleinen Aperitif?", wollte Anouk wissen, während sie die Getränkekarte studierte.
"Warum nicht, ich nehme einen Martini Bianco", entgegnete ich.
"Dann nehme ich einen Veneziano", sagte Anouk. Eine Minute später bestellten wir die Getränke bei einem charmanten älteren Herrn und schon kurz danach nahmen wir die Drinks in Empfang.
"Haha, dein Getränk sieht aus wie Aperol Spritz", erklärte ich Anouk.
"Vielleicht liegt es auch daran, dass es Aperol Spritz ist", sagte die monegassische Brünette. Ich war zufrieden, mit ihr allein und nicht mit der Crew unterwegs zu sein. Ich fühlte mich wie ein Landei, als sie mir erklärte, dass es wirklich ein und dasselbe Getränk sei. Ich erhob mein Glass und stiess auf ihr wohl an.
Es war ein schöner Anblick, wie sie ihr durch Kälte beschlagenes Glas elegant in ihren Händen hielt. Ich fragte mich, ob dieses Bildnis ihrem Naturell entspricht, oder ob sie sich ausnahmsweise für mich etwas in Pose gerückt hatte. Ich konnte meinen Blick nicht von ihr abwenden und versuchte meine momentane Unfähigkeit mit einem Lächeln zu kaschieren. Sie lächelte mich kurz an.
"Auf deine Hosen", prostete sie mir überraschend zu und stiess ein glucksendes Lachen aus.
"Auf dich und deine Hilfsbereitschaft", sagte ich und wir liessen nun unsere Gläser erklingen. Wir nippten an unseren Drinks, die Blicke hafteten flirtend am Gegenüber.
"Wir sollten uns entscheiden. Er kommt bestimmt gleich wieder", machte mich Anouk darauf aufmerksam, ein Gericht auszuwählen.
"Nimmst du eine Vorspeise?", wollte ich von ihr wissen.
"Sollen wir uns eine kleine Antipasti-Platte teilen? Die hier klingt überzeugend", sprach die Frau aus Monaco und zeigte mit dem Finger darauf.
"Ja komm, lass es uns tun", antwortete ich und erntete einen netten Blick. Ich entschied mich für eine Art Spaghetti aglio e olio mit Garnelen zum Hauptgang, während sich Anouk für einen Teller mit verschiedensten Meeresfrüchten entschied.
Bei der Vorspeise traf mich der Schlag. Sie war riesengross und hätte mir allein schon gereicht. Von sonnengetrockneten Tomaten, Oliven, Salami und Schinken, Bruschetto, Grissini und Parmesan. Vielleicht war der Anblick schöner als die Auflistung aller Bestandteile. Der Vollständigkeitshalber muss noch erwähnt werden, dass selbst die Tomaten-Mozzarella-Spiesse dank dem Basilikumblatt in den Nationalfarben für ein unglaublich italienisches Flair sorgten. Schön, durfte ich das mit Anouk geniessen, die mich ebenso fragend mit beigemischter Begeisterung anblickte. Ich wollte von der jungen und zugleich attraktiven Kellnerin wissen, ob das wirklich nur eine Vorspeise ist.
"Wir sind in Italien. Hier wird Gastfreundschaft noch grossgeschrieben", antwortete die Bedienung charmant und etwas lieblich kess zugleich. Sie entschuldigte sich und kehrte kurz darauf mit einem Kerzchen zurück und zündete es an, als ob sie den Rest dem heutigen Abend überlassen wollte. Zu allem Kitsch schallte plötzlich "La Piu Bella Del Mondo" von Marino Marini aus dem Lokal in die Gasse. Anouk grinste als Reaktion darauf breit und ich konnte mein Schmunzeln auch nicht verbergen. Die beiden, die uns bedient hatten, schauten verspielt zu uns und winkten. Sie waren wohl der Grund, warum der Song vielleicht unseretwegen erklang.
Nachdem ich es heute mit Stacy getrieben hatte und den Flieger ohne Hose landen musste, fiel der Druck an diesem Tisch ab. Ich konnte mich fallen lassen und schaute die zauberhafte Frau vor mir eingehend an. Sie war perfekt, all das, was ich mir an einer Frau wünschen würde und sogar in meinem Alter. Ich spürte an meiner Schuhspitze eine leichte Druckstelle, die sich später aber nur als das Tischbein entpuppte. Wie sehr wünschte ich mir, dass es ihr Fuss gewesen wäre.
Der Hauptgang war mindestens genauso lecker wie die Vorspeise, die uns aber schon reichlich Stauraum in unseren Bäuchen abgeschöpft hatte. Wir assen nicht aus Hunger, sondern weil es so lecker war. Ich fand es schön zu beobachten, dass wir immer gelächelt haben, wenn der andere sprach. Ihre Aussagen hatten Gewicht, waren von Bedeutung.
Ich war froh, dass sich Anouk einladen liess. Na ja. Genau genommen habe ich die Rechnung beglichen, als sie kurz auf der Toilette verschwunden war. Sie bedankte sich herzlich und hatte offenbar nicht ein Problem damit, wie Charlotte damals in Dubai Marina. Irgendwie war der Aufenthalt hier in Venedig magisch und es passte einfach alles.
Wir liefen eng nebeneinander durch die schmalen Gassen Venedigs, ohne Händchen zu halten. So marschierten wir unaufhaltsam einer Vertrautheit entgegen, deren Geschwindigkeit mich überraschte. Je näher wir uns kamen, desto mehr wollte ich sie aber auch vor mir schützen.
Trotz meines Kusses hatte ich nicht das Gefühl, als ob ich mit ihr zusammen wäre, sondern Teil einer Magie zu sein, die sich erst zu entfalten begann. Die anbrechende Dämmerung verlieh dem Abend einen besonderen Reiz. Ich wollte sie spüren, Anouks Wesen in ihrer Gänze erfassen und sie keinesfalls heute entweihen. Sie war mir zu kostbar.
Plötzlich tauchte sie aus einer Seitengasse auf, die Piazza San Marco. Ich war überwältigt und sog die Stimmung in mich auf. Urplötzlich spürte ich, wie die monegassische Traumfrau unschuldig nach meiner Hand griff. Sie wollte wohl auf Nummer Sicher gehen, damit sie mich nicht in den Menschenmassen verliert. Anouks Hand war warm und die junge Frau lief unglaublich zielstrebig Richtung "La Fenice". Ihr Körper bewegte sich in ihrem reizenden Kleid auf eine erotische Art und Weise, wie ich sie noch nie erlabt habe. Als ob sich ihre femininen Rundungen in Zeitlupe bewegen würden. Sie hielt meine Hand spürbar, doch auch irgendwie flüchtig, sodass ich sie auch hätte entreissen können. Doch das wollte ich keineswegs. Ich verkeilte meine Finger fest in ihrer Hand und drückte zu. Anouk lief ein paar Schritte vor mir und drehte ihren Kopf kurz in meine Richtung zurück und schaute mich bestätigend und gerührt an.
Ich sah, wie wir uns zackig einem prunkvollen, aber dennoch unscheinbaren Gebäude näherten. Wir hatten unser Ziel wohl erreicht. Der Eingangsbereich wirkte mit dem leicht pinkfarbenen Marmor klar und aufgeräumt, doch die Kassen mit irgendwelchen sperrigen Bildschirmen irgendwie funktional. Anouk zückte ihr Täschchen und es kam eine alt wirkende Geldbörse zum Vorschein.
Ich nervte mich kurz, weil mich Anouk offenbar eingeladen hat, da ich zuvor das Abendessen berappt habe. Sie schnappte sich die beiden Karten, griff erneut nach meiner Hand und führte mich ruckartig zu einer Treppe. Ich war von ihrer schwungvollen Art positiv überwältigt, denn bei mir setzte langsam die Müdigkeit des Tages ein. Aber dass mich die wunderschöne Frau Händchen haltend durch die Oper schleifte, berührte meine Seele, so als ob wir durch Berührung verbunden sein wollten. Täuschte ich mich? Waren wir doch zusammen? Die Grenzen verwischten. Sie liess meine Hand nicht mehr los.
Nun betraten wir die heilige Stätte, den Hauptsaal. Dieser war unglaublich beeindruckend und zog uns in seinen Bann. Ob der Saal gross oder klein war, vermochte ich nicht zu entscheiden. Aber diese Wände haben unzählige Künstler beherbergt, epochale Geschichte geschrieben. Und jetzt war ich da, zusammen mit einer unbekannten Frau, der ich um alles in der Welt nahe sein wollte. Wir erblickten unsere Sitzreihe und kletterten fast über die bereits anwesenden Besucher. Als wir vor unseren Plätzen standen, blickten wir ein weiteres Mal im Raum umher, bis sich unsere Blicke trafen.
Das La Fenice erblasste angesichts der Schönheit dieser Frau. Ich schaute in ihre zauberhaften Augen, und erblickte dort das Türkis von durch Eisbergen verzierten Polargewässer. Ich konnte mich nicht entscheiden, ob sie auch ins blau drifteten oder einem hellen Grauton unterlagen. Jedoch gehörten sie in diesem Moment zum Schönsten, was ich je erblickt hatte. Wir nahmen zeitgleich platz und Anouk beugte sich langsam zu mir vor.
Ich wusste, was passiert. Wusste, dass ich wie in Zeitlupe meine Augen schliesse, um ihren Kuss mit all meinen Sinnen in Empfang zu nehmen. Ihr Duft erreichte mich zusammen mit ihrer Körperwärme noch vor ihren zarten Lippen, bevor mein Mund ihr hübsches Gesicht so sanft wie ein Puffer bremste. Ich küsste sie zurück und ihr Duft sowie die leicht bittere Note ihres Lippenstiftes machten mich wahnsinnig. Ich drückte ihr meinen Kopf noch fester entgegen und intensivierte den Kuss. Ihre Zunge suchte als Antwort auf mein Verlangen einen Weg in mich und benetzte zärtlich meine Lippen, die ich für Anouk öffnete, um ihr Einlass zu gewähren.
Am liebsten hätte ich nie wieder aufgehört, doch dieser Kuss fand viel zu schnell ein Ende. Sie lächelte mich wie von Magie betrunken an und ich schaute sie wohl wie ein Weltwunder an, das sich vor mir aus dem Nichts aufgebaut hatte. Wir beide atmeten schwer. Ich wollte ihr so viel sagen, brachte aber kein Wort aus mir. Sie kam wieder zur Besinnung und drehte ihren Oberkörper von mir Richtung Bühne fort, als ob sie diesen intimen Moment unterbinden müsste, um nicht komplett verrückt zu werden.
Mein Herz raste. Wie gerne hätte ich sie wieder geküsst, sie umarmt oder wäre wie ein Wolf über sie hergefallen. Aber ich war in der Oper und habe mir geschworen, jetzt nichtsdergleichen zu tun. Mein Herz raste selbst Minuten später wie wild, sogar mein Kehlkopf zuckte und mein Hals war trocken. Ich sehnte mich nach ihrem Speichel, der imstande wäre, meine Schleimhäute mit Feuchtigkeit zu benetzen. Doch das liess sich in diesem Moment nicht einfordern. Unsere Hände trafen sich ein weiteres Mal und verkeilten sich. Ich konnte spüren, wie ihrer Hand allmählich Wärme entwich und wie aus dem Nichts eine feuchte Kälte die Oberhand gewann.
Es wurde dunkel und die Scheinwerfer beleuchteten den Vorhang. Ich konnte nicht anders. Ich näherte mich ihr und Anouk streckte mir unschuldig ihr linkes Ohr entgegen.
"Ich will bei dir sein. Nicht von deiner Seite weichen. Anouk ...", sprach ich. Konnte die Worte meines Herzens nicht bis zum Ende offen aussprechen. Ich wollte nicht wie ein Idiot dastehen und ihr sagen, dass ich mich in sie verliebt habe. Ich wollte mir nicht diese Blösse geben, auch wenn alle Zeichen dafür sprachen und auf Gegenseitigkeit deuteten. All das hätte nach ihrem Namen folgen müssen. Als ob sie es doch verstanden hätte, richtete sie ihren Kopf auf mich aus und ihre Stirn berührte ganz sachte meine. Ich spürte ihren schweren Atem auf meiner Oberlippe und sie küsste mich wärmend und liebevoll. Eine Gänsehaut durchpflügte meinen Körper. Als ob sie mir mit diesem Kuss ihre Liebe gestanden hätte. Wir blickten nun Händchen haltend nach vorn, der Vorhang öffnete sich. Applaus. Die "Sinfonia" erklang.
Die Melodie begann sanft und fragil, bis sie plötzlich an Kraft gewann. Ich fühlte mich klein, unbedeutend und war von der Magie des Moments überwältigt. Genau so ging es mir mit meinen Gefühlen für Anouk. Sie schaute konzentriert auf die Bühne und beobachtete präzise die Bewegungen des Orchesters. Als ob sie jeden Musiker einzeln musterte. Sie hatte Anspruch im Blick, als ob sie sich nicht mit dem Erstbesten zufriedengeben würde.
Die Atmosphäre war für einen Banausen wie mich beeindruckend. Nachdem die Sinfonia zu einem Ende gekommen war, Applaus. Ein prüfender Blick zu Anouk verriet, dass dies wohl aussergewöhnlich war.
Ich machte mir nie etwas aus Opern oder einem Theater. Ironischerweise verpasste mir Magda einen Flug zuvor einen Crash-Kurs, was Opern anbelangte. Mit der Polin wirkte das Thema aber verkrampft, irgendwie forciert und nicht ganz nach meinem. Und jetzt fügte sich alles wie von selbst und Anouk war der Grund. Die Magie des Augenblicks schlug mit aller Kraft zu.
Ich fand das alles unglaublich beeindruckend und wollte nach der Vorstellung noch mit der schönen Frau aus Monaco einen Prosecco trinken. Doch plötzlich setzte bei mir wieder eine überrollende Erschöpfung ein. Manchmal kumuliert sich die Müdigkeit des Tages mitsamt der Zeitverschiebung mit dem fehlenden Schlaf der Vortage und Wochen. In solchen Momenten fällt es mir schwer, die Augen offenzuhalten und ich muss meist relativ schnell ins Bett.
Trotz all der schönen Eindrücke und der beeindruckenden Kulisse musste ich unglaublich kämpfen, dass mir die Augen nicht zufallen und Anouk sich für mich schämen muss. Als mein Kampf um geistige Präsenz in die letzte Runde zu gehen schien, sah ich auch Anouk kämpfen, die mädchenhaft, aber äusserst diskret gähnte und ihren Kopf sanft an meine Schulter legte. Die Dunkelheit machte uns zu schaffen.
Plötzlich weckte mich tosender Applaus. Auch Anouk hob mit einem überraschten Gesichtsausdruck ihren Kopf von meiner Schulter und schaute mich verschmitzt lächelnd an. Sie war wohl auch eingenickt, als uns unsere seitlich aneinander geschmiegten Körper ein wohliges Gefühl schenkten.
Doch mein müdes Zombiedasein war mit dem Powernap keineswegs getilgt. Ich hätte noch Stunden weiterschlafen können. Das zumindest signalisierte mein Körper. Doch mein Geist hielt ihn fortan wach und ich machte zusammen mit Anouk beim Klatschkonzert mit. Ihr Blick blieb auf der Bühne, während ich schüchtern zu ihr blickte. Das Licht ging an.
"Und? Wie lautet dein Urteil?", wollte ich von der Monegassin wissen.
"Gut und doch etwas unerwartet", hörte ich sie sagen. "Ich bin schon davon ausgegangen, dass ich es bis zum Schluss aushalte", fuhr sie fort. Ich realisierte, dass mir wohl der Nacken aufgrund der vorherigen Kopfstellung etwas weh tat. Mit Kreisbewegungen wollte ich dem Schmerz entgegenwirken.
"Holen wir das nächste Mal nach, oder?", sprach ich mit einer leicht übertriebenen Selbstverständlichkeit, die Anouk ein Lächeln aufs Gesicht zauberte. Nun standen auch unsere Sitznachbarn auf. Wir taten es ihnen gleich. Offenbar nutzten viele Gäste die Chance, sich mit anderen Besuchern bei einem Getränk auszutauschen. Doch Anouk und ich waren zu müde. Ich wollte ihr wenigstens die Möglichkeit bieten, doch sie lehnte mit einem zuckersüssen Lächeln und müden, aber glücklichen Augen ab.
"Wir haben noch einen langen Heimweg vor uns", sprach die Brünette.
"Ich weiss. Glaube, beim Shuttlebus ist unser Hotel die Endstation, oder?", wollte ich wissen.
"Ich denke. Dann können wir etwas ins Traumland abdriften, wenn uns das Bussle in den Schlaf wippt", sagte sie gähnend mit der Hand vor dem Mund.
"Wollen wir?", thematisierte ich den bevorstehenden Aufbruch.
"Lass uns gehen", sprach Anouk und reichte mir die Hand. Ich freute mich, draussen die kalte Luft einzuatmen und auf meiner Haut zu spüren. Ihre Hand schenkte mir eine angenehme Wärme und kompensierte etwas die Müdigkeit und den langen Rückweg bis zum Bus.
Nachdem wir das La Fenice nach einer Weile hinter uns gelassen hatten, blickte ich ein letztes Mal flüchtig auf den beeindruckenden Markusdom, bevor wir den grossen Platz zugunsten einer weiteren schmalen Gasse verliessen. Ich war von den Eindrücken des Tages beflügelt und hatte wie aus dem Nichts das beschwingende Gefühl, mit meiner neuen Freundin unterwegs zu sein. Alles wirkte so surreal. Gestern noch war ich allein in der modernen Wüste und schleiche jetzt zusammen mit einem zauberhaften Wesen verspielten und märchenhaften Fassaden aus Gotik und Renaissance entlang. Sterne hingen wie ein Tuch mit schöpferischer Kraft über der Stadt. Die Magie des Augenblicks schien sich auch außerhalb des La Fenice zu entfalten.
Als ob es in einem Drehbuch stehen würde, stoppte mich Anouk etwas überraschend und küsste mich.
"Schatz, tut mir leid. Es ist mir so peinlich, aber ich schaffe es nicht mehr zurück in unser Hotel. Möchte nur noch in ein Bett und schlafen. Gott, was denkst du jetzt bloss von einer Diva wie mir!?", sagte sie peinlich berührt. Obwohl es dunkel war, konnte ich wahrnehmen, wie sie errötete. Ihre Reaktion war rational betrachtet übertrieben, da es mir genau so ging, wie ihr. Der Shuttlebus war für mich aufgrund der Müdigkeit ebenso unerreichbar weit weg, wie der Andromeda-Nebel. Ich war gewillt zu improvisieren, die Aneinanderreihung von unvergesslichen Zufällen des heutigen Tages fortzuführen. Ich fragte mich, ob die Frau von Crew Control jemals hätte erahnen können, was für eine Freude sie mir mit dieser unvorhergesehenen Einsatzänderung beschert hatte.
"Wir finden eine Lösung, Liebling", sprach ich, um ihr Hoffnung zu geben und ihre Reaktion auf einen Kosenamen zu testen. Sie akzeptierte ihn in diesem Moment. All meine Zärtlichkeit legte ich in den darauffolgenden Kuss, der meinen Körper elektrisierte. Wir begannen uns nach einer kurzen Pause wieder zu bewegen.
Keine drei Minuten später erblickte ich die Fassade eines netten Hotels. Der Eingang war geschlossen, sodass ich klingelte. Wir hörten hinter der Tür nach einer Weile einige Bewegungsmuster, die an Dynamik zulegten. So, als ob ein Senior an einem Fernsehabend von einem ungebetenen Besuch überrascht worden wäre.
Ein älterer weisshaariger Mann mit Bart öffnete die Tür. Er war überrascht, kaschierte dies aber mit einer einstudierten Freundlichkeit.
"Guten Abend, Signore", begann er das Gespräch.
"Guten Abend. Bitte entschuldigen Sie die Störung zu solch später Stunde", entschuldigte ich mich.
"Ach, Sie stören keineswegs. Wie kann ich ihnen helfen?", sprach der Mann mit einer Aufrichtigkeit, die mich überraschte.
"Meine Freundin und ich haben die Nabucco-Vorstellung angeschaut. Jetzt sind wir aber so müde, dass wir es nicht mehr bis zu unserem Hotel am Flughafen schaffen", sagte ich. Dem netten Mann entwich ein flüchtiges Grinsen. Ich wollte die Zweideutigkeit, die in diesem Moment in sein Gesicht geschrieben stand, augenblicklich unterbinden. "Wir sind vom fliegenden Personal und einfach unglaublich müde", fuhr ich fort.
"Alles klar. Leider ist unser System für das Check-in auch schon müde und bereits im Schönheitsschlaf. Wir müssen das Morgenvormittag nachholen", sagte er einfühlsam, packte aber gleich einen Preis aus, den man Wucher nennen könnte. Ich konnte den Betrag glücklicherweise noch zehn Prozent nach unten drücken. Der Mann griff nach einem Handschlag als Zeichen der Übereinkunft überraschend nach einem alten physischen Zimmerschlüssel und begab sich mit uns in Richtung Zimmer "Numero ventidue". Wir verliessen die kleine Lobby, die lediglich zwei kleine Sofas mit einem Drinktischchen sowie ein kleines Café mit Blick auf die Gasse beherbergte.
Wir gelangten in einen wunderschönen und grosszügigen Innenhof, mit schwarzen Marmorböden und einem Lichthof, in dem sich jedes Stockwerk hinter Arkaden versteckte. Zudem zierten schöne Pflanzen, die einen Charakter von Zimmerpalmen aufwiesen, den Innenhof. Aber das schönste war ein alter Aufzug im Jugendstil, ummantelt von schwarzem Eisen. Noch bevor ich fragen konnte, ob dieses Juwel aus vergangenen Zeiten noch funktionsfähig ist, steuerte der Italiener darauf zu. Er schob die Gittertür zur Seite, gewährte uns Einlass und schloss sie wieder. Mit der Betätigung eines Hebels ratterte der Lift gemächlich in die Höhe. Anouk und ich waren begeistert und meinereinst fühlte sich wie ein kleiner Junge.
Das Zimmer liess uns wie der Lift im Charme des Jugendstils eintauchen. Es war der pure Kontrast zu den Hotelzimmern, in denen ich für gewöhnlich berufsbedingt übernachten muss. Das Zimmer war der krönende und einmalige Abschluss eines in vielerlei Hinsicht außergewöhnlichen Tages. Wir bedankten uns bei Signore Rampazzo für sein Entgegenkommen und das nette Zimmer - er verabschiedete sich.
"So, da wären wir jetzt", sprach Anouk zu mir und blickte ein weiteres Mal musternd im Zimmer umher. Ihr Blick stoppte, als er mich erfasste und wurde irgendwie erwartungsvoll. Ihre müden Augen funkelten und schenkten mir in diesem Moment Geborgenheit und Dankbarkeit.
"Ich hoffe, du bist zufrieden mit dem Hotel", wollte ich von ihr wissen. Sie wirkte selig. Ich hatte das Gefühl, als ob sich das Zimmer durch die Sonneneinstrahlung des Tages aufgeheizt hatte. Ich öffnete das verhältnismässig kleine Fenster, um zu lüften.
"Es ist magisch", antwortete die Monegassin äusserst zufrieden wirkend. Sie bewegte sich langsam zu mir und umarmte mich zärtlich. "Danke für all das hier", flüsterte sie in mein Ohr und küsste mich auf meine linke Backe.
Als ich sie umarmte, erfasste ich mit meinen Blicken das Queensize-Bett. Ich freute mich auf ihre Nähe, doch machten sich hinsichtlich unserer Schlafgelegenheit gemischte Gefühle breit. Ich konzentrierte mich darauf, meine Gedanken nun voll und ganz auf Anouk zu lenken. Sie war tief in meinen Armen versunken und da war es wieder, ihr bezauberndes Bäuchlein, das ich endlich wieder zu spüren bekam und mir viel über ihre Atmung verriet. Auch ihre Brüste schmiegten sich fest an mich. Es wirkte so, als ob unsere Atmung perfekt aufeinander abgestimmt war und wir gemeinsam eine entspannende Atemübung vollzogen.
Eine angenehme Wärme zusammen mit ihrem lieblichen Duft nahmen mich ein, gaben mir das Gefühl nach einer langen Reise angekommen zu sein. Ich fuhr mit meiner rechten Hand ganz achtsam in ihr Haar. Ich war sowohl aufgeregt als auch erregt und musste darauf achten, dass meine Finger nicht zu zittern begannen. Als Reaktion auf meine Bewegung, löste Anouk ihren Kopf sanft aus der Umarmung, sodass unsere Gesichter erneut Stirn an Stirn lagen und unsere Nasenspitzen sich berührten.
Wir blickten direkt in die Augen des Gegenübers. Es war Erotik pur, wie ich beinahe in ihre Seele blicken konnte und wie ihr warmer Atem langsam und rhythmisch die Nervenbahnen auf meiner Oberlippe durchpflügte. Ihre Pupillen weiteten sich und verdrängten ungehemmt einen grossen Teil ihrer Regenbogenhaut. Mein Instinkt wertete dies als Zeichen einer zügellosen Erregung, die wie ein brodelnder Topf jeden Moment auszulaufen drohte.
Das waren die Zeichen von Anouk, die ich spürte. Auch bei mir machten sich Signale bemerkbar. Ich atmete zusammen mit der zauberhaften Frau flacher, ein Schweissfilm machte sich beim Haaransatz auf meiner Stirn bemerkbar und mein Glied sendete, wie von einem kaum spürbaren elektrischen Impuls getroffen, Signale durch meinen Körper. Ich musste was tun, bevor die Situation ausser Kontrolle gerät, den Deckel zur Seite legen oder die Temperatur senken. Ich werde sie nicht entweihen, nicht heute.
"Wir sollten langsam ins Bett, damit wir morgen fit sind", verliess leise und zärtlich meine Lippen und Anouk nickte mit zusammengekniffenen Lippen bestätigend. Als sie von mir abliess, fuhr ihre flache Hand meiner Brustpartie entlang. Mein Mädchen ging ins Badezimmer und liess die Tür offen. Ich folgte ihr.
"Und, haben sie ein Zahnputzset für uns?", wollte ich von meiner Begleitung wissen.
"Leider nur eines", entgegnete Anouk verlegen, als ob sie es gewesen wäre, die das zu verantworten hätte.
"Unser Abenteuer geht weiter", scherzte ich und hüpfte mit meinen Augenbrauen.
"Ist es nur ein Abenteuer, das du möchtest?", wollte Anouk von mir zweideutig in Erfahrung bringen.
"Nein. Der ganze Tag war ein Abenteuer. Das ist das, was mir heute zugeflogen ist. Du hingegen bist wie ein Schatz, den ich gefunden habe und jetzt nie wieder hergeben möchte. Du bist kein bloßes Abenteuer für mich", schüttete ich beinahe mein Herz aus.
Anouk schaute mich gerührt an und küsste mich zärtlich. "Warte noch mit deinem Urteil, bis du mich ungeschminkt gesehen hast", entgegnete sie scherzhaft mit einem breiten Grinsen und gähnte daraufhin lieblich in ihre Handfläche. "Dürfte ich noch kurz für kleine Mädchen?", wollte sie von mir wissen, um die Toilette für sich allein zu beanspruchen. Ich gewährte ihr den Freiraum und begann unser Bett zu richten.
Ich hörte, wie plötzlich Wasser aus dem Hahn strömte und sich kurz darauf akustisch kaum vernehmbar Anouks Urinstrahl dazumischte. Ihre damit verbundenen Umtriebe waren irgendwie erfrischend süss und zauberten ein Lächeln auf mein Gesicht. Nach der Spülung hörte ich sie wenig später die Zähne putzen. Ich liess sie noch kurz allein und blickte im Zimmer umher und tauchte gedanklich in die Zeiten von Belle Epoque und Jugendstil ein und fragte mich, was diese vier Wände schon alles erlebt hatten. Mir gefiel besonders die warme Beleuchtung des Zimmers, die mich mit einem glückseligen Gefühl beseelte. Ich fühlte mich so, als ob ich in einer heilen Welt angekommen bin, für die ich Anouk dankbar bin. Ohne sie wäre ich niemals hier gewesen. Sollte ich irgendwann nochmals in diese traumhafte Stadt kommen, möchte ich genau hier wieder absteigen.
Plötzlich öffnete sich die Tür und Anouk stand im Türrahmen, ihr Blick auf mich gerichtet. Ein Träger ihres Kleides lag schon auf ihrem äusseren Oberarm auf halbmast. Den anderen Träger sah ich just in diesem Moment von ihrer rechten Schulter nach unten rutschen. Ihr Kleid, das mich schon den ganzen Tag lang fasziniert hatte, glitt mithilfe der Schwerkraft Richtung Süden. Ihr marginaler Bauchansatz, der im Kleid grösser als in Wirklichkeit erschien, verlangsamte den Fall etwas. Doch viel zu schnell stand die bezaubernd schöne Frau entblösst vor mir. Die letzte Scham wurde durch ein schwarzes Höschen bewahrt, das ihrem Becken eine wunderschöne Kontur schenkte.
Sie war bezaubernd, ihr Busen gross und wirkte an ihrem Körper überraschend leicht. Anouks Brustwarzen waren kreisrund, als ob sie mit einem Zirkel abgesteckt worden wären. Alles an ihrem Körper wirkte wie von Gotteshand erschaffen, nichts, das der Feder des Zufalls entsprungen war. Er war perfekt komponiert, eine Symphonie für die Sinne, der nicht einmal Nabucco ansatzweise das Wasser reichen konnte.
Ich stand wie bestellt und nicht abgeholt im Raum und blickte auf diese zauberhafte Frau. Und trotzdem taten sich unter mir Himmel und Hölle auf. Dieses engelsgleiche und unschuldige Wesen ist mit mir zusammen, steht halb nackt und verwundbar vor mir und ich war in Sorge, dass wir mit dem drohenden Akt die Höllenhunde unwiderruflich entfesseln.
Wie könnte ich mich diesem Unterfangen entreissen, sie dieses eine Mal mit Anstand und Würde zurückweisen? Ich entschied mich, auf sie zuzugehen. Voller Dankbarkeit lächelte ich sie an, näherte mich ihr und nahm Anouk in meine Arme. Ich küsste vorsichtig ihre linke Schulter, gefolgt von ihrer Backe, bis sich unsere Lippen zu einem zärtlichen und doch flüchtigen Kuss vereinten. Ich genoss es, ihre nackte Haut an meinen Händen und Fingern zu spüren.
"Schatz, du bist mit Abstand die schönste Frau, die ich in meinem Leben erblickt habe. Ich kann gerade keinen klaren Gedanken mehr fassen. Ich ..."
Anouk küsste mich leidenschaftlich und als sich ihre Lippen nicht einmal einen halben Millimeter von den meinigen lösten, flüsterte sie ein sündhaftes und zugleich zärtliches "Nimm mich". Ich konnte an meinen Lippen spüren, wie sie jedes Wort formte und ihr warmer Atem an meinem Mund meinen Widerstand allmählich zu brechen vermochte. Anouk wurde in diesem Augenblick in meinem Geiste zu all dem, wonach ich mich klammheimlich sehnte: Freund, Kurtisane, Ehefrau und vielleicht sogar die Mutter meiner Kinder. Sie war perfekt.
"Ich kann nicht", flüsterte ich verzweifelt zurück.
Nach einem weiteren, flüchtigen Kuss hauchte mir Anouk ein "Okay" zu, das sowohl Ausdruck von Verständnis als auch einer gewissen Enttäuschung war. Sie schob sich etwas zurück, um verdutzt in mein Gesicht zu blicken. "Hab' ich was falsch gemacht?", wollte sie wissen. Ich streichelte ihr über ihr schönes Gesicht und lächelte sie an.
"Nein, im Gegenteil. Du hast alles richtig gemacht. Im Gegensatz zu mir. Ich schäme mich für mich", entgegnete ich.
"Das mit der Hose heute muss dir wirklich nicht peinl ..."
"Es geht nicht um die Hose. Also nur indirekt. Oh Gott. Ich will ganz ehrlich zu dir sein. Vielleicht ist das eine Art Feuertaufe für unsere Beziehung", begann ich zu schwafeln und bekam ein weiteres verdutztes "Okay" von ihr zu hören.
"Egal was es ist. So schlimm kann es doch nicht sein. Du hast mir doch nichts getan. Im Gegenteil. Du beflügelst mich gerade ungemein", redete Anouk auf mich ein.
"Anouk, seit ich ihn Dubai bin, hab ich, was Frauen anbelangt, in kürzester Zeit unglaublich viel falsch gemacht", begann ich meine Ausführungen.
"Hast du jemanden betrogen?", fragte sie intuitiv.
"Schau. Als ich in Deutschland war, hatte ich lediglich drei Frauen, mit denen ich zusammen war. Und auf meinem letzten Flug bei der alten Airline habe ich eine Kollegin kennengelernt und mich in sie verknallt ..."
"Bist du mit ihr zusammen?", fragte die Monegassin trotz ihrer Müdigkeit irgendwie hellwach und etwas irritiert.
"Nein, nein, nein!", sagte ich beruhigend und griff nach ihrer Hand. Wir setzten uns aufs Bett. Anouk wirkte erleichtert.
"Als ich in Deutschland gelebt habe, verlief, was Frauen anbelangt, alles in ruhigen Bahnen. Ich war voll der Beziehungstyp. Bis ich nach Dubai kam. Seit ich hier bin, habe ich mit vielen Frauen geschlafen. Es ging schon im Flieger los, als ich ausgewandert bin. Da sass eine unglaublich nette Frau neben mir. Wir kamen uns näher und sie war dabei, als ich meine Wohnung übernommen habe und noch am selben Abend sind wir übereinander hergefallen. Und jetzt, liebe Anouk, brace for Impact! Nach ein paar anderen Abenteuern habe ich sie zufällig wieder getroffen und es ist nochmals passiert, aus dem Nichts sozusagen. Nicht als Beziehung, sondern wahrscheinlich so eine Art 'Friends with Benefits'. Das war gestern", fuhr ich fort, ohne zu sagen, dass ich von Stacy sprach. Das hätte die Sache unglaublich verkompliziert. Was, wenn die Runde machen würde, dass ein Copilot mit seiner Kommandantin schlafen würde? Anouk hätte bestimmt sofort verstanden, dass es wegen der Hose hätte im Flieger passiert sein müssen. Darum blieb ich kryptisch.
Ein ungläubiges "Wow" entfuhr der Frau vis-à-vis. Das war dicke Post und ich sah ihr an, dass meine Aussage unglaublich viele Denkprozesse in ihr ausgelöst hat.
"Und da bist jetzt du. Auf einen Schlag lichtet sich der Sturm und meine Sonne scheint wieder. Ich sehe auf einmal wieder glasklar und will mit dir zusammen sein. Dich lieben und zusammen durch dick und dünn gehen. Ich möchte dich nach all den Frauengeschichten der letzten Monate heute nicht einfach so entweihen. Es fühlt sich dir gegenüber nicht fair und richtig an, wenn ich jetzt mit dir schlafen würde. Ich möchte auf einen ganz besonderen Moment warten. Ich meine, jeder Moment mit dir war bis jetzt was Besonderes. Aber ich glaube, du weisst, was ich meine", sagte ich und griff nach der anderen Hand. Anouk nickte verlegen und ihr Gesicht signalisierte, dass es noch einige Fragen zu klären gab.
"Wie viele Frauen waren es so ungefähr?", wollte sie schüchtern wirkend von mir wissen. Ich löste eine Hand und erhob jeweils einen Finger pro Frau. Ich zählte in meinem Geiste chronologisch auf. Da waren Sonja, Stacy, Zsa Zsa, die Russin, Charlotte und Olivia. Als ich für die Tochter des Kapitäns noch meine zweite Hand entreissen musste, um auf die Zahl sechs zu kommen, realisierte ich, wie unangenehm es für Anouk gerade sein musste. Ich schämte mich und fühlte mich wie ein Macho.
"Wie lange bist du denn schon in Dubai?", erklang ihre nächste Frage.
"Seit bald fünf Monaten", wusste ich nur zu entgegnen. Ich wollte ehrlich sein. Während sich Anouk körperlich entblößt hatte, machte ich gerade einen Seelenstriptease. Wir waren im übertragenen Sinn beide nackt.
"Was soll ich sagen. Da lief wohl einiges. Aber eine Frage hab ich. Wenn wir heute Abend sagen, dass es einen Schnitt gibt und du mit mir ein neues Leben anfangen möchtest ... kannst du mir überhaupt treu sein? Ich meine, reiche ich dir? Bitte sei ehrlich", forderte Anouk Klarheit ein.
"Ja. Ich werde dir treu sein. Wenn du mir die Chance gibst. Ich will dich nicht enttäuschen. Es fühlt sich für mich wirklich falsch an, heute mit dir zu schlafen, wenn ich gestern noch mit einer anderen Frau ... du bist mir zu kostbar, Anouk. Aber ich verstehe, wenn ich verstörend auf dich wirke. Ich schäme mich für das, was die letzten Monate war", erklärte ich.
"Du musst dich nicht schämen. Im Gegenteil. Ich schätze es, dass du das alles vor unserem ersten Mal erzählt hast und nicht erst danach. Ich glaube, das hätten einige Typen so gespielt. Das hat jetzt bestimmt viel Mut erfordert. Und Ehrlichkeit ist mir in einer Beziehung ungeheuer wichtig und ich habe das Gefühl, dass du das bist", gab mir Anouk ihre Einschätzung zu meiner Person kund.
Ich fühlte mich erleichtert und dankbar. Plötzlich nahm ich Anouk wieder visuell wahr. Wie sie als Frau noch immer nackt vor mir sass. Es fühlte sich so vertraut an, keineswegs irritierend oder unnatürlich. Während ich ihr mein Herz ausgeschüttet hatte, sah ich nur ihre Person, ihr Wesen oder vielleicht auch ihre Seele. Es ist schwer, das in Worte zu fassen. Vielleicht erfasste ich sie in ihrer Gänze. Doch in diesem Moment verschob sich meine Aufmerksamkeit wieder allmählich von ihrem Geiste zu ihrem Äusseren.
"Ich sollte noch meine Zähne putzen", ging mir über die Lippen. Ich musste mich nochmals abkühlen, bevor mein Körper wegen der halb nackten Schönheit auf dem Bett in Wallung gerät.
"Ich habe die Zahnbürste mit heissem Wasser ausgewaschen, falls du sie noch nehmen möchtest", erzählte mir Anouk unglaublich liebevoll. Ich lächelte sie an, nahm ihren Kopf ganz sanft in meine Hände und küsste sie zärtlich.
"Danke. Danke für alles und dein Vertrauen. Ich werde dich nicht enttäuschen", sagte ich, nachdem ich meine Augen nach dem Kuss wieder geöffnet und ihr hübsches Gesicht erblickt hatte. Ich ging ins Badezimmer, hängte mein Hemd auf und legte meine Hose gefaltet über die Badewanne. Voller Ehrfurcht griff ich zur Zahnbürste, die Anouk vorhin benutzt hatte. Es war das erste Mal, dass ich einen so intimen Gegenstand mit jemandem geteilt habe. Ich fand es rührend, dass sie sie in weiser Voraussicht für mich ausgewaschen hatte und es erregte mich sehr, nun mit ihr meine Zähne zu putzen.
Ich spülte meinen Mund aus und setzte mich aufs Klo, um Wasser zu lassen. Plötzlich realisierte ich, dass ich nicht wie Anouk am Spülbecken das Wasser hatte laufen lassen und fragte mich, ob diese unglaublich faszinierende Frau jetzt am Schmunzeln war oder sie ihre Augen aufgrund meiner vielleicht niveaulosen Aktion verdreht hat. Nachdem ich meine Hände gewaschen hatte, machte ich mich voller Spannung auf den Weg ins Zimmer. Ich sah, dass die Brünette bereits mehrheitlich unter der Decke verschwunden war und mich spitzbübisch angrinste.
"Wieder ohne Hose? Ist wohl dein Markenzeichen", neckte mich Anouk. Ich beschleunigte meine Schritte und ging zu ihr unter die Decke.
"Oui, sans pantalon!", sprach ich mit meinem Schulfranzösisch.
"Ich bin übrigens schwer beeindruckt, dass du dich auf dem Klo hinsetzt. Mein Ex hat aus Überzeugung nur im Stehen gepinkelt", fuhr Anouk mit aufrichtiger Begeisterung fort.
"Schön, dass es mir doch noch gelungen ist, dich zu beeindrucken. Ist alles gut zwischen uns?", wollte ich noch einmal bestätigt haben.
"Ja", hauchte die Monegassin liebevoll. "Alles gut", sprach sie. Ich drehte mich zu ihr und blickte in ihr Gesicht.
"Ich bin unglaublich dankbar, dass ich dich heute kennenlernen durfte", ging über meine Lippen. Anouk gähnte ungehemmt. Noch bevor sie damit fertig war, schoss ihr eine Röte ins Gesicht.
"Tut mir so leid. Ich konnte es nicht mehr zurückhalten", rechtfertigte sich Anouk. Ich fand sie zuckersüss. "Ich hatte ein Kribbeln an meinen Fingerspitzen, als du mir heute beim Briefing zur Begrüssung die Hand geschüttelt hast. Ich wusste, dass wir uns näherkommen werden. Und als du heute mit mir in die Oper mitkommen wolltest, wusste ich, dass etwas Schönes entstehen kann", sprach Anouk.
"Wusstest du, dass es ein grosser Zufall war, dass ich heute überhaupt nach Venedig geflogen bin? Gestern hat mich Crew Control angerufen und mich über die Einsatzänderung informiert", sagte ich und musste nach dem Abschluss des Satzes ebenso gähnen wie Anouk zuvor.
"Gähnen ist ansteckend", sagte sie mit einem weiteren Gähnen begleitet. Sie umarmte mich über die Schulter und meinem Becken und kuschelte sich vorsichtig an mich heran. "Wahnsinn. Überleg mal, wenn es anders gekommen wäre. Ich bin gerade unglaublich glücklich und unendlich müde", sprach Anouk mit einem spitzbübischen Lächeln.
"Geht mir genau gleich. Lustig, ich dachte, dass ich in dir ein Kribbeln ausgelöst habe, als du im Flieger meine Beine gesehen hast", neckte ich sie. Sie lachte herzhaft.
"In dem Moment habe ich mich bestätigt gefühlt, dass dein Genpool nicht ganz so schlecht sein könnte. Vielleicht etwas tollpatschig, aber doch äusserst sympathisch", ergänzte sie charmant.
"Wow, du machst dir Gedanken über meinen Genpool, wirklich?", fragte ich verdutzt, aber auch höllisch geschmeichelt. Anouk wusste vor Verlegenheit garnicht, wohin sie schauen soll, oder welche Antwort sie aus der Ecke treiben könnte. Ich musste ihr helfen.
Mein linker Arm mauserte sich unter ihrem Rumpf entlang, bis meine Handinnenfläche ihre Hüfte zu spüren bekam. Sie verweilte an jenem Ort. Ich genoss ihre Rundung.
"Was für Musik hörst du eigentlich?", wollte ich von ihr wissen und hoffte, dass sie nicht wie Magda nur Opern hört.
"Meine Güte! Ich wollte dich in diesem Augenblick genau das Gleiche fragen", sagte Anouk erstaunt. "Momentan höre ich gerade 'Friend of the Devil' rauf und runter", fuhr sie fort. Ich war begeistert.
"Counting Crows sind auch eine unglaublich gute Band", entgegnete ich fast euphorisch.
"Ich liebe die Version von Grateful Dead. Die ist viel besser. Besonders die Live-Aufnahme Winterland Ballroom von 1970", entgegnete sie keck.
"Was habe ich mir jetzt da eingebrockt", sagte ich neckisch und bekam ein energisches "Wie bitte!?" von Anouk um die Ohren gehauen. Sie fand den Spruch wohl ganz lustig.
Ich nahm all meine Kräfte zusammen und als ich ihr erwartungsvolles Gesicht sah, ging es mit mir durch. Ich begann sie zu kitzeln. Sie stiess das schönste Glucksen aus, das ich je gehört habe und in ein herzhaftes Lachen überging. Sie wirkte überrascht und gleichermassen begeistert und zögerte keine Sekunde, um auf den Quatsch einzugehen. Wir kitzelten, wanden unsere Körper, winselten um Gnade und lachten, was das Zeug hält.
"Halt, halt! Warte schnell", stiess Anouk etwas erschöpft aus, als sie vergnügt leicht seitlich unter mir lag. Ich dachte, ich hätte was falsch gemacht und liess sofort von ihr ab. Sie stiess einen Atem der Erleichterung aus, ging im Bett auf die Knie und schmiss sich kurz darauf mit Karacho auf mich. Sie wollte offenbar nur in eine vorteilhafte Position wechseln. Ich liess die süsse Tortur über mich ergehen. Sie lag auf mir und verlagerte ihren Schwerpunkt so, dass ihr Schoss auf meiner Leiste lag. Anouk hielt meine Hände fest und schaute runter zu meinem Gesicht und atmete schwer. Sie war bezaubernd. Da sie nach vorn gelehnt war, hingen ihre zauberhaften Brüste mir entgegen und waren selbst dann in ihrer Formgebung bezaubernd schön, elektrisierend. Es erregte mich, ihre Schamlippen, die nur durch zwei dünne Schichten Stoff getrennt waren, auf meinem Glied zu spüren.
"Küss mich", hauchte ich betrunken vor Lust.
"Wehe dir, wenn du das für eine Kitzelattacke missbrauchst", entgegnete Anouk und löste ihre Finger und damit die Umklammerung meiner Hände. Als Nächstes spürte ich ihre Fingerspitzen liebevoll und ganz langsam meinem Gesicht entlang schlendern, als ob sie jeden Millimeter, den sie liebt, mit einer Berührung liebkosen möchte. Die Wirkung auf meinen Körper war so gross, wie bei einer Ganzkörpermassage, es war Wellness und Seelenbalsam zugleich. Ihr warmer Atem an meinen Lippen sowie das sich ausdehnende Bäuchlein Anouks waren die Vorboten eines wunderschönen Kusses, der ihnen folgte.
Als sie sich von meinen Lippen löste, blieben wir mit einem Speichelfilm verbunden, als ob Kapillarkräfte uns zusammenhalten würden. Ich drückte mein Gesicht ihrem entgegen, wollte nicht, dass sie sich von mir löst und verstärkte den vorherigen Kuss. Ich vollzog eine Drehung und lag auf Anouk, die mich mit ihren Beinen spontan umklammerte. Die Kraft im Universum, die uns an jenem Abend nicht hat miteinander schlafen lassen, war dünner als die Haut eines Präservativs, kleiner als die kleinsten Gefässe eines Körpers. Doch sie hielt stand.
Als sie so unter mir lag, baute sich mein Penis, der direkt auf der Höhe ihrer Vulva lag, dummerweise zu seiner ganzen Grösse auf. Ihr entglitt ein zufriedenes Grinsen.
"Schön, dass ich dir gefalle", hielt sie schmunzelnd fest.
"Das ist eine Untertreibung. Du bist wunderschön", liess ich sie wissen. Wir lösten uns voneinander und lagen Händchen haltend nebeneinander. Wir waren unglaublich müde.
Anouk rutschte nach einer gewissen Zeit wieder näher an mich, sodass ich ihren weichen Busen an meinem Körper fühlen konnte. Er war so weich wie Seide und ihre Nippel hart wie Stahl. Sie legte ihr linkes Bein über mich, sodass ihr Schritt auf meinen Oberschenkel lag. Trotz ihrem Höschen spürte ich dort einen klebrig nassen Film auf meiner Haut. Ich begann meinen Oberschenkel kaum spürbar an ihrer Grotte zu reiben. Ihre Hose rutschte mit jeder Bewegung mit. Anouk begann zu seufzen. Wir küssten uns intensiver.
"Schatz, tut mir leid. Ich muss morgen nochmals den ganzen Tag in diesem Slip durch die Stadt laufen. Stört es dich, wenn ich kurz aufstehe und mein Höschen auswasche und mich untenrum frisch mache?", schien Anouk nun die Notbremse zu ziehen.
"Wow, dann bist du ja ohne Höschen. Ich scheine einen guten Einfluss auf dich zu haben", scherzte ich. Anouk lächelte verlegen und stahl sich von mir weg. Ich hörte, wie sie im Bad auf dem Bidet wohl ihren Intimbereich zu säubern begann. Für mich war das eine Tortur, die reinste Folter. Nur schon der Gedanke, wie ihre Hand durch ihre ... egal. Ich lenkte mich ab. Versuchte noch einmal durch die Dunkelheit des Zimmers das Muster der Vorhänge zu erkennen oder mich zu entscheiden, ob die Matratze bequem oder nur mittelmässig war. Aus dem Bad vernahm ich unmissverständlich, wie Anouk unterdessen mit Seife ihr Höschen reinigte und später unter das fliessende Wasser hielt. Kurz darauf erblickte ich die Frau aus Monaco, wie sie aus dem Bad schlenderte und dort das Licht ausknipste. Während dieser kurzen Sequenz habe ich gesehen, dass sie ganz nackt war und ihr Schamhaar zu einer filigranen Landebahn gestutzt war. Sie bewegte sich graziös zu mir ins Bett, kuschelte sich in die Bettdecke und richtete ein liebevolles "Gute Nacht" in meine Richtung.
Ich gab ihr wohl den letzten Kuss des Tages und hauchte Anouk ein zartes "Schlaf gut und träum süss" zu. Es wurde still. Es war erstaunlich ruhig, abgesehen von einer Uhr, deren lauter Sekundenzeiger erst jetzt meine Aufmerksamkeit erfuhr. Ich musste an Anouk denken. Wie unglaublich vertraut sie war und wie sie mich doch zugleich erregt. Es war wie ein Wechselbad der Gefühle. Und ich dankte dem Herrn, dass er mir die Kraft gab, nicht schwach zu werden, auch wenn er mich in Versuchung geführt hat. Ich schaute noch einmal prüfend in Anouks Gesicht und sah, dass sie friedvoll ins Reich der Träume entglitten war. Trotz immenser Müdigkeit hörte ich noch rund zwanzig Minuten die Uhr ticken, bis ich der frankophonen Schönheit ins Traumland folgte.
Irgendwann in der Nacht machte sich meine Blase bemerkbar und ich schlich mich ins Bad, um eine Pinkelpause einzulegen. Auf dem Rückweg ins Bettchen zauberte der Mond eine Magie ins Zimmer. Er leuchte es durch die Spalten des Vorhangs wunderschön aus. Und das Licht schmeichelte Anouks Körper. Ihre langen Beine lagen aufgedeckt auf dem Bett und zogen sich beinahe unendlich bis zu ihrer Hüfte. Ihr Oberkörper war zugedeckt. Als ich meinen Standort mit zwei leisen Schritten verschob, sah ich ihre Spalte, auf der ein zarter Feuchtigkeitsfilm schimmerte. Ich war so unglaublich fasziniert von ihr, dass ich mich bückte und mein Gesicht sich ihrer Grotte näherte. Noch bevor ich die leicht trübe Flüssigkeit erblickte, erreichte mich ihr zarter Intimduft. Er begeisterte mich und gab Anouk eine ganz eigene Note, die ich noch von keiner Frau zuvor kannte. Mein Pullerman fiel dem Bildnis sowie dem zauberhaften Duft zum Opfer und richtete sich ungehemmt auf. Ich bewegte mich leise, aber doch hastig zu meiner Bettseite und kuschelte mich in die Bettdecke, die ich mit Anouk teilte. Selbstverständlich deckte ich sie gänzlich zu. Ich kühlte meine Sinne ab und dachte viel an die Frau neben mir und wie unsere unmittelbare Zukunft nach der Rückkehr nach Dubai ausschauen könnte.
Am nächsten Morgen vernahm ich als Erstes das Treiben in den Gassen Venedigs. Und mit dem Öffnen meiner Augen zwängte sich das Sonnenlicht durch die üppigen Spalten der schweren Vorhänge. Als ich mich vorsichtig nach links zu Anouk drehte, sah ich, wie die Monegassin auf ihrem Bauch lag, ihre Ellbogen auf der Matratze ruhten und ihr Kopf entspannt auf ihren angewinkelten Armen lag. Sie schaute mich an, tat dies vielleicht schon seit einigen Minuten oder noch länger. Ich lächelte sie zufrieden an, was Anouk noch breiter lächeln liess. Ihre Lippen waren so unglaublich süss und verlockend und ihre weissen perlenartigen Zähne liessen meine Seele dahinschmelzen. Für einen flüchtigen Blick in ihre Augen, mit den wundervoll geschwungenen Augenbrauen, wäre ich bereit Mord zu begehen.
"Hey", sprach ich glücklich und noch etwas verschlafen.
"Hey", sagte sie noch viel zärtlicher und unglaublich liebevoll. Mit einer ruckartigen Bewegung näherte ich mich ihr und gab ihr einen flüchtigen Kuss. Anouk presste danach ihre Lippen zusammen, als ob sie den Kuss dadurch noch länger hätte geniessen können und lächelte mich verlegen an.
"Hast du tief geschlafen?", wollte ich aufrichtig interessiert wissen.
"Ja, ich habe ganz verrückte Sachen geträumt", sagte die bezaubernde Frau überraschend offen und lief rot an.
"Verrückte Sachen?", hakte ich nach.
"Ähm, ... wir kennen uns noch kaum", wich Anouk verlegen aus.
"Du liegst nackt neben mir", fuhr ich fort, um ihr zu signalisieren, dass wir für ein erstes Date schon ziemlich offenherzig waren.
"Ich will dich nicht vergraulen. Es war nur ein Traum ... ich kann nichts dafür", sprach sie beschämt weiter. Ich war nun unglaublich neugierig.
"Alles gut. Sag schon, wofür kannst du nichts? Ich halte es kaum aus", bohrte ich nach und dachte, dass sie vielleicht einen feuchten Traum hatte.
"Also gut. Ich habe geträumt, dass ich schwanger bin. So, jetzt ist es raus. Zufrieden?", liess Anouk unverblümt wissen. Irgendwie löste diese Aussage etwas in mir aus. Es war überraschend stimmig. Überraschend real. Anouk war die perfekte Mutter. Gewissenhaft, fürsorglich, grundsolide, keck und bezaubernd schön. Ich glaube, ich vergass komplett einen Kommentar abzugeben und lächelte sie wie verzaubert an. Ich glaube, sie wusste, dass sie mich damit nicht vergrault hatte. Wir umarmten uns liebevoll und unsere Beine verkeilten sich, während sich unsere Füsse streichelten. Wir blickten beide zu ihnen hinunter.
Irgendwie musste ich dabei an eine Aussage meiner Grossmutter denken. Wenn der zweite Zeh über den grossen Zeh herausragt, wertete meine Oma dies als Zeichen, dass der entsprechende Ehepartner länger lebt, als wenn der grosse Zeh der dominante ist. Irgendwie machte sich Enttäuschung breit, dass wenn ich dieser Logik folgen würde, Anouk mich vor mir verlassen würde. Stillschweigend ärgerte ich mich über diesen voll bescheuerten Gedankengang meinerseits. Warum muss ich ... ich meine ... ich kenne diese Frau doch erst seit gestern und schon bewegt mich der Gedanke, dass ich eines Tages ohne sie leben muss. Scheisse, bin ich blöd.
"Alles okay?", fragte mich Anouk, als ob sie meinen inneren Disput greifen könnte.
"Ja, es könnte nicht besser sein", antwortete ich und lächelte sie an. "Ich musste gerade daran denken, wie es wäre, ohne dich zu sein. Furchtbar", erklärte ich, ohne auf Details einzugehen.
"Wir sind uns doch gerade unglaublich nah, oder nicht?", fragte Anouk etwas erstaunt über meine Aussage.
"Doch, ja. Und das ist gut so. Und was deinen Traum anbelangt. Nichts spricht dagegen, dass wir vielleicht eines Tages ...", sprach ich und wurde durch einen unglaublich zärtlichen, weichen und warmen Kuss unterbrochen, der sogar bis zu meiner Eichel einen Impuls entsandt hatte.
"Danke, dass ich mit dir zusammen in den Tag starten darf", entfuhr Anouk. Ich war peinlich berührt.
"Wir sind so kitschig", sprach ich und toppte nach "und du bezaubernd schön".
"Man sagt, Liebe macht blind. Und ich bin nicht mal geschminkt. Du hast wohl einen Knick in der Optik", sagte sie grinsend.
"Wollen wir frühstücken gehen?", fragte ich die Schönheit aus Monaco und erntete ein warmherziges Lächeln.
"Nicht so schnell. Als ich heute Morgen aufgewacht bin, habe ich dich so angesehen und mir gedacht 'hmm, ich kenne diesen hübschen Mann kaum, der da neben mir liegt'. Versteh mich nicht falsch. Ich weiss, dass du kaum Hosen trägst, in kürzester Zeit viele Frauen hattest und mit dir das Leben zu einem Abenteuer wird", sprach Anouk und hüpfte niedlich und verspielt mit ihren Augenbrauen, als sie ihre Aufzählung mit dem Hosen-Teil begann. Obwohl ich dahinschmolz und ihre verspielte Art die weiteren Punkte relativierte, wusste ich, dass ihr das mit den Frauen vielleicht nahe ging. Ich wollte ihre Anliegen unbedingt ernst nehmen.
Ich zog sie wieder näher zu mir, was sie mit einem zufriedenen Glucksen quittierte.
"Anouk, du darfst mich alles fragen, was du willst und ich werde dir ehrlich antworten", sagte ich.
"Also gut. Ich habe da so ein Quiz vorbereitet", sprach sie liebevoll und schalkhaft zugleich.
"Hast du ... echt?", fragte ich erstaunt und war von ihrer strukturierten Art begeistert.
"Na ja, nur so ein bisschen. Aber ich glaube, ich bekomme schnell ein Gefühl für dich, wenn ich dir ..."
"Leg los, Schätzchen", sagte ich mit einer Portion Spass und rückte meinen Körper in eine bequeme Position. Ich klopfte ihr auf die Schulter als Zeichen, dass es jetzt losgehen kann.
"Also gut. Und denk immer daran, dass ich dir sofort ansehe, wenn du lügst", sprach sie erwartungsvoll und gab mir einen Kuss auf die Backe. "Viel Glück! Also, legen wir los ... Fujifilm oder Kodak?", sprach die hübsche Monegassin grinsend.
"Wie bitte? Diese Frage hätte ich heute im Jahre 2012 nicht erwartet. Ähhh. Dann noch eher Polaroid", sprach ich.
"Das ist eine Entweder-oder-Frage. Kodak- oder Fujifilm?", beharrte die hübsche Brünette. Ich war von ihrer Frage begeistert und ebenso überfordert.
"Ich bin kein Experte. Aber grundsätzlich gefiel mir Kodak früher recht gut. Aber bei Schwarzweissfilmen griff ich eher zu Fujifilm", sprach ich etwas verunsichert. Als ich ein bestätigendes Lächeln mit funkelnden Augen sah, war ich erleichtert.
"Canon oder Nikon?", folgte im Handumdrehen.
"SLR von Nikon", sagte ich entschlossen.
"Gut, die Frage war auch einfach", sprach sie gespielt hochnäsig. So wie ich sie hier wahrnahm, hätte ich mein Leben locker mit ihr verbringen können. Selbst, wenn es den gestrigen Tag mit all seinen Events nie gegeben hätte, hätte ich mich jetzt in sie verknallt.
"Mac oder Windows?", wurde es technischer.
"Indifferent. Aber ich habe zurzeit alles aus dem Hause Apple", sprach ich.
"Nicht Apple oder Microsoft. Mac oder Windows", konkretisierte meine Traumfrau neckisch.
"Gut, dann halt Mac. Ist mir aber wirklich nicht so wich ..."
Anouk schaute mich streng an.
"Okay, Mac ist etwas cooler als Windows", knickte ich ein. Der dunkelhaarige Engel in meinem Bett blickte zufrieden in meine Richtung.
"Weltall oder Tiefsee erforschen?", ging das süsse Verhör weiter.
"Eindeutig Weltall. Ich liebe die Sterne und habe als Kind Captain Kirk und Mr. Spock geliebt", fuhr ich fort. Ich bekam einen Kuss.
"Strand oder Berge?", wurde es romantischer.
"Strand, mit Blick auf Berge, im Idealfall", erwiderte ich.
"Rio?", wollte Anouk wohl ein angewandtes Beispiel hören.
"Ja, oder ich war gerade auf Teneriffa", entgegnete ich ihr. Natürlich schoss mir Olivia durch den Kopf. 'Aber sie geht studieren', hielt ich mir vor, um nicht in Schuldgefühlen zu ersticken, da ich mich jetzt Tage später in eine andere Frau verliebt habe.
"Oh, wie schön", hörte ich von Anouk. Ich wurde sentimental. Klammerte mich in Gedanken an Anouk. Sie ist der Leuchtturm, der mich durch den Sturm führt und nicht bei Schuldgefühlen gegenüber Olivia auf Grund laufen lässt. Ich rückte ganz nah zu ihr, umarmte und küsste sie.
"Versprich mir, dass du bei mir bleibst. Dass das der Anfang von etwas ganz Grossem ist", fuhr aus mir. Wow, was passiert gerade mit mir?
"Schätzchen, das hängt alles von deinen Antworten ab", fuhr sie charmant und spielerisch fort. Es klang so, als ob das "Schätzchen" eine Retourkutsche für das gleiche Wort war, das ich ihr vorhin als Signal zur Bereitschaft am Frage-und-Antwort-Spiel entgegnet hatte. Aber ihre nächste Antwort wischte allen Humor und alle Unsicherheiten weg. Es war ein Kuss, unglaublich genussvoll und von einer fast schon lebensverändernden Verbindlichkeit geprägt. Einen, den ich nie mehr missen möchte.
"Alter Citroën 'Deux chevaux' oder brandneuerer Luxuswagen mit allen Schikanen?", fuhr Anouk ohne Pause nach dem Kuss fort.
"Deux chevaux mit ..."
Ein weiterer Kuss, der dem vorherigen in nichts nachstand, unterbrach meine Antwort.
"... allen Schikanen", vollendete ich meinen Satz wie narkotisiert, nachdem Anouk meine Lippen wieder freigegeben hatte.
"David Letterman oder Conan O'Brien?", wollte sie gleich in Folge wissen.
"Die Frage ist nur auf den ersten Blick schwierig. Conan O'Brien. Ganz sicher", fuhr ich fort. Ein herzhaftes und befreiendes Lachen durchströmte Anouk.
"Ja ... er kann so hinterfotzig und doch so witzig sein", entgegnete sie und umarmte mich noch fester.
"Ich freue mich, seine Late-Night-Show mal mit dir zusammen anzuschauen", sagte ich zu meinem Anhang.
"Simpsons oder South Park?", war die nächste Frage.
"Was ist der Unterschied?", scherzte ich und bekam ein Lachen.
"Also gut. Jetzt zu den ernsten Fragen", sprach Anouk und ich nickte.
"Wahre Liebe oder feuriges Abenteuer?", vernahm ich die Frage relativ nüchtern. Ich realisierte, dass die Fragen zuvor wohl nur sogenannte 'Eisbrecherfragen' waren.
"Wahre Liebe", entgegnete ich klar.
"Sex on the Beach oder im Bett?", ging es weiter.
"Im Bett", beantwortete ich ihre Frage.
"Interessant", entgegnete Anouk nüchtern überrascht. War sie doch durchtriebener?
"Vier oder keine Kinder?"; sprach Anouk bewusst provokant, aber doch liebevoll.
"Vier Kinder", sprach ich selbstbewusst und ohne zu zögern, obwohl ich vier Kinder massiv finden würde. Anouk lachte laut.
"Wow! Mutig, mutig", entgegnete sie beeindruckt. Meine Antwort reichte wohl gerade noch so, um ein Küsschen auf die Backe zu bekommen.
"Ich möchte Kinder. Null sind mir zu wenig. Dann lieber vier. Aber zwei wären ideal", entgegnete ich.
"Wohnung in der Stadt oder Haus auf dem Land?", sprach sie so locker, als ob es die erste Frage an jenem Morgen gewesen wäre.
"Egal. Hauptsache mit dir. Aber vielleicht ein Haus auf dem Land, nicht allzu weit weg vom Flughafen", antwortete ich. Ein weiter Kuss folgte.
"Strenge Erziehung oder antiautoritär?", wurde es unglaublich konkret.
"Streng, aber mit Güte im Herzen", antwortete ich.
"Familiengrab oder die Asche rund um den Erdball verteilen?", wollte sie wissen.
"Familiengrab nahe einer Linde. So wie meine Oma und mein Opa. Auf immer und ewig", sprach ich und streichelte ihre Hand. Ihre Augen wurden feucht.
"Gratuliere, dich lasse ich nicht mehr gehen", sprach Anouk und gab mir einen Kuss. Es war ein unglaublich emotionaler Kuss. Ich spürte, dass sie unglaublich gerührt war. Ihr Körper war warm.
"Die schwierigste Frage hast du aber gekonnt umschifft", sprach ich danach.
"Wirklich?", fragte sie mich ungläubig.
"Ja! Beatles oder Rolling Stones?", fuhr ich eiskalt fort.
"Uhhhhh. Mon Dieu! Du hast recht. Und für wen bist du?", fragte sie wieder unglaublich charmant.
"Beatles", sprach ich, ohne zu überlegen. Ich wusste, dass sie auch ein Beat ...
"Okay ... und ich bin ein echter Stones-Fan! Schön war's mit dir, Martin. Das war echt nett, aber ich muss jetzt los. Wir sehen uns dann bei der Versammlung in der Lobby! Bye ...", sprach die Frau aus Monaco wie bei einem Schauspiel. Phasenweise hatte ich Respekt davor, dass sie es ernst gemeint haben könnte.
Anouk stand auf und bewegte sich Richtung Badezimmer. Meine Güte! Für ihren Hintern braucht sie einen Waffenschein. Ich hörte rund zwei Minuten lang den Föhn, der wahrscheinlich ihr Höschen von gestern trocknete. Sie sagte kein Wort und zog sich im Anschluss ihren frisch ausgewaschen Slip an.
Als sie wieder zurückkam, schlüpfte die Monegassin in ihr Kleid und holte meine Klamotten aus dem Bad und ich zog sie mir an.
"Anouk, was meinst du. Sollen wir uns vielleicht ein Deodorant kaufen?", wollte ich von ihr wissen. Ich wusste nicht, wie lange die Überreste einer einstigen Frische unter meinen Armen zu Gast bleiben werden.
"Ich teile nichts mit einem Beatles-Fan. Und ausserdem benötigen waschechte Stones-Anhänger keine Deos", sprach Anouk humoristisch. Meine kurze Verunsicherung, ob sie das alles ernst meint, war nach dieser Aussage verflogen.
"Kann es sein, dass du einfach nur Hunger hast?", fragte ich mit einer Prise Humor, um ihre gespielte Bockigkeit zu entschärfen.
"Oh, du kennst mich wohl schon besser, wie ich es mir eingestehen will. War ich gerade etwas bitchy?", antwortete sie liebevoll und schmunzelnd.
"Komm, lass uns aufbrechen", sprach ich zur Monegassin und packte den Schlüssel sowie mein Portemonnaie ein. Auch mein Kontrollblick fehlte nicht, der im Bad noch das sagenumwobene Zahnbürstchen erblickte. Mich durchströmte beim Anblick kurz eine Geborgenheit, die ich nicht in Worte fassen konnte. Anouk war so unkompliziert, hilfsbereit und stand mit beiden Beinen fest im Leben. Das und vieles mehr verkörperte die Zahnbürste in diesem Moment. Noch schwanger von diesem Gedankengang griff ich nach Anouks Hand und wir verliessen zusammen das Hotelzimmer. Ich bezahlte während des Eincheckens, das wir nun nachholen mussten, das unvergessliche Zimmer im Herzen der Handelsstadt.
Wir nahmen unser kleines Frühstück mit herrlich duftendem Kaffee und unglaublich gutem Gebäck bei einem Tante-Emma-Laden ein, der noch eine Bar-Theke beherbergte. Diese war mit unglaublich einladenden Produkten aus allen Ecken Italiens liebevoll dekoriert. Stefano's Laden vermittelte den Eindruck von Zweckmässigkeit und einer urchigen Gemütlichkeit. Wir fühlten uns dort mehr wie Einheimische als Touristen. Stefano war unglaublich warmherzig und hatte wahrlich italienischen Charme. Anouk griff linear zur Sättigung vermehrt nach meiner Hand. Sie liess sie erst los, wenn sie mit ihrer Gabel das Gebäck teilte. Danach mauserte sich ihre wunderschöne Hand wieder zu mir rüber. Ihr Händchen war mir persönlich wichtiger als das Frühstück.
Danach schlenderten wir kurz durch die Gassen, bis wir überraschend vor der Rialtobrücke standen. Uns war nicht bewusst, in welcher Nähe zu diesem Denkmal wir genächtigt hatten. Obwohl wir verhältnismäßig früh dran waren, herrschte bereits ein reges Treiben. Auch andere Touristen stellten offenbar ihre Wecker früh.
"Machen wir ein Selfie?", fragte ich die schöne Frau. Sie willigte lächelnd ein und schmiegte ihren Rücken nahe an meinen Körper und zog wegen der tief hängenden Sonne ihre Sonnenbrille an. Selbstverständlich hatte ich keine dabei. Wieso auch? Aus diesem Grund kniff ich meine Augen zusammen und wirkte wohl wie ein Idiot. Wir hielten beide mein Telefon mit ausgestrecktem Arm und ich lächelte ihm entgegen. Irgendwie war dieser Moment unglaublich speziell. Sonderbar. Ich glaubte realisiert zu haben, dass dies die erste Aufnahme als Paar war. Historisch und Anouks Körper wirkte angespannter als sonst und wurde überraschend etwas übertrieben in Pose gerückt. Tausende Sinneseinflüsse prasselten in wenigen Sekunden auf mich ein, die wie Wassertropfen auf einem Neoprenanzug an mir abperlten. Sie konnten nicht alle prozessiert werden. Per Knopfdruck löste sich das Bild. Gespannt blickte ich zusammen mit der hübschen Brünetten auf das Resultat. Ich war etwas enttäuscht. Sie war zwar hübsch, wirkte auf dem Foto aber nicht so, wie ich sie gestern und heute Morgen erlebt hatte. Es war, als ob ich eine andere Frau abgelichtet hätte. Keine schlechte, nur eine andere.
"Gut, nicht?", hörte ich Anouk sagen.
"Ja, ganz nett", entgegnete ich, weil ich mich schämte, nach einem zweiten Versuch zu fragen.
So nahe wir uns für die Aufnahme gekommen waren, so nahe schlenderten wir danach dem Kanal entlang. Ich genoss es, ihren weiblichen Körper zu spüren.
"Schön, dass wir uns so in der Öffentlichkeit bewegen können", hielt ich angesichts unseres Wohnorts im Mittleren Osten fest.
"Ja, einfach herrlich. Die warme Sonne prickelt auf meiner Haut, eine kühle Brise weht durch mein Haar und du bist mit dabei. Dein Duft, deine Aura sowie dein Körper, der mir Halt gibt. Ich finde, mir geht es gerade richtig gut", erwiderte Anouk.
"Erwin, schau mal! Die nette Flugbegleiterin vom Hinflug gestern", hallte eine Stimme aus weniger als zwanzig Metern Abstand entgegen.
"Oh, hi!", ging Anouk gleich mit einem gut gelaunten Winken darauf ein und ich liess das alles einfach geschehen und schaute verdutzt in die Welt. Die Dame und Erwin liefen Anouk entgegen und schwärmten von unserer Airline und dem gestrigen Flug. Anouk hörte lächelnd und aufmerksam zu.
"Oh, und das ist übrigens mein Freund, Martin" stellte mich Anouk den Fremden im ersten Wortwechsel gleich vor. Ich war überrumpelt und fühlte mich zugleich von ihrer Aussage geehrt. Ich schüttelte die Hände unserer gestrigen Passagiere, stellte mich als Martin vor und konnte spüren, warum die beiden und Anouk sich gut verstanden haben.
Als meine "offizielle" Freundin den beiden verriet, dass wir erst Morgen wieder zurückfliegen werden, schwärmten sie noch mehr von unserem Arbeitgeber und wie gut sie nach uns schauen. Ich wollte ihre Illusion nicht zerstören oder widersprechen. Aber ein Aufenthalt von 48 Stunden nach so einem "kurzen" Flug ist wahrlich eine Ausnahme und im Vergleich zu anderen Mitbewerbern sind unsere Crews deutlich länger in der Luft. Aber es freute mich, dass sie unsere Airline mögen und loyale Kunden sind.
Nach zehn Minuten hätte ich gerne wieder Zeit mit Anouk verbracht, aber der Redebedarf war ungebremst. Erwin erzählte mir, dass er Elektronikkomponenten designt und in China und versuchsweise in Vietnam produzieren lässt. Ich fand seine Freiberuflichkeit sowohl inspirierend als auch mutig. Offenbar konnte er gut davon leben.
Wenig später gelang es uns, sich von unseren gestrigen Passagieren auf charmante Art und Weise loszureissen.
"Wenn die wüssten, dass ich die Maschine gestern ohne Hose gelandet habe", sagte ich, kurz nachdem wir sie hinter uns gelassen hatten. Anouk versuchte krampfhaft ein amüsiertes Lachen zu verkneifen.
"Gut hast du heute mal eine an", erwiderte Anouk stimmlich nüchtern, doch irgendwie grinsend.
"Ich hätte Erwin nicht zumuten wollen, wie seine Gemahlin lüstern auf meine Beine blickt", scherzte ich.
"Ich werde dir nie wieder ein Kompliment machen. Das schiesst ja wohl gleich in dein Ego", wetterte das Frauenzimmer neben mir gespielt schockiert.
"Wäre Madame für eine Fahrt mit einer Gondoliere zu haben?", fragte ich erwartungsvoll. Ich hoffte, dass sie dem Vorschlag zustimmen wird. Ich könnte mir nichts Romantischeres vorstellen, als gemeinsam mit dieser Frau durch die Kanäle Venedigs zu gleiten.
"Das ist doch etwas kitschig, findest du nicht? Und teuer obendrauf. Ich habe gelesen, dass ein Vaporetto auch genial sein muss", erwiderte Anouk. Ich war enttäuscht, dass eine Gondelfahrt für sie kitschig war. Aber was ist ein Vaporetto?
"Vaporetto? Das klingt nach einem Kaffee, mit einem Schuss Schnaps", scherzte ich und hörte Anouk prompt lachen.
"Du bist ja einer", entgegnete sie mir.
"Signorina, das Caffè Florentin ist bekannt für seinen Caffè Vaporetto", mimte ich einen italienischen Kellner und die Frau aus Monaco war sichtlich amüsiert.
"Haha. Das ist bestimmt der wahre Grund, warum keine Autos in Venedig fahren, weil sie nicht am Vaporetto gespart haben. Also ... es ist ein Wassertaxi", sagte Anouk nun bestimmt, nachdem sie ihr Lachen erfolgreich unterdrücken konnte.
"Gott sei Dank. Ich dachte schon, es wäre ein neuer Italo-Rapper", scherzte ich ungehemmt weiter. "Und jetzt folgt Vaporetto mit seiner neuen Hit-Single 'Stronzo'!", scherzte ich weiter.
"Gibt es dich auch in ernst?", fragte sie mich verträumt und mit einem Schmunzeln.
"Warum nimmt man eigentlich Piloten, die einen Flieger ohne Hosen landen, nie ernst?", fragte ich sie mit ernster Stimme.
"Na ja, du bist gestern Abend auch bei mir ohne Hose gelandet und es ist nichts passiert", sagte sie schelmisch.
"Bereust du das?", fragte ich sie direkt.
"Hmm. Gute Frage. Ich fand's gestern irgendwie total magisch und es hätte für mich gepasst. Und es ist das erste Mal, dass mich ein Mann, dem ich mich fast vor die Füsse geworfen habe, zurückgewiesen hat. Aber ich verstehe dich und glaube, dass es so gut ist, wie es war. Und irgendwie mag ich dich dadurch umso mehr und fühle mich von dir wertgeschätzt. Ich glaube dir, dass ich für dich was Besonderes bin. Ich weiss zwar nicht warum, aber mir gefällt's", sprach Anouk kokettierend und mit falscher Bescheidenheit.
"Tut mir leid, wenn du dich zurückgewiesen fühlst. Das war nicht meine Absicht. Ich verspreche dir, dass unser erstes Mal was ganz besonderes sein wird. Und überleg mal. Auf einer Zeitachse, auf der hier 'das Jetzt' und dort das 'gemeinsame Ableben' dargestellt ist, liegt ganz viel lebensverändernder Sex dazwischen", versuchte ich mit einer Prise Humor zu relativieren. Anouk ging augenblicklich darauf ein. Sie wirkte von der Aussage überrascht, aber auch irgendwie beflügelt.
"Ooh la la, mon Chéri!", sprach Anouk sinnlich und mit einer etwas unterdrückten Erwartungshaltung. "Lebensverändernd!?", hakte sie nach.
"Und dadurch lebensverlängernd. Wir werden steinalt", sagte ich mit ernster Miene. Die wunderschöne Frau lachte kurz auf und schmiegte sich zärtlich an mich, als wir gemütlich der nahegelegensten Vaporetto-Station entgegenschlenderten. Dort angekommen, kauften wir uns Tickets und setzten uns auf eine Steinbrüstung direkt am Wasser. Viele Menschen tummelten sich vergnügt um uns herum. Die meisten mit einem Lächeln, was wahrscheinlich dem magischen Ort zuzuschreiben war. Lediglich ein älterer Herr, der mit seiner Frau auf einem Bänkchen sass, musterte die Menschenmassen mit einem ernsten Gesichtsausdruck und einer Prise Skepsis. Dachte er vielleicht wie ich, dass alle aufs Wassertaxi wollen?
Anouks Blick fing meinen ein und fesselte mich. Ich habe mich in ihr verloren. Sie ist wie eine Bibliothek, die voll von den wichtigsten und interessantesten Werken ist, die die Menschheit je hervorgebracht hat. Selbst ein Leben würde nicht reichen, wenn ich mich jeden Tag intensiv mit dem Studium der Inhalte auseinandersetzen würde. Sie war für mich eine tiefe Quelle unerschöpflicher Inspiration, die niemals zu versiegen droht. Das wurde mir bei diesem Anblick klar. Vielleicht war die Libreria Aqua Alta ein Sinnbild unserer Liebe.
Ich schaute sie an und sah Anouk mich verträumt anlächeln. Wir gaben uns einen zärtlichen Kuss. Die Berührung ihrer weichen Zunge löste bei einem Körperteil in meiner Leistengegend eine flüchtige Zuckung aus. Ich genoss diese feinfühlige Liebesbekundung und hoffte, sie möge niemals aufhören.
Nachdem sich unsere Lippen voneinander gelöst hatten, presste Anouk ihren Mund zusammen, als ob sie die letzten Partikel, die ihr meine Lippen geschenkt hatten, auskosten wollte. Sie schaute traumverloren und flirtend in meine Augen. Der Wind liess ihre Haare wehen und die Sonne wärmte unsere Nacken. Anouk war Geborgenheit und Vertrautheit gleichermassen. Ich glaube, in diesem Moment hätte jedes Wort diesen magischen Augenblick zerstören können. Wir sogen den Moment stillschweigend auf. Aus der Ferne hörten wir eine Gruppe italienischer Frauen, die lautstark der guten Laune frönten.
Normalerweise wären die Stimmen der Damen vom Echo des Zeitgeschehens verschlungen worden und hätten uns als Fragment gedient, um uns eines Tages die positive Grundstimmung unseres Aufenthalts in der Lagunenstadt in Erinnerung zu rufen.
Irgendwie kamen die Stimmen näher und lenkten meine Aufmerksamkeit wie Krümel um einen Laib Brot gelegentlich von Anouk ab. Sie wurden dominanter und ein "Guarda!" war klar zu vernehmen. Ich schaute kurz umher, um ein mögliches Geschehnis nicht zu verpassen, sofern es meiner Aufmerksamkeit bedürfte. Doch abgesehen der Menschenmenge war es ein normaler Tag. Flüchtig erblickte ich nun zum ersten Mal die älteren Damen, die vielleicht mit ihren Nichten die Stadt besuchten. Eine zeigte mit dem Finger auf mich und ein "Lui" folgte aus ihrem Mundwerk. Die Gruppe begann zu schnattern.
Auch Anouk würdigte die Gruppe mit etwas Aufmerksamkeit und blickte mich erstaunt an. Eine der jüngeren Damen älteren Semesters löste sich von den anderen Frauen und lief mit schüchternen Schritten direkt auf mich zu und sprach mich vergnügt auf Italienisch an. Ich wusste nicht, wovon sie spricht. Der Name Mario Girotti fiel irgendwie an die Tonalität einer Frage gekoppelt.
"Entschuldigen Sie. Ich spreche leider nur Englisch", erwiderte ich. Sie blickte mich mit fragenden Augen an, nickte und ging wortlos zurück zur Gruppe. Anouk versuchte sie noch auf Italienisch anzusprechen, doch weg war sie. Erneut vernahmen wir ein humoristisch, hysterisches Schnattern. Nun löste sich ein Mädchen um die 16 Jahre und bewegte sich zu uns. Sie schaute zuerst schüchtern zu Anouk und noch bevor ihr Blick bei mir angekommen war, erklang ihre an mich gerichtete Stimme. Sie wirkte verlegen und vermied direkten Blickkontakt und schaute mir nur selten, wie durch einen Zufallsgenerator bestimmt, ins Gesicht.
"Entschuldigen Sie bitte die Störung", begann sie schüchtern. Sie war wohl diejenige, die der englischen Sprache mächtig war. "Meine Oma hat Sie gesehen und Sie haben sie an einen Bub aus ihrer Nachbarschaft erinnert. Sein Name ist Mario Girotti", fuhr sie irgendwie beschämt wirkend fort.
"Das ist Martin, nicht Mario", sprach Anouk zu meiner Überraschung und lächelte sie an. Die Monegassin schaute mich grinsend an, schien aber mit ihrem Blick den Mut der jungen Dame zu würdigen.
"Ja, schon. Er ist auch schon ein älterer Herr. Aber sind Sie mit Herrn Girotti verwandt? Die Ähnlichkeit ist unfassbar", blieb sie hartnäckig. Irgendwie wollte ich ihr helfen und ihren Bemühungen zu einem würdigen Abschluss verhelfen. Plötzlich konnte ich mich erinnern, dass mir mein Vater einst gesagt hat, dass Bud Spencer und Terence Hill im echten Leben Carlo und Mario hiessen. Mit letzterem wurde mir oft eine Ähnlichkeit attestiert. Vielleicht war das ja das fehlende Puzzleteil, denn wir sind hier im Herkunftsland der beiden Haudegen.
"Meinst du vielleicht Terence Hill?", fragte ich wohlwollend.
"Sì, esattamente!", erklang es fast euphorisch. Sie schaute mir nun zum ersten Mal länger als eine halbe Sekunde ins Gesicht. Ich sah, wie Anouk mich fragend anblickte und wohl nur Bahnhof verstand.
"Nein, leider nicht", musste ich die junge und auch charmante Italienerin enttäuschen.
"Oh, kein Problem. Können wir vielleicht ein Bild mit Ihnen machen?", wurde es erstaunlich konkret. Ich musste grinsen, noch bevor ich zu einer Antwort in der Lage war.
"Ein Foto?", fragte ich noch immer perplex. Ich sah in der Ferne ein Vaporetto heranfahren. Vielleicht haben wir noch zwei Minuten. Jetzt wurde es etwas hektisch. Das junge Mädchen winkte den Damen zu, damit sie zu uns herüberkommen. Geschnatter, Gejaule und begeistertes Lachen machte sich in der Runde breit.
"Was ist los?", wollte Anouk von mir wissen. Sie verstand wohl die Welt nicht mehr.
"Erkläre ich dir auf dem Boot", sagte ich knapp und gab ihr als Wiedergutmachung einen kurzen Kuss auf die Backe.
In Windeseile fasste die junge Italienerin ihrem Anhang das Gespräch mit mir zusammen. Staunen, Ungläubigkeit und erneutes Gelächter waren die Reaktion. Es folgten Instruktionen. Zuerst Gruppenfoto, dann Individualaufnahmen.
In Windeseile versammelten sich die Frauen wie Tauben um Brotkrümel um mich herum und grinsten in die Kamera. Danach wurde die junge Dame, die das Foto aufgenommen hatte, durch eine ältere Dame ausgetauscht, damit sie auch auf dem Gruppenbild verewigt werden konnte. Natürlich musste die rüstige Seniorin hinter dem Handy noch einen Kommentar reissen, den ich nicht verstanden habe, aber wertvolle Zeit kostete. Ich sah, wie Anouk von der Seitenlinie diese Szenen mit ihrem Smartphone festhielt und nicht aufhören konnte zu grinsen.
Nachdem das Gelächter um mich rum abgeklungen war, folgte die Aufnahme. Danach flogen alle wie die Tauben hinter die Kamera. An meiner Seite blieb Nonna, die wohl einst eine Nachbarin von Terence Hill war. Die Frau strahlte mich an, als ob ich der Schauspieler gewesen wäre. Ich fragte die junge Dame, ob sie alle aus Venedig kommen, doch sie verneinte. "Amelia, das liegt in der Mitte Italiens", lautete ihre Antwort.
Das Wassertaxi kam immer näher. Ich gestikulierte, dass sich immer zwei Damen aufs Mal neben mir ablichten lassen sollen, was sie wohl verstanden haben. Anouk stellte sich schon in die Warteschlange, die sich für das herannahende Vaporetto gebildet hatte. Ich war allerdings noch immer im Fokus der Aufmerksamkeit. Noch hiess es Lächeln, Damen herbeiwinken und in die Kamera blicken. Die letzte Aufnahme war im Kasten. Ich zeigte auf die Schlange zum Wassertaxi und gestikulierte, dass ich jetzt dort hin muss.
Fast von Jubel begleitet, lief ich zu Anouk. Ich hatte ein leichtes Schuldgefühl, dass ich mich etwas vordrängeln musste, um zu meiner Freundin zu kommen. Mit einem kurzen Blick zurück zur Frauengruppe hörte ich noch einige "Grazie mille" erklingen und lächelnde Gesichter. Der folgende Blick nach vorn hievte endlich Anouk wieder in mein Sichtfeld. Bei meinem Anblick begann sie herzhaft zu lachen. Als ich sie endlich erreicht hatte, wurde ihr Lachen noch intensiver. Sie krümmte sich geradezu.
"Was ist los?", fragte ich und lachte bei ihrem Anblick verlegen vor mich hin.
"Was bist denn du für einer. Fliegst mich ohne Hose nach Venedig. Verdrehst mir am Abend den Kopf und irgendwelche Omas feiern dich wie einen Rockstar. Ich meine, ... was kommt als Nächstes?", sprach sie noch immer bestens amüsiert.
"Das weiss ich leider auch nicht. Aber wenn du dabei bist, kann kommen, was will", sprach ich und umarmte sie. Sie rubbelte meinen Rücken und grinste keck zu mir.
"So mein Guter! Jetzt musst du mir aber verraten, was da gerade los war", wollte die Frau aus Monaco aus mir herauskitzeln.
"Es gibt da so einen Schauspieler, an den ich sie erinnert habe. Der ist Italiener und war hier, in Deutschland und wohl auch in Dänemark bekannt", begann ich zu erklären.
"Dänemark?", sprach sie ungläubig.
"Ja, hat mir eine Dänin mal erzählt, als sie mich auf die Ähnlichkeit angesprochen hatte", erklärte ich Anouk und musste dabei kurz an Charlotte denken und wie surreal das alles doch ist.
"Okay. Ist der Schauspieler der perfekte Schwiegersohn, dass ihn so viele ältere Frauen gut finden?", wollte Anouk wissen.
"Nein, der war vor vielen Jahren populär. Zu einer Zeit, als die Damen auch noch jünger waren", sprach ich.
"Lustig", erwiderte sie. Mich grinste eine Dame um die fünfzig an, die mit ihrem Mann hinter uns in der Schlange stand. Sie fragte mich auf Englisch mit einem Kölner Dialekt, ob sie auch ein Foto machen dürfte, die Ähnlichkeit sei tatsächlich frappant. Sie hatte uns offenbar belauscht und die Szenen mit den Damen beobachtet. Ich sprach die Frau direkt auf Kölsch an, was ihr ein herzliches Lachen bescherte. Dieses war selbst für Anouk ansteckend. Ihr Mann machte ein Bild und die Fremde zeigte nun Anouk ein Foto des Schauspielers. Meine Freundin schaute mich mit offenem Mund an und begann ungläubig zu lachen.
"Du hast Glück. Als ich ein Kind war, wurde ich oft mit Klaus Kinski verglichen", erklärte ich meinem Schatz. Sie konnte den Namen nicht zuordnen, sodass ich ihr ein Bild von ihm zeigte.
"Oh wow, du alterst in eine gute Richtung", bescheinigte mir Anouk eine positive Entwicklung. Wir betraten das schon in die Jahre gekommene Wassertaxi. Aufgrund der hohen Passagierdichte lehnte ich mich an eine Wand an und wurde prompt von Anouk umarmt. Wir kuschelten eng umschlungen und ich genoss es, sie fast an meinem ganzen Leib zu spüren. Ihr Körper schenkte mir Wärme, während der Oktoberwind für eine wohltuende Brise sorgte und Anouks Wärme gleich doppelt so kostbar machte. Meine Nase lag für eine Weile in ihren Haaren und ich inhalierte ihren Duft tief in meine Bronchien und fühlte mich geborgen. So wie schon lange nicht mehr. Manchmal wehten ihre Haare mir direkt ins Gesicht, was sporadisch meine Backen kitzelte.
Meine Hand glitt zu ihrem wohlgeformten Hintern. Ich glaube, kein Hintern, den ich je berührt habe, war so angenehm und wohlgeformt wie Ihrer. Am liebsten hätte ich an Ort und Stelle gewusst, ob ich sie in vierzig Jahren auch noch so in meinen Händen halten werde und noch immer das Paradies auf Erden spüre. In meinem Kosmos gab es nur noch diese Frau und die Umarmung.
Allmählich begann sich das Vaporetto Station um Station zu leeren. Wir bewegten uns meist umarmt auf dem Boot und genossen die Aussicht. Angesichts des starken Windes war ich froh, dass ich gestern darauf bestanden hatte, dass Anouk ihren Blazer mitnimmt. Die Motorengeräusche, das Rauschen der brechenden Wellen, der Fahrtwind sowie der Duft meiner Begleitung nahmen fast alle meine Sinne ein. Lange fuhren wir der Insel Mazzorbo entlang, hinter jener sich die Insel Burano versteckt hielt. Wir waren etwas enttäuscht, als uns das Paar aus Köln verriet, dass wir die unzähligen bunten Häuschen bei der Einfahrt des Wassertaxis garnicht zu Gesicht bekommen. Im Internet hatte ich als kurze Vorbereitung auf die Destination irgendwo gelesen, dass Burano aufgrund der farbenfrohen Fassaden eine Sehenswürdigkeit sei. Die angesprochene Farbpracht half offenbar einheimischen Fischern damals ihre Häuser auch bei schlechtem Wetter schnell zu erblicken. Jede Familie durfte ihr Haus so streichen wie sie wollten. Einzige Auflage, die Farbe durfte nicht gleich sein, wie bei den Häuschen der direkten Nachbarn.
Für einen kurzen Moment waren wir uns nicht sicher, ob wir an der richtigen Insel angekommen waren. Nichts deutete am Anlegeplatz auf die pittoresken Bauwerke hin. Wir stiegen aus und das kölsche Paar zeigt uns den Weg und verabschiedete sich von uns.
Wir schlenderten wie in Venedig durch enge Gässchen, und tatsächlich. Die Häuser wirkten, als ob sie einem Malbuch entsprungen wären. Oft erblickten wir ein kleines schnuckliges Café hier oder mal einen mit viel Herzblut kuratierten Kleiderladen dort. Trotz des Charmes wirkte auch diese kleine Insel irgendwie touristisch, wenn nicht gleich derart wie rund um den "Canal Grande". Jedenfalls waren die Dimensionen kleiner als in der venezianischen Altstadt. Wir bestellten in einem der Cafés zwei Espressi und teilten uns eine Bussolà. Visuell sprach mich der Keks dieser Insel nicht an, schmeckte aber deutlich besser, wie sein Aussehen versprach. Zum Glück habe ich diesbezüglich auf Anouk gehört.
Malerisch war die sich uns bietende Szenerie. Die monegassische Schönheit und ich sassen leicht angewinkelt nebeneinander und blickten auf die gleiche Perspektive. Wir wuchsen mental immer stärker zusammen und blieben mit unseren Händen wie miteinander verkabelt. Mein Daumen liebkoste ihren Handrücken. Gestern hielt ich mich auf der Brücke damit zurück, währenddessen jene zärtliche Bewegung nun fest zu unserem Repertoire gehörte. Mir fiel auf, dass wir oft schweigsam waren, den zärtlichen Berührungen Raum gaben.
Als wir das Lokal verliessen und wortlos dem Kanal mit seinen farbenfrohen Häusern entlangspazierten, stoppte mich Anouk nach schätzungsweise hundert Metern. Sie schaute mich wie ein Weltwunder mit ihren lagunenfarbenen Augen an und umarmte mich.
"Ich kann noch immer kaum glauben, dass wir zusammen sind. Ich bin so dankbar", flüsterte sie bedeutungsvoll in mein rechtes Ohr. Ihr Kleid fühlte sich seiden an, als meine Fingerspitzen sanft über ihren Rücken glitten, während ich ihr einen Kuss auf die Backe gab.
"Ich habe mich unsterblich in dich verliebt. Du bist mir unglaublich wichtig. Ich hoffe, du kannst es spüren", folgte gleich darauf.
"Ich mich auch in dich", wisperte sie hingebungsvoll in meine Richtung. Erneut begleitete uns ein minutenlanges Schweigen, während wir uns in dieser wohligen Umarmung nicht von der Stelle rührten. Ich spürte wieder die Atmung ihres wunderschönen Bäuchleins, die mich beinahe in einen meditativen Zustand versetzte.
Wir begaben uns aufgrund der vielen Menschen in eine Seitenstrasse, die allerdings auch gut besucht war. Später erfuhren wir, dass der hiesige Menschenauflauf auf ein Quartierfest zurückzuführen war. Viele Bänke und Tischchen waren voll mit Menschen, die sich Schulter an Schulter zwängten. Alles Italiener, Menschen aus den bunten Häusern, die der Insel Leben einhauchten und ihr ein Gesicht gaben.
Anouk erblickte am Rande eines Tischchens einen kleinen niedlichen Hund, der sie magisch anzog. Sie bewegte sich zu ihm und streichelte dieses kleine Wesen. Es war nicht von der Hand zu weisen, dass sie sich gut verstanden haben. Mein Blick schweifte währenddessen von Tisch zu Tisch. Die Menschen um uns rum wirkten herzlich, stammten aus unterschiedlichen Schichten. Ich vernahm beiläufig, dass ein paar Touristen, die sich dazugesellen wollten, freundlich aber auch direkt ausgeladen wurden.
Plötzlich hörte ich einmal mehr Anouks liebenswürdiges Italienisch, feinfühlig und auch charmant anzuhören, da es ihre französischsprachige Herkunft nicht zu verleugnen vermochte. Sie hatte damit wohl auch die Sympathie einer Dame gewonnen, die ich salopp als die Hundebesitzerin ausgemacht hatte. Die ältere und etwas völligere Italienerin lachte plötzlich als Reaktion auf eine Äusserung meiner Freundin herzhaft und stimmte ihr zu. Leider wusste ich nicht, worum es in ihrem Gespräch geht.
Anouk setzte sich zur Nachbarschaft an den äusseren Rand des Bänkchens und streichelte gebückt den Hund und blickte zu mir auf. Dieser drehte sich fröhlich auf den Rücken, sodass Anouk ihm den Bauch krabbelte.
"Erinnert mich irgendwie an unsere Kitzeleinlage von gestern Abend", sprach sie lächelnd.
"Es geht ihm auch sichtlich gut, wie ich sehe", antwortete ich.
"Das Hündchen ist eine 'Sie' und heisst Donatella, um genau zu sein", erklärte sie mir das vermeintlich Offensichtliche.
"Aha. Donatella Vaporetto?", zog ich sie durch den Kakao.
"Versace, wennschon", sprach sie humoristisch, doch überraschend sanftmütig. Sofort sprach die Italienerin wieder mit Anouk, als sie die Worte Versace hörte. Sie bot ihr eine Zigarette an, was die attraktive Frau aus Monaco dankend ablehnte. Die Frau machte auf dem Bänkchen etwas mehr Platz, sodass ich mich dazugesellen konnte.
Ich fühlte mich unwohl, als ob ich mich selbst zu einer Party eingeladen hätte. Ich war Tourist und gehörte nicht dazu, sprach nicht einmal italienisch. Anouk war das Bindeglied zu der feiernden Gemeinschaft und ich ihr Anhang.
"Bist du kein Italiener?", fragte mich die Besitzerin des Hündchens amüsiert in einem kaum verständlichen Englisch.
Ich schüttelte lächelnd meinen Kopf und hauchte ein "no" aus meinem Mund. Die völlige Dame sprach etwas auf Italienisch zu Anouk, die schmunzelte.
"Warum nicht (?), möchte sie von dir wissen", übersetzte sie mit leichter Verzögerung.
"Weil beide Eltern Deutsche sind", begründete ich meine Antwort sanftmütig. Anouks Übersetzung folgte im nu.
"Haha, sie fragt dich, ob du sicher bist. Es gäbe viele feurige Italiener in Deutschland, glaubt die Dame", sprach meine Freundin, die mittlerweile beinahe synchron als Dolmetscherin fungierte.
Im ersten Moment fand ich es dreist, dass eine Fremde meiner Mutter einen Seitensprung unterstellt, doch im zweiten Anlauf hörte ich die Aussage mit einem anderen Ohr. Einem Ohr, das der Dame eine gute Laune sowie eine südländische Leichtigkeit attestierte. Meine verkrampften Mundwinkel entspannten sich und ich musste grinsen.
"Ich bin Italiener im Herzen", lautete meine Antwort. Die Übersetzungskünste meiner Freundin mündeten in einem herzlichen Lachen der unverblümten Italienerin, das beinahe ansteckend war. Sie stand plötzlich auf und kam kurz darauf mit drei kleinen Gläser Limoncello zurück, die in einem Festzelt ausgelegt waren, aus dem laute italienische Musik schallte.
Wir nahmen alle einen kräftigen Schluck und waren im Nu mit der Hundebesitzerin Paola "per du". Vittorio, ein zierlicher Mann mit Schnauz, dessen hellbrauner Pulli wohl zwei Nummern zu gross war, mischte sich auf sympathische Art in unser Gespräch ein. Sie waren direkte Nachbaren und haben viel zusammen erlebt. Paola sprach eine Stunde später viel von ihren Kindern, die in Mailand, New York und gleich um die Ecke in Quarto d'Altino leben. Für all ihre Lieben sei die idyllische Insel nicht gross genug gewesen, fasste Anouk alles für mich sinngemäss zusammen.
"Oh mein Gott! Sie will wissen, ob wir Kinder wollen", sprach Anouk plötzlich belustigt zu mir.
"Haben wir doch heut Morgen geklärt. Vier Stück", sprach ich ebenso amüsiert.
"Na ja. Schon speziell, dass wir uns schon heute auf eine Antwort verständigen müssen", stellte die Frau aus Monaco vielleicht zu recht fest.
"Ich bleibe dabei. Warum nicht", sagte ich irgendwie entschlossen. Es ist vielleicht nur eine Spielerei.
"Ahhh, das ist verrückt. Nach nur einem Tag", fuhr Anouk verblüfft fort.
"Na, hast du ihr gesagt, dass ich dein Freund bin?", wollte ich wissen.
"Ja, schon", fuhr sie belustigt und peinlich berührt fort.
"Dann ist das doch eine legitime Frage", neckte ich Anouk.
"Sì, ci pensiamo", hörte ich Anouk zu Paola sprechen, noch bevor ich eine Antwort auf meinen Kommentar erhielt. Anouks Aussage löste bei der Italienerin pure Begeisterung aus. "Sie ist überzeugt, dass viele Kinder viel Freude bereiten. Du musst also ziemlich produktiv sein, mein Lieber", übersetzte Anouk wieder fleissig und lachte herzhaft nach dieser Aussage. Ich streichelte ihren Rücken und schaute ihr zufrieden ins Gesicht.
"Mit dem grössten Vergnügen", sprach ich und war überrascht, dass Anouk rot anlief. Ich hörte, wie im Hintergrund eine italienische Schnulze von Rocco Granata namens "Marina" gespielt wurde. Um meine Eroberung aus der von mir verursachten Verlegenheit zu befreien, reichte ihr meine Hand und forderte sie indirekt zum Tanz auf. Anouk wirkte positiv überrascht. Ich umarmte sie und hielt mit meiner linken Hand ihre rechte und tanzte im Takt der Melodie. Doch schon nach zehn Sekunden fand der Song bereits ein Ende.
Ich war etwas enttäuscht und hörte danach plötzlich einen Italo-Pop Song von Ricchi & Poveri. Ich konnte das Lied "Sarà Perché Ti Amo" früher nicht ausstehen und wollte zusammen mit Anouk zurück zu Paola und Vittorio. Doch meine Partnerin zerrte mich ins Festzelt auf die Tanzfläche.
"Ich mag diesen Song. Komm, tanz weiter", sprach Anouk verspielt und voller Vorfreude. Ich wollte sie nicht enttäuschen. Wir tanzen, vollzogen Drehungen und alberten lachend rum. Ich hatte plötzlich ein Mordsgaudi. Und da war es wieder. Dieses Gefühl, mit Leben und Liebe geflutet worden zu sein. Wir drehten uns mehrmals, sodass das Festzelt wie verschwommen im Hintergrund um uns kreiste und nur das Gesicht meiner monegassischen Schönheit eine zauberhafte Konstante war. Ich konnte nicht anders, als mich beim Anblick von Anouk ein weiteres Mal in sie zu verlieben. Es war so, als ob ich mich seit gestern vier oder fünfmal in die gleiche Frau verliebt hätte.
Flüchtig bemerkte ich, dass immer mehr Leute um uns herum tanzten. Unsere Tanzbewegungen waren zum Teil von Ulk sowie Ernsthaftigkeit begleitet. Ich war mental komplett befreit. Nur im Hier und Jetzt, konnte meine Vergangenheit abschütteln und endlich unbeschwert in die Zukunft blicken.
Mich überraschte, dass ich plötzlich diesen Song mochte. Er war auf einmal so stimmig, voller Lebensfreude und passte ideal zu diesem herzlichen und fröhlichen Ort. Ich wäre nirgends lieber gewesen als hier, auf Burano, zusammen mit Anouk, Paola und Vittorio.
Die drei Minuten vergingen wie im Flug. Der Song kam leider viel zu früh zu einem Ende. Wir standen danach noch immer Händchen haltend auf der Tanzfläche und schauten uns schwer atmend und irgendwie komplett überwältigt an, als ob wir gerade unglaublich guten Sex gehabt hätten und Lust auf mehr hätten. Ich umarmte und küsste Anouk zärtlich auf ihre wunderschön geschwungenen Lippen.
Mir war heiss, sodass ich einen weitern Knopf an meinem Hemd öffnete, während Anouk vier Gläser Limoncello besorgte. Wir setzten uns wieder in der gleichen Konstellation wie vor ein paar Minuten an den Tisch. Nur mit der Ausnahme, dass ich fortan meine rechte Hand nicht mehr von Anouk lassen konnte. Wir schauten uns oft verliebt in die Augen. Sie lächelte dabei so wie gestern, als ich ihr beim Abendessen im Restaurant dieses und jenes erzählt hatte. Aber jetzt benötigten wir keine Worte mehr.
Wir lachten viel, lernten weitere Bewohner kennen, die unglaublich starke Persönlichkeiten waren und teilweise äusserst laut sprechen und wild gestikulieren konnten. Es war Italien pur.
Um uns für die unerwartete Teilnahme am Nachbarschaftsfest erkenntlich zu zeigen, suchten Anouk und ich einen Dorfladen und kauften dort ein paar Flaschen Wein, die wir ihnen zum Abschluss überreichten. Die Zeit drängte. Wir mussten mit dem Vaporetto langsam zurück nach Venedig.
Eine ungeahnt lange Warteschlange reihte sich am Anlegeplatz vor uns auf. Ich hatte ernsthafte Zweifel, ob wir alle im heranfahrenden Boot Platz finden werden. Doch glücklicherweise lag ich falsch. Wir hätten noch Sitzplätze einnehmen können, doch überliessen wir diese ein paar älteren Einheimischen, völligen Amerikanern und müden Kindern.
Anouk und ich fanden ein halbwegs diskretes Plätzchen und umarmten uns. Unsere anfängliche Zärtlichkeit wurde sporadisch von einer spürbaren Gier überrollt. Ich war überrascht, wie bestimmend und auch lustgetrieben Anouks Küsse plötzlich wurden. Als Reaktion auf diese neue Ebene der Sinnlichkeit hatte ich plötzlich eine unglaubliche Beule in meiner Hose, die Anouk keineswegs störte. Sie pendelte kaum spürbar und nahezu in Zeitlupe ihren Unterleib an meinem Ständer entlang.
"Ich liebe dich. Tut mir leid. Ich kann nicht anders. Ich musste es dir jetzt sagen", flüsterte ich sinnlich in ihr Ohr. Ihr Körper war warm, während der kühle Oktoberwind unseren Leibern entlang wehte.
"Ich dich auch. Ich bin unglaublich glücklich", entgegnete Anouk fast betrunken wirkend und küsste mich mit ihren wohltuenden Lippen. Ich drückte sie fest an mich, als ob sie mein Leben oder die Luft zum Atmen wäre.
Nach einigen Stopps kamen wir endlich am Anlegeplatz 'Fondamente Nove' in Venedig an und spazierten ziemlich speditiv zum Parkplatz unseres Shuttlebusses, der hinter dem Bahnhof lag. Zehn Minuten später sassen wir im Bus und verhielten uns wie Turteltauben in der hintersten Sitzreihe. Wir überquerten die Brücke, die die Altstadt von Venedig mit dem Festland verbindet und fuhren relativ direkt und ohne Geschaukel wie im Wassertaxi unserem Ziel entgegen.
Doch allmählich nahm uns die Müdigkeit wieder ein. Zwar fühlten wir uns nicht wie am Abend zuvor wie seelenlose Zombies, waren aber geschafft von den vielen Kilometern, die wir heute zu Fuss zurückgelegt haben. Auch die vielen Eindrücke des Tages schenkten uns nun eine angenehme Bettschwere. Irgendwie war ich nicht ganz unglücklich darüber, weil so allfällige erotische Begehrlichkeiten vielleicht garnicht erst aufkommen.
Wir assen im Hotelrestaurant noch einen kleinen Happen und jetzt stand ein weiteres Thema an. Gehen wir zu mir oder zu ihr? Nimmt jeder sein eigenes Zimmer? Ich war gespannt.
"Nochmals vielen Dank für gestern und den heutigen Tag, ich habe die Zeit dir mit allen Sinnen genossen", sprach ich zu Anouk.
"Mon Dieu. Das alles kam völlig unerwartet und ist irgendwie unbeschreiblich", erwiderte meine Freundin.
"Ja, lassen wir es einfach zu, ohne gross darüber nachzudenken. Meine Gefühle wurden überrollt, aber auf eine zauberhafte Art und Weise. Es passt einfach", sprach ich aus meinem Herzen.
"Und wie geht es jetzt weiter?", wollte Anouk zu Recht von mir wissen.
"Ich habe gehofft, dass ich dir diese Frage stellen kann", verliess meinen Mund. Vielleicht war die Aussage plump, aber jedenfalls ehrlich.
"Was hältst du davon, wenn wir nach unserer Ankunft in Dubai den darauffolgenden Tag zusammen verbringen würden? Ich hätte gerne mehr Zeit mit dir", wollte Anouk von mir wissen. Ich war selig.
"Das klingt super. Aber ich habe leider keinen Tag Pause. Sie haben mir noch einen Flug nach New Delhi reingewürgt", liess ich sie enttäuscht wissen und sprach diesen Satz mit einem indischen Dialekt und wackelte dabei mit dem Kopf.
"Oh. Welcher Flug?", fragte sie einfühlsam.
"Die Maschine um 21:25 Uhr. Hätte schlimmer sein können", liess ich sie wissen. Es gab mehrere tägliche Verbindungen, eine verliess Dubai sogar morgens um 4 Uhr in der Früh.
"Was meinst du? Liegt vielleicht ein Brunch oder Lunch für uns drin?", wollte sie wissen. Sie hatte zu meiner Freude fast schon eine stürmische Art.
"Ich denke schon. Vielleicht sollten wir unsere Nummern tauschen, damit ..."
"Hallo ihr Lieben", hörte ich plötzlich meine Kommandantin zu uns sprechen.
"Hey, Clementine!", neckte ich Stacy, die nicht auf den Spruch einging. Sie kam wohl gerade von ihrem Besuch bei der befreundeten Familie zurück. Stacy trug eine Blue Jeans, kombiniert mit einer weissen Bluse und darüber eine dünne olivgrüne Militärjacke mit der deutschen Flagge darauf, die sie mir stolz aber wortlos präsentierte. Sie tippte mit ihrem Zeigefinger zweimal auf die Flagge und grinste mich an. Stacy sah sehr schnittig aus. Sie drehte sich zu Anouk um.
"War Martin pflegeleicht? Ohne Hose hat er mir wesentlich besser gefallen. Ich habe ihn fast nicht wieder erkannt", scherzte sie zu Anouk.
"Er war pflegeleicht, wenn auch phasenweise unberechenbar", scherzte die Frau aus Monaco.
"Schöööön", sprach Stacy sanftmütig und drehte ihren Kopf strahlend zu mir, nachdem sie das vorherige Wort wie auf ihrer Zunge hat zergehen lassen.
"Ich muss jetzt ins Bett. Die Kinder meiner Freundin waren unglaublich süss, aber stehen jeden Tag schon um 6:00 Uhr auf. Gott, ich muss mich vom Besuch erholen", sprach sie unglaublich kameradschaftlich.
"Dann erzähl mir doch morgen mehr. Ich will alle Details wissen", lies ich mich von Stacys euphorischer Art anstecken. Sie sah müde aber glücklich aus. Erst nachdem sie uns nach etwas belanglosem Geplänkel verlassen hatte, überkam mich ein schlechtes Gewissen, dass ich mit ihr auf den Hinflug gevögelt habe und jetzt mit Anouk zusammen bin.
"Alles klar, Martin?", wollte meine Freundin wissen.
"Ja, wieso meinst du?", wollte ich im Gegenzug von ihr wissen.
"Du wirkst gerade etwas nachdenklich", sprach sie wohlwollend besorgt.
"Ach, es kamen mir nur ein paar Gedanken wegen des morgigen Fluges in den Sinn", versuchte ich zu beschwichtigen.
"Dann ist ja gut", sprach Anouk zufrieden.
"Ach ja. Ich hab noch einen Gedanken auf die Frage, wie es weitergeht. Meinst du, wir können heute zusammen 'The Tonight Show with Conan O'Brien' anschauen? Ich hätte richtig Lust darauf", sprach ich zu Anouk und sie schaute mich überglücklich an.
"Das ist eine unglaublich tolle Idee", sagte sie begeistert. Wir machten uns auf zu den Fahrstühlen.
"Wollen wir zu mir oder zu dir?", sprach ich derart übertrieben, dass ich diese Frage bewusst ins Lächerliche gezogen habe.
"Ist mir egal, Schatz!", sprach sie so, als ob sie das Wort Schatz ins Lächerliche ziehen wollte. Offenbar gefiel ihr mein vorhin genanntes Kosewort nicht wirklich.
"Dann bin ich ganz Gentlemen und komme zu dir", sprach ich.
"Das ist freundlich von dir, mon Chéri!", sprach Anouk. Wir betraten den Lift und ich drückte mein Stockwerk, damit ich meine Siebensachen packe, um sie ins Zimmer meiner Freundin zu nehmen. Mit einem leichten Rattern ging die Lifttür zu.
Plötzlich spürte ich, wie Anouks Hände ausgestreckt meine Brust berührten und nach oben zu meiner Halspartie glitten. Ihre Daumen ruhten letztlich zärtlich an meinen Wangen. Ein sinnlicher Kuss folgte auf diese überraschende Aktion. Auch mich überkam in diesem Moment die pure Lust. Ich umarmte sie stürmisch mit beiden Armen und drückte ihren Körper an meinen, während sich meine Zunge sinnlich in ihren Mund zwängte. Mit einem bestimmenden Schritt drückte ich sie an die Wand des Fahrstuhls, was ordentlich schepperte. Ich konnte sie so noch intensiver spüren, was auch Anouks Gier nach meinem Körper zu befeuern schien. Ihre Küsse wurde dämonisch sinnlich, eine Hand glitt an meinen Hintern und begann ihn zu kneten. Ein Signalton erklang. Wir hatten unser Stockwerk erreicht, leider. Wir liessen enttäuscht aber doch zufrieden voneinander ab und versuchten wie brave Bürger zu wirken.
Gott sei Dank gingen wir auseinander, da ein älteres Pärchen vor unserem Lift stand und ihn übernahm. Wir gingen den fensterlosen Korridor entlang und ich öffnete mein Zimmer und betrat es zusammen mit meiner Traumfrau. Ich weiss nicht warum, aber ich wollte sie noch immer vor mir schützen, sie nicht mit meiner Gier verderben. Anouk wirkte noch immer so unglaublich rein auf mich, sie war so viel besser wie ich. Selbst ihre sinnlichen Vorboten, wie gerade eben im Lift, vermochten daran nichts zu ändern. Ich hoffte, dass sie hier in meinem Zimmer nicht weitermachen will.
Mit ein paar wenigen Handgriffen hatte ich meinen Plunder überraschend schnell beisammen, was Anouk wohl ziemlich beeindruckte.
"Ich hoffe, mein Zimmer ist so aufgeräumt wie deins", sagte Anouk fast etwas verunsichert. "Bist du immer so ... 'strukturiert'? Ich meine, dein Kulturbeutel liegt parallel zum Waschbecken und Deo, Aftershave sowie Parfüm sind in einem 45 Grad-Winkel angeordnet. Du bist mir ein Schlawiner", fuhr Anouk fort und musste sich ein Lachen verkneifen, was ihr nur halbherzig gelang.
"Nicht immer. Na ja, du hast bestimmt viel mehr Make-up und Kleider dabei. Da kann auch mal was durcheinander kommen", spekulierte ich ins Blaue.
"Darf ich kurz dein Bad benutzen?", wollte sie von mir wissen und vielleicht das Thema wechseln.
"Klaro, dann lohnt es sich wenigstens, dass morgen das Zimmermädchen kommt", verliess flappsig meine Lippen. Nach Anouks Pipi-Pause verliessen wir mein Zimmer und machten uns auf den Weg ins Gemach meiner Freundin. Ich hatte mit Koffer, Crew-Bag und meiner Uniform beide Hände voll. "Du glaubst es nicht. Ich habe trotzdem das Gefühl, als ob ich etwas vergessen hätte", sprach ich ein ungutes Gefühl aus. Anouk grinste mich überlegen aber sichtlich verliebt an.
"Hast du auch. Deine Uniformhose. Die müssen wir Morgenvormittag noch in der Wäscherei abholen", sprach sie so, als ob sie alles im Griff hätte und dieses Vorhaben bereits minutiös geplant wäre.
"Siehst du, ich wusste, dass da noch was war", sprach ich bestätigend und schaute sie ebenso verliebt an. Ich gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Backe, als Dankeschön für ihre selbstlose Unterstützung. Wir standen vor ihrer Zimmertür, die die hübsche Frau öffnete. Ihr Körper in dem grünen Kleid sah auch von diesem Winkel unglaublich schön aus.
Ich betrat ihr Zimmer. Es war augenscheinlich wesentlich kleiner, wie jenes von mir.
"Es ist nicht ganz so grosszügig bemessen wie dein Zimmer, für den Fall, dass du zurückmöchtest", sprach Anouk das Offensichtliche aus. Ihrem Gesichtsausdruck war zu entnehmen, dass sie genau wusste, dass ich ohne sie nirgendwo hingehen werde.
"Ich empfinde das Zimmer als kuschlig. Genau richtig für zwei Turteltauben, wie wir es sind", sprach ich überzeugend. Und ja, ich meinte jedes Wort so, wie ich es ausgesprochen habe. Ich war froh, dass wir für diese Nacht zu zweit die Intimität eines Einzelzimmers auskosten konnten, um Anouks Nähe zu spüren.
"Ich finde es auch schön. Die kommenden Tage werden für mich schwierig sein, ohne dich", stimmte Anouk ein.
"Die Zeit mit dir fühlt sich so unglaublich vertraut an. Und da ist diese Leichtigkeit, diese unaufhaltsame Verkettung von einzigartigen Events", sprach ich eifrig, als ob ich alle Fakten aneinanderreihen und gleich mit der Konklusion auftrumpfen würde.
"Das alles war pure Magie", hauchte Anouk in mein Gesicht, als sie mir näher kam, um mich zu umarmen. Ich hatte sofort eine Gänsehaut, es schoss mir wahrlich kalt den Rücken runter. Sie hatte recht. Es war tatsächlich alles wie von einer höheren Macht gesteuert. Die Einsatzänderung, das mit der Hose, die Buchhandlung, die Oper, die Müdigkeit samt Hotelbesuch, das Quartierfest und die tausend kleinen Berührungen.
Und plötzlich war ich in Gedanken wieder in der Metrostation, nachdem ich mich damals von Sonja verabschiedet hatte. Da war auf einmal dieser Bill, ein wildfremder Mann, der mir einen Zaubertrick gezeigt hatte, um mich über diesen Tiefpunkt, über die Melancholie des Augenblicks, zu trösten. Ich glaubte während seiner Begegnung nicht mehr an die Liebe und an die damit verbundene Magie. Doch seine Worte halten bis heute nach: "Lass die Magie zu und hinterfrage sie nicht", lauteten damals seine weisen Worte. Wie recht er damit hatte. Ich liess mich auf Anouk ein. Versuchte nicht an meine "Frauengeschichten" und die jüngste Vergangenheit zu denken. Ich liess mich ganz auf Anouk und die damit verbundene Magie ein.
Und wie aus dem Nichts hielt ich jetzt dieses wundersame Wesen in meinen Armen, das mein Herz in Windeseile erobert hatte. Sie war wie ein Hase, den ein Magier überraschend aus einem Hut zaubert. Und Anouk fühlte sich so unglaublich vertraut an - nach meiner Vergangenheit, meiner Zukunft und dem Hier und Jetzt.
"Ja, pure Magie", wisperte ich sanft und umarmte diese Frau noch einen Zacken fester, wie ohnehin schon. Wir beide seufzten zufrieden.
"Was da noch alles kommen wird!?", sprach sie genüsslich und irgendwie verräumt in meine Richtung. Wir schaukelten kaum spürbar im Zuge dieser zauberhaften Umarmung, die für unsere Seelen, nicht aber für unsere Leiber bestimmt war.
"Was wir wissen ist, dass wir vier Kinder haben werden", sprach ich anmassend wie ein Grosskotz. Anouk stiess einen amüsierten Lacher aus.
"Aber vorher steht noch was ganz anderes an. Weisst du noch, wovon ich spreche?", flüsterte Anouk sinnlich und löste damit eine prickelnde Erregung in mir aus. Ich war kurz davor wie vor wenigen Minuten im Fahrstuhl meinen Verstand abzutreten und mich der Lust hinzugeben. Spielte sie damit auf das kurze und überbewertete Wort an, das mit einem S beginnt und mit X aufhört? Ich schüttelte den Kopf und hoffte, sie meint etwas anderes. Hätte sie mich jetzt danach gefragt, den Akt der Liebe gemeinsam zu vollziehen, wüsste ich nicht, wie meine Antwort lauten würde. Ob ich ein weiteres Mal die Kraft hätte, abzulehnen?"Hab' ich dir vor zehn Minuten erklärt. Morgenfrüh, nachdem wir aufgestanden sind, holen wir gleich deine Hose ab, Freundchen. Ich möchte nicht, dass Flüge ohne Uniformhose zu einer Marotte bei dir werden", scherzte sie charmant.
"Glaub mir. Ich bin froh, wenn ich die Hose endlich mit einem guten Gefühl wieder anziehen kann. Vielen Dank. Für alles", sagte ich und küsste unschuldig, aber dafür umso zärtlicher, abermals ihre warmen und weichen Lippen. Es fiel mir schwer, meinen Mund von ihrem zu lösen. Auch Anouk wollte nicht so recht. Wir küssten uns plötzlich mit Zunge, mein Herz pochte wild.
"Wie spät haben wir es?", wollte Anouk plötzlich von mir wissen, als sie sanft von mir abliess. Ich hatte den Eindruck, sie plane etwas.
"Ich weiss nicht", sprach ich etwas perplex und überlegte, wo ich die Zeit ablesen könnte. Meine bessere Hälfte griff nach ihrem Handy und stellte fest, dass wir in gut einer viertel Stunde eine Aufzeichnung der Conan O'Brien Show anschauen könnten, sofern wir im Hotel einen bestimmten Sender empfangen könnten.
"Ich gehe vorher noch kurz duschen und mache mich frisch. Ich fühle mich total schmuddlig", informierte mich Anouk. Sie betrat das Bad und streifte sich all ihre Kleider der letzten 24 Stunden ab, die ich mittlerweile bestens kannte. So wie sie diesen Plan an mich herangetragen hatte, wirkte es nicht wie eine Einladung ihr zu folgen, sie mit dem Konzept "Dusche à la Martin" vertraut zu machen. Ich wäre ihr gerne gefolgt, platonisch versteht sich, aber ich liess ihr den Freiraum.
Zugegeben, ich hatte Respekt davor, dass sie nach der Dusche plötzlich in einem Hauch von Nichts vor mir stehen würde, sich nach etwas sehnt, das ich ihr nur mit einem schlechten Gewissen schenken könnte. Gott, ist sie mir wichtig.
Meine Sorgen waren glücklicherweise unbegründet, als sie Minuten später in einem Bademantel gehüllt ihren Schlafanzug suchte. Ich versuchte in der Zwischenzeit den Sender zu finden. Anouk setzte sich zu mir aufs Bett und kämmte ihr Haar. Mein Zappen fand plötzlich ein Ende, als ich den rothaarigen und zynisch veranlagten Showmaster irischer Herkunft erblickte. Wir beide grinsten.
Es stellte sich als eine Wiederholung heraus, die vor einer Woche schon über den Äther ging. Ein gewisser Schauspieler namens Jake Gyllenhaal stellte sich den Fragen des gewieften Showmasters. Sein Name, über den sich Conan etwas lustig machte, sagte mir nichts, obwohl mir seine Gesichtszüge unterbewusst irgendwie vertraut waren.
"Sagt dir der Typ was?", wollte ich von Anouk wissen.
"Ja, das ist der Typ aus dem Film Brokeback Mountain", antwortete Anouk postwendend, wie aus der Pistole geschossen.
"Ah, waren das die schwulen Cowboys?", wollte ich meine Zweifel mit der Frage wegwischen. Anouk lachte herzhaft.
"Also wirklich! Schwule Cowboys. Etwas Besseres fällt dir nicht ein?", fragte sie gespielt entsetzt aber doch auch charmant.
"Hä? Ist doch der Film, oder? Ich meine, jeder Film wird in meinem Kopf mit zwei 'Stichworten' abgespeichert", versuchte ich zu erklären.
"Ja schon. Klang jetzt aber irgendwie doppeldeutig", stichelte die Frau aus Monaco.
"Doppeldeutig? Ich dachte schwule Cowboys sind eine ziemlich eindeutige Definition für den Film. Terminator war für mich der 'Gnadenlose Killerroboter' oder Indiana Jones der 'Archäologe mit Peitsche'", versuchte ich zu klären. Anouk schaute mich spitzbübisch an.
"Archäologe mit Peitsche sind aber drei Wörter", zog sie mich durch den Kakao. Ich musste lachen.
"Ja. Aber das mit schwulen Cowboys ist ja nicht despektierlich. Ich meine, schwul zu sein, ist doch ganz okay. Wenn es schwule Piloten gibt, dann darf es doch auch homosexuelle Cowboys geben.
"Ja schon. Ich war nur von dieser pointierten Aussage überrascht. Klar, das ist eigentlich keine Beleidigung. Aber heutzutage musst du jedes Wort auf einer Waagschale abwägen. Drum hört man solche 'Kraftausdrücke' eher selten", erklärte Anouk ihre Erfahrungen.
"Ich möchte mich bei dir entschuldigen, sollte ich mit meiner plumpen Aussage bei dir Unbehagen ausgelöst haben. War nicht meine Absicht", wollte ich einen Deckel auf das Gespräch legen, das vielleicht ungewollt ein Missverständnis ausgelöst hat.
"Kein Ding. Ich schätze deine direkte Art", erwiderte Anouk charmant. Ich sah erst jetzt in ihrem Gesichtsausdruck, dass sie mit mir spielte und wohl nicht einen homophoben Provokateur in mir sah. Sie grinste. Ich schmunzelte, weil ich ihr wohl auf den Leim gegangen bin.
Wir schauten uns die Sendung an. Es war interessant zu sehen, dass wir teils bei unterschiedlichen Pointen der Talk Show-Legende lachen mussten. Bei den herzhaften Lachern waren wir aber nahezu synchron. Es war wie Seelenbalsam zu sehen, wie Anouk gluckste oder sich manchmal vor Lachen im Bett krümmte.
Nachdem die Sendung zu Ende gegangen war, rutschte ich zu Anouk und küsste sie, auf das sie dankbar und hocherfreut einging. Erneut gaben unsere Küsse kund, dass unser Verlangen nach weitaus mehr bis anhin unterdrückt geblieben war und sich zu entfesseln drohte. Werden wir es ein weiteres Mal schaffen, uns kurz vor jenem Kipppunkt der unbändigenden Lust und Gier voneinander abzuwenden und der Ratio zu folgen?
Ich hatte das Gefühl, meine Kontrolle zu verlieren. Wir küssten uns immer leidenschaftlicher. Noch nie habe ich ihren Speichel dabei derart bewusst wahrgenommen. Meine Hand schlich sich unter ihren Bademantel und massierte flüchtig und ganz sachte ihren weichen und warmen Körper an den unterschiedlichsten Stellen. Als sie zu ihrem Busen wanderte, stelle ich überrascht fest, dass ihre Brustwarzen steinhart waren, und zu Boten ihrer zügellosen Lust mutiert waren. Doch nun lenkte eine unerhört prickelnde Kussbewegung Anouks meine Sinne wieder zu ihrem Antlitz. In einer Vorwärtsbewegung legte ich mich langsam auf Anouk, die mit mir verspielt eine Drehung vollzog, die mich auf den Rücken legte. Es war eine Wohltat ihren Körper zu spüren. Der Bademantel verdeckte nur noch mancherorts mehr schlecht als recht ihren kurvigen Leib. Ich irrte, dass unsere Küsse an Intensität nicht zunehmen könnten.
Mit einer zarten Bewegung zog sich ihre Zunge langsam und sanft aus meinem Mund zurück und schien dabei warm und weich meine Oberlippe durchzupflügen. Sie wurde sinnlich zwischen ihre Zunge und Oberlippe gequetscht, bevor ihre wunderschön geschwungenen Lippen zu meiner Unterlippe glitten und sich um sie ballten und in die Länge zogen. Ich spürte sofort einen Impuls in meinem Penis, als Anouk perfekt orchestriert ihren Unterleib zu meinem Schoss manövrierte und an mir rieb. Es fühlte sich so an, als ob Anouk jede meiner Körperregungen unglaublich akkurat deuten konnte. Ich erschrak beinahe aufgrund ihrer Sinnlichkeit, die wie eine neue Ölquelle aus dem Boden schoss. Ich war ihr ergeben, sie hatte die Führung übernommen.
Ich lag nun wehrlos auf meinem Rücken, sie auf mir. Ich war enttäuscht, dass ich mich nicht zu wehren vermochte, sie nicht mehr vor mir schützen konnte. Aufgrund meiner Position fühlte ich mich wie ein Käfer, der ebenso hilflos auf dem Rücken lag und sich nicht aus eigener Kraft zu drehen vermochte. Ich hoffte, dass mich meine Schuldgefühle danach nicht zerdrücken, so wie eine Zeitung, die voller Wucht auf den Käfer einschlägt.
"Ich liebe dich", verliess meine Lippen, als ob wir gemeinsam von einer Klippe springen würden, zu zweit eine Dummheit begehen. Diese Worte sprach ich in einen weiteren Kuss. Ich konnte förmlich spüren, wie meine Lippen für diese Bekundung Spannung aufbauten, und sie von Anouks weichem Mund liebkost wurden. Ihr Speichel benetzte meine Unterlippe und ich Dummkopf küsste noch lustgetriebener auf sie ein und presste ihren Kopf fest an mein Gesicht. Ich hoffte, dass meine Liebe zu dieser Frau alle Hindernisse und Täler überwinden lässt. Ich wollte ihr sagen, was ich fühle und mich von einem möglichen Fehler irgendwie reinwaschen.
Stöhnend erhob sie ihren Kopf. "Oh mein Gott. Ich liebe dich auch", hörte ich sie wieder zur Besinnung kommen. Sie rutschte langsam und auch irgendwie verführerisch zu meiner Rechten ab, ich folgte mit einer leichten Drehung ihrer Bewegung. Wir küssten uns zärtlich, aber nicht mehr so lustgetrieben wie ein paar Sekunden zuvor. Sie lächelte mich stets verräumt an, alsbald sie ihre Lippen von mir löste. Anouk hatte einen liebevollen Gesichtsausdruck, als ob sie in Erfahrung bringen wollte, was für ein Kuss welche Gefühlsregungen bei mir auslöst. Sie war unglaublich zärtlich, verspielt, und liess sich Zeit, was jeden Kuss so kostbar machte. Sie hatten Tiefgang. Ich hätte den Rest meines Lebens so verbringen können. Wir umarmten uns.
"Wow, und das ist nur das Vorspiel", hielt Anouk fast irgendwie benebelt und überrumpelt wirkend fest.
"Wie ich sagte: Lebensverändernd", sprach ich und Anouk lachte und ergänzte schalkhaft "und dadurch Lebensverlängernd. Schon klar". Sie atmete schwer, als ob sich ihre Erregung noch nicht komplett abgebaut hatte.
"Wow, deine Augen. Ich könnte mich darin verlieren", sprach sie, als sie mir eine Weile ins Gesicht schaute. Auch ich genoss ihre Erscheinung, ihre Augen, ihr zauberhaftes Wesen. "Kennst du Bombay Bicycle Club?", wollte sie überraschend wissen.
"Du meinst die Band?", wollte ich einen Irrtum ausschliessen. Ich könnte es nicht fassen, wenn sie diese coole Band kennen würde. Sie steckt voller Überraschungen.
"Nein, ich meine den Fahrradverein Mumbai", scherzte sie munter. Ich wollte ihr etwas entgegnen, doch sie fuhr gleich fort. "Klar meine ich die Band. Ich höre mir in letzter Zeit oft das Lied 'Your Eyes' an. Sorry, für diese nutzlose Information. Kam mir gerade in den Sinn, als ich mich in deinen Augen verloren habe", sprach sie etwas verlegen, als ob sie mit dieser Information zu viel von sich preisgegeben hätte.
"Ganz im Gegenteil. Du machst dir überhaupt kein Bild davon, wie toll ich das finde, dass meine Freundin Bombay Bicycle Club kennt. Ähm, ist es ein Lied aus dem neuen Album mit den zwei stilisierten Köpfen drauf?", wollte ich wissen.
"Ähm, Moment", hörte ich und Anouk drehte sich zu ihrem Nachttisch und griff nach ihrem Handy. Sie war abermals komplett nackt. Die Monegassin drehte sich wieder zu mir und zeigte mir das Cover. Es war erstaunlicherweise genau jenes, das ich mir kurz vor meinem Umzug nach Dubai heruntergeladen habe. Ich griff nun nach meinem Handy und zeigte ihr das gleiche Album in meiner Mediathek. Wir grinsten. Sie liess wohl das vorhin genannte Lied laufen. Es schien irgendwie nicht an mir hängengeblieben zu sein.
"Cooler Song. Ich weiss nicht warum, aber bei mir blieb nur das Lied namens 'Shuffle' in Erinnerung", liess ich sie wissen.
"Kein Wunder, bei deinen vielen Partnerwechsel", scherzte Anouk. Diese Aussage liess mich herzhaft lachen. Diese Frau hat einen tollen Humor. Sie liess meinen Song gleich im Anschluss laufen. Diese Bemerkung führte mir unglaublich sympathisch vor Augen, dass meine Vergangenheit dieses zauberhafte Frauenzimmer noch immer beschäftigte, sie aber bereits in der Lage war, diesem Thema mit Humor zu begegnen. Ich mochte ihre schelmische Art.
"Jetzt gibt es nur noch dich", sprach ich zärtlich. Anouk kuschelte sich an mich.
"Endstation. Ich liebe dich. Bitte tu mir nicht weh", zeigte sich Anouk von ihrer verletzlichen Seite. Für nichts auf der Welt würde ich das Risiko in Kauf nehmen, sie zu verletzen.
"Niemals", liess ich sie wissen und tauchte meine Nase zwischen ihren Nacken und den Schultern ab und inhalierte ihren Duft. Sie tat es mir gleich.
Wir lagen wortlos im Bett und schliefen tiefenentspannt ein, als wir die beruhigende Atmung unseres Gegenübers spürten. Es war gottesgleich ein weiteres Mal ihren Bauch rhythmisch an meinem zu spüren.
"Aufstehen, du Schnarchnase", hörte ich Anouk voller Tatendrang aber dennoch irgendwie entspannt sagen.
Noch bevor ich meine Augen öffnete und mich etwas in die Matratze kuschelnd durchsteckte, spürte ich ihre weiche Hüfte und meine Arme umklammerten in einer sanften Umarmung ihren Oberkörper. Ihre Lippen waren das nächste, was ich zu spüren bekam.
"Ich schnarche doch nicht?!", liess ich sie wissen. Noch nie habe ich diese Rückmeldung erhalten.
"Und wie!", hielt Anouk entgegen. "Vielleicht hast du dich ohne Hosen verkühlt?", alberte Anouk rum.
"Echt jetzt?", wollte ich schockiert wissen.
"Echt jetzt!", bestätigte Anouk gut gelaunt mit einem Kuss.
"Okay. Dann tut mir das wirklich leid. Ich hoffe, du konntest trotzdem tief schlafen!?", sprach ich wehmütig und in Sorge, dass sie meinetwegen vielleicht unausgeruht den Rückflug antreten muss.
"Alles halb so wild. Ich hoffe, du hast mich nicht schnarchen gehört. Ich sei offenbar so lautstark wie eine Handsäge, liess mich mein Ex wissen", erklärte mir Anouk.
"Nein, du warst wieder einmal grossartig", erklärte ich Anouk. Sie hatte meinen Schlaf in keinerlei Hinsicht beeinträchtigt.
"Da bin ich aber froh", sprach sie erleichtert. "Sollen wir Frühstücken und danach deine Uniformhose aus der Wäscherei holen?", folgte ziemlich gelassen und doch pflichtbewusst. Man konnte subtil spüren, dass die überbordende Leichtigkeit der letzten Tage ihren Zenit überschritten hatte, da der Mittagsflug zurück in unsere Wahlheimat immer näher kam.
Ich stimmte zu und wir machten uns auf den Weg ins Hotelrestaurant, um unser Frühstück einzunehmen. Sie bestellte einen Cappuccino, ich einen Doppio. Mein Appetit hielt sich heute in Grenzen und ich würgte das eine und das andere in mich rein. Anouk und ich waren erstaunlich ruhig. Sie war eine Augenweide. Ich schaute ihr gerne dabei zu, wie elegant sie ihr Besteck hielt und ihre mundgerechten Häppchen genussvoll kaute. Ihre Eltern schienen wohl viel Wert auf Tischmanieren zu legen. Jedenfalls wurde mir bewusst, dass ich die nächsten Tage diese unglaubliche Frau nicht mehr so intensiv erleben kann, sprich nur noch ein gemeinsames Mittagessen in Dubai drin lieg, bevor ich in das Land fliege, in dem der Indus entspringt. Nach diesem Fluss benannten die Briten damals ihre einstige Kolonie.
Auch Anouk war ruhig. Ich hatte den Eindruck, ähnliche Gedankengänge in ihrem Gesicht zu lesen. Wie gestern im Café glitt ihre Hand rüber zu mir. Wir hielten uns wortlos für die nächsten zehn Minuten und nippten in der zweiten Runde an unseren Kaffees.
"Es ist an der Zeit", liess mich Anouk wissen. Wir standen auf und spazierten zügig zur Wäscherei. Wir mussten glücklicherweise nur vier Minuten warten, bis der Laden seine Pforten öffnete.
Gut gelaunt überreichte Anouk ihnen den Zettel, um meine gewaschene Hose zu erhalten. Heute stand eine junge Frau hinter dem Tresen, die etwas unsicher wirkte. Sie nahm den Zettel und machte sich auf die Suche.
Anouk lehnte sich an den Tresen und lächelte mich verliebt an, als ob sie in Erfahrung bringen wollen würde, wie wir die Zeit jetzt nutzen. Ich umarmte sie und sprach über unseren gestrigen Ausflug nach Burano. Ich realisierte mitten im Gespräch, dass wir schon knapp zehn Minuten die Zeit totschlugen und die Uniformhose noch immer nicht da war.
Meine Freundin rief der Dame freundlich auf Italienisch zu. Diese schaute noch kommentarlos durch zwei Kleiderstangen, an denen mehrheitlich Hemden und Anzugshosen hingen. Ihr Kopfschütteln verhiess nichts Gutes.
Die Dame erklärte Anouk, dass sie die Hose nicht auf Anhieb finden konnte. Ich war beeindruckt, wie meine Freundin Ruhe mit einer Bestimmtheit in ihr Tonalität verbinden konnte. Sie hatte etwas unglaublich Konstruktives an sich. Nachdem sich die junge Frau abermals dazu aufgemacht hatte, nach meiner Uniformhose zu suchen, erklärte mir Anouk, dass gleich ihr Chef käme, um ihr zu helfen.
Ich rüstete mich für den schlechtesten Fall und bat Anouk später zu erklären, dass ich mir vielleicht aus einem Repertoire aus verloren gegangenen Hosen mir einen Ersatz aussuchen soll, um wenigstens den Rückflug einigermassen würdevoll durchzuführen.
Plötzlich suchten drei Personen den Stoff, den meine Beine umhüllen sollten. Plötzlich wurde mir klar, warum es uns im Grunde untersagt war, Teile der Uniform extern reinigen zu lassen. Ich machte mir Gedanken, wie ich einen möglichen Verlust meiner Airline melden würde. Mich nervte plötzlich wieder mein kopfloses Herumgevögele, das mich nun ein weiteres Mal in der Gegenwart einholt.
Plötzlich platzte ein herzhafter Lachanfall aus Anouk heraus. Ich spürte, wie ihre Stirn sich an meiner linken Schulter abstützte und sie in meine Brust lachte.
"Eine Pointe von Conan?", wollte ich überrasch von ihr wissen.
"Nein. Deutscher Pilot und seine Hose. Das war ja irgendwie sowas von klar", sprach sie und lachte gleich weiter. Ich tat es ihr gleich. Tja, wenn's mal nicht läuft, dann läuft's nicht. "Tut mir so leid, dass ich dich in eine solche Situation gebracht habe", entschuldigte sich Anouk bestens amüsiert.
"Ich habe mich in diese Situation gebracht", sprach ich wieder etwas ernsthafter. Wie befürchtet traten nun der Chef sowie die junge Mitarbeiterin mit einer schlechten Nachricht an uns heran.
"Habt ihr eine Ersatzhose?", übermittelte Anouk mein Anliegen sogleich auf Italienisch. Ohne lang zu warten, brachte der Patron ein paar Hosen, die wohl schon lange nicht abgeholt wurden. Zeitgleich füllte ich ein handgemachtes Formular aus, für den Fall, dass die Hose doch auftauchen sollte. Der Besitzer staunte nicht schlecht, als er eine Adresse in Dubai erblickte.
Ich versuchte auf Teufel komm raus eine Hose auszuwählen, die dem Blau unserer Uniform nahekommt. Anouk erwies sich dabei als äusserst hilfreich. Ich durfte zwei Hosen mitnehmen. Zurück im Hotel realisierte ich, dass ich für eine der beiden locker fünf bis zehn Kilo zulegen müsste. Die andere passte am Bund hervorragend und auch die Farbe stimmte fast überein. Doch sie war wie eine Hochwasserhose geschnitten, sprich meine Beine gut 4-5 Zentimeter zu lang.
Anouk lachte herzlich, als sie mich in der zweiten Hose erblickte. Ich hörte die charmante Frau wieder glucksen. "Meine Güte. Seit wir uns kennen, sind deine Hosen stets ein Thema. Wenigstens passt die Farbe", sprach die Frau aus Monaco blendend amüsiert, als ich für einen Abgleich meinen Uniformblazer angezogen hatte. Ich atmete etwas frustriert aus.
"Hast du einen konstruktiven Vorschlag, was ich machen soll? Ich habe keine Ahnung. Soll ich meine Blue Jeans anziehen oder diese olle Hochwasserhose? Bei der Jeans gäbe es vielleicht Probleme wegen der Uniform am Flughafen und das andere sieht einfach bescheuert aus ...", sprach ich etwas genervt.
"Ich weiss garnicht, was du hast. Hochwasserhosen passen doch ausgezeichnet zu Venedig", scherzte sie grinsend und musterte meine Reaktion. Ich gab ihr einen Kuss. Sie grinste gewinnbringend. Anouk erachtete die zu kurze Hose als das kleinere Übel. Ich stimmte ihr zu. Was soll's. Ich habe gare keine anderen Optionen. Nachdem sich die monegassische Traumfrau wieder gefangen hatte, beobachte ich, wie Anouk sich für den Flug herzurichten begann. Sie schien alles routiniert und irgendwie prozessual abzuwickeln, jeder Handgriff sass. Ich war überrascht, wie aufwändig sie sich frisiert hatte und wie langwierig das Schminken war. Unzählige Döschen, Stifte, Pinsel und Schatullen nutzte Anouk, um sich zu gemäss den Vorgaben unserer Airline zu stylen. Für mich sah es so aus, als ob sie sich für eine Theaterrolle bereit machen würde.
Ich hatte das Gefühl, dass sich das für den Flug herauszuputzen bei Zsa Zsa damals weniger aufwändig war. Nicht dass die Ungarin hübscher gewesen wäre, sondern weil sie es vielleicht nicht so genau nahm wie meine jetzige Freundin. In der Zwischenzeit schaute ich mir das Briefing Package meiner Fluggesellschaft kurz an und bereitete mich auf den bevorstehenden Rückflug vor. Sporadisch schielte ich zu Anouk. Sie war unglaublich süss zu beobachten. Ich liess den Song "Angel" von Jack Johnson laufen, was Anouk ein Grinsen entlockte.
"Warum der Song?", wollte sie von mir wissen. Wir blickten uns tief in die Augen.
Einfach so. Mir war gerade danach", antwortete ich, mein Blick haftete noch immer felsenfest in ihren traumhaften Augen. Sie lief rot an, ich lächelte ihr ins Gesicht. Sie wusste es, auch wenn ich mich über ihren Anblick verdeckt hielt.
Danach zog ich mein Hemd an und die fremde Hose streifte ich zuletzt über meine Beine. Irgendwie fragte ich mich, wer jetzt gerade meine Uniformhose mit meiner Personalnummer sowie dem nicht so schmucken Barcode auf der Innenseite des Bundes anhatte. Ist es vielleicht ein Banker, der einem Kunden einen ohne Herzblut verwalteten Fonds andrehen will oder ein Pastor, der während eines Gottesdienstes monoton einen Bibelvers vorliest? Ich visualisierte aber auch einen Anwalt, der gegenüber einem Mandanten seinen übertrieben hohen Kostenvoranschlag verteidigt sowie einen Unternehmensberater, der bei einer schmucken PowerPoint-Präsentation gerade den Namen eines alten Kunden durch den eines neuen ersetzt, um dem Unternehmen die gleiche Strategie zu verkaufen.
Jedenfalls blickte ich kurz ins Gesicht der nun fertig geschminkten Monegassin. Ich vergass die Tiefwasserhose augenblicklich. Sie war bildhübsch, doch offen gestanden gefiel sie mir dezent geschminkt etwas besser. Selbst ohne Schminke war sie eine Augenweide. Sie hatte all das nicht nötig. Doch die elegante Art und Weise, wie sie ihr Haar zu kämmen pflegte, oder wie graziös sie ihr Make-up aufzutragen wusste, faszinierte mich.
Bei dem Anblick kam überraschend ein Gedanke auf, der mich beflügelte aber ebenso an meiner Beziehungsfähigkeit zweifeln liess. Diese gedankliche Kapriole kam für mich viel zu früh, hätte für jeden klar denkenden Menschen ein Tabu bleiben müssen. In mir keimten plötzlich Gedanken an meine ungeborene Tochter auf. Wahrscheinlich würde sie ebenso gebannt und stillschweigend wie ich Anouk eines Tages beim Schminken beobachten, um sich ihre Techniken und Abläufe abzuschauen, um sie später heimlich in ihrem Kinderzimmer vor einem Spiegel nachzuahmen. Anouk wäre sicherlich ein glänzendes Vorbild für das kleine Mädchen, das ihrer Mutter eines Tages in nichts nachste ...
"Alles in Ordnung?", wollte Anouk plötzlich liebevoll von mir wissen.
"Ja. Ich war nur in Gedanken", sprach ich vielleicht verträumt wirkend.
"Du sahst gerade unglaublich glücklich aus", liess sie mich wissen. Ich war von ihrer Beobachtung beflügelt und lief trotzdem aus Scham rot an.
"Ich habe an unsere gemeinsame Zukunft gedacht", liess ich durchblicken.
"Wenn ich nicht gerade frisch geschminkt wäre, hätte ich dich jetzt ganz fest umarmt und geküsst. Ich will dich aber nicht schmutzig machen", sprach Anouk. Man sah ihr an, dass sie es ernst meinte.
"Komm, lass uns heimfliegen", sprach ich zu der hübschen Frau. Wir verliessen ihr Zimmer und checkten aus.
Auf die Frage hin, ob wir einen schönen Aufenthalt gehabt hätten, antwortete meine Freundin selig mit einem 'Ja' und fügte hinzu, dass wir wiederkämen. Dies freute den Rezeptionisten sowie meine Wenigkeit, da sich Anouk genauso wie ich eines Tages wieder von der Magie dieser Stadt verzaubern lassen möchte.
Wir gesellten uns zu den anderen Mitgliedern der Crew. Wir mussten ja schliesslich in Erfahrung bringen, wie deren Aufenthalt war. Maria schwärmte von der Architektur Venedigs, beschwerte sich aber mehrheitlich über das Essen und die Preise.
Während die Spanierin so richtig in Fahrt kam, spürte ich plötzlich Anouks Arm, der sich an meinem Rücken entlang schmiegte und kurz darauf die dazugehörige Hand, die sie tiefenentspannt und mit einer kaum fassbaren Selbstverständlichkeit zärtlich auf meiner rechten Hüfte ablegte. Sie bekannte sich öffentlich zu unserer Beziehung. Ich war total geflasht. Es war so, als ob das schönste Neujahrsfeuerwerk gerade vor mir abgehen würde. Die Situation war mir erstaunlicherweise keineswegs peinlich.
Ebenso erstaunt über den Vorgang waren Maria und ein paar andere Crew-Angehörige. Sie liessen es sich kaum anmerken, doch das Nonverbale sprach mehr als tausend Worte.
"Ich sehe, ihr habt euch gut verstanden", sprach Maria zu uns, nachdem ihre Ausführungen über ein angeblich schlechtes Preis-Leistungs-Verhältnis zu einem Ende gekommen waren. Sie sprach zu uns, blickte aber primär zu Anouk.
"Ja, wir hatten eine traumhafte Zeit", sprach die Monegassin und streichelte gegen den Schluss ihrer Aussage auf meinem Rücken auf und ab. Es wirkte alles so vertraut.
"Ja, wir sind zusammen", sprach ich das vielleicht Offensichtliche aus.
"Wow, ich bin noch nie während einer Rotation mit einer Pilotin zusammengekommen", scherzte Kevin aus Manchester mit seinem gewinnbringenden Slang aus der Industriestadt. Ich wusste zwar nicht, was mein Job jetzt damit zutun hat, nahm es aber so auf, als ob er vielleicht im Subton durchblicken lassen wollte, dass wieder mal eine Flugbegleiterin einen Piloten abschleppen wollte. Vielleicht habe ich das auch nur in seine Aussage hineininterpretiert. Ich hatte aber keine Antwort für ihn bereit.
"Haha, dann hättest du dich eher an Stacy als an uns halten müssen", sprach Benisha, eine Südafrikanerin mit indischen Wurzeln.
"Wer hätte sich an mich halten müssen?", mischte sich Stacy von hinten an Benisha heranpirschend ein. Mein Captain legte wie ein guter Kumpel ihre Hand auf Benishas Schulter und lächelte sie mit ihrem breiten Stacy-Johnson-Grinsen freudig an. Ich freute mich, sie zu sehen - als Kumpan.
"Amélie und Martin sind zusammen", sprach Benisha unglaublich fröhlich. Sie schien sich für uns zu freuen.
"Anouk", korrigierte meine Freundin freundlich. Es wirkte keineswegs vorwurfsvoll.
"Sorry. Ich kann mir deinen Namen einfach nicht merken", sprach die indisch aussehende Flugbegleiterin aus Pretoria.
"Kein Thema. Ich wollte nicht, dass Gerüchte aufkommen, dass Martin sowohl mit mir als auch einer Unbekannten namens Amélie zusammen ist", sprach Anouk scherzhaft.
"Das würde zu Martin passen", scherzte Stacy. Irgendwie hielt ich diesen Spruch für ziemlich doof. Sie kennt mich, im Vergleich zu den anderen. Aber sie muss doch meine Altlasten nicht vor mir fremden Personen publik machen, besonders nicht vor Anouk. Für die anderen war sie ein Kapitän, mit dem ich zufällig einen Flug abwickele. Dass wir eine kurze gemeinsame Vergangenheit geteilt haben, uns gut kannten, wusste die Crew nicht. Ich hoffe, Stacy hat das auf dem Radar.
Meine Freundin blickte etwas überrascht zu mir, als ob sie vorsichtig meine Reaktion prüfen würde. Sie sah mir an, dass ich mich unwohl fühlte. Ich hätte gern gesagt, dass ich nicht Jörg Kachelmann bin. Da aber niemand ausser mir Anspielungen aus dem deutschsprachigen Raum verstanden hätte, liess ich es bleiben. Ich kannte niemanden, der weltweit berühmt dafür war, mehrere Beziehungen gleichzeitig zu führen.
"Danke für deinen geistreichen Kommentar", verliess meine Lippen in Richtung Stacy.
"Das sind aber gute Neuigkeiten", entgegnete Stacy und lächelte Anouk und mich abwechslungsweise an, gefolgt von einer kollegialen Umarmung. Zuerst Anouk, dann war ich an der Reihe. Der blöde Spruch von gerade eben wurde durch die Gegenwart getilgt. Anouk und Stacy schwatzen munter miteinander, als wir uns zum Bus aufmachten, der uns zum Flughafen fährt.
Der Flug aus Dubai hatte etwas Verspätung. Die Besatzung wartete am Gate und wir blickten auf den A330-200, der gemächlich zu seinem Standplatz rollte. Zusammen mit kleinen Kindern und Luftfahrtsenthusiasten standen Stacy und ich vor der grossen Scheibe und schauten auf das Geschehen auf dem Vorfeld.
"Sag mal. Warum ist deine Uniformhose plötzlich so kurz?", wollte Stacy überraschend von mir wissen und grinste dabei breit. Ich hatte den Sachverhalt bereits erfolgreich verdrängt.
"Wir haben meine Hose zu einer Wäscherei gebracht und sie haben das gute Stück leider verloren. Das hier ist eine Ersatzhose. Die Beste, die zur Verfügung stand", antwortete ich.
Stacy begann daraufhin hysterisch zu lachen. Man sah ihr an, dass es ihr peinlich war, so die Beherrschung verloren zu haben. Irgendwie waren die Passagiere um uns rum aber fröhlich, einen herzhaft lachenden Kapitän zu erblicken.
Ein Kind schaute Stacy erstaunt an und fragte, was so lustig ist. "Schau mal, wie stark mein Copilot über Nacht gewachsen ist", sprach Stacy zu dem aufgeweckten Mädchen.
"Wow", hauchte das Mädchen voller Erstaunen, als sie mich in meinen zu kurzen Hosen erblickte.
"Spinat funktioniert wirklich", sagte Stacy zu dem Mädchen, das meiner Kommandantin zunickte. "Wohin fliegst du, meine Süsse?", wollte Stacy von ihr wissen.
"Zurück nach Dubai", sprach die Tochter eines Expats. Stacy wollte wissen, wo ihre Mutter sitzt und fragte nach dem Ticket ihrer Tochter.
"Wenn du mitkommen willst, zeige ich dir mal das Cockpit und den Flieger", sprach Stacy zu dem Mädchen und ihrer Mutter. Das Mädchen war begeistert und ihre Mutter willigte ein, ihre Tochter nachher in Cockpit abzuholen.
Die Besatzung, die den Airbus aus Dubai gebracht hat, verliess den Flieger. Wir winkten uns zu oder grüssten flüchtig die Kollegen. Ich kannte niemanden. Über die Fluggastbrücke betraten wir den Flieger, mit dabei die kleine Suzanne, die mutig genug war, mit fremden Erwachsenen den Flieger zu betreten. Sie war sichtlich stolz.
Wir gingen direkt ins Cockpit, besprachen den bevorstehenden Flug. Stacy nahm daraufhin das Mädchen mit zum Outside Check. Suzanne zog hierzu extra eine gelbe Sicherheitsweste an und konnte sich jetzt das Flugzeug aus nächster Nähe anschauen. Sie wirkte in der Weste irgendwie süss aber auch gewissermassen verloren.
In der Zwischenzeit fütterte ich das sogenannte MCDU mit unserem Zielflughafen, Ausweichflugplatz, der Flugroute und allerlei anderen Informationen, die für unseren heutigen Flug relevant sind. Heute bestand meine Aufgabe primär darin, Stacy in ihrer Rolle als fliegender Piloten zuzuarbeiten, den Sprechfunk durchzuführen sowie Stacys Aktivitäten aufmerksam zu überwachen und gegebenenfalls einzuschreiten.
Ich war fokussiert, aber offengestanden fehlte mir Anouk manchmal für den Bruchteil einer Sekunde. Klingt bescheuert. Aber die Omnipräsenz dieser zauberhaften Frau hat mir in den vergangenen 48 Stunden neues Leben eingehaucht. Jeder Moment mit ihr war wie ein Stück vom Himmel.
Glücklicherweise konnte ich die Gedanken verdrängen und war konzentriert bei den Flugvorbereitungen. Suzannes Eltern holten ihre Tochter dankbar aber ohne ausschweifendes Geplänkel ab. Sie haben wohl mitbekommen, dass Stacy und ich die Kiste trotz verspäteter Ankunft des Flugzeugs baldmöglichst in die Luft bringen wollten.
Wir ackerten uns effizient durch alle Abläufe durch, für privates war keine Zeit. Aus Sicherheitsgründen ist vom Rollen bis zu einer definierten Flughöhe untersagt, über nicht betrieblich Notwendiges zu sprechen. Stacy lenkte den grossen Vogel auf dem Rollweg mit dem gleichen Blick, wie sie damals ihren BMW auf den Strassen von Dubai steuerte. Der Start sowie der Steigflug verlief ohne die geringsten Vorkommnisse.
Ich blickte auf den Höhenmesser und sah, wie das Band eine Höhe von 10 000 Fuss überschritt und im Begriff war, weiter auf unsere Reiseflughöhe zu steigen. Als der Wert keine Sekunde später auf 10 040 Fuss kraxelte, vernahm ich Stacys Stimme.
"So. jetzt sag mal. Wie war dein Aufenthalt? Ich will alles wissen", sprach mein Kapitän freundschaftlich.
"Es war unglaublich. Viel gesehen, viel erlebt. Und zum Glück habe ich mich entschieden in die Oper zu gehen", erzählte ich und wollte noch weiter ausführen, um auf Anouk sprechen zu kommen.
"Gib es zu, du wolltest ihretwegen dort hin", sprach Stacy grinsend.
"Es hörte sich gut an und ich war in Stimmung mal eine Vorstellung zu erleben", sprach ich.
"Wärst du mit Kevin auch in die Oper gegangen?", hakte Stacy spitzbübisch nach. Ich spürte keinen Ansatz von Eifersucht oder von Vorwürfen in ihrer Stimme. Trotzdem erschrak ich aufgrund ihrer Aussage. Selbst ich habe mir vor zwei Tagen die exakt gleiche Frage gestellt und mit einem Nein beantwortet.
"Kevin ist ein Charakterkopf und man muss schon in Stimmung sein, pro Minute drei Pointen zu hören. Aber das mit Anouk war unglaublich. Alles fühlte sich so unglaublich natürlich an. Ich würde es noch einmal genau so machen", begann ich zu erzählen.
"Wow, das freut mich für dich. Was habt ihr alles gesehen?", wollte Stacy aufrichtig interessiert von mir wissen. Sie schien sich wirklich für mich und Anouk zu freuen.
"Also das 'Teatro La Fenice' versteht sich. Auch eine charmante Buchhandlung haben wir besucht. Dort sind die meisten Bücher wegen des Hochwassers auf Gondeln ausgestellt. Aber nach der Aufführung waren wir so müde, dass wir spontan ein Hotel in der Altstadt gebucht haben", fuhr ich fort, als sich Stacy perfekt getaktet in meinen Monolog einbrachte.
"Also ihr habt schon ...?", sprach sie kryptisch, ich wusste aber bescheid.
"Nein, ich wollte noch warten. Es gab in jüngster Vergangenheit jemand anderes. Ich wollte nicht gleich unmittelbar danach mi einer anderen Frau loslegen", sprach ich zwar durch die Blumen, doch ich sah Stacy an, dass sie genau wusste, über wen ich gerade gesprochen habe. Sie wirkte gerührt.
Sie streckte irgendwo zwischen bedacht und eilig ihren rechten Arm aus und griff nach meinem Unterarm. Ich spürte ihre Hand nur marginal auf meinem Ärmel. "Ich wünsche euch alles Glück dieser Welt. Diese Person aus der jüngsten Vergangenheit ist bestimmt auch okay damit. Da bin ich mir ganz sicher. Anouk ist goldig", sprach Stacy, als sie meinen Unterarm mit einer Auf- und Abbewegung zu streicheln begann. Sie lächelte mir zu. Ich war für diesen Wink mit dem Zaunpfahl äusserst dankbar.
"Und wir waren an einem Dorffest in Burano, einem Fischerdorf mit vielen bunten Häuschen. Es war herrlich. Oh, und wir haben 'The Tonight Show with Conan O'Brien' angeschaut", wechselte ich das Thema, um nicht noch mehr über die Beziehungsebene zwischen Stacy und mir zu schnacken. Die Britin grinste mich an. Ich wusste nicht weswegen.
"Gyyyyllenhaaaaal'en", plärrte Stacy so, wie es gestern Conan tat, als er sich über den Namen seines halbschwedischen Studiogasts lustig gemacht hatte. Ich musste herzhaft lachen.
"Auch geschaut?", fragte ich, als ich wieder Luft zum Atmen hatte.
"Ja, gestern Abend im Hotel", antwortete sie grinsend. "Gyyyyllenhaaaaal'en", erklang es erneut. Ihre Pointe kam wieder mit einem perfekten Timing.
"Halt, halt, halt, liebes Fräulein. Du bist mir noch eine Antwort schuldig. Was hast du vor Conan alles in Venedig erlebt?", wollte ich von ihr wissen.
"Du würdest mit den Augen rollen, wenn ich nochmals 'Gyyyyllenhaaaaal'en' sagen würde, stimmt's?", fragte sie keck und grinsend. Ich rollte mit den Augen, und Stacy lachte herzhaft.
"Jetzt im Ernst. Ich hatte echt 'ne tolle Zeit, obwohl nichts Spektakuläres passiert ist. Wir haben gute Gespräche geführt, lecker Italienisch gegessen. Ich habe mit ihren Kindern Lego und Tea-Party gespielt, es war einfach herrlich und unverkrampft. Und ich fand es schön bei den Spaziergängen die vielfältige Natur zu sehen. Das fehlt mir in Dubai am meisten. Es war ein Stück heile Welt. Und das Beste ist, ich kann Maggie über fünf Jahre lang nicht sehen, und wenn ich mit ihr zusammen bin, ist es wieder so wie gestern. Und sie hat eine tolle Familie wie aus dem Bilderbuch", sprach Stacy unglaublich herzlich. Ich konnte förmlich spüren, wie gut ihr der Besuch getan hat.
"Es sei dir gegönnt, dass du eine schöne Zeit erleben durftest. Du hast im Hotelrestaurant erzählt, dass die Kinder schon früh losgelegt haben? Hoffentlich war es nicht zu streng?", fragte ich aufrichtig interessiert.
"Scheisse ja. Das war fast kriminell. Die Tochter kam um halb sechs zu mir ins Gästezimmer kuscheln, weil wir ganz dicke waren. So eine Süsse", schwärmte Stacy. Ich hoffe, ich bekomme auch mal so ein warmherziges und zauberhaftes Mädchen. Nur eins", fügte sie schmachtend hinzu.
"Das wirst du ganz bestimmt. Wie die Mutter, so das Kind", fügte ich an.
"Es war schön. Aber mir wird beim Gedanken bange, jeden Tag und jede Nacht für ein Kind da zu sein. Krankheiten, schlaflose Nächte nach einem Action-Film. Vielleicht bin ich schon zu alt dafür. Jedenfalls spüre ich heute ein gewisses Schlafdefizit", erklärte Stacy und gähnte, während sie sich geradezu in die Sitzlehne kuschelte.
"Ist schon etwas früh für 'Controlled Rest', findest du nicht?", neckte ich Stacy, die prompt lachte. Unter diesem Begriff verstehen wir Piloten eine kurze Ruhepause im Cockpit, in der wir für rund eine halbe Stunde von den Aufgaben der Flugdurchführung entbunden sind. So können wir kontrolliert ein Nickerchen machen oder uns entspannen, während der andere Pilot die Kontrolle übernimmt und Maschine aufmerksam überwacht. Auf diese Art halten wir unsere Leistungsfähigkeit während eines Fluges oder langen Arbeitstages aufrecht und beugen Übermüdung vor. Selbstverständlich ist dieses Prozedere klar geregelt. "Du bist nicht zu alt. Du machst das sicher fabelhaft, wenn es so weit ist", baute ich Stacy auf.
"Zuerst muss ich noch den Vater meiner Kinder finden, dann schauen wir weiter", sprach Stacy grinsend. "Ahhh", stiess meine Kommandantin irgendwie erfreut wirkend aus, als ob sie ein Gedanke eingenommen hat. Sie griff zu einem Papier und begann mit Kugelschreiber was zu schreiben. Sie wirkte äusserst konzentriert aber auch angetan. Ich musste an den Hinflug denken und hoffte, dass der Inhalt diesmal jugendfrei ist. Stacy schien nicht mehr damit aufhören zu wollen, ihre Gedanken zu Papier zu bringen. "Hier, für dich", sagte sie etwas schüchtern wirkend und überreichte mir die Notiz, genauer gesagt einen halben Aufsatz.
"Lieber Martin, Ich freue mich sehr für dich, dass du mit Anouk einer tollen Frau begegnet bist und Amor euch beide getroffen hat. Es tut mir leid, dass ich dir auf dem Hinflug ein so unmoralisches Angebot unterbreitet habe. Ich hoffe, dass es für dich nicht unangenehm war, Anouk genau nach diesem 'Vorfall' kennen und lieben gelernt zu haben. Es war unbeschreiblich und ich hoffe, dass nichts zwischen uns steht und wir weiterhin gute Freunde bleiben können. Wie gesagt, ich freue mich sehr für euch und ich will, dass du weisst, dass es bei mir keine Erwartungshaltung gibt. Es war schön und einmalig. Bist du noch immer mein Kumpel?", las ich mit einem Grinsen.
"Kumpel, gewiss. Und vielen Dank für alles", schrieb ich als Antwort auf das Papier und reichte ihn Stacy. Diese lächelte erleichtert und liess die Notiz in ihrem Crew-Bag verschwinden.
Ich erblickte den Waypoint mit der Bezeichnung 'NAMAN' auf dem Navigationsbildschirm. Ab diesem Punkt wechseln wir von Istanbul zu Ankara Control, sodass ich schon die entsprechende Funkfrequenz in weiser Voraussicht vorbereitet hatte. Ich meldete mich danach mit Flugnummer und Flughöhe und erhielt speditiv die Freigabe für den entsprechenden Luftraum. Jetzt ging es quer durch die Türkei, danach streiften wir kurz Syrien, damit wir den halben Irak, Kuwait sowie den Persischen Golf überfliegen konnten. Angeflogen wird heute die Piste 30L.
Ein Anruf aus einer Küche. Stacy nahm wie der Blitz ab. Ich hörte sie sagen:
"Mhmm, mhm. Ja, ich denke schon ... Ich glaube, dass Martin es mit seinen Hochwasserhosen zu schätzen weiss, wenn du zu uns kommst", sprach Stacy und kicherte etwas, als sie den Satz zu Ende gebracht hatte. Ach ja, kannst du mir noch einen Kaffee bringen, ich bin todmüde", sprach Stacy gähnend in den Hörer. "Super. Vielen Dank ... also bis gleich", beendete die Britin das Gespräch.
"Anouk?", wollte ich neugierig wissen.
"Deine Freundin ist ein Schatz. Sie bringt mir Kaffee", schwärmte Stacy.
"Sie ist toll. Hast du nichts für mich bestellt?", neckte ich sie.
"Du hast doch schon alles", wetterte Stacy mit ganz viel Charme.
"Ein kleiner Snack geht immer", sprach ich erklärend.
"Nicht, dass auf einmal auch noch dein Hemd spannt. Mit der Hose zusammen würde deine Garderobe sehr zu wünschen übrig lassen", neckte mich Stacy.
"Möchtest du wegen der Müdigkeit ein Nickerchen machen, oder geht's noch? Ich bin topfit", fragte ich meinen Pilot in Command.
"Topfit? Hast du nicht die ganze Nacht durchgemacht?", wollte Stacy von mir wissen. Sie verzog ihr Gesicht, als ob sie nicht an den Cockpit Voice Recorder gedacht hätte.
"Wir haben keine Anstrengungen in diese Richtung unternommen", sprach ich kryptisch. Stacy wirkte überrascht aber zufrieden.
Anouk erbat Einlass und ich freute mich, sie zu sehen. Sie lief schnurstracks strahlend zu mir und realisierte, dass sie noch immer den Kaffee für Stacy in den Händen hielt. Sie überreichte ihn meiner Kommandantin über die Fensterseite, damit sie nichts über die Instrumente verschütten kann. Sicherheit geht nunmal vor. Ich bekam einen Kuss von der Monegassin, die mich verliebt anlächelte und sich auf den Jumpseat hinter Stacy und mir setzte.
"Schön, dich zu sehen. Ich habe dich vermisst", verliess meinen Mund.
"Ich dich auch", erwiderte Anouk.
"Ihr seid süss, ihr zwei", sprach Stacy.
Wir sprachen über dieses und jenes und hatten eine relaxte Atmosphäre. Stacy bekam von einer anderen Kollegin noch ihr Hotmeal und Anouk verliess uns schon viel zu schnell. Ich hätte sie bis Dubai bei uns ganz vorn haben können.
Mittlerweile setzte der Sonnenuntergang ein und die Wolken unter uns wurden in einen Schleier aus orange und lila gehüllt. Dieser Anblick erfüllt einen jeden Romantiker mit Dankbarkeit, dass man so etwas Schönes mit einer berufsbedingten Häufigkeit erblicken darf. Plötzlich rückt das Terrestrische in den Hintergrund.
"Weisst du was, Martin?", stellte mir Stacy plötzlich eine rhetorische Frage.
"Nein, Clementine. Ich weiss es nicht", sprach ich mit einer gesunden Erwartungshaltung.
"Also Werner. Ich glaube, das mit Sonja musste so sein. Sonst wärst du nie mit Anouk zusammengekommen. Die ist echt der Hammer. Hübsch, charmant und sie wirkt solide", sprach Stacy.
"Ja, genau. Sie wirkt solide, nicht wahr?", wollte ich nochmals von Stacy versichert bekommen. Ich hatte genau das gleiche Gefühl.
"Ja. Die würde niemals so einen Quatsch wie Sonja anstellen. Mach keine Fehler, dann wird das eine unglaublich schöne Liebesgeschichte werden", sprach Stacy.
"Ich hoffe. Es ist zu gut, um wahr zu sein. Ich hoffe wirklich, dass ich nichts falsch mache", sprach ich.
"Was soll schon schiefgehen? Anouk ist ein Selbstläufer. Das solltest du diesmal hinbekommen", sprach Stacy zuversichtlich. Ihr Wort in Gottes Ohr.
Der Flug schritt ereignislos voran, die Nacht brach allmählich herein und über dem Persischen Golf besprachen Stacy und ich den Anflug. Wenn alles gut geht, kommen wir vielleicht ein paar Minuten vor der planmässigen Ankunftszeit an. Bei mir stellte sich in letzter Zeit ein Gefühl des Nachhausekommens ein. Mittlerweile kannte ich an meiner sogenannten Homebase praktisch jedes Anflugverfahren, jeden Waypoint, ab dem der Endanflug beginnt. Ein schönes Gefühl.
Was sich heute aber etwas beklemmend anfühlt war, dass ich die kommenden Stunden allein verbringen muss und mich morgen nur ein gemeinsames Mittagessen mit meiner Traumfrau erwartet. Mir fiel ein, dass Anouk und ich noch unsere Nummern austauschen mussten.
Die Nase des Fliegers senkte sich und die Leistung unserer Trent 700-Triebwerke ging zeitgleich zurück. Der Sinkflug begann.
Die Landung in Matar Dubayy ad-duwali (Dubai International Airport) verging problemlos, überpünktlich. Ärgerlich war nur, dass wir aufgrund von technischen Problemen bei einer Fluggastbrücke noch einige Minuten warten mussten, bis die Passagiere den Flieger verlassen konnten. In scha'a 'llah (inshallah), wie die Araber zu sagen pflegen.
"Soll ich dich mitnehmen? Ich bin mit meinem Auto da", wollte Stacy von mir wissen.
"Du hast diesmal keine arabische Zeitung im Auto, oder?", fragte ich schelmisch. Das letzte Mal, als ich bei Stacy im Auto war, musste ich eine Zeitung über meinen Schoss legen, weil Stacy mir einen Handjob gab.
"Du bist doch jetzt in festen Händen, Sugar", sprach Stacy flirtend aber ebenso überzeugend.
"Auch du hattest damals alles fest im Griff", goss ich schalkhaft mehr Öl ins Feuer. Stacy lachte.
"Du bist jetzt vom Markt", konkretisierte Stacy. Es schwang, wenn ich es nicht besser wüsste, etwas Enttäuschung in ihrer Aussage mit.
"Und darum hast du keine Zeitung mehr im Auto?", neckte ich sie weiter.
"Stimmt genau. Darum sackt meine Allgemeinbildung gerade exponentiell ab", scherzte Stacy.
"Tatsächlich. Ich wusste jetzt auch während des Rückfluges nicht, worüber ich mit dir noch reden soll", triezte ich meinen Captain. Stacy grinste und schien die Pointe wohlwollend über sich ergehen zu lassen.
"Sugar, ich lasse dich gleich nach Hause laufen", scherzte Stacy und wir packten unsere Sachen und verliessen das Cockpit. Es dauerte knapp eine Minute, bis ich Anouk erblickte. Es war so schön.
"Schatz, wir müssen noch unsere Nummern tauschen", liess ich sie gleich wissen. Ich wollte das auf keinen Fall vergessen. Wir bewegten uns über die kleine Treppe am Fingerdock (Fluggastbrücke) zu unserem Bus, der uns vom Flugzeug ins Hauptquartier bringt. Obwohl es dunkel war, genoss ich die angenehme Wärme der Wüstenmetropole.
Anouk und ich setzten uns nebeneinander hin. Obwohl wir es aufgrund der lokalen Sitten nicht tun sollten, griff ich nach ihrer Hand und hielt sie etwas versteckt zwischen uns. Ich spürte unmittelbar darauf, wie ihr Daumen sanft den meinigen streichelte. Wir waren glücklich, wieder vereint zu sein. Der Bus setzte sich im Scheinwerferlicht durchfluteten Vorfeld in Bewegung und wir entfernten uns vom Airbus A330-200, der uns zuverlässig von Venedig nach Dubai gebracht hatte. Anouk strahlte mich erwartungsvoll lächelnd an.
"Kommst du mit Stacy und mir noch kurz in den Costa Coffee im EGHQ? Wir haben herausgefunden, dass wir beide in Dubai Marina wohnen und Stacy nimmt mich mit dem Auto mit. Aber sie möchte noch einen Kaffee trinken, weil sie ziemlich müde ist", erklärte ich Anouk.
"Klar", war das Wort, mit dem sie zeitgleich ihren Kopf auf meine Schulter legte. Ich wusste nicht, ob sie döste oder lediglich innehielt, um mich zu spüren, oder ob sie einfach nur kuschelte. Ich liess sie sein und fühlte mich geborgen, ihre Nähe zu spüren.
Ich freute mich auf mein Bett, obwohl ich die Nacht heute allein verbringen musste. Gern hätte ich die Zeit im Bus genutzt, um mit Anouk die Nummern zu tauschen oder um für den heutigen Tag einen Plan zu schmieden.
Die kurze Fahrt verging wie im Nu. Die wohlige Wärme von Dubai, sogar nach Mitternacht, tat mir irgendwie gut, vermittelte das Gefühl von zu Hause. Die Stimmung der Crew war irgendwie fröhlich, doch ich glaube, wir wollten alle schnell ins Bett. Denn einige Kollegen und Kolleginnen mussten in weniger als 24h wieder ihren Dienst antreten und womöglich in eine andere Klimazonen fliegen. So, nun durch den Zoll, und danach erwartet uns ein üppiges Abschiedsritual mit Küsschen auf die Backe, Schulterklopfer oder auch Handschlag stehen hoch im Kurs.
An meiner Seite blieb Anouk. Wir wurden geradezu zusammen verabschiedet und mit Gratulationen überhäuft. Stacy war noch im Gespräch mit einer Flugbegleiterin, die von Karachi zurückgekommen war und deren Besatzung neben uns stand.
Ich liess sie wissen, dass Anouk und ich schon Richtung Costa Coffee marschieren. "Okay. Also, bis gleich", sprach Stacy flüchtig und ich freute mich, nochmals ein paar Minuten in Zweisamkeit mit Anouk zu haben.
Wir hielten wieder Händchen, lösten sie kurz voneinander, alsbald wir einen Einheimischen in einem traditionellen Kandoora-Gewandt erblickten. Das ging überraschend schnell.
"Ich werde dich heut Abend vermissen", gab ich offen zu.
"Ich dich auch. Am liebsten würde ich gleich mit dir mitkommen. Aber ich habe keine Kleider mehr", sprach Anouk.
"Glaub mir. Kleider sind absolut kein Problem für mich", scherzte ich.
"Keine Kleider", sprach Anouk scharf betont aber humoristisch geprägt. Eine entgegenkommende Purserin schaute uns just in diesem Moment in ihrer dunklen Uniform verwundert aber auch ernst an, nachdem sie diesen Wortfetzen vernommen hatte. Anouk nahm das alles irgendwie locker, lachte und streckte seitlich ihren Ellbogen aus und beschleunigte ihren Schritt. Mit ihrem Ellbogen berührte sie sanft meinen Rücken etwas unterhalb meines Schulterblatts, sodass ich gezwungen war, meine Schritte den ihrigen anzupassen.
Anouk drehte sich nach ein paar gewonnen Metern zur Purserin zurück und winkte ihr charmant lächelnd zu. Auch diese schmunzelte nun und liess uns von dannen schreiten.
"Apropos Kleider. Mit dir wird sogar die Präsenz im Hauptquartier zum Spektakel", scherzte ich und nahm Kurs zur Filiale des britischen Kaffeehauses, das heute zu Coca-Cola gehört.
"Du hast eine ansteckende Art. Ich musste schliesslich von ihr wegrennen, damit sie nicht auch ein Selfie mit dir als Terence Hill Double macht", flirtete Anouk.
"Nervt dich meine Bekanntheit?", neckte ich die Monegassin.
"Ich muss schon schauen, dass dich mir niemand wegschnappt", scherzte Anouk halb ernst.
"Es gibt nur noch dich und irgendwann mal vier Kinder, vergiss das nicht", sprach ich und sah, wie Anouk gerührt rot anlief.
Am Tresen erwartete uns eine Kenianerin, die die gute Laune in Person verkörperte. Schätzungsweise 110 Kilo an hoch konzentrierter Lebensfreude liessen für uns beide die Nacht zum Tag werden.
"Hey Schätzchen, was darf's für dich sein?", fragte die Kenianerin locker flockig ohne Hintergedanken.
"Für mich bitte einen 'Flat White' und für meine bessere Hälfte einmal einen ...?", sprach ich und schaute Anouk fragend an.
"... einen Magic bitte", sprach sie fröhlich und konkret zugleich.
"Du hast die beste Wahl getroffen, Baby", sprach die fröhliche Barista.
"Magic ist einfach der beste Kaffee in eurem Hause", erklärte Anouk begeistert.
"Eigentlich meine ich deinen Freund", scherzte die Afrikanerin. Wir alle mussten lachen. Hüftschwingend begab sich die Frau zu ihrer auszubildenden Kollegin und zeigte ihr, was zu tun ist.
"Den gebe ich nicht wieder her", sagte Anouk noch immer lachend und schaute mich grinsend an.
"Cooler Hüftschwung, Zou Zou. Tanzt du Samba?", sprach ich ihr hinterher und sah den Milchaufschäumer mit Getöse aufdampfen.
"Hahaha, für dich und deine Süsse tanze ich Samba, Lambada oder den Tanz der Massai, Schätzchen", sprach sie amüsiert und bewegte sich Hüftwackelnd an eine andere Arbeitsfläche, um ihrer neuen Kollegin was zu zeigen. Ah, in einer Schublade befanden sich also die kurzen Löffel.
Wir nahmen unsere Kaffees in Empfang und setzten uns an einen Vierertisch. Irgendwie war es mir in diesem Moment scheissegal, ob uns jemand sehen könnte. Ich griff nach ihrer Hand und hielt sie nur Sekunden später innig.
"Wow, es läuft gerade ein Song von Ed Prosek. Ich habe mir sein Album erst vor zwei oder drei Wochen heruntergeladen", sprach ich überrascht zu Anouk. Dass der Song 'A Final Word' hiess, war mir entfallen.
"Die beste Fahrstuhlmusik, die ich je gehört habe", antwortete sie grinsend. Diese Referenz an die Bill Cosby Show erwärmte mein Herz. Ich mochte ihre Art und wusste in diesem Moment, dass ich mit ihr problemlos alt und grau werden könnte.
"So, jetzt sitzen wir da, und schauen uns an", beschrieb ich die Situation. Anouk lächelte mich sanftmütig an. "Wie geht es weiter?", wollte ich wissen.
"Ich hab eine Frage, die etwas in diese Richtung zielt. Ich möchte sie dir stellen, bevor Stacy wieder kommt. Vielleicht falle ich etwas mit der Tür ins Haus. So bin ich vielleicht manchmal", sprach Anouk etwas verlegen.
"Sprich. Die Frage wird bestimmt ihre Berechtigung haben. Einfach geradeaus", ermutigte ich sie.
"Ich würde dich gern ganz viel sehen", begann sie verhalten.
"Das ist doch wunderschön. Geht mir genau gleich", freute ich mich über ihre Aussage.
"Könntest du dir vielleicht vorstellen, mittelfristig mit mir in eine gemeinsame Wohnung zu ziehen?", fragte sie schüchtern. Ich war begeistert.
"Klar! Du kannst gern bei mir einziehen. Ich wohne im Herzen von Dubai Marina. Die Wohnung ist ein Traum, du wirst sehen. Sie ist wie ein Jackpot. Ich weiss nicht, warum ich so ein 'Bijou' bekommen habe", sprach ich, um auch mal ein französisches Wort zu benutzen.
"Ähm, wie soll ich sagen. Ich würde gerne zusammen in eine neue Wohnung ziehen", sprach Anouk ganz sympathisch und kompromisssuchend.
"Möchtest du dir meine nicht zuerst einmal anschauen?", wollte ich wissen, da ich meine Wohnung wirklich mochte.
"Wie soll ich sagen. Irgendwie belastet mich die Vorstellung mit dir in deinem Bett zu schlafen, wo schon am ersten Abend eine Frau mit dir darin gelandet ist. Es tut mir so leid. Ich fühle mich einfach nicht wohl beim Gedanken, eine von vielen zu sein. Ein neuer Ort würde mir da helfen", erklärte die Monegassin. Ich habe das nicht kommen sehen, obwohl ich ihr Anliegen irgendwie gut nachvollziehen konnte.
"Okay ... ähm. Ich verstehe", verliess meine Lippen wohl nachdenklicher, als ich es gerne gehabt hätte. Ich streichelte ihren Daumen und sie tat es mir gleich. Sie schaute mir tief in die Augen.
"Es tut mir so leid. Ich weiss, dass das viel verlangt ist und ich schäme mich dafür, dass ich so eifersüchtig bin", sprach sich Anouk entschuldigend aus. Sie wusste, dass das nicht der kleine Finger war.
"Schau, ich kann dich verstehen. Und wie ich gesagt habe. In den letzten Monaten sind ganz viele Dummheiten passiert. Und wenn das der Preis ist, um mit meiner Traumfrau durchzustarten, dann soll es so sein", willigte ich ein. Anouk war mir wichtiger wie meine Wohnung und Dubai Marina.
"Das würdest du für mich tun?", sprach Anouk gerührt und nahe am Wasser gebaut.
"Aber ja", sagte ich kompromisslos. Mein Entscheid überraschte selbst mich. Und es fühlte sich richtig an. "Komm, lass uns die Nummern tauschen", ermunterte ich meine Freundin, die prompt in ihrer Uniformtasche nach ihrem Handy wühlte. Ich erblickte darin das Buch, das Anouk in der 'Libreria Acqua Alta' gekauft hatte. Mir wurde bei dieser Erinnerung warm ums Herz und ich realisierte erneut, wie magisch der Aufenthalt mit ihr in Venedig war.
"Also, meine Nummer ...", sprach Anouk erwartungsvoll, als ob sie nun erzählen würde, an wen der Oscar verliehen würde. Ihre Nummer war für mich von grösserer Tragweite als der goldene Pokal, mit Sicherheit. Sie ruckelte auf ihrem Sessel und machte einen graden Rücken. "Also, der Klassiker mit + 9 7 1 ..."
"Hallo meine Lieben!", sprach Stacy voller Lebensfreude auf uns ein. Wir quittierten ihren Gruss mit einem "Hey", und legten unsere beiden Mobilfunkgeräte zur Seite. Dann muss es halt noch einen Augenblick warten.
"Na, habt ihr schon Pläne geschmiedet?", wollte Stacy von uns wissen, als sie ihren Espresso neben mir platzierte und sich zu mir setzte.
"Na ja. Wir wissen jetzt, dass wir uns zusammen eine neue Wohnung suchen werden und vier Kinder wollen", sprach ich halb ernst, halb scherzend. Anouk lief verlegen rot an und Stacy öffnete erstaunt ihren Mund und grinste vor sich hin.
"Wow, Werner! Was wäre passiert, wenn ich euch noch weitere zwei Minuten allein gelassen hätte?", sprach Stacy kollegial und schien etwas rund um ihre Espresso-Tasse zu suchen.
"Warum nennst du ihn Werner?", wollte Anouk irritiert aber amüsiert von Stacy wissen.
"Oh shit, ich hole mir noch kurz Zucker. Bin gleich wieder da", sprach Stacy. Jetzt wusste ich, wonach sie gesucht hat. Ich versuchte zu überbrücken.
"Ach, das ist eine lange Geschichte", begann ich zu erzählen, als bald eine Flugbegleiterin Anouk erblickte und euphorisch mit ihr zu sprechen begann.
"Hiiiii Anouk! Wow, dass wir uns schon wiedersehen!", sprach eine britische Flugbegleiterin.
"Hi, Amy. Schön dich wiederzusehen. So schön", sprach meine bessere Hälfte. Privatsphäre ist in unserem gigantischen Hauptquartier manchmal echt Mangelware.
"Ich musste selbst heute an unseren tollen Flug nach 'Dar es Salaam' zurückdenken", fuhr Amy fort.
"Ja, das war super. Ich komme aber gerade aus einem märchenhaften Einsatz aus Venedig zurück. Ich durfte mit meinem neuen Freund dorthin. Darf ich vorstellen, Martin", sprach Anouk und ich erhob mich, um Amy's Hand zu schütteln.
"Wow, so schön. Ich bin Amy. Und ich muss heut leider nach New Delhi", sprach sie ambivalent. Sie freute sich wohl, mich kennenzulernen, aber nicht so ihren Flug anzutreten.
"Wie witzig. Ich bringe euch dann morgen vielleicht den Flieger. A330?", wollte ich wissen.
"Nein, wir haben eine 'Triple Seven' geplant", erwiderte Amy.
"Stimmt, ich habe morgen die frühere Maschine. Aber ich wünsche dir einen guten Flug", sprach ich.
Amy verabschiedete sich von uns mit dem Versprechen, bald was mit Anouk in Dubai unternehmen zu wollen. Stacy sass bereits wieder neben uns und zwinkerte der Britin mit den Worten "Ciao ciao, bella!" freundlich zu. Sie kannten sich wohl nicht. Daher die flüchtige Verabschiedung.
"Clementine, da war ja richtig viel 'dolce vita' in deiner Verabschiedung dabei", neckte ich Stacy, während sie dem Espresso Zucker beimischte. "Ich glaube, du hast Espresso in deinem Zucker", neckte ich weiter.
"Sugar. Du weisst doch, dass ich immer ganz viel Zucker in meinen Kaffee tu", antwortete Stacy.
"Aber was hat das mit den falschen Namen auf sich? Gibt's da eine lustige Geschichte dazu? Bitte verratet es mir. Ihr habt sicher keine Geheimnisse vor mir", hakte Anouk kokettierend nach. Mir war die Frage unangenehm, weil ich nicht wusste, wo ich ansetzen soll.
"Ah, unsere Scharmützel", sprach Stacy amüsiert. Sie rührte mit einem kleinen Löffel in ihrer Tasse. "Martin hat mich geneckt, weil 'Stacy' seiner Ansicht nach nicht britisch genug klingt. Und Martin war mir zuwenig Deutsch. Das war die Geburtsstunde von Clementine und Werner", sprach Stacy generisch genug. Sie hat das ausgezeichnet gemacht.
"Ah, so war das", sprach Anouk zufrieden, endlich eingeweiht worden zu sein.
"Martin und ich kennen uns schon länger. Ich war eine seiner Instruktorinnen auf dem Airbus", sprach Stacy weiter.
"Ja, die strengste, die ich je hatte", sprach ich zu Anouk. Ich wählte einen Ton, damit Stacy hoffentlich merkt, dass mir das Thema unangenehm war.
"Ja, fing es dort eigentlich an mit dem Necken?", wollte Stacy vergnügt und grinsend von mir wissen.
"Ich weiss nicht mehr", hielt ich mich knapp und schaute runter zu meinen kurzen Hosen. Ich hoffte, das Thema zieht gleich weiter.
"Ahhh, nein! Jetzt hab ich's, meine Freunde! Es war der Flug, als Martin nach Dubai ausgewandert ist", sagte Stacy vergnügt und sichtlich glücklich, dass ihr das wieder eingefallen war. "Ich war nämlich PAD für den Flug von Frankfurt nach Dubai. Und da sass Martin neben mir. Was für ein Zufall. Wir haben uns echt gut verstanden und dort fing es an mit Clementine und Werner. Weisst du noch, wo wir ganz viele Shirley Temples oben in der Bar getrunken haben?", erzählte Stacy lachend und schaute mich vergnügt an.
"Ja, mir war ziemlich übel", sagte ich und betete zu Gott, dass das Gespräch an dieser Stelle enden würde.
"Es ist immer cool mit Martin unterwegs zu sein. Oh, und dann haben wir noch im Flieger herausgefunden, dass wir Nachbaren sind und ..."
"... du hast mit ihm seine neue Wohnung angeschaut?", fragte Anouk meine Kommandantin. Ein kalter Schauer schoss mir den Rücken entlang.
"Ja. Die ist ein Traum. Unglaublich schön. Woher wusstest du das? Hat dir Martin die Geschichte von unserer ersten Begegnung schon erzählt?", wollte Stacy verdutzt ihn Erfahrung bringen. Anouks Gesicht war wie von einer tönernen Schwere befallen.
"So in etwa. Er hat keine Namen genannt. Entschuldigt, ich muss los", sagte sie mit leiser und etwas trockener Stimme. Sie mied jeden Blickkontakt mit mir. Scheisse, das kann es doch nicht gewesen sein. Nicht so.
"Anouk, ich möchte dir ..."
"Martin ... ähm ... lass mich bitte, okay!?", sagte sie völlig durch den Wind und stand auf und schaute kurz, ob sie alle Gepäckstücke dabeihatte. Ich stand auf, wollte sie in den Arm nehmen.
"Lass mich bitte ... das war jetzt einfach zu viel ... tut mir leid", hörte ich Anouk anfänglich in meine Richtung zischen. Doch der energische Auftakt ihrer Äusserung wich einer Trauer und Enttäuschung, die in einem Flüstern mündete.
Sie lief weg. Ihre Magic-Tasse blieb praktisch voll auf dem Tisch zurück. Ich schaute ihr nach und sah, wie sie neben einem Abfallbehälter stehen bleib und ihr Täschchen öffnete. Sie zog das Buch aus Venedig heraus, das sie frustriert und enttäuscht in den Kübel warf. Weil er leer war, konnte ich das Scheppern bis zu mir vernehmen. Ich war fassungslos. Fassungslos, dass mich meine Vergangenheit ein weiteres Mal eingeholt hatte und die Magie der letzten Tage wie eine Seifenblase geplatzt ist.
"Martin, was war das gerade eben? Scheisse, habe ich was falsch gemacht?", wollte Stacy von mir wissen. Sie war genauso durch den Wind wie ich.
"Nein. Aber sie weiss bescheid", entgegnete ich.
FORTSETZUNG FOLGT
Epilog
Sämtliche Handlungen und Charaktere sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen sind rein zufällig und haben sich diese selbst zuzuschreiben.
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Diskografie
Buena Vista Social Club "Gleichnamiges Album" (1997)
Winterpills "July" (2007)
Marino Marini "La Piu Bella Del Mondo" (1956)
Giuseppe Verdi "Nabucco: Sinfonia" (1842)
Grateful Dead "Friend of the Devil" (Live at the Winterland Ballroom, 1970)
Rocco Granata "Marina" (1959)
Ricchi & Poveri "Sarà Perché Ti Amo" (1981)
Bombay Bicycle Club "Your Eyes" und "Shuffle" (2011)
Jack Johnson "Angel" (2008)
Ed Prosek "A Final Word" (2012)
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Bill Hayman hat 2 Geschichte(n) auf diesen Seiten. Profil für Bill Hayman, inkl. aller Geschichten Email: bill.hayman@yahoo.com | |
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